Von der Busstation in Dambullah geht es Richtung Trincomalee. Zwei Backpacker mit entsprechend großen Rucksäcken und eine Frau mit mehreren Säcken Gemüse sind unter den Wartenden. Und dieses Mal wird der Kofferraum des Busses für all die sperrigen Gepäckstücke geöffnet. Busse werden ja fleißig genutzt, und manches Mal müssen sie auch Gegenstände mitnehmen, die anders nicht an ihr Ziel zu bekommen sind. Erst vor kurzem stiegen wir in einen Bus, wo im Mittelgang ein Stapel ca. 3 m langer Holzbretter lag. Die Mitfahrenden kletterten kommentarlos über das Hindernis, niemand war erstaunt oder verärgert. Irgendwann stoppte der Bus, und der Schaffner half dem dort wartenden Mann, die Bretter auszuladen.
Die ca. 90 km lange Fahrt dauert an die 3 Stunden. In Trincomalee, der glücklosen Hauptstadt der Ostprovinz mit ihrem großen Naturhafen, wechseln wir in ein Tuktuk und lassen uns zu unserem Hotel in Nilaveli fahren.
Es liegt in zweiter Reihe am Strand und von den 12 Zimmern in einer rundherum durch Mauern geschlossenen Anlage sind gerade mal 2 besetzt.
Am Strand liegen Kühe. Die können hier ein selbstbestimmtes Leben führen, laufen frei herum, haben die Kälber bei sich, überqueren die Straßen, wann und wie schnell es ihnen passt, und jeder nimmt Rücksicht.
Natürlich werden wir wieder angesprochen. Wir sollen eine Schifffahrt machen, zum Nationalpark Pigeon Island fahren, ein bestimmtes Restaurant besuchen oder mit einem Tuktuk fahren. Wollen wir alles nicht, deshalb bedanken wir uns freundlich für die Angebote und vertrösten auf später.
Das Meer hat die richtige Wohlfühltemperatur, und so lassen wir uns von den stürmischen Wellen hin- und herschaukeln und immer wieder umwerfen.
Als wir im Hotelrestaurant unser Essen aussuchen, hören wir Musik mit Trommeln. Der Kellner erklärt, dass heute in dem Hindu-Tempel in unmittelbarer Nähe eine Zeremonie stattfindet. Da müssen wir doch hin. Als wir ankommen, macht sich gerade eine Gruppe auf den Weg zum Strand. Zuerst tragen vier Männer eine brennende Fackel ins Meer, dann folgt eine Gruppe von Frauen, die ein großes Gebilde (wahrscheinlich Blumen) trägt und auf die Wellen setzt. Wir können die Einzelheiten in der Dunkelheit nicht erkennen. Näher trauen wir uns nicht heran, und mit Blitzlicht zu fotografieren auch nicht, wir wollen auf keinen Fall stören.
Am nächsten Tag ist der Strand in dem ca. 50 m kurzen überwachten Abschnitt schwarz von Menschen.
Am Wochenende fahren viele Busse die Einheimischen aus der Umgebung an diesen Strand. Die schmale Straße ist links und rechts von Verkaufsbuden gesäumt, in denen Getränke, Süßigkeiten, Knabbereien, Spielzeug und Trockenfisch? angeboten werden. Viele der Frauen sind schwarz verhüllt. Diejenigen, die dem Hinduglauben angehören, tragen Saris, mit denen sie auch ins Wasser gehen. Dieser Strand könnte wunderschön sein, wenn nur nicht überall Abfall herumliegen würde. Plastiktüten und –flaschen, Zigarettenschachteln und –kippen, Kekstüten, Verpackungen und Reste von allem, was mit an den Strand gebracht wurde. Und zwischendrin die Kuhfladen. Also Augen halbzu, und einen der raren Schattenplätze gesucht. Wir sind gerade das zweite Mal im Wasser, als eine Gruppe Jugendlicher auf unseren Schattenbaum zusteuert. Sie sehen uns, winken, schnappen sich die Badetasche und tragen sie direkt an den Strand. Dann machen sie es sich unter dem Baum gemütlich.
Am Spätnachmittag laufen wir Richtung Landstraße, ca. 800 m weit. Wir treffen Kühe auf dem Weg zum Stall und viele Einheimische. Ein etwa 10jähriges Mädchen spricht uns auf englisch an. Wie wir heißen, woher wir kommen und wohin wir gehen, will sie wissen. Sie will uns unbedingt mitnehmen zu ihrem Elternhaus, uns die sieben Kühe, zwei Hunde und Katzen zeigen. Und nebenbei erfahren vir, dass sowohl Papa als auch großer Bruder Tuktuk-Fahrer sind. Wenn das kein geschicktes Verkaufsgespräch ist; die Kleine wird es mal weit bringen.
Wir landen in einem kleinen Lokal in der Nähe unseres Hotels. Draußen steht ein Grill und auf dem Tischchen davor liegt das Angebot des Tages an Fisch und Meeresfrüchten. Das sieht ja alles sehr verlockend aus, aber wir haben nur noch wenig Bargeld und suchen uns in der Speisekarte ein günstiges Gericht aus. Der Besitzer merkt, dass wir hin und her überlegen und sagt sofort: „Sucht Euch aus, was ihr wollt und bezahlt morgen.“ Das lassen wir uns nicht zweimal sagen, und schon landen unsere Wunschstücke auf dem Grill. Und dann hat er auch noch kaltes Bier. Darf er eigentlich gar nicht verkaufen, denn als Tamile bekommt er keine Lizenz, aber das ist uns und den anderen Gästen egal. Wir sind so angetan von dem leckeren Essen und seinem Vertrauen in unsere Ehrlichkeit, dass der Besitzer in uns Stammkunden für die Dauer unseres Aufenthaltes gefunden hat.
Am nächsten Morgen fahren wir nach Trincomalee. Wir brauchen Bargeld, um unsere Schulden zu bezahlen.
Es ist heiß und staubig. Vor der Markthalle steht eine Gruppe Axishirsche. Ausgerechnet hier, mitten in der Stadt umtost vom Verkehr. In den Nationalparks gelten sie als die scheuesten Tiere überhaupt. Wir kaufen uns etwas Obst, was der Marktfrau einiges Kopfzerbrechen bereitet. Sie bietet uns 4 Mandarinen für 100 Rupien an. Wir wollen 6 und sagen 150. Der Mann am Nachbarstand hat einen Taschenrechner und muss das für sie ausrechnen. Auch für die zu ermittelnde Summe aus 1000 plus 150 braucht sie seine Unterstützung.
Weiter gehts zum Fort Frederick. Es liegt auf einer Anhöhe und beherbergt eine Militärbasis. Außerdem wurde auf dem Felsen ein Hindu-Tempel mit riesengroßer Shiva-Figur, an der Stelle errichtet, wo vor Jahrhunderten der 1000-Säulen-Tempel von den Portugiesen ins Meer gestoßen wurde. Fotografieren ist bei militärischen Anlagen strengstens verboten. Schade, hier stehen so schöne uralte Bäume und auch Axishirsche leben hier. Das Wegwerfen von Abfall steht – mit dem Hinweis auf die Gesundheit der Tiere – unter Strafe. Es sollte einfach mehr Axishirsche auf Sri Lanka geben. Der Weg zum Tempel ist auch hier von Verkaufsbuden gesäumt. Anders als bei buddhistischen Tempeln allerdings nicht mit Opfergaben, sondern mit allem, was die Tempelbesucher einschließlich ihrer Kinder gebrauchen könnten. Als wir endlich oben ankommen heißt es Schuhe ausziehen. Der Mann, der über die Einhaltung wacht, sagt uns aber sofort, dass wir das unmöglich schaffen können, denn der Boden ist so heiß, dass die Fußsohlen garantiert anfangen zu qualmen. Die Sri Lanker, die soviel barfuß laufen, haben offenbar eine Zentimeter dicke Hornhaut, so dass sie völlig entspannt hier herumschlendern. Für uns hat sich das allerdings erledigt.
Abends lassen wir uns den Grill mit Fisch und Seafood vollpacken, schließlich ist Sonntag.
Und für die nächsten Tage ist Baden angesagt, das Einzige, was man bei 35 Grad machen kann. Schnell haben die streunenden Hunde uns bemerkt und suchen unsere Gesellschaft.
Die putzigen Welpen dazwischen lassen uns auch in anderer Hinsicht dahin schmelzen.
Im Garten beobachten wir ein Agamen-Paar. Er versucht sie durch seinen blauen Kopf und Hals zu beeindrucken. Sie schaut ihm interessiert zu.
Am Donnerstag ist wieder Vollmondtag. War es am Wochenende schon voll, so sind an diesem Feiertag ca. 50 Busse mit der entsprechenden Besuchermenge angekommen.
Hier läuft laute Musik,
dort wird getrommelt und dazwischen die Bäckerei-Tuktuks,
die man durch ihre elektronischen Erkennungsmelodien sofort wahrnimmt. Die Mischung von „It’s a small world“ und „Für Elise“, wenn zwei oder mehr dieser praktischen Fahrzeuge sich begegnen, tut allerdings manchmal in den Ohren weh.
Es wird gekocht, die Kinder toben herum, und jetzt löst sich auch das Rätsel um den Trockenfisch. Viele kommen aus dem Landesinneren und kaufen für zuhause gern einen Vorrat ein.
Abends lassen wir uns zum letzten Mal Tiger-Prawns und Kalamari vom Grill in unserem Lieblingsrestaurant Nilaa schmecken. Dann schreiben wir noch unseren Kommentar auf die grün gestrichene Wand und verabschieden uns aufs herzlichste von Priyan und seinen Mitarbeitern.