Mannar, Esel und Anuradhapura (Sri Lanka)

Morgens nehmen wir den Bus von Jaffna nach Mannar. Heute kein Film, dafür nervtötende Musik. Die Frauen singen in unnatürlich hoher Stimmlage, wie man es im Süden Indiens liebt. Eine ganze Weile holpert der Bus über einen schmalen Sanddamm. Am Ende steht auf der linken Seite ein Hindutempel. Davor ist ein Scheiterhaufen aufgeschichtet, unter dem es schon qualmt. Mit leichtem Grausen denke ich an die früher üblichen Witwenverbrennungen. Direkt daneben liegt eine große Müllkippe!?
DSC09223 Kurz darauf beginnt eine neue Straße. Ein ganz anderes Fahrgefühl.
DSC09228Die Landschaft ist weiterhin flach und karg.
DSC09235Über eine ca. 2 km lange Brücke erreichen wir die Mannar-Insel.
Wir kommen nachmittags an und lassen uns mit einem Tuktuk zur gebuchten Unterkunft bringen. Der Fahrer hat einen speziellen Geschmack. Der Himmel des Gefährts ist mit Pelz verkleidet. Es sieht aus, als hätten zehn Mungos dafür ihr Leben lassen müssen. Nach einer Griffprobe bin ich beruhigt, es ist Kunstpelz; die Haare bewegen sich wellenförmig im Fahrtwind.
Unsere Unterkunft ist nicht weit entfernt. Der Fahrer ist unsicher, er weiß nicht, ob das die richtige Adresse ist. Da das Haus aussieht wie auf den Fotos im Internet, mache ich kurz entschlossen das Tor auf. Ein vorbeikommender Radfahrer ist entsetzt, dass sei falsch, behauptet er. Während wir draußen vor dem wieder geschlossenen Tor diskutieren, kommt von hinten eine junge Frau. Wir sind doch richtig, daraufhin verschwinden Radfahrer und Tuktukfahrer schleunigst.
Dieses Mal haben wir eine richtige Bruchbude erwischt. Es ist schmutzig, winzig und riecht muffig. Das Badezimmer ist außerhalb des Hauses, und nach dem ersten Blick beschließe ich, hier auf keinen Fall zu duschen. Zum Glück haben wir nur eine Nacht gebucht. Erstmal wollen wir uns die Stadt ansehen, und dann entscheiden, ob wir uns vor Ort eine andere Unterkunft suchen. DSC09248
Auf unserem Weg in die Innenstadt begegnen uns Esel, sie wurden seinerzeit von den Holländern mitgebracht, aber die Sri Lanker haben sie nie als Arbeitstiere genutzt. So hat sich eine Population frei lebender Tiere auf der Insel entwickelt.
DSC09249Einige sind offenbar irgendwann mal angefahren worden, und zu sehen, wie sie sich mühsam mit drei gesunden und einem verkrüppelten Bein fort bewegen, treibt mir die Tränen in die Augen. 
DSC09230Das eigentliche Zentrum Mannars scheint um den Busbahnhof herum zu liegen. Viel mehr ist nicht zu sehen.
Die meisten Häuser wirken ziemlich herunter gekommen, nur die Moschee mit ihrer vergoldeten Kuppel bildet eine Ausnahme. Auch die Markthalle hätte dringend einen Anstrich nötig.
DSC09254Als wir durch das Fischerviertel laufen, wird uns geraten, auf keinen Fall bei Dunkelheit noch hier zu sein. Also machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant, aber auch da ist nicht wirklich was vorhanden. Ein Imbiss muss es heute Abend tun. Enttäuscht laufen wir zurück.
Am nächsten Morgen bestellen wir uns ein Tuktuk. Auch dieses hat einen Kunstpelzhimmel. Er ist pink und die roten Kunstledersitze haben ein Pythonmuster. Ob sich Mannars Damenwelt vom eigenwilligen Geschmack des jungen Fahrers beeindrucken lässt?

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Aus der Ferne sieht Mannar recht malerisch aus

Anuradhapura ist unser Ziel. Langsam verändert sich das Landschaftsbild, das Karge macht zunehmend wieder tropischem Bewuchs Platz. Gleich wirkt alles viel aufgeräumter, vielleicht, weil nicht mehr so viel Abfall herumliegt, oder weil er unter dem dichten Grün verschwindet.
DSC09283Anuradhapura war Jahrhunderte lang Königssitz und damit Hauptstadt. Wir machen einen langen Spaziergang in die Innenstadt. Der heilige Bodhibaum und der Tempelbezirk sind nicht unser Ziel, wir haben keinen Zugang zur buddhistischen Religion. Viel lieber durchstreifen wir die Nebenstraßen und –gassen.

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Frauen bei der Herstellung von Hoppers

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Tuktuk-Werkstatt im Armenviertel
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und einer der Bewohner, der promt um etwas Geld bettelt

Für den Abend haben wir uns aus einer Rangliste ein gutes Lokal ausgesucht, und wir werden nicht enttäuscht. Es schmeckt prima, da wollen wir am nächsten Abend noch mal hin.
Klaus hat schon seit Tagen Ohrenschmerzen, und ín der Nacht ist es schlimmer geworden. Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg zum privat geführten Königs-Hospital. Er wird in eine Liste eingetragen, bekommt die Nummer 3 und die Anweisung, um 18.30 wieder zu kommen.
Als wir kurz vorher dort sind, ist der Wartebereich bereits voll. Wir gehen wieder zur Anmeldung und werden von einer Krankenschwester zu einem Wartezimmer ein paar Häuser weiter geführt. Sie schiebt sich mit uns im Schlepptau zur hiesigen Anmeldung vor, der Name wird auf einer Liste abgehakt, und wir zur Apotheke im selben Raum geschickt. Dort muss Klaus erklären, warum er hier ist, und ein Schreibheft kaufen. Wir wundern uns, bekommen aber auf unsere Fragen keine richtige Antwort, nur dass er das brauchen wird, erfahren wir. Du musst bestimmt 100 mal schreiben: „Ich darf keine Wattestäbchen benutzen“, necke ich ihn. Ein junger Mann geht mit uns zurück zur Anmeldung, und nennt einen Betrag von 1.200 Rupien (6,60 €). Nach dem Bezahlen begleitet uns die Krankenschwester in den Wartebereich ein Stockwerk höher und bedeutet uns, vor Behandlungsraum 25 zu warten.
Über 50 Wartende vor fünf Behandlungszimmern, davon mehr als ein Dutzend Kinder von ca. 10 Tagen bis zu 10 Jahren. Sie sind krank und müde und dem entsprechend quengelig. Aber sie werden geduldig geschaukelt und hin- und hergetragen.
IMG_20171012_172214Amüsiert betrachte ich eine muslimische Familie mit einem Neugeborenen. Das Baby weint, und die junge Mutter schaukelt es solange, bis es eingeschlafen ist. Dann nimmt ihr eine ältere Frau – ich tippe auf die Schwiegermutter – das Kind ab, das daraufhin wieder zu schreien beginnt. Nun ist die Mutter dran, aber sobald es ruhig ist, verlangt die Ältere es wieder. So geht es zig mal hin und her. Und jetzt zeigt sich auch, wie praktisch doch so ein Kopftuch ist, als das Baby spuckt wischt die Ältere dem Säugling mit Mamas grünem Tuch schnell mal den Mund ab. Die Kinder werden in Raum 23 behandelt. Dort versuchen besorgte Eltern immer wieder, sich vorzudrängeln. Sie werden abgewiesen, das Nummernsystem scheint zu funktionieren.
Inzwischen sind wir an der Reihe, und die mit einem Sari bekleidete Ärztin lässt sich die Beschwerden schildern und notiert alles in das mitgebrachte Schreibheft. Nach inspizieren der beiden Gehörgänge und Behandlung des betroffenen Gehörgangs kann Klaus wieder Stereo hören.  Auch die verordneten Medikamente werden aufgeschrieben, ein Stempel darunter und fertig. In der Apotheke legt man das Heft vor und bekommt die Medikamente. Und der Patient behält das Heft und hat seine Akte immer zur Verfügung. So einfach kann es sein, auch ohne Krankenkarte.

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