Ban Khiet Ngong (Laos) 

Um 11.30 Uhr lässt uns der Fahrer am Terminal Süd – einem Busbahnhof mit angeschlossenem Markt, oder umgekehrt – aus seinem Tuk Tuk aussteigen. Kaum sind die Koffer ausgeladen, sind sie schon auf dem Dach des danebenstehenden Songthaeo (alte Lastwagen für den Personentransport umgebaut). “Don Det”, fragt der Fahrer proforma, doch als wir den Kopf schütteln, müssen die Koffer wieder runter.

Während Klaus die im Auge behält, gehe ich zum Ticket-Schalter, um Fahrkarten zu besorgen. Doch den Ort, den ich nenne, kennt der Mann nicht. Ich zeige ihn auf der Landkarte in meinem Handy, er kennt ihn immer noch nicht. Zumindest verlässt er dann seinen Glaskasten, geht zuerst zur gegenüberliegenden Polizeistation, doch der Wachhabende ist auch überfragt. Wer jetzt glaubt, damit sei die Sache für ihn erledigt, irrt. Er läuft auf den großen Platz, wo Fahrzeuge aller Art stehen, und fragt sich durch. Vor einem dreckigen, ungepflegten Songthaeo bleibt er stehen, deutet darauf und verschwindet.

Der Fahrer nickt, als ich ihm den Namen unseres Hotels nenne und sofort kommt eine Frau mit Umhängetasche und kassiert 160.000 KIP. Das Einladen der Koffer unterbricht kurz die Mahlzeit von drei Personen.

Die Koffer werden über den in der Mitte liegenden Benzinkanister, der als Tisch dient, gehoben und sofort wird weiter geschmaust. Der Transporter soll um 13 Uhr abfahren. Wir haben noch jede Menge Zeit, setzen uns aber lieber schon auf die an der Längswand angebrachten Bretter, weil wir nicht wissen, wie voll es wird. Die Sorge jedenfalls war unnötig. Als der Fahrer sich um 14 Uhr hinters Steuer klemmt, sitzen außer uns nur noch seine Frau und ein Paar mit kleiner Tochter auf den schmalen Brettern. Bevor es losgeht, dreht der Fahrer erstmal eine Runde über den Markt. Ein paar übelriechende Eimer müssen unbedingt noch mit und die junge Frau kauft vom Auto aus ihrem Mann noch schnell ein T-Shirt. Aber jetzt geht es wirklich auf der asphaltierten Straße Richtung Süden. In einer Stunde sollten die 50 Kilometer gut zu schaffen sein. Fehlanzeige, wer konnte schon ahnen, dass wir noch zwei weitere Märkte ansteuern, auf denen sowohl eingekauft wird als auch leere Töpfe und Eimer mitgenommen werden müssen. Leider kann ich nicht fragen, warum zumindest der Einkauf nicht auf dem Markt in Pakse erledigt werden konnte. Auch der Esstisch-Kanister muss noch mit 25 Liter Benzin gefüllt werden. Danach wird immer mal angehalten und die auf den Märkten gefüllten Tüten wechseln den Besitzer. In Ban Nongsim steigt das Paar mit Kind aus und wir biegen auf eine unbefestigte Straße ein.

Der rote Staub liegt auf allem, was links und rechts der Straße zu sehen ist. Die Bäume sehen aus, als würden sie bald ihr Laub abwerfen, Fahrzeuge sind nur durch ihre Beleuchtung zu erkennen. Hustend und mit tränenden Augen steigen wir vor unserer Unterkunft aus dem Auto. Die geschäftstüchtige Frau verlangt schnell noch 20.000 KIP zusätzlich, schließlich haben wir ja 2 Koffer dabei, die wohl vorher niemandem aufgefallen sind.  

Aber nun sind wir angekommen in den Wetlands, wo ein Investor mit staatlicher Unterstützung ein wunderschönes Resort gebaut hat. Rund 20 Stelzenbungalows sind in großzügigem Abstand zueinander errichtet worden. Über Holzstege, die an beiden Seiten beleuchtet sind, gelangt man zu den einzelnen Häusern. Alle haben in Richtung der Wasserfläche eine große Terrasse und eine Glasfront, richtig schön.  

Leider sind wir die einzigen Gäste, das so hoffnungsvoll begonnene Projekt scheint ums Überleben zu kämpfen. Durch Corona gab es zwei Jahre lang kaum Gäste, dadurch wurde schon das Elefanten-Camp in der Nähe aufgegeben.

Aber wir genießen jetzt erstmal unsere schöne Unterkunft, den Ausblick, den Pool und die Aufmerksamkeit des Personals. Nachts ist es hier richtig kühl, wir befinden uns auf 800 Metern über Meereshöhe, und vom nördlich gelegenen 1200 Meter hohen Bolaven-Plateau wehen die kalten Winde herunter. Für den dort angebauten Kaffee ideale Bedingungen. 

Das Wasser steht jetzt in den Wetlands Knie- bis Brusthoch und bietet einerseits vielen Vögeln Lebensraum und den im Dorf lebenden Menschen Nahrung. Tag und Nacht sind Fischer und Schneckensammler unterwegs.

Vormittags staken oder schieben jeweils mehrere Kinder einen Einbaum durch das vordere flache Wasser und sammeln die erstaunlich großen Schnecken ein. Jetzt erkennen wir auch die Eimer wieder, deren Gestank uns auf der Fahrt ständig in die Nase wehte. Die Schnecken und während der entsprechenden Saison auch Frösche werden bis auf den Markt nach Pakse transportiert und dort verkauft. Im tieferen Wasser wird stehend oder vom Boot aus gefischt. 

Wir leihen uns Fahrräder, um eine Tour in die Umgebung zu machen. Gerade werden Maniok-Wurzeln geerntet. Grob gehäckselt trocknen sie auf großen Planen in der Sonne, um dann teils für die eigene Ernährung eingelagert, teils in Fabriken transportiert zu werden.

Hier werden sie zu Mehl verarbeitet, das für Brot und Gebäck verwendet wird. Im jetzigen Zustand riecht das Wolfsmilchgewächs nicht gerade appetitlich. Ich sitze das erste Mal auf einem Mountain-Bike, und das ist kein Vergnügen. Für die hiesigen Wege sind die Räder mit ihren groben Stollenreifen ideal, aber nach zwei Stunden weiß ich nicht mehr, wie ich auf diesem Foltersattel sitzen soll und beende den Ausflug. Am nächsten Tag machen wir uns zu Fuß auf den Weg. Es ist 10 Uhr, aber die Sonne brennt schon unerbittlich vom Himmel.

Der Weg führt durch das Dorf, an der Schule vorbei und hinauf zum Plateau, auf dem eine archäologische Stätte aus dem 10. – 11. Jahrhundert zu besichtigen ist. Zu welchem Zweck die flachen dunklen Steine zu Säulen aufeinandergeschichtet worden sind, ist unbekannt. In der Zeit vor Corona konnte man sich vom Camp aus wie ein Maharadscha von Elefanten zu dieser Stätte bringen lassen, jetzt gibt es diesen Luxus nicht mehr. Dafür haben wir den Vorteil, die Einzigen auf dem gesamten Areal zu sein. 

Pakse (Laos) 

Tagelang haben wir überlegt, geplant, verworfen. Für die knapp 700 Kilometer lange Strecke von Vientiane nach Pakse im Süden werden per Bus 15 Stunden veranschlagt, 3 weitere kann man getrost dazurechnen. Das ist einfach zu lang, Zwischenübernachtungen sind schwierig, also werden wir fliegen. Um 6 Uhr steigen wir ins Tuk Tuk und sind 10 Minuten später am gemütlichen Flughafen. Auch bei der Sicherheitskontrolle geht es entspannt zu, nichts muss ausgepackt werden und niemand schert sich um gefüllte Wasserflaschen. Wir frühstücken, und beobachten die ankommenden Menschen. Der Wartebereich füllt sich, und kurz danach auch die Maschine. Gut 90 % der Passagiere sind Einheimische die auch eine schnelle Anreise bevorzugen. Kaum hat die Maschine abgehoben, wird schon ein Frühstück serviert – und das bei einer Stunde Flugzeit. Wir fliegen immer den Mekong entlang, der die Grenze zwischen Laos und Thailand bildet.

Um 10 Uhr sind wir bereits im Hotel im Süden der drittgrößten Stadt des Landes, wo wir gleich unser Zimmer beziehen können. Abends um 19 Uhr fährt der hoteleigene Bus die Gäste ins Zentrum und holt sie 2 Stunden später wieder ab. Wir landen in einem italienischen Restaurant und essen Pizza, die sich vor dem italienischen Original nicht zu verstecken braucht. Der Gastwirt stammt aus der Toskana und freut sich, mit Klaus italienisch sprechen zu können.  

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen bummeln wir durch unser Viertel und landen auf dem Morgenmarkt, dem ursprünglichsten und rudimentärsten auf dem wir je waren. Viele Waren werden einfach auf einer Plane auf dem Boden angeboten, darunter viele Mekong-Fische, zum Teil noch lebendig, Frösche in großen Schüsseln, alles vom Schwein und vom Huhn aber auch Obst, Gemüse und Baguette, eine Reminiszenz an die französische Kolonialisierung.

Hinter dem Lebensmittelbereich beginnt es zu glitzern, Stand reiht sich an Stand und alle bieten goldenen Schmuck an. Danach kommt der Kleidermarkt mit Stapeln von Sarongs, der klassischen Kleidung der laotischen Frau. Auch westliche Anziehsachen sowie Taschen und Schuhe sind im Überfluss vorhanden.  

Abends haben wir nach dem Essen auf der Dachterrasse eines Hotels noch Zeit, bis wir abgeholt werden und entdecken den Nachtmarkt, der längst nicht so umfangreich ist. Von oben habe ich einen Tempel gesehen, der interessant zu sein scheint. Dahin laufen wir und beschließen, morgen bei Tageslicht einen weiteren Besuch zu machen. Gleich nach dem Frühstück gehen wir los, zuerst zur Mekong-Brücke, auf der man den hier 1,3 Kilometer breiten Fluss überqueren kann. Am Ufer haben sich Menschen Hütten gebaut und kleine Gärten angelegt, ihre Boote für den Fischfang liegen vertäut im Wasser. Das geht gut, solange der Fluss kein Hochwasser hat. Hoch an der Böschung liegende Baumstämme lassen erahnen, wie instabil diese Lebenssituation ist.  

Nach einiger Zeit erreichen wir den Stadtkern mit Einkaufszentrum, hier finde ich Ersatz für meine kaputte Sonnenbrille. Und nach ein paar hundert Metern stehen wir vor dem Tempel Wat Luang Pakse. Er ist erst knapp 90 Jahre alt, jedoch der größte der Stadt. Zum Gelände am Ufer des Xedon gehören eine Klosterschule und eine ganze Reihe Grabstupas. Die Treppen zum Haupttempel sind von Drachen bewacht, Besucher oder die Mönche füttern sie mit Reisbällchen, um sie milde zu stimmen. 

Am Abend gehen wir noch einmal ins italienische Restaurant, man kann den Silvesterabend schlechter verbringen als mit einer guten Pizza. Als wir um kurz nach 21 Uhr wieder im Hotel sind, wird ringsherum schon heftig geböllert und immer wieder hört man das Zischen der Raketen. Doch jedes Mal, wenn ich vor die Tür gehe, ist nichts mehr zu sehen. Doch um Mitternacht gibt es wirklich ein prächtiges Feuerwerk. Wir stehen mit einem eiskalten Glas Wasser auf dem Balkon und heißen das Neue Jahr willkommen.  

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück ist es Zeit, weiter zu reisen. Durch die abendlichen Fahrten sind wir mit anderen Gästen ins Gespräch gekommen und so verabschieden wir uns von unseren holländischen, französischen und Schweizer Mitbewohnern und dem liebenswerten Hotelpersonal. 

Vientiane (Laos) 

Das Hotel liegt neben der Neuen Seidenstraße-Eisenbahnstrecke, die in naher Zukunft China mit Singapur verbinden soll. Die Einrichtung des Hotels ist dem Thema angepasst, Schwellen, Sitzplätze mit Gepäckhaltern, gegenüberliegende Bänke.

Wir fragen an der Rezeption nach einem Bus an die thailändisch-laotische Grenze. Die beiden jungen Männer überschlagen sich vor Eifer, kommen aber nicht recht weiter. Doch dann betritt der Hotelmanager die Bühne und weiß über alles Bescheid. Er spricht ein sehr gut verständliches Englisch und begleitet uns zum Frühstück, um sich weiter mit uns unterhalten zu können. Eine junge Frau fährt das Taxi zum Busterminal und bleibt bei uns, bis sie sicher ist, dass wir Tickets nach Udon Thani haben und dort auch in den Bus zur Grenzstadt Nong Khiaw umsteigen können. Doch zuerst müssen wir die 120.000 Einwohner zählende Großstadt Khon Kaen im Isan-Staat durchfahren, die sich auf ca. 50 km² ausbreitet. Immer wieder hält der kleine Bus und die Fahrgäste müssen zusammenrücken. Es sind hauptsächlich Schüler und Studenten, die zusteigen. Die Stadt hat mehrere weiterbildende Schulen und wichtige Universitäten, die von 40.000 Studenten besucht werden.  

Auch nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen haben, herrscht dichter Verkehr. In dieser Region werden Reis und Zuckerrohr angebaut, für letzteres ist gerade Erntezeit. Ständig überholen wir voll beladene LKW. Nach drei Stunden erreichen wir Udon Thani, auch eine Großstadt, die uns aber schon beim Durchfahren besser als Khon Kaen gefällt. Sie ist grüner und lieblicher. Aus unserer geplanten Pause mit Mittagessen wird nichts, kaum hält unser Bus schnappen sich zwei Männer unsere Koffer und hieven sie in davorstehenden Bus, und fünf Minuten später fährt der bereits los. Zuerst geht es zum Flughafen, ein Paar aus Belgien will nach Chiang Mai. Die Zufahrt zum Gelände wird streng kontrolliert, Polizisten mit Maschinenpistolen und entschlossener Mine halten jedes Fahrzeug an und schauen sich die Insassen genau an. Anschließend wird der Fahrzeugboden mit fahrbaren Spiegeln untersucht. Kannte ich bisher nur von der innerdeutschen Grenze. Nach einer Stunde werden wir in der Grenzstadt Nong Khai herausgelassen und hier lauern die Schlepper, die uns für nur 40 € über die Grenze begleiten und 20 Kilometer weit in die laotische Hauptstadt bringen wollen. Wir winken ab und lassen uns erstmal den Ausreisestempel in den Pass setzen. Für die Fahrt mit einem Shuttlebus über den Mekong auf der Brücke der Freundschaft bezahlen wir zusammen 1,90 €. Bevor wir Laos betreten dürfen, müssen wir ein Visum haben. An verschiedenen Grenzübergängen kann man das bei der Einreise erledigen. Wir bekommen Formulare zum Ausfüllen, reichen die zusammen mit je einem Passbild und 40 US$ der Grenzbeamtin und können uns 30 Tage im Land aufhalten.

Der Geldautomat an der Grenze ist geizig, mehr als eine Million KIP rückt er nicht raus. Wir müssen sicher in der Stadt bald Nachschub holen, denn mit 54 € werden wir nicht allzu weit kommen. Eine halbe Stunde später setzt uns der Taxifahrer für 16 € vor unserem Hotel in der Hauptstadt ab. Wir bringen die Koffer in unser Zimmer und stürzen umgehend ins hoteleigene Restaurant. Gestern kein Abendessen, heute nichts zu Mittag. Wir sind richtig ausgehungert. Am heutigen Heiligen Abend sind wir die einzigen Gäste und nachdem wir Fish and Chips verzehrt haben, gehen wir auf Entdeckungstour. 

Das Hotel liegt nahe der Xang-Prachtstraße, wo schon die erste Sehenswürdigkeit auf uns wartet, der Triumphbogen (Patuxai), der 20 Jahre nach der Unabhängigkeit von Frankreich (1949) errichtet worden ist. Er ist 49 Meter hoch und jetzt am Abend von allen Seiten angestrahlt. Links und rechts der Straße weihnachtliche Beleuchtung in allen Variationen. Wir kommen am von Soldaten bewachten Präsidentenpalast vorbei. Netterweise erklärt uns einer den Weg zum Nachtmarkt am Ufer des Mekong. Und hier ist wirklich viel Volk unterwegs. Die mobilen Stände – hauptsächlich mit Kleidung, Taschen, Schuhen und Handyhüllen stehen auf der einen Seite unterhalb der Straße, die festen mit ihren Garküchen auf der anderen, dem Fluss zugewandt. An diesem Abend ist die Straße gesperrt und die Fußgänger können ungefährdet kreuz und quer laufen. Klaus möchte für sein Handy eine neue Hülle, doch egal wo wir fragen, die Antwort lautet immer: “Don,t have!” Erstaunlich, das Angebot umfasst mehrere hundert oder tausend Artikel, und die Verkäufer wissen bei der Typenbezeichnung gleich Bescheid, ob sie das haben oder nicht.

Wir wechseln in den Essbereich und bestellen uns noch zwei von den köstlichen Fruchtshakes und Klaus kann den gebratenen Shrimps nicht widerstehen. Am Nebentisch wird gerade ein Hotpot serviert, Brühe in einem Topf über einer Gasflamme und auf kleinen Tellern Zutaten, die darin gegart werden. Gestärkt steigen wir in ein Tuk Tuk und lassen uns durch das Ausgehviertel zurückfahren. Elegant gekleidete Menschen steigen aus Luxusautos und schreiten in die festlich geschmückten Restaurants. Die weniger Eleganten schieben sich durch die vollen Straßen. 

Am ersten Weihnachtstag bummeln wir mit vielen anderen durch mehrere Einkaufscenter. Obwohl nur 1,5 % der Bevölkerung Christen sind, wird daran gearbeitet, das westliche Konsumverhalten mit allem Drum und Dran zu etablieren. Was in Deutschland mit Halloween geklappt hat, könnte auch hier möglich sein. Die Kinder tragen rot-weiße Kleidung mit weihnachtlichen Motiven, amerikanische Weihnachtsmusik dröhnt aus allen Lautsprechern.  

Am nächsten Tag lassen wir uns ins privat geführte Textilmuseum bringen. In schönen Holzhäusern werden wir über den Herstellungsprozess von Seide, ihre Verarbeitung und Färbung mit Pflanzen informiert. Eine kleine Gruppe nimmt gerade an einem Workshop teil und färbt weiße Seide mit Bindebatik in einem Bottich mit übelriechender Flüssigkeit indigoblau. Im kleinen Shop können die Erzeugnisse gekauft werden, dafür müssen jedoch viele Dollarscheine auf den Tisch gelegt werden; die Produkte sind es sicherlich wert. Am Abend essen wir Hotpot und suchen uns aus dem Angebot Fleisch, Fisch und Nudeln aus. Kräuter kommen sowieso dazu. Die in der Brühe gegarten Zutaten werden vor dem Verzehr in Erdnusssoße gestippt. Wir sind begeistert und ergänzen die 86.000 KIP großzügig auf 5,40 €. 

Vor fünf Jahren waren wir von der weiter nördlich liegenden Stadt Luang Prabang entzückt. Vientiane kann da nicht mithalten. Für eine Hauptstadt gibt es noch viel zu tun. Müll überall fehlende Pflastersteine auf den Bürgersteigen, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Die Regierung müsste entsprechende Vorgaben machen und auch Anreize schaffen. Die Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben, haben keinen Sinn für Ästhetik. Eigeninitiative scheint auch nicht gefördert zu werden. Das merkt man an vielen Kleinigkeiten, in unserem Hotel gibt es morgens zweimal keine Butter “don,t have”, lautet die Antwort auf unsere Nachfrage, mal fehlt Toilettenpapier (nein, das liegt nicht an Corona), mal wird der Kühlschrank nicht aufgefüllt. Natürlich sind es Kleinigkeiten, aber das zieht sich durch alle Bereiche. Natürlich gibt es auch schöne Bereiche, aber leider überwiegen die anderen.

Sukhothai 

Der aus Bangkok kommende Bus ist pünktlich auf die Minute. Wir nehmen unsere Plätze im oberen Deck ein und bekommen sofort vom Schaffner Wasser, Saft und einen Snack gereicht. Die Fahrt durch das weite Reisanbaugebiet zeigt wenig Interessantes.

Ab und zu ein Tempel, Buddhastatuen und Verkaufsstände mit kleinen und großen Plastiken aus Buddhismus, Hinduismus und Christentum (Elefanten und Hähne, Ganesha und Brahma, Maria). Nach zwei Stunden gibt es eine Pause, an diesem Busterminal kann man einkaufen, essen und Toiletten gibt es auch. Sieben Stunden nach Abfahrt sind wir am Ziel und kaufen am Terminal Sukhothai gleich Tickets für unsere Weiterfahrt in drei Tagen. Ein Tuk Tuk bringt uns die letzten 10 Kilometer vom Terminal bis zum Hotel nahe dem historischen Stadtteil.  

Honigwabe

Am nächsten Tag bekommen wir zum Frühstück eine Spezialität serviert. In einem kunstvoll gefalteten Bananenblatt ist eine Art Kokospudding gegart worden, darüber werden die Scheiben einer kleinen Banane gelegt und das Ganze mit Honig von Wildbienen beträufelt.

Danach steht die Besichtigung eines weiteren UNESCO Welterbes auf unserem Programm, der Geschichtspark Sukhothai, die erste Königsstadt des Reiches Siam. Gegründet wurde sie 1238 auf den Resten einer ehemaligen Khmer-Siedlung, nachdem aus dem Norden eingewanderte Thais die hier lebenden Khmer vertrieben hatten. 120 Jahre lang wurden hier Tempel und Paläste neu errichtet oder umgestaltet.

Entstanden ist ein Areal, das noch heute verzaubert. Viele Teiche, Bäume und dazwischen die Ruinen der ehemaligen Gebäude. Es ist ruhig, schattig, friedlich, man möchte einfach dasitzen und schauen. Doch dazu ist das Gelände zu weitläufig. Wir mieten uns Fahrräder für zwei Tage (60 Baht = 1,63 €), um mehr von der alten Stadt zu sehen.

In der Markthalle kaufen wir Verpflegung für den Tag und fahren zu verschiedenen Tempeln. Heute ist Schulausflugstag, aus mehreren Bussen quillt eine rosa-blaue Masse von Jungen und Mädchen. Sie sind fröhlich und höflich, sie fotografieren uns und wir sie. Doch gleichzeitig wollen wir nicht dieselben Tempel besichtigen. Zu ausgeprägt auch hier die Manie, nicht die Sehenswürdigkeit, sondern sich selbst davor zu fotografieren. Allein ein Paar macht jeweils mehrere Fotos vor jedem Tempel, jeder Statue: Sie mit gespreizten, abgewinkelten oder gekreuzten Fingern, mal das rechte, mal das linke Bein gehoben, und dann noch alles miteinander kombiniert. Ist sie nicht zufrieden, wird das ganze wiederholt – das kann dauern. Bei den alten Brennöfen, in denen schon vor Jahrhunderten die filigrane Sangkhalok-Keramik hergestellt wurde, machen wir unser Picknick. Wachteleier im Wan Tan Teig, Eier am Spieß, gegrilltes Huhn und verschiedene Obstsorten machen uns satt und glücklich. Und dann sehen wir auch noch den Elefanten-Chedi, was für ein schöner Tag.  

Am liebsten würden wir noch bleiben, so sehr hat uns dieser Ort gefangen genommen. Doch ausnahmsweise habe ich schon die übernächste Übernachtung gebucht. Wer kann schon einem Sonderangebot mit 78 % Rabatt widerstehen? Und so müssen wir sowohl von dem Ressort, in dem wir uns so wohlfühlen als auch vom Geschichtspark Abschied nehmen. Um 15 Uhr soll es vom Busbahnhof losgehen. Der aus Chiang Mai kommende Bus hat nur 15 Minuten Verspätung, und setzt zügig seine Fahrt nach Osten fort. Gute 6 Stunden sind für die 380 Kilometer lange Fahrt nach Khon Kaen vorgesehen. Natürlich klappt das nicht, der schwache Busmotor bringt es bergauf gerade mal auf 15 km/h. Die Berge gehören zum Nationalpark Nam Nao, von dem wir leider kaum etwas sehen, ist es doch bereits dunkel geworden. Kurz nach 23 Uhr sind wir in unserem Hotel. Zu essen gibt es nichts mehr, aber ich habe noch ein paar Bananen und Erdnüsse im Gepäck. 

Ayutthaya 

Die Fahrt nach Ko Samet lief wie am Schnürchen. Kaum kamen wir irgendwo an, ging es spätestens nach 15 Minuten weiter. Bei der Rückfahrt ist es anders. Die Fähre kommt erst in 1,5 Stunden, ebenso der Bus, der zum Mo Chit Terminal im Norden Bangkoks fährt. Dort angekommen – es ist inzwischen 17.30 Uhr – müssen wir unsere Koffer über eine hohe Fußgängerbrücke auf die andere Straßenseite wuchten, um einen Bus nach Ayutthaya zu finden. Das zumindest klappt und zwei Stunden später setzt uns der Fahrer in der 80 Kilometer nördlich von Bangkok gelegenen Stadt am Straßenrand ab. Jetzt nur noch ein Taxi bestellen und uns zu unserer Unterkunft bringen lassen. Leichter gesagt als getan. Der erste Fahrer findet uns nicht, obwohl wir ihm mitteilen, dass wir vor der Ayutthaya City Municipality auf ihn warten. Wir bestellen das nächste Taxi, ein junges Paar hält an und bietet uns an, uns wohin auch immer zu fahren. Aber der Taxifahrer soll in 5 Minuten kommen und so lehnen wir das freundliche Angebot ab. Leider, denn auch dieser Fahrer findet uns nicht. Eine Frau auf einem Moped hält an und schlägt vor, doch einfach mit in ihr Hotel in der nächsten Querstraße zu kommen. Auch das müssen wir ablehnen, unsere Unterkunft ist gebucht und bezahlt. Doch plötzlich kommt von gegenüber ein Tuk Tuk angefahren, wir werden uns schnell einig und kommen doch noch zu unserem Guesthouse, wo wir schon sehnlichst erwartet werden. Umgehend steigen wir noch einmal in ein Auto, dieses Mal in das unseres Gastgebers. Er bringt uns zum Nachtmarkt, damit wir noch etwas zu essen bekommen. Gestärkt mit einer köstlichen Suppe mit Glasnudeln und verschiedenen Fleischeinlagen und in der Hand eine Tüte mit geschälten Mini-Ananas laufen wir den Weg zurück. Schließlich haben wir heute lange genug gesessen. 

Wir gehen an der Mauer entlang, die verschiedene Bereiche des historischen Geschichtsparks (UNESCO Welterbe) umschließt und freuen uns über die beleuchteten Ruinen dahinter. Ein paar Fotos später und zwei Kilometer weiter sind wir wieder zurück bei unseren Gastgebern und sitzen noch ein Weilchen in der milden Abendluft vor unserem Zimmer. 

In der Nacht werde ich wach, weil es draußen heftig stürmt. Die Plane über der Terrasse bläht sich auf und knattert laut. Irgendwo klappert ein Stuhl gegen das Balkongeländer. Am Morgen ist die Plane weg, der Sturm hat sich abgeschwächt und wir sind nach dem Frühstück bereit, den Geschichtspark zu erkunden.  

Von 1350 bis 1767 war Ayutthaya die Hauptstadt des damals Siam genannten Königreiches. Die von Flüssen umgebene Stadt liegt wie auf einer Insel, doch diese natürliche Barriere reichte nicht aus, um die ganze Pracht vor Angreifern zu schützen. Um den Stadtkern wurde noch eine 20 Meter hohe und 5 Meter breite Stadtmauer errichtet.

Die nächste Überschwemmung kann kommen

Das Land rundherum wurde regelmäßig von den Flüssen überschwemmt, was einerseits ideal für den Reisanbau war und andererseits eine Eroberung erschwerte. Innerhalb der Mauern gab es mehre prunkvolle Paläste und über 400 Tempel. Der Ruf über Schönheit und Reichtum reichte weit über die Grenzen des Königreiches und zog Menschen aus vielen Ländern an. Es entstanden eigene Stadtteile für Bewohner aus England, Frankreich, Holland, Portugal und Japan. In der Mitte des 18. Jahrhunderts lebte über eine Million Menschen hier, doch 1767 gelang es birmesischen Truppen, die Stadt nach mehrmonatiger Belagerung einzunehmen.

Leider taten sie das, was Sieger gern tun, sie zerstörten die meisten der herrlichen Bauwerke, die doch erst ihre Begehrlichkeit geweckt hatten. Später bedienten sich viele an den herumliegenden Resten der Kunst- und Bauwerke. Ein großer Teil wurde verwendet, um die neue Königsstadt Bangkok aufzubauen. Was jetzt noch erhalten ist, liegt in einem großen Park mit vielen Teichen. Alles recht gepflegt, nur im Wasser liegt jede Menge Müll, Plastikflaschen, Tüten und Styroporverpackungen. Zu schade. 

An einem Tag erkunden wir das 15 km² große Gelände zu Fuß, am zweiten leihen wir uns in unserer Unterkunft Fahrräder aus. In einzelnen Bereichen – hier müssen die Fahrräder draußen bleiben – zahlen wir Eintritt 50 Baht pro Person, rund 1,40 €. Kleine Beträge, in Europa würde es ein Vielfaches kosten. Je nach Sonnenstand bieten die Chedis, Statuen und Ruinen interessante Fotomotive.  

Sonntagabend auf dem Nachtmarkt sind wir regelrecht überwältigt. Am Vorabend sind wir gleich nach links auf den kleinen Markt abgebogen, doch jetzt laufen wir geradeaus, vorbei an Matratzen, Polstergarnituren und Möbeln aus Massivholz – so massiv, dass man sie nicht mal anheben kann. Und dann kommt der Teil mit Lebensmitteln und Garküchen aller Art, es riecht köstlich, doch nirgends gibt es Plätze, um das Essen zu verzehren. Wir lassen uns mit der Masse treiben und können kaum glauben, wie riesig dieser Markt ist. Es gibt Karussells, Hüpfburgen, aufblasbare Rutschen und alles quietschbunt beleuchtet. Dabei hatte ich doch gelesen, dass der Markt eher klein sei. Aus dem großen Angebot suchen wir uns Sushi, Obst und eine halbe Ente aus und lassen uns mit dem Tuk Tuk zurück zum Hotel fahren. “Heute ist Winterfest”, informiert uns unser Gastgeber, als er uns Teller und Besteck für unser Essen bringt, “deshalb die vielen Stände.” Und tatsächlich ist am Montag nur noch der kleine Markt aufgebaut, keine bunten Lichter, keine Fahrgeschäfte, nur die tonnenschweren Möbel stehen noch da.  

Modell Adler

Am Dienstag verabschieden wir uns und fahren mit einem der hier üblichen Tuk Tuks mit dem “Vogelschnabel” zur Busstation. Noch vor 5 Jahren waren wir fast immer die einzigen in unserer Altersgruppe, doch das hat sich geändert. Zwei weitere Senioren-Paare warten bereits, und nach uns kommen zwei Frauen – auch in unserem Alter – und müssen unver-richteter Dinge wieder fahren. Der Bus ist ausgebucht. Wir haben am Vortag über unseren Vermieter die Tickets reservieren lassen. 

Ko Samet 

Die Hilfsbereitschaft der Menschen macht das Reisen hier so angenehm. Immer ist jemand da, der mit dem Gepäck hilft oder eine Hand reicht.

So auch, als wir ins Boot steigen. Wir müssen Rettungswesten anlegen, das Boot wird angelassen, es gibt einen Knall und dann nichts mehr. Ein anderes Schiff wird herbeigerufen, alle klettern von einem schwankenden Boot in das andere und mit Verspätung geht es los. Als wir nach einer halben Stunde den Hafen sehen, streikt auch dieses Boot.

Nach mehreren Versuchen ist der Motor dann doch bereit, uns holpernd bis an den Pier zu bringen, wo eine große Statue die Reisenden grimmig anschaut. Sie sieht aus, als hätte ihr jemand das Handy in dem Moment geklaut, als sie ein Selfie machen wollte. Nachdem jeder 200 Baht Eintritt für den hiesigen Nationalpark gezahlt hat, bringt uns ein Sammeltaxi zu unserer Unterkunft auf der Ostseite der Insel mit den schneeweißen Stränden,  

Unser Ressort ist den Hügel hinauf gebaut. Wir müssen über viele Stufen, um zu unserem Bungalow zu kommen. Jemand hat sorgfältig darauf geachtet, dass keine der 49 Stufen dieselbe Höhe hat. Das wird jetzt unser tägliches Training. Ein weiteres absolvieren wir in unserem Bungalow. Die Bodenplatte neigt sich um 10 Zentimeter von vorn nach hinten. Wann immer wir aus dem Bett aufstehen, erfasst uns leichter Schwindel. Und wer in die Dusche läuft, hat das Gefühl abbremsen zu müssen.

Das Meer hat eine wunderbare Temperatur, der Strand ist samtweich, keine Kiesel oder Muscheln trüben das Barfußlaufen. Hier werden wir uns zwei Wochen lang entspannen, bis wir uns langweilen.

Für ein paar Euro mieten wir zwei Liegen, Tisch und Sonnenschirm, ohne Schatten ist es hier nicht auszuhalten. Immer wieder laufen vermummte Strandverkäufer vorbei, um entweder Massagen, Tücher oder Essbares anzubieten. Wie anstrengend, in der Hitze mit Grill oder Kühltaschen herumzulaufen.  

Ein schweißtreibender Spaziergang bringt uns auf die Westseite der Insel zum Sunset-Point. Die Ressorts auf dieser Seite sind schöner und teurer, allerdings kann der Strand es nicht mit dem auf der anderen Seite aufnehmen, er ist nicht strahlend weiß und voller Kieselsteine. Eine Wolkenbank verhindert den perfekten Sonnenuntergang.

Dafür entschädigt die geschmackvolle Beleuchtung der Ressorts. Im Dunklen laufen wir zurück auf die andere Seite, wo es bunter, schriller und lauter zugeht. Wir finden ein Lokal am Strand, wo keine Musik dröhnt und laufen am Meer zurück bis zu unserer Unterkunft.  

Wir können am Strand entlang und über die Felsen mit der Meerjungfrauen-Statue bis nach Ban Na Dan “Samet-City” laufen. Neben der Riesin am Pier und dem Flötenspieler auf dem Kreisel davor, gehört auch die Meerjungfrau mit dem kleinen Jungen zu den Plastiken, die zu Ehren von Thailands berühmtesten Dichter Sunthorn Phu errichtet worden sind.

1821 hat er begonnen, eine 30.000 Zeilen lange Abenteuergeschichte zu schreiben, in der es um einen in Ungnade gefallenen Prinzen, verwunschene Prinzessinnen und die Reise durch fantastische Welten geht.

Direkt hinter dem Denkmal beginnt der Hauptstrand, an dem ein Lokal neben dem anderen liegt.

Abends übertrumpfen sie sich gegenseitig mit den fantasievollsten Beleuchtungen, der Lautstärke der Musik und der Länge der Strohhalme in den Cocktails. Doch jetzt am Tag und an einem Wochentag ist wenig los. Mehrere schwimmende Piers bewegen sich schlangenförmig auf den Wellen, da müssen wir einfach mal bis zum Ende laufen. Wie volltrunken taumeln wir kichernd über den Steg.

Im kleinen Ort laufen wir auf einer Nebenstraße und sind erstaunt über den großen Tempel. Direkt daneben eine Ansammlung armseliger Hütten, halb versteckt hinter Bergen von Müll. Die Bewohner verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit dem Sammeln und Sortieren von Müll.  

Ko Samet, der Name geht zurück auf die anspruchslosen Cajeput Bäume (auf Thai Samet), ist knapp 7 Kilometer lang, bis zu 2,5 Kilometer breit und zum größten Teil Nationalpark. Sie gilt als Inselperle, für uns eine, die nur noch an einzelnen Stellen glänzt. Obwohl die Insel laut Reiseführer hauptsächlich von Reisenden aus Bangkok besucht wird, sehen wir sehr viele westliche Touristen. Auch viele Paare Thai/Farang – mehr oder weniger miteinander vertraut – verbringen hier Zeit. “Du wieder Dummkopf,” mosert ein 200 Kilo-Mann seine zierliche Begleiterin an. Die nickt und ich hoffe, sie denkt dasselbe wie ich. 

Jetzt, zum Ende der Regenzeit, verlieren die Teakbäume ihre riesigen ledrigen Blätter. Die Mitarbeiter unseres Ressorts haben alle Hände voll zu tun, die Wege freizuhalten. Erst zu Beginn der nächsten Regenzeit in drei bis 5 Monaten schlagen sie wieder aus. Wir hören ständig Vogelstimmen, die wir dank einer App bestimmen können. Den Indischen Koel, einen Flaggendrongo, den Grünrücken-Nektarvogel und den Gelbbrauen-Laubsänger haben wir schon identifiziert. Leider lassen sich die Verursacher der Töne selten oder gar nicht blicken.   

Vollmond, bei Flut schrumpft der Strand auf ein Drittel seiner sonstigen Breite. Weil das Wochenende bevorsteht, werden vor den Restaurants lange Tischreihen für die zu erwartende Gäste aufgebaut, die letzten Tischbeine stehen bereits im Wasser. Abends bei Ebbe sieht das natürlich anders aus. Wir gönnen uns eine Massage in einem kleinen Salon im Hauptort. Eine Stunde walken, kneten und biegen die beiden zierlichen Frauen an uns herum, manchmal bis an die Schmerzgrenze. Das Gefühl danach ist umso besser.

Viele Touristen mieten sich Mopeds, um die Insel zu erkunden. Erstaunlich, dass sie hier alle Sicherheitsbedenken für sich und ihre Kinder über Bord werfen. Während sie die Kleinen zuhause keinen Meter auf dem Laufrad ohne Helm zurücklegen lassen und vor dem Kauf eines Kindersitzes alle Testberichte ausgiebig studieren, scheinen sie hier plötzlich ihrem Schutzengel zu vertrauen. Vater, Mutter und Kind sitzen in leichter Kleidung ohne Helm auf Rollern oder Mopeds. Und hier im Urlaubsparadies darf der Kleine während der Fahrt auch mal auf Papas Schoß sitzen und den Lenker halten.  

Mit einem Sammeltaxi fahren wir an die Südspitze, die die Form eines Fischschwanzes hat. Je eine Seite für Sonnenauf- und -untergang. Über Plattformen und Holzstege kann man von einer zur anderen Seite gelangen. Nach ein paar Fotos laufen wir zurück zum Eingang. Da kein Fahrzeug zu sehen ist, machen wir uns zu Fuß auf den Rückweg. Am Straßenrand ein Hinweisschild zu einem Ressort. Wir folgen dem Weg und bestellen uns etwas zu essen. Als mein Papayasalat: “Not spicy” kommt, habe ich das Gefühl, meine Zungenränder werden weggeätzt. Ob “not” auf Thai extra heißt, und der hilflose junge Kellner mir einen Gefallen tun wollte? Jedenfalls wundert er sich nicht, dass er den vollen Teller wieder abräumen kann.

Es soll nach der Landkarte einen Fußweg geben, aber wir finden ihn nicht und laufen auf der befestigten Straße. Mehrere 11- bis 16-prozentige Steigungen sind zu bewältigen. Als uns der Wachmann vor dem nächsten Ressort dringend abrät, den Waldweg zu laufen, nehmen wir das nächstbeste Taxi. Noch zwei Tage später sind unsere Knie beleidigt. 

2022 noch einmal Südostasien 

Bangkok 

Eigentlich müsste dieser Blog “Mit 150 um die Welt” heißen, denn seit seinem Beginn sind 5 Jahre dazugekommen. Doch wir haben uns entschlossen, den alten Namen zu behalten, damit uns Freunde, Bekannte und Interessierte schneller finden.

2022 was für ein Jahr, so viel ist passiert, schlimmes aber zum Glück auch gutes. Ausbruch des Ukraine-Krieges, Tod meiner Mutter, Infektion mit Corona und dann die Geburt unserer zweiten Enkelin. Dieses Jahr voller Emotionen und Arbeit hat uns mehr beschäftigt als üblich und trotzdem ist da immer eine Stimme im Hinterkopf, die von Reiselust spricht und die irgendwann nicht mehr zu überhören ist. Und so entschließen wir uns im September, den kommenden Winter in Südostasien zu verbringen.

Die Familie reagiert positiv und wir buchen für den 28.11.22 einen Nachtflug nach Bangkok. Die Heizung wird während unserer Abwesenheit auf 11-12 Grad abgesenkt damit nichts einfrieren kann, wir aber die gigantisch gestiegenen Energiekosten in Grenzen halten.

Und dann ist er da, der Tag der Abreise. Wieder bringen uns unsere Tochter und unser Schwiegersohn zum Flughafen, doch dieses Mal sind noch die beiden Enkelkinder dabei. Der 2,5-Jährige betrachtet staunend die vielen Menschen und die üppige Weihnachtsdekoration, das knapp 5 Monate alte Baby scheint unbeeindruckt. Umarmung, Abschied und die Gewissheit, dass 3 Monate sehr schnell vergehen, zumal wir und die Zurückgelassenen jederzeit in Verbindung stehen.

Der Flug im vollbesetzten Dreamliner verläuft unspektakulär, die meisten Passagiere schlafen. Am nächsten Tag mittags die Landung in Bangkoks Flughafen Suvarnabhumi. Der Frankfurter Flughafen ist uns schon riesig vorgekommen, dieser ist noch 50 % größer. Immerhin hält das Bodenpersonal im Rüssel mehrere Rollatoren und auch den ein oder anderen Rollstuhl bereit. Das macht Hoffnung auf Reisemöglichkeiten im hohen Alter. Laufbänder erleichtern es den Passagieren, die langen Strecken zurückzulegen. Die Passkontrolle findet an einer unüberschaubaren Reihe von Schaltern statt. Pass und Bordkarte vorlegen, die Fingerabdrücke scannen lassen, in die Kamera blicken und schon ist ein neuer Stempel im Pass. Zur Gepäckausgabe müssen wir eine gefühlt kilometerlange Strecke zurücklaufen, und da warten unsere roten und blauen Hartschalenkoffer schon auf uns. Am Geldautomaten holen wir 10.000 Baht (ca. 275 €) und fahren mit der Airport Rail Link Richtung Innenstadt. Für je 45 Baht bekommen wir einen Chip, der den Zugang zum Bahnsteig öffnet und uns an der Endstation auch wieder herauslässt. Von hier geht es per Tuk Tuk weiter. Wie schnell man sich daran gewöhnt, sich mitsamt Gepäck auf engstem Raum wiederzufinden. Der Fahrer nickt wissend, als ich den Namen des Hotels nenne und schlängelt sich in halsbrecherischer Weise zwischen Autos, Bussen und Mopeds hindurch, dabei nutzt er konsequent alle Fahrspuren. Zweimal wendet er, weil es ihm zu langsam geht und biegt dann in eine schmale Straße ein, die links und rechts von Marktständen gesäumt ist und durch die sich Touristenmassen schieben. “Hotel,” sagt er strahlend und deutet auf ein Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite. Mag sein, aber es ist nicht unseres. Ich nenne ihm noch mehrmals den Namen und schreibe ihn schließlich auf. Jetzt hat er verstanden, berät sich mit einem Kollegen und bringt uns dann zur richtigen Unterkunft. Er ist einfach davon ausgegangen, dass wir wie die meisten Touristen in die Khaosan-Road wollen.

Unser Zimmer liegt im 5. Stock, es gibt einen Aufzug und alles, was wir brauchen: Ein breites bequemes Bett, eine Klimaanlage, einen Kühlschrank und ein eigenes Badezimmer. Nach einem Erholungsschlaf – inzwischen ist es nach 18 Uhr, also dunkel, machen wir einen ersten Erkundungsgang. Wir wohnen im Bezirk Phra Nakhon in der Nähe des Chao Phraya Flusses.

ein Laden neben dem anderen

Zwischen einigen großen Straßen ein Gewirr von kleinen Gassen mit winzigen Läden aller Art, Hühner laufen herum und überall stehen Garküchen, wo alles zubereitet wird, was man sich nur vorstellen kann. Doch ein fauliger Gestank aus den Abflussrohren verdirbt uns den Appetit am Freiluftessen. Das erste Lokal mit geschlossener Front bietet vegetarische Gerichte an, wir bestellen jeder zwei verschiedene und sind begeistert.

Die Nacht mit wenig Schlaf fordert ihren Tribut, wir fallen ins Bett, sind später vier Stunden wach und verschlafen das Frühstück. Wir kochen uns einen Kaffee und spucken ihn entsetzt wieder aus, er schmeckt nach ranzigen Paranüssen. Nicht daran gedacht, Flaschenwasser statt Leitungswasser zu verwenden. Auch an die Regel Toilettenpapier in den Mülleimer zu werfen, müssen wir uns erst wieder gewöhnen.

Ausblick aus dem Hotelzimmer, im Hintergrund glänzt es golden

Von unserem Fenster aus ist ein goldenes Gebilde zu erkennen, es ist der 32 Meter hohe stehende Buddha im Wat Intharawihan, den wir jetzt besuchen. Nur wenig Touristen sind hier, gehört diese Anlage doch nicht zu den großen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Trotzdem ist sie prächtig und einen Besuch wert.

spannend, was hier passiert

Die Gläubigen legen ihre Opfergaben zu Füßen der großen Statue ab und entzünden bündelweise Räucherstäbchen. Wir sitzen auf einer Bank im Schatten und schauen zu, wie mittels Seilwinde lange Stoffbahnen hochgezogen werden, um die goldene Statue zu schmücken.

Die langen Bahnen werden mit Hilfe einer Seilwinde hochgezogen

In einem kleinen Café in der Nähe holen wir mittags das Frühstück nach. Bis abends um 19 Uhr kann man hier ein frühstücken. Außer uns nur andere Touristen. Zwei junge Frauen sitzen sich gegenüber und reden nicht miteinander, reden kein einziges Wort Die Handys sind interessanter als das menschliche Gegenüber. Auf dem Rückweg kommen wir durch eine weitere Tempelanlage, Wat Maiamatharod ist auch mit viel Gold, Schnitzereien und Mosaiken verziert. In Bangkok gibt es über 400 Tempel, und prächtig sind alle.

Wir laufen durch unseren Stadtteil auf der Suche nach einem Restaurant. Gekocht, gegrillt und gebraten wird draußen an ein oder mehreren Ständen, und drinnen stehen Tische und Stühle, wo das Essen verzehrt wird. In einem schmucklosen Raum ist ein großer Tisch mit gut 20 Personen besetzt, das sieht vielversprechend aus. Wir bekommen die bebilderte Speisekarte und suchen uns etwas aus. Salat aus grüner Papaya mag ich gerne und bestelle mir eine Portion, Klaus schließt sich an mit der Variation mit Krabbe. Gegenüber von uns steht ein Tischchen mit einem rechteckigen Kasten aus Plastik. Wann immer die zwei Frauen, die bedienen, abräumen und kassieren gerade nichts zu tun haben, schneiden sie mit einem Sparschäler hauchdünne Streifen von Möhre und Papaya. Das sind immer nur einige Momente, aber der Kasten füllt sich rasch. Draußen auf der Straße bedient eine andere Frau den Mörser, kommt herein, nimmt eine Handvoll Gemüsestreifen, wirft sie in den Mörser und ein paar Minuten später steht der Salat vor mir. Er hat die richtige Schärfe und ist perfekt gewürzt. Das Hauptgericht hat keine Ähnlichkeit mit dem Foto, schmeckt aber trotzdem.

In der Nacht wache ich mit Halsschmerzen auf. Die Umstellung auf die allgegenwärtigen Klimaanlagen fordert wieder ihren Tribut.

Erst nachmittags gehen wir vor die Tür, laufen zum Chao Phraya und über die Schrägseilbrücke Rama VIII auf die andere Seite. Rund um die mächtigen Brückenpfeiler ist ein Platz angelegt, geschmückt mit schönen Beeten, vielen Sitzplätzen auf Stufen und Bänken und Platz für Skater oder Radfahrer. Essensstände versorgen die herumlaufenden Menschen, ein Sanitätswagen steht für Unfälle bereit, eine Band spielt. Feierstimmung an einem ganz normalen Spätnachmittag. Der gepflegte Park daneben wird von Sportlern und Spaziergängern genutzt, die einen rennen oder machen Turnübungen, die anderen sitzen auf Parkbänken und schauen zu.

Am 4. Tag geht es gesundheitlich aufwärts. Wir fahren mit einem Touristen-Boot auf dem Chao Phraya, steigen an der Station Chinatown aus und laufen durch die Gasse mit den Lebensmittelständen. Zu sehen, welche uns unbekannten Zutaten es gibt, ist immer wieder spannend. Wir sind überrascht, dass auch hier geröstete Maronen verkauft werden. In einem Kessel sind sie mit schwarzem Granulat vermischt und werden über Hitze ständig bewegt, dann sorgfältig geschält und verkauft. Auf Grillrosten liegen Bananen gepellt oder in der Schale, hier hängen Pekingenten, dort liegt Fisch und die Auswahl an Obst ist überwältigend. Kirschen groß wie Pflaumen, alle möglichen Exoten und ganz am Rand der Stand mit Durian, der Stinkfrucht.

Maronen, Schwalbennestersuppe, rosa Eier, rosa Quallenkoteletts (?), und ein Multikasten zum Transportieren von halben Schweinen oder zum Aufbewahren von Kindern

Am Abend entdecken wir ein kleines Karree, in dem Lokal an Lokal grenzt, hauptsächlich Touristen essen hier. Erst als wir eines entdecken, in dem Einheimische essen, setzen wir uns dazu und bekommen auf Plastiktellern köstliches Essen serviert.

Letztes Frühstück in unserem Hotel. Es gibt Obst, Salat, Suppe, Bratreis, Nudeln, Gemüse und Fleisch und für alle, die sich damit nicht anfreunden können Toast, Eier, Würstchen und Marmelade. Gut gestärkt lassen wir uns mit dem Taxi (billiger und bequemer als ein Tuk Tuk) zum Busterminal Ekkamai fahren. Wir haben nichts reserviert und die großen klimatisierten Busse sind ausgebucht. Aber im Minibus, der in 30 Minuten abfährt, sind noch 2 Plätze frei. Gut es ist eng, zwischen Sitz und vorderer Reihe sind nur 10 Zentimeter Platz, aber für 3 Stunden wird es gehen. Es dauert, bis wir aus dem anstrengenden Verkehr der Millionenstadt herauskommen und die Autobahn erreichen. Auch hier herrscht viel Verkehr. In dieser Region sind die meisten Firmen angesiedelt. Werbetafeln mit amerikanischen, japanischen und europäischen Namen dominieren. Wären da nicht welche mit thailändischen Schriftzeichen und hin und wieder ein Tempel, könnte man keinen Unterschied zu einer europäischen Region erkennen. Die neben mir sitzende Frau teilt Mandarinen mit uns. Wir schreiben “Danke” ins Handy und lassen es auf Thai übersetzen. Sie liest es und lächelt. Am Pier in Ban Phe hält der Bus und 15 Minuten später soll das Boot nach Ko Samet ablegen.

Die Tatacoa-Wüste und San Agustin (Kolumbien)

Vom Busbahnhof, der größer als mancher Flughafen ist, fahren wir Richtung Süden. Erst nach 1,5 Stunden haben wir die Stadtgrenze von Bogota erreicht. Danach kommen wir an unzähligen Gärtnereien vorbei, bevor die Straße in eine Art grünen Tunnel mündet. Die Bäume links und rechts der Straße haben so weit ausladende Kronen, dass sie sich in der Mitte berühren und den Blick auf den Himmel versperren. Langsam kommen wir in die Berge, und die Straße windet sich durch die zerklüftete Landschaft. Nach acht Stunden haben wir die quirlige Stadt Neiva erreicht, wo wir übernachten, um nicht in der Dunkelheit weiterfahren zu müssen.

Am nächsten Morgen geht es gleich wieder zum Busbahnhof. Neiva hat nichts, was uns noch zum Bleiben animieren könnte.

Für die Weiterfahrt landen wir in einem Pickup, auf dessen Ladefläche Sitzbänke montiert sind. Wir dürfen auf die Rückbank, bleiben da aber nicht lang allein. Eine Frau mit Sack, Karton und Handtasche quetscht sich neben uns, den Beifahrersitz erobert sich ein 150 kg-Mann. Nach und nach füllen sich die hinteren Bänke, und immer noch hält der Fahrer an mehreren Stellen an, um Waren mitzunehmen oder für den Beifahrer Proviant zu kaufen. Der kann die 40 km lange Strecke ohne Nahrung offenbar nicht überstehen. Auf den durchgesessenen Sitzen schlafen uns nach und nach verschiedene Körperteile ein, so dass sich das Aussteigen in Villavieja nicht ganz einfach gestaltet. Die 11 km lange Weiterfahrt im Tuctuc könnte man fast als Erholung bezeichnen.

Nach so vielen Ur- und Regenwäldern hat Klaus sich schon mehrmals nach einer Wüste gesehnt, und jetzt sind wir mitten drin in der merkwürdigen Tatacoa-Wüste, die ringsum von üppigem Grün umgeben ist. Das 330 km² große Gebiet ist durch eine geografische Besonderheit entstanden. Zwei Gebirgszüge lassen die in Äquatornähe nicht gerade seltenen Regenwolken ringsherum abregnen. Soviel Wasser kommt hier herunter, dass sogar Reis angebaut werden kann. In dem Gebiet innerhalb der Berge verdunstet bei Temperaturen von bis zu 50 Grad mehr Wasser, als dem Gelände zugeführt wird. Trotzdem wächst noch einiges in der Wüste, vor allem Kakteen. Es gibt einen roten und einen grauen Teil, unsere Unterkunft befindet sich zwischen den beiden. Wir wohnen in einem Haus aus Plastikflaschen, das ist konsequent durchgeführtes Recycling.

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Die innen weiß gefärbten Flaschen sind reihenweise aufgefädelt und bilden die Wände. Von innen hängt ein licht- und luftdurchlässiges Gewebe davor, das einerseits vor unerwünschten Einblicken schützt und andererseits dem Wind gestattet, für ein angenehmes Klima zu sorgen. Im ebenfalls durch eine Flaschenwand abgeteilten Badezimmer ruht das Waschbecken auf drei gelb lackierten Autoreifen. Die überaus herzlichen Besitzer haben vielfältige Verwendungsmöglichkeiten für abgenutzte Reifen gefunden.

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In ihrem sandigen Garten befindet sich ein kleiner Zoo aus bunt angemalten Reifentieren. Zebra, Giraffe, Käfer, Schlangen, Fische und Vögel erfreuen die kleinen Besucher und bringen die großen zum schmunzeln.

Am späten Nachmittag machen wir einen ersten Erkundungsgang durch die graue Wüste. Manolito, der Hund der Hotelbesitzer, begleitet uns, obwohl er hinkt. Damit zeigt er wohl seine Dankbarkeit, weil ich mein Mittagessen mit ihm geteilt habe.

Kurz bevor die Sonne untergeht, laufen wir zum 10 Minuten entfernten Observatorium. In dieser Wüste gibt es sogar zwei, weil die Luft hier dünn ist und es kaum „Lichtverschmutzung“ gibt. Schon eine halbe Stunde vor Beginn sind wir auf dem Parkplatz und unterhalten uns eine Weile mit dem Assistenten von Javier Fernando Rua Restrepo, der dieses privat finanzierte Observatorium leitet. Nach und nach fahren Autos auf den Parkplatz und insgesamt warten schließlich an die 30 Personen in der Dunkelheit darauf, dass sie um 19 Uhr eingelassen werden. Leider sind Wolken am Himmel, aber am unbedeckten Teil ist deutlich das Kreuz des Südens zu sehen. Señor Rua Restrepo hält seinen Vortrag auf spanisch. Ich verstehe nur die Namen der meisten genannten Planeten und Sternbilder, aber hier in der milden Luft auf dem Kunstrasen zu sitzen – manche liegen auch auf dem Rücken – und in den Himmel zu schauen, ist ein großartiges Erlebnis. Die fünf Teleskope sind auf verschiedene Himmelskörper ausgerichtet und wir können nacheinander den Jupiter mit seinen Ringen und Monden, Omega, Alpha Centauri, den Sternenhaufen im Sternbild Carina und später den gerade aufgehenden Vollmond sehen. Nach 1,5 Stunden ist die Veranstaltung zu Ende. Der helle Mond hilft uns, den Rückweg auf der unbeleuchteten Straße zu bewältigen ohne zu stolpern.

Am nächsten Tag machen wir eine Wanderung durch die rote Wüste. Es gibt einen markierten Rundweg, der uns nach 4 Kilometern wieder zurück zur Straße bringt. Zum Glück ist der Himmel heute total bewölkt, so dass die Temperatur 30 Grad nicht überschreitet. Die Formationen aus einer Art gebackenem Sand sind fantastisch. Bei manchen Anblicken stellen wir uns vor, dass hier jemand Teile aus amerikanischen Nationalparks geschrumpft hat. Die Wegmarkierungen sind nicht immer vorhanden, aber wirklich verirren kann man sich hier nicht. In der karg bewachsenen Wüste sind Fuchs, Gürteltier und viele Vogelarten zuhause. Ein paar Familien halten sich Ziegen, die hier offensichtlich bestens zurechtkommen. Aus der Ziegenmilch wird Yoghurt und Käse hergestellt und zusammen mit Rohrzucker spezielle Süßigkeiten auf Karamellbasis.

Einen Tag später haben wir wieder 34 Grad, so dass wir erst am späten Nachmittag in die Wüste gehen. Den Tag verbringen wir auf der schattigen Terrasse des Hauses, beobachten die Papageien, die beinahe täglich kommen, um sich Sonnenblumenkerne zu holen und genießen herrlich kühle selbstgemachte Orangenlimonade.

Auf dem Weg zu unserer nächsten Stadt müssen wir mehrmals umsteigen. Vom Tuctuc aus der Wüste kommend in Villavieja in den Minibus, in Neiva in einen Kleinbus, in Pitalito auf einen Pick-up (dieses Mal mit sechs weiteren Personen auf der engen Ladefläche) und in San Agustin, unserem Zielort nehmen wir in der Dunkelheit schließlich noch ein Taxi zu unserem Hotel. Für die 270 Kilometer lange Strecke haben wir 11 Stunden gebraucht. Und jetzt müssen wir uns noch daran gewöhnen, dass die Temperatur nur noch halb so hoch ist.

Wie in allen Städten, die wir bisher besucht haben, gibt es auch in San Agustin vor der Kirche einen großen begrünten Platz, auf dem immer einige Menschen auf Bänken sitzen. Heute ist er jedoch gerammelt voll.

In der Stadt findet an jedem Samstag im Juni ein Sportereignis statt. Das Karree vor dem Platz wird für den Autoverkehr gesperrt, die Polizei sichert die vier Straßenecken und dann geht es los. Eine Gruppe von ungefähr 50 Reiterinnen und Reitern trippeltrabt (ich weiß nicht, wie man diese Gangart nennt, gesehen habe ich die noch nie) 3 Stunden lang über die abgesperrte Strecke. Wirklich ernsthaft wird hier nicht geritten, immer wieder halten die Reiter(innen) an, um mit jemandem am Straßenrand ein Schwätzchen zu halten. Die männlichen Reiter lassen dabei auch gern eine Flasche mit hochprozentigem Inhalt kreisen. Die armen Pferde müssen ganz schön was aushalten, gerade vor dem Zelt mit der Band halten die Reiter gern an und hören der flotten Musik zu. Das laute Schlagzeug und die daneben abgebrannte Feuerwerksraketen erschrecken die Tiere in schöner Regelmäßigkeit. Was es mit dieser Reiterei auf sich hat, kann uns niemand erklären und diejenigen, die es wissen müssten, können wir wegen Verständigungsschwierigkeiten nicht fragen. Aber vielleicht gewinnt derjenige, der sich zum Schluss noch auf seinem Pferd halten kann. Nach dem alles vorbei ist, könnte man direkt Rosen pflanzen, so viele Pferdeäpfel liegen auf der Straße. Doch oh Wunder, am nächsten Morgen ist davon nichts mehr zu sehen.

San Agustin hat in der Umgebung etliche Sehenswürdigkeiten, darunter einen 400 Meter hohen Wasserfall, und eine Felsenpassage am beeindruckenden Rio Magdalena, bei der die Wassermassen durch eine 1,70 Meter breite Engstelle strömen.

Aber die größte und wichtigste ist der Parque Arqueológico, der Archäologiepark. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden bei Ausgrabungen im Umkreis von mysteriöse Steinfiguren vor Dolmengräbern gefunden. Wer genau auf diese Weise bestattet wurde, weiß man nicht. Vermutlich waren es Stammesfürsten eines inzwischen ausgestorbenen Volksstammes, der in vorspanischer Zeit hier lebte. Über 500 der aus Vulkangestein gefertigten Statuen in einer Größe von 20 Zentimeter bis 7 Meter wurden bisher ausgegraben.

In diesem riesigen Gelände sind 130 von ihnen ausgestellt. Der Eintritt von 50.000 COP (13,50 €) ist für hiesige Verhältnisse nicht gerade günstig, aber der Park ist schön angelegt, die Wege gepflegt und das kleine Museum am Eingang informativ. Außerdem kann man am nächsten Tag noch zwei weitere Parks mit Steinfiguren besuchen.

In der überwiegenden Mehrheit sind Kolumbianer hier unterwegs und viele von ihnen tragen gelbe Fußballtrikots. Erst später dämmert uns, dass gerade der Südamerika-Cup stattfindet. Außer zehn südamerikanischen Ländern nehmen noch Japan und Katar an dieser Meisterschaft teil. Die kolumbianische Mannschaft hat es gerade ins Viertelfinale geschafft.

Am Abend gehen wir in ein vegetarisches israelisches Restaurant. So begeistert wir von Kolumbien sind, die Küche hat uns nicht überzeugt. Vom Frühstück bis zum Abendessen gibt es Arepas, aus weißem Mais hergestellte Fladen, die nicht mehr Geschmack haben, als ein Bierdeckel. Fleisch wird zur Sicherheit noch einmal totgebraten, wahrscheinlich damit es wegen der lieblosen Zubereitung nicht noch flüchten kann. Das Ergebnis ist bei Hühnchen zäh, bei Rind und Schwein sehr zäh. Es gibt vermutlich auch keine Regel, wie ein Tier zerlegt wird. Positiv ist, dass man dem Geflügel nicht mit einem Hackbeil zu Leibe rückt, wie in einigen asiatischen Ländern, wo man immer Knochenteile im Essen findet. Apropos Knochen, bei unserem Abendessen in einem Steakhaus hatte mein zähes Ribeye-Steak nicht weniger als drei fingerdicke Knochen. Beilagen sind Arepas plus Reis oder Pommes frites, wenig Gemüse oder etwas Salat ohne Dressing. Zum Glück lungern immer hungrige Hunde und Katzen herum, denen man mit diesen lederartigen Fleischstücken noch einen Gefallen tut. Der einzige Ausweg: Restaurants mit ausländischer Küche, oder die schon beschriebene Kette Crepes & Waffles aufsuchen.

Zuverlässig gut sind die Cafés mit meist quietschbunten Torten, aber auch Croissants usw. Klaus hat sich als Tester für tiefdunkle Schokoladentorten betätigt und konnte mehrmals die Höchstnote vergeben.

Aber dieses Lokal enttäuscht uns nicht, leckere knusprig gebratene Falaffel und ein Auberginen-Eintopf zum niederknien werden uns serviert.

Cartagena, Karibikstrand und Minca (Kolumbien)

Am internationalen Flughafen Panama müssen Passagiere selbst tätig werden, Bord-Karte und Kofferband druckt man sich selber aus und geht damit zum Schalter. Nur eine gute Stunde dauert der Flug von Panama in die Hafenstadt Cartagena in Kolumbien. Das erste Mal seit Jahren erleben wir wieder, wie sich die Anspannung der Passagiere nach der Landung in lautem Klatschen löst. Endlich wieder festen Boden unter den Füßen, ein Hoch auf den Piloten.

Dieser Flughafen ist noch nicht voll automatisiert, Gangway und Bus statt Rüssel. Bei der Einreisekontrolle wird zwischen Kolumbianern und Ausländern unterschieden. „Kolumbianer?“ „Nein.“ „Dann bitte dort entlang.“ Doch hier kassieren wir einen Rüffel. Streng werden wir gemustert und angeherrscht,dass wir uns falsch angestellt hätten. Widerspruch zwecklos. Wir bekommen trotzdem unseren Einreisestempel von dem mürrischen Grenzbeamten.

Das Gepäck kreiselt schon auf dem Laufband und ruck-zuck sind wir draußen und sitzen im Taxi.

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Wir fahren am Meer entlang, wo sich heute am Sonntag viele Menschen am karibischen Strand aufhalten. Hier gibt es kleine U-förmige Stoffhütten statt Sonnenschirmen.

Das Taxi kann uns nicht direkt zum Hotel bringen, weil sonntags das Viertel Getsemani, das direkt an das historische Viertel grenzt, für Autos gesperrt ist. Der Fahrer deutet wage in eine Richtung und wir ziehen los und biegen um die nächste Ecke.

Hier wäre er auch garantiert nicht durchgekommen. Mitten auf der Straße haben die Anwohner ein quadratisches Planschbecken aufgestellt. Frauen liegen bequem im Wasser, während die Kinder um sie herumwuseln und sich gegenseitig nass spritzen, die Mütter bleiben dabei völlig gelassen.

Die Häuser zeigen nach außen ihre abweisende Seite. Sie grenzen direkt an den Bürgersteig und sind in verschieden Farben gestrichen, viele sind auch mit bunten Bildern geschmückt oder blühenden Bougainvilleen berankt. Die Fenster sind zur Straße mit Holzgittern gesichert. Als wir die hohe massive Holztür zu unserem Hotel öffnen, sehen wir sofort den schönen begrünten Innenhof.

Die interessantesten Ecken der Millionenstadt können wir zu Fuß erreichen. Im Land des Kaffees müssen wir natürlich sofort ein Café aufsuchen und bekommen wirklich einen sehr aromatischen starken Kaffee vorgesetzt.

Der nächste Geldautomat ist in der Nähe des Castillo San Felipe zu finden. Die mächtige Festung thront auf einem Hügel und wurde kurz nach der Stadtgründung 1533 errichtet. In Cartagena lagerten große Mengen Gold und Silber, die alle möglichen Menschen in ihren Besitz zu bringen versuchten. Die Festung hat ein ausgeklügeltes Tunnelsystem, das den Bewohnern Rückzugsmöglichkeiten und Verstecke bot und für Eindringlinge ein gefährliches Labyrinth war, in dem sich nicht wenige verirrten. Die Festung schützte die mit einer imposanten Mauer umgebene Stadt Jahrhunderte lang vor Eindringlingen.

Die Statue in der Nähe des Eingangs zeigt Admiral Blas de Leo, dem es 1741 gelang, mit 3.000 Mann und 6 Schiffen einen Angriff der Engländer mit 23.000 Mann und 186 Schiffen abzuwehren. Das allein ist schon beeindruckend, denn Blas de Leo war quasi ein halber Mann: einäugig, einbeinig und einhändig!

Die Altstadt innerhalb der 13 Kilometer langen und über 400 Jahre alten Mauer gehört zu den schönsten Kolonialstädten Südamerikas und ist UNESCO Weltkulturerbe. Die an manchen Stellen 30 Meter breite Mauer besitzt fenstergroße Nischen an der Außenseite, in denen tagsüber die Liebespärchen turteln und nachts die Obdachlosen schlafen. Auch Spaziergänge auf der Mauerkrone sind beliebt.

Das Haus von Gabriel Garcia Marques, dem größten Schriftsteller des Landes, ist auch innerhalb der Mauer zu finden. Natürlich erkunden auch wir die Altstadt und ja, sie ist schön und nein, richtig wohlgefühlt haben wir uns hier nicht. Was schön ist, zieht Touristenmassen an und damit beginnt auch schon der Teufelskreis. Pferdekutschen, Taxis und Lieferfahrzeuge quetschen sich durch die engen Straßen. Wenn ein Kreuzfahrtschiff anlegt, fluten tausende zusätzliche Touristen die engen Gassen.

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Am Hafen erscheinen wie aus dem Hut gezaubert als Sklaven verkleidete Menschen mit Ketten an den Beinen und Frauen in karibischer Tracht, um sich gegen Geld fotografieren zu lassen. Dazwischen laufen immer wieder Männer herum, die ein gelbes Plakat mit einer riesigen Ameise (?) herumtragen. Unzählige Verkäufer bieten Sonnenbrillen, Sonnenhüte, Kleidung, Uhren, Schmuck etc. an. Wir finden es nervig, kaum ist der erste Hutverkäufer erfolglos abgezogen, steht schon der nächste vor uns. Das zieht sich durch die gesamte Altstadt. Wir sind so mit abwimmeln beschäftigt, dass es unsere Besichtigungsfreude trübt. Man kann nicht vor einem Schaufenster stehenbleiben und sich die elegante Kleidung, Kunstgewerbe oder Smaragdschmuck anschauen, ohne dass man fast am Arm in den Laden gezogen wird. Unmöglich an einem Lokal vorbei zu kommen, ohne dass man eine Speisekarte vor die Nase gehalten bekommt.

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Und es dauert lange, bis es gelingt, die Statue der ruhenden Dame von Botero zu fotografieren, ohne das jemand mit der Hand auf ihrem Busen – wie originell – darauf wartet, abgelichtet zu werden.

Eine Stadtrundfahrt bringt uns auch in weiter entfernte Viertel, Boccagrande zum Beispiel, die Halbinsel mit den modernen Hotels. In einem von ihnen hat sogar mal US-Präsident Clinton genächtigt, darauf ist man hier sehr stolz. Der Stadtteil Manga ist der bevorzugte Wohnort der Reichen und Wichtigen von Cartagena und in San Francisco leben die Armen, die mit allen möglichen Verkäufen oder mit Betteleien ihren Lebensunterhalt verdienen.

Wir sind auf der Suche nach einer Landkarte von Kolumbien. Im Einkaufszentrum nahe der Festung gibt es eine Buchhandlung, aber Landkarten werden dort nicht verkauft. Die Verkäuferin und alle, die wir sonst noch fragen, haben auch keine Ahnung, wo es so etwas geben kann. In Boccagrande steht das größte und modernste Einkaufzentrum der Stadt. Hier gibt es nicht mal eine Buchhandlung. Wir werden auf den Centenario Park verwiesen, in dem Antiquariate dicht an dicht stehen, prall gefüllt mit alten Büchern.

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Aber auch hier bekommen wir das Gewünschte nicht. Offenbar wird in Kolumbien nicht viel gelesen, und wer braucht schon Landkarten.

Getsemani gefällt uns unglaublich gut. Das quirlige Viertel wirkt authentisch, denn hier leben noch viele Einheimische. Überall gibt es Street-Art zu bewundern und jeden Abend versammeln sich Bewohner des Viertels und Touristen auf dem halbrunden Platz vor der Holy-Trinity-Kirche und genießen kostenlose Musik- und Tanzdarbietungen.

viele kleine Gassen

überall Wandmalereien

Regelmäßig finden sich auch Händler ein und bieten Obst, Schmuck, Textilien und die unvermeidlichen Hüte an.

Wir wollen eine Woche am karibischen Meer östlich von Cartagena ausspannen und nehmen einem Shuttlebus der über Barranquila und Sant Marta dorthin fährt. Hinter der großen Hafenstadt Barranquilla (Geburtsstadt der Sängerin Shakira) führt die Straße über eine Nehrung. Zur Seeseite hin gedeihen unzählige imposante Kakteen, doch der Blick zur Lagune hin zeigt inmitten von Müllbergen die erbärmlichsten Elendsquartiere, die wir bisher auf dieser Reise gesehen haben.

Kilometerlange Bananenplantagen sind links und rechts der Straße zu sehen. Unser Ressort, das zu Beginn der Regenzeit mit dem unschlagbaren von Argument 79 % Rabatt überzeugt,  liegt östlich vom Tayrona Nationalpark am Strand, 1,5 Kilometer von der Hauptstraße entfernt. Verstreut auf einem riesigen Grundstück stehen einige Bungalows, etliche Kokospalmen, Bäume und blühende Sträucher. Eine Woche lang nur faulenzen, schwimmen, spazieren gehen und lesen.

Aus dem Schaukelstuhl und der Hängematte auf der Terrasse können wir Tiere beobachten. Kolibris holen Nektar aus den Blüten, Geier rasten in den Palmen, Eichhörnchen jagen sich, Schildkröten spazieren gemächlich über den Sand und abends hüpfen große Kröten über die Wege. Hunde und Katzen leben auch auf dem Grundstück und sitzen bei den Mahlzeiten neben uns, in der Hoffnung auf milde Gaben.

Während dieser Woche treffen wir andere Langzeitreisende. Das ist immer eine gute Gelegenheit, sich auszutauschen, z.B. zum Thema Ansichtskarten. Nicht nur wir haben vergeblich danach gesucht. Emma aus Frankreich weiß auch die Erklärung, das Porto ist so hoch, dass kein Mensch welche verschickt. Ihre Freundin aus Paris wollte dem zurückgebliebenen Freund dann wenigstens einen Brief senden. Das Porto in Höhe von 80 US$ brachte ihren ganzen Monatsetat durcheinander.   

Außer Text zu schreiben, kann ich nicht am Blog arbeiten, das Internet ist grottenschlecht, von den Stromausfällen ganz zu schweigen.

Ein kratzendes Geräusch bei unseren Koffern alarmiert uns eines Abends. Klaus vermutet ein großes Insekt, ich etwas viel Größeres. Respektvoll nähern wir uns der Stelle, ziehen vorsichtig einen Koffer an die Seite und sehen uns einer großen blauen Landkrabbe mit wehrhaft erhobener Schere gegenüber.

Mit Hilfe des Regenschirms, der zu jedem Bungalow gehört, scheucht Klaus sie durch den aus Koffern und Rucksäcken gebildeten Gang nach draußen.

Diese Krabben leben zu Hunderten in der dunklen Erde um das Grundstück, aber auch auf dem Sandboden läuft hin und wieder eine vorbei.

Ein Krokodil wohnt in dem Bach vor dem Grundstück. Hotelgäste zeigen uns ein Foto davon. Leider haben wir kein Glück, trotz mehrfacher Besuche zeigt es sich uns nicht.

Vom Meer aus fahren wir in die Berge. Den Tayrona Nationalpark, der wunderschöne Strände hat, und den wir eigentlich besuchen wollten, haben wir nicht betreten. Warum viereinhalb Kilometer durch den Urwald laufen, wenn wir hier den Strand vor der Haustür haben.

Der Ort Minca liegt auf 600 Metern Höhe, 15 Kilometer südlich der Küstenstadt Santa Marta. Andreas, den wir in San José trafen, hat uns von der Natur vorgeschwärmt. Minca liegt auch wirklich wunderschön, ist aber längst kein Geheimtipp mehr.

Der Fluss, der über dicke Felsen plätschert, lockt uns nicht zum baden. Wir haben verschiedene Gräben gesehen, die hineinfließen, und die nicht gerade gut riechen. Auf einem Spaziergang in die Berge treffen wir Borris und Anna aus Hamburg, denen es hier so gut gefällt, dass sie ein Haus gemietet haben und zum Hostel ausbauen. Viele Reisende haben vor ihnen auch nach Möglichkeiten gesucht, sich hier etwas aufzubauen. Deshalb gibt es inzwischen Yogaschulen, Handarbeitskurse und kleine vegane oder vegetarische Lokale.

Nachdem es gestern den ganzen Tag geregnet hat, wollen wir heute eine Wanderung zu den Kaskaden machen. Der Weg ist noch richtig schlammig, hier ist nur die Hauptstraße betoniert. Merkwürdigerweise kommen nach 1000 Metern Matschweg 50 Meter perfekt gepflasterte Strecke. Danach geht es mit Pfützen weiter.

Wir bestaunen den ca. 30 Meter hohen Bambus. Ich habe Bambus immer nur mit Asien in Verbindung gebracht. Dass er auch in Mittel- und Südamerika so häufig anzutreffen ist, überrascht mich. Leider müssen wir nach gut zwei Kilometern abbrechen, die Steigung bringt mich bei über 30 Grad völlig außer Puste. Aber auf der Terrasse unseres Hostels ist es auch schön. Rundherum ist alles üppig grün. Direkt gegenüber stehen einige der unzähligen riesigen Mangobäume. Sie hängen so voller Früchte, dass man komplette Markthallen mit Mangos beliefern könnte, wenn sich nur alle ernten ließen.

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der ist noch jung (der Baum)

Die Bäume können 35 Meter hoch werden und 300 Jahre lang Früchte tragen. Auf unserer Reise haben wir tausende Mangobäume gesehen. Wenn sie voller Früchte sind, die an ca. 30 cm langen Stilen hängen, denkt man an mit Ostereiern geschmückte Bäume. Unreif sind sie grün, später gelb, orange oder rot. Neben dem Weg liegen die herunter gefallenen Früchte bergeweise herum und gammeln vor sich hin.

Und nun steht die Weiterreise nach Medellin an. Eigentlich wollen wir unterwegs nur per Bus, Bahn oder Schiff reisen, aber uns wurde erzählt, dass die Fahrt statt der genannten 15 Stunden um einiges länger ist. Ganze 25 Stunden waren Reisende unterwegs. Das würden wir niemals ohne Zwischenübernachtung machen. Die Kosten für Bus und Übernachtung sind genauso hoch, wie die für den Flug. Im Stundentakt heben die Maschinen nach Bogota oder Medellin in Santa Marta ab. Das ist wesentlich angenehmer, als zwei Tage lang im Bus zu sitzen und weitere zwei Tage mit schmerzenden Knien herumzulaufen, weil die Sitzabstände im Bus enger als in jedem Flieger sind.

Panama Stadt und Land

Der Taxifahrer bringt bis zur Grenze in Costa Rica. Kaum sind wir ausgestiegen, kommt ein Mann auf uns zu und bietet seine Hilfe an. Es sei seine Aufgabe, Touristen beim Grenzübergang behilflich zu sein, behauptet er. Auf sein Angebot, unsere Koffer zu ziehen, gehen wir gar nicht erst ein. Vor dem Ausreiseschalter stehen drei Personen, er führt uns zu einem Nebenschalter, wo wir direkt an die Reihe kommen. Danach zeigt er uns den Einreiseschalter in Panama und danach den Bus nach David. Dort fordert er plötzlich 20 US$ für seine Hilfe. So haben wir nicht gewettet, all das hätten wir auch ohne seine Hilfe geschafft. Er bekommt ein kleines Trinkgeld und zieht schimpfend davon.

David ist nicht schön aber groß, die drittgrößte Stadt in Panama. Vor der Fahrt nach Panama City wollen wir noch einmal übernachten. Unser Zimmer hat schon bessere Zeiten gesehen, dafür schmeckt das Essen im nahe gelegenen Restaurant so richtig gut.

Wir erwischen den 10 Uhr Bus nach Panama Stadt so gerade noch. Die Zeit ist zu knapp, eine Fahrkarte zu kaufen, wir bekommen aber zwei Platzkarten ausgehändigt und bezahlen einfach später während der Fahrt. Unsere Mitreisenden haben große Taschen dabei, obwohl die Staufächer unter dem Fahrgastraum liegen. Reiseprofis, wie sich herausstellt. Sie haben Mützen, Schals, Steppjacken und Wolldecken dabei. Draußen haben wir 30 Grad, aber die Temperatur im Bus bewegt sich zwischen 14 und 16 Grad. Die Klimaanlage pustet unerbittlich kalte Luft auf uns. Wir Optimisten sind in Shorts und kurzärmligen T-Shirts unterwegs. Wenigstens haben wir jeder noch ein Handtuch im Rucksack, das wir uns über die Knie legen können.

Ungefähr auf der Hälfte der 450 Kilometer langen Strecke auf der Panamerikana gibt es eine Pause zum Essen und sich draußen wieder aufzuwärmen. Die Straße führt teils durch Wald – 45 % des Landes sind davon bedeckt – und teils durch landwirtschaftlich genutzte Gebiete. Bananen, Ananas, Mais und Reis werden großflächig angebaut. Auch in Panama gibt es Nationalparks 15 insgesamt, die zusammen 34 % der Fläche des Landes einnehmen. Während unserer Fahrt in die Hauptstadt kommen wir an keinem der Nationalparks vorbei.

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Dafür fahren wir auf der Amerika-Brücke über den Panamakanal und sehen die riesigen Krananlagen.

Der Busbahnhof liegt direkt am größten Einkaufszentrum der Stadt, vielleicht ist es auch umgekehrt. Während wir darauf warten, dass unsere Koffer ausgeladen werden, sehen wir staunend zu, wie sich vor einer der Mitreisenden ein immer größer werdender Berg Gepäck auftürmt. Koffer, Taschen, Säcke und Kartons. Es sieht aus, als hätte sie sich den Umzugswagen gespart.

Das Hotel erweist sich als Glücksgriff. Es liegt im modernen Zentrum nahe der Universität, hat acht Zimmer und wir genießen in den nächsten Tagen den schönen, ungewöhnlich großen Raum und die Dusche mit heißem Wasser.

Vier Tage bleiben uns, die reichste Stadt Mittelamerikas kennenzulernen. Die Hochhäuser unterschiedlichen Alters zeigen deutlich den wachsenden Wohlstand. Die älteren sind schlicht und grau, die neuen – teils noch im Bau befindlichen – überstrahlen mit ihren verspiegelten, teils goldenen Fassaden alles. Doch so ganz stimmig ist das Stadtbild nicht. In den Nebenstraßen kaputte Bürgersteige, geschlossene Läden, heruntergekommene Häuser und demgegenüber die glitzernde Pracht der Wolkenkratzer.

Panama Stadt hat seit 2014 eine Metro. Man kauft am Automaten für 2 $ eine Magnetkarte, lädt sie mit einem beliebigen Betrag auf und kann für 0,25 $Cent beliebig viele von insgesamt 14 Stationen fahren. Ein- und Ausgänge sind mit Schranken gesichert und öffnen sich nur nach Auflegen der Magnetkarte. So eine Karte kann auch von mehreren Personen genutzt werden und sie gilt auch für die Busse. Wir fahren bis zum Busterminal/Einkaufszentrum und steigen dann in einen Bus zur Miraflores-Schleuse am Panamakanal. Vorn beim Fahrer befindet sich ein Drehkreuz, erst wenn die Magnetkarte vor das Erfassungsgerät gehalten wird, löst sich die Sperre. Wir haben bereits die halbe Strecke zurück gelegt als ich feststelle, dass der Fotoapparat noch zum Aufladen am Kabel im Hotelzimmer liegt. Ärgerlich, jetzt müssen die Handys einspringen.

Der Panamakanal ist ein technisches Meisterwerk, die Idee dahinter schon ein paar hundert Jahre alt. Erst 1880 begannen französische Fachleute, die Idee in die Tat umzusetzen, es gab gute Erfahrungen mit dem Suezkanal. Eine Wasserstraße quer durch Panama – das noch zu Kolumbien gehörte – würde die Umrundung des gefährlichen Kap Horn überflüssig machen, eine Ersparnis von 15.000 Kilometern. Allerdings hatte man wohl den Unterschied zwischen Wüste und Regenwald nicht hinreichend bedacht. Ungeahnte Probleme durch die geologischen Gegebenheiten und der Tod von über 20.000 Arbeitern durch Malaria und Gelbfieber ließen die Franzosen aufgeben. Das war die Stunde der Amerikaner. Panama erklärte 1903 die Unabhängigkeit von Kolumbien und schloss einen Vertrag mit der USA zu unfassbar günstigen Bedingungen. Die Amerikaner bekämpften zuerst das Gelbfieber, bevor sie die Bauarbeiten weiterführten. 1914 konnte das erste Schiff den Kanal mit seinen drei ausgeklügelten Schleusensystemen passieren. Bis 1999 war der Kanal mit einer 5 Meilen Schutzzone und einem Militärstützpunkt Eigentum der USA.

Danach ging es mit der Wirtschaft des Landes aufwärts. Für die Durchfahrt werden sechsstellige Beträge fällig. Die Erweiterung des Kanals war durch die immer größer werdenden Containerschiffe nötig und ist seit 2016 fertiggestellt. Dadurch konnten die Einnahmen noch einmal erhöht werden. Weitere Gelder fließen durch die Zulassung von Schiffen in die Staatskasse, weltweit fährt jedes 5. Schiff unter panamaischer Flagge.

Die Miraflores-Schleuse am alten Kanal hat ein Besucherzentrum mit Museum. Während der Mittagspause haben wir ausreichend Zeit, den Informationsfilm und die Ausstellung zu besuchen. Vormittags fahren die Schiffe zum Atlantik, nachmittags zum Pazifik. Von der Besucherterrasse kann man genau beobachten, wie die Schiffe in die Schleuse gezogen werden. Sobald sie die Kammer erreichen übernehmen Treidellokomotiven links und rechts die Aufgabe. Wir sind so nah dran, dass man den Menschen auf dem Schiff in die Augen blicken kann. Sehr eindrucksvoll.

Während wir auf den Bus zurück in die Innenstadt warten, beginnt es leicht zu regnen, so dass wir mit feuchter Kleidung am Busterminal ankommen. Ausgehungert laufen wir ins große Einkaufszentrum, wo auch alle möglichen Lokale zu finden sind. Die Temperatur ist auf lauschige 15 Grad eingestellt. Wir müssen wählen zwischen verhungern und erfrieren. Wir entscheiden uns für verhungern, nehmen die Metro bis zu unserem Hotel und genießen eine heiße Dusche, bevor wir uns ein Restaurant in der Nähe suchen.

Panama Stadt hat zwei Altstadtviertel, Panama la Vieja eine Ruinenstadt, die 1671 von englischen Piraten zerstört und Casco Viejo, das danach 18 Kilometer weiter südwestlich auf einer Landzunge neu errichtet wurde. Seit Ende des vergangenen Jahrhunderts ist Casco Viejo Weltkulturerbe und der Spaziergang durch Gassen und Straßen beschert immer wieder neue schöne Eindrücke. Zum Glück ist es nicht nur touristisch, es leben auch noch „normale Menschen“ hier. Die meisten Gebäude sind wunderschön restauriert, in bunten Farben gestaltet und geben Restaurants und Geschäften den passenden Rahmen. Wir essen in einer Brauereigaststätte und trinken ein herrlich fruchtiges Mango-Weizenbier.

Die Rückfahrt führt uns dann durch ein heruntergekommenes Viertel. Selbst im Taxi fühlt man sich hier nicht wohl, ich mag mir das Elend bei Tageslicht kaum vorstellen.

Am letzten Tag in der Hauptstadt fahren wir mit der Metro bis zur Station 5 de Mayo. Ganz in der Nähe ist der Fischmarkt. Als wir aussteigen ist die Sonne verschwunden und es regnet heftig. Das Gedränge in der U-Bahn-Station ist so groß, dass wir 100 Meter weiterlaufen bis zu einem überdachten Platz unterhalb der auf Stelzen gebauten Hochstraße. Jedes Mal, wenn oben ein Bus oder ein LKW durch die Pfützen fahren, ergießt sich ein Wasservorhang auf die Straße darunter. Meistens auf die Autos, ab und zu auf ein paar eilige Fußgänger, die es danach noch eiliger haben. Obwohl in Panama und auch Costa Rica eine große Anzahl von Luxuskarossen unterwegs sind, haben wir nicht ein einziges Cabrio gesehen.

Wir fragen mehrere Menschen nach dem Weg zum Fischmarkt und bekommen genauso viele unterschiedliche Auskünfte. Google Maps zeigt uns einen Weg, der eine 2 Kilometer-Schleife macht, um dann das 300 Meter Luftlinie entfernte Ziel anzuzeigen. Endlich erbarmt sich eine Frau, sie will auch zum Fischmarkt, wir sollen ihr nur folgen. Unter der Hochstraße laufen wir entlang, überqueren eine Straße und sind da. Das Angebot ist nicht so überwältigend, wie wir es schon in anderen Städten gesehen haben. Erstaunlich, dass Fisch der ohne Pflege im Meer lebt und sich selbst ernährt, teurer ist als das beste Fleisch. Rund um den Fischmarkt haben sich ca. 30 Lokale angesiedelt, die den Tagesfang in verschiedenen Zubereitungsarten anbieten. Ceviche steht bei allen auf der Karte. Gar nicht so einfach, sich hier durchzuarbeiten, ausnahmslos alle wollen uns in ihrem Lokal haben.

Am Ende stoßen wir auf eine Meeresbucht, in der die Fischerboote angelegt haben. Die Eingänge zur Großmarkthalle direkt daneben sind von Wachleuten blockiert. Nachdem wir dort mit einem Mann ins Gespräch gekommen sind, folgen wir ihm zu seinem Lokal. Das Essen ist gut, der Fisch definitiv super frisch, aber doch recht teuer.

Den Rückweg laufen wir über die 4 Kilometer lange Promenade in die Innenstadt. Natürlich öffnet der Himmel wieder seine Schleusen und wir flüchten tropfend in ein Einkaufszentrum, das wir genauso schnell auf der anderen Seite wieder verlassen. Wir beginnen jämmerlich zu frieren und sind froh, draußen ein überdachtes Café zu finden, wo wir bei einer Tasse Kaffee aufhören zu zittern.

Am nächsten Tag lassen wir uns zum Flughafen fahren, um Panama auf dem Luftweg zu verlassen. Kolumbien ist auf dem Landweg nicht zu erreichen, undurchdringlicher Dschungel liegt auf beiden Seite der Grenze zwischen beiden Ländern.

Panama ist schön, aber eins muss ich feststellen: „Janosch hat gelogen, das Land riecht nicht nach Banane, nirgends.“