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Um 15 Uhr Ortszeit landen wir in Los Angeles. Herrlich, es ist ungefähr 26 Grad warm. Zum Genießen sind wir jedoch zu müde und sinken im Hotel gleich aufs Bett, Schlaf nachholen. Da unser Flug nach Mexiko erst am nächsten Abend um 21.30 startet, deponieren wir am morgens unser Gepäck im Hotel und lassen uns an den nahe gelegenen Strand von Hermosa-Beach fahren.
Vor dem Pier sind Marktstände mit Kleidung, Schmuck und Lebensmitteln aufgebaut, im Wasser versuchen sich die Surfer und am Strand haben sich die Sonnenanbeter ihren Platz gesucht. Der richtige Tag um auf der Strandpromenade spazieren zu gehen und die vielen schönen Häuser zu bewundern. Ab und zu hört man aus Lokalen das Gejohle der Fußballfans, die beim Spiel um den dritten Platz bei der diesjährigen Weltmeisterschaft mitfiebern.
Unser Flug startet ohne Verzögerung, so dass wir nach drei Stunden Flugzeit (Zeitverschiebung + 2 Stunden) um 1.30 Uhr Ortszeit in Guadalajara landen. Die Zufahrt zum Hotel ist mit einer Schranke gesichert, zusätzlich steht ein Wachmann mit Maschinenpistole daneben. Der Taxifahrer muss seine Papiere vorweisen, für uns interessieren sich die grimmig dreinblickenden Herren nicht. Erst nachdem sie mit der erhaltenen Auskunft zufrieden sind, wird die Schranke geöffnet und das Auto schraubt sich in weiten Kurven eine gepflasterte Straße hoch bis zu einem ausgedehnten Hotelkomplex im Hacienda-Stil. Um drei Uhr sind wir endlich in unserem riesengroßen Zimmer mit Holzbalkendecke, schweren Möbeln und ausladendem Bett.
An Schlaf ist nicht zu denken, wir sind noch zu aufgekratzt, und schauen vom Balkon auf die unter uns liegende hell erleuchtete Stadt, die auf 1.500 Meter Meereshöhe liegt. Auch mitten in der Nacht herrscht in dieser Stadt keine Ruhe, die Straßen sind voller Autos, in irgendeiner Fabrik wird lautstark gearbeitet, kurzum es brummt wie in einem Bienenstock. Das Frühstück verschlafen wir und später zwingt uns ein heftiges Gewitter zurück ins Zimmer. Am nächsten Tag ziehen wir um in ein Hotel in der Innenstadt.
Die Innenstadt von Guadalajara, der zweitgrößten Stadt in Mexiko und Hauptstadt des Bundesstaates Jalisco, ist eine einzige Baustelle. Man ist dabei, die existierenden zwei U-Bahnlinien um eine dritte zu erweitern. Und die braucht diese Stadt dringend, der Autoverkehr kommt mit schöner Regelmäßigkeit zum Erliegen.
Die Altstadt im Kolonialstil ist erstaunlich groß und hat viele schöne Kirchen und Gebäude, dazwischen aber unzählige Lokale und Geschäfte jeglicher Art. Hier ist ein Leben und Treiben, dass man sich verwundert die Augen reibt. Niemand scheint es eilig zu haben.
Vor dem Cordoba Portal treibt ein Clown sein Unwesen und die Menschentraube um ihn herum ist ein dankbares Publikum, das seine derben Späße mit schallendem Gelächter belohnt.
Bis in den späten Abend sind Familien mit Kindern vom Neugeborenen (fast immer auf dem Arm, wir sehen kaum mal einen Kinderwagen) bis zum Teenager unterwegs.
Während einer Stadtrundfahrt fällt uns eins besonders auf, Stubenhocker sind die Mexikaner keinesfalls, überall in der Stadt sitzen sie auf Bänken, in Lokalen, auf Treppenstufen. Immer erklingt irgendwo Musik, und häufig ergreifen einzelne Paare die Gelegenheit zu einem Tänzchen auf der Straße. Es wirkt alles so fröhlich und unbeschwert, man kann das überhaupt nicht mit den Beschreibungen von der Gefährlichkeit in diesem Land in Verbindung bringen.
Auf der Plaza de Liberacion hinter der Kathedrale stehen Zelte. Die Menschen feiern ihr Bundesland Jalisco mit Volkstänzen, Mariachi-Musik, mexikanischer Küche und Produkten aus der Region. Gegessen wird hier gern und oft, deshalb sind die meisten Mexikaner auch wohlgenährt, überaus wohlgenährt. Geschätzte 70 % der Erwachsenen schleppen zu viel Gewicht mit sich herum und mit 163 Litern pro Einwohner ist Mexiko Spitzenreiter im Cola-Konsum.
Jalisco ist einer der reichsten Bundesstaaten Mexikos, hier gibt es sowohl Bodenschätze als auch eine florierende Wirtschaft. Dazu trägt auch der weltweit bekannte Tequila bei. Wir sind neugierig auf die wohlhabende Stadt und fahren mit dem öffentlichen Bus ins 50 Kilometer entfernte Städtchen Tequila.
Schon etliche Kilometer vorher sehen wir links und rechts die Felder mit den bläulich schimmernden Weber-Agaven. Mal sind sie ordentlich in Reih und Glied gepflanzt und kein Hälmchen Unkraut wagt sich hervor, dann wieder nimmt man es nicht so genau, zwischen den piksenden Stauden wächst Gras, davon wiederum ernähren sich die dort weidenden Kühe. Einige Felder sind auch bereits abgeerntet, nur die lanzenförmigen Blätter liegen noch auf dem Feld; denn für den Schnaps braucht man nur das Herz auch Piña genannt. Acht bis neun Jahre müssen die Agaven alt sein, bevor das Herz die richtige Größe hat. Danach entsteht in einem langwierigen Prozess aus Kochen, Pressen, Gären und Brennen der weltbekannte Agavenschnaps. In der Stadt liegt ein eigenartiger Geruch in der Luft, er kommt aus den Schornsteinen der vielen Brennereien.
Im historischen Teil des Ortes stehen entlang einer begrünten Straße die Prachtbauten. Die älteste Brennerei Cuervo (Rabe) hat den Vogel als Markenzeichen. In einem großen Bauer im Hof des prachtvollen Gebäudes sitzt ein lebendiges Exemplar. Ein übermannshohes Exemplar steht in der Nähe.
Tequila-Touren sind bei in- und ausländischen Touristen beliebt. Innerhalb der Stadt fahren Busse in Form von Tequila-Flaschen oder auch großen Peperonis (?) herum. Als wir zurück zur Busstation laufen dröhnt uns aus einem der Ausflugsbusse grölendes Gelalle entgegen. Der Busfahrer steht neben seinem Gefährt und sieht unbeteiligt zu, wie seine Passagiere versuchen in den Bus zu gelangen.
Es ist zehn Uhr und bereits dunkel, als uns der Busfahrer in der Nähe des alten Busbahnhofs in Guadalajara aussteigen lässt. Die anderen ausgestiegenen Passagiere zerstreuen sich sofort in alle Winde. Wir stehen noch dort, Klaus bestellt ein Taxi und verfolgt auf dem Display seines Handys dessen Route, als wie aus dem Nichts ein dunkler Schatten hinter uns auftaucht. Ein dunkel gekleideter Mann auf unbeleuchtetem Fahrrad rast auf uns zu, reißt Klaus das Handy aus der Hand und ist auch schon verschwunden. Wir sind im ersten Moment wie gelähmt. Nachdem uns unser Taxi ins Hotel gebracht hat, bestellen wir auf den Schreck unseren ersten Tequila. Die Kellner sind voller Mitgefühl und bitten uns, bloß nicht schlecht von den Mexikanern zu denken, die meisten wären nicht so. In dieser Nacht schmiede ich finstere Rachepläne gegen unbekannt.
Was jetzt alles zu tun ist, dauert Tage. Neues Handy kaufen und einrichten, für verschiedene Zugänge neue Passwörter anlegen. Mein mit dem geraubten Mobiltelefon synchronisiertes Handy ist plötzlich auf Werkseinstellung zurückgesetzt, der Kalender mit allen Informationen unserer Reise gelöscht. Zu allem Übel haben wir unter der Anspannung durch Falscheingabe den Zugang zum Konto gesperrt, jetzt hilft nur noch ein Telefongespräch mit der Bank in Deutschland. Wir sind froh, als wir am Nachmittag Guadalajara verlassen können. In Ajijic, einer kleinen Stadt am Chapalasee, dem größten Binnensee Mexikos, wollen wir ein paar Tage bleiben.
Ajijic ist ein kleines Juwel, das haben vor uns schon viele kanadische und amerikanische und auch ein paar europäische Rentner entdeckt. Deshalb sind hier auf die engen Straßen fast mehr ausländische als einheimische Menschen zu finden.
In den Straßen, die vom Kirchplatz abgehen, sind die Häuser bunt angestrichen und mit farbenfrohen Gemälden verziert. Auch auf Masten und Baumstämmen sind die bunten Bilder zu finden. Die Straßen sind bis auf die Durchgangsstraße mit unterschiedlich großen Steinen gepflastert. Manche Straßen haben Bürgersteige, aber wenn man auf der Straße läuft, muss man höllisch aufpassen, nicht umzuknicken. Beinahe jedes Haus auf der zum See führenden Straße hat entweder einen kleinen Lebensmittel- oder Getränkeladen; eine Mode- oder Schmuckboutique, eine Galerie oder ein Lokal. Vom Ufer aus ist eine gemauerte Plattform in den See hineingebaut.
Zum Baden lädt der Chapalasee nicht ein, Wasserhyazinthen treiben an der Oberfläche und das Wasser ist trübe. Guadalajara deckt einen großen Teil seines Bedarf an Trinkwasser aus dem Zulauf und das fehlt dem See. Außerdem hat er unter der Einleitung von Nährstoffen(Nitrate) zu leiden, was eine starke Veralgung mit sich bringt. Ein paar halbherzige Versuche, die Menschen für die Problematik zu interessieren, sind zwar unternommen worden, zeigen aber noch keine deutliche Besserung. Gefischt wird hier allerdings nach wie vor. Aber vor allem hat das Gebiet rund um den See ein hervorragendes Klima.
Es gefällt uns hier, und wir verlängern unseren Aufenthalt noch um eine Woche. Unser erstes Hotel ist übers Wochenende ausgebucht, wir finden im drei Kilometer entfernten San Antonio ein Bed and Breakfast bei einem österreichisch/mexikanischen Künstlerpaar.
Thomas und Luz sind beide sehr talentierte Maler. Zur Zeit kommen sie allerdings selten dazu, neue Bilder zu malen. Die beiden kleinen Söhne fordern ihre Aufmerksamkeit beinahe pausenlos. Und die Unterbringung und Bewirtung der Gäste läuft auch nicht von allein. Der vierjährige Max hat schon die Anlage zum künftigen Naturforscher. Er sammelt Raupen und und beobachtet täglich, wie sie fressen, sich verpuppen und zum Schmetterling werden. Der vier Monate alte Theo hat noch keine anderen Interessen, als so oft wie möglich auf Mamas oder Papas Arm zu sein. Als wir am Sonntag abreisen, können wir nicht widerstehen und kaufen zwei Bilder von Luz. Hoffentlich bringen wir die unbeschädigt mit nach Deutschland.
Die nächsten fünf Tage haben wir ein kleines Häuschen bei einem amerikanischen Ehepaar gemietet. Vor zwei Jahren haben sie ihre Zelte in Virginia abgebrochen und freuen sich jeden Tag aufs Neue über die Entscheidung nach Mexiko zu ziehen.
Das Haus zu finden ist allerdings nicht einfach. Wir haben eine Adresse mit der Hausnummer 219A. Die findet sich schließlich zwischen den Häusern 86 und 89A. Wann immer wir in den nächsten Tagen nach einer bestimmten Adresse suchen, dasselbe Phänomen. Es gibt einfach keine fortlaufenden Hausnummern. Wie das zustande kommt, konnte uns niemand erklären.
Während wir hier sind, lässt unser Vermieter den Bürgersteig machen. Hier sind die Hausbesitzer dafür verantwortlich. Deshalb gibt es auch keine durchgängig breiten, hohen oder gestalteten Bürgersteige. Wir sehen die unterschiedlichsten Varianten: Mit Platten belegt, in Zement gegossen mit oder ohne Verzierungen, mit Steinen gepflastert, dazwischen auch große und kleine Obsidian-Klumpen (Vulkanglas). Die Zufahrten in die Höfe sind manchmal wie eine Berg- und Talbahn.
In den schmalen Straßen und Gassen sind Autos unterwegs, die bestimmt schon 40 Jahre auf dem Buckel haben, darunter viele VW Käfer. Plötzlich ist Pferdegetrappel zu hören. Ganz selbstverständlich sind Männer hier noch mit oder ohne Sattel zu Pferd unterwegs. Gespannt beobachten wir einen kleinen LKW, der versucht auf der schmalen Straße weiter zu kommen. Links die geparkten PKW, rechts ein Betonmast. Praktischerweise hat dieser in 2 Metern Höhe schon eine Einkerbung und der LKW ist an dieser Stelle verschrammt und eingebeult. Dass beide in derselben Farbe lackiert, bzw. gestrichen sind, ist wahrscheinlich Zufall. Als die Engstelle unter lauten Schabegeräuschen passiert wird und der PKW unversehrt bleibt obwohl kein Blatt dazwischen passt, atmen die Zuschauer erleichtert auf.
In vielen Lokalen wird abends von 6 bis 8 Uhr Musik gemacht. Wir hören in verschiedenen Restaurants eine mexikanische Band mit moderner, eine andere mit traditioneller Musik.
Einen Abend tritt ein amerikanisches Paar mit Gesang und Gitarrenmusik auf. Mexikaner sucht man hier auch vergebens. In Mexiko geht man früh zum Essen, denn um neun Uhr ist in den Küchen Schluss. Um zehn Uhr werden Tische und Stühle reingeräumt, dann wird es leer auf den Straßen. In der Großstadt gibt es natürlich Ausnahmen, aber früh gegessen wird auch hier.
Am letzten Abend laden uns unsere Gastgeber Herb und Susan zum Essen in ihr Haus ein. Susan ist eine hervorragende Köchin und verwöhnt uns mit Meeresfrüchten. Wir haben einen so schönen Abend mit diesen beiden netten Menschen, jetzt fällt uns der Abschied von Ajijic noch schwerer.