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Normalerweise klappt hier alles; heute allerdings nicht. Durch Vermittlung eines Holländers, der seit drei Jahren hier lebt, wurden unsere Tickets für die Fahrt nach Saigon gebucht und ein Taxi für 9:15 Uhr zu unserer Unterkunft bestellt. Es kommt nicht. Wir warten 10 Minuten, dann geht Klaus noch mal zurück, um den nicht englisch sprechenden Mitarbeiterinnen der Unterkunft verständlich zu machen, dass sie uns ein Taxi bestellen sollen. In diesem Moment kommt aber der Fahrer. Ich winke, sage ihm, er möge einen Moment warten, laufe Klaus hinterher und als wir beide zurückkommen, ist er weg. Nochmal dieselbe Prozedur. Das Taxi kommt, der Fahrer (es ist derselbe, quittiert aber unsere Fragen nach dem Warum mit einem Lächeln) heizt dann aber die 8 Kilometer mit Dauerhupen zur Busstation. Noch 5 Minuten, um das reservierte Ticket abzuholen, den richtigen Bus zu finden und einzusteigen. Geschafft!
Dieses Mal haben wir darauf geachtet, dass wir nicht die oberen Sitze belegen, sondern in der ersten Etage liegen. Von Da Lat aus geht es über eine Autobahn nach Südwesten. Die Landschaft erinnert stark an den Schwarzwald. Stetig fährt der Bus von 1.500 m Höhe bergab. Nach den vielen Kiefer-Bäumen schließen sich endlose Anbauflächen mit Gemüse an. Dann folgen üppig weißblühende Büsche. Im nächsten Ort sind Planen am Straßenrand ausgebreitet, auf denen kleine dunkle Kugeln zum Trocknen liegen. Kurzes Rätseln, ja natürlich, es sind Kaffeekirschen, die hier vor jedem Haus liegen. Stadt für Stadt, Ort für Ort wird hier mit Kaffee Geld verdient. Vor jeder Behausung, egal ob Hütte oder Palast werden freie Flächen genutzt, um den Ernteertrag entsprechend aufzubereiten.
Es gibt die Nass- und Trockenaufbereitung, hier wird letztere angewendet. Erst jetzt bekomme ich eine Ahnung, welche Mengen an Kaffee für den weltweiten Bedarf benötigt werden. Hier im Land des zweitgrößten Kaffeeproduzenten (rund 1 Mio. t pro Jahr) liegen Tonnen von den Früchten auf der Straße. Auf nacktem Beton oder Planen, sie werden gewendet, umgeschichtet Hühner scharren darin herum, sie müssen vor Regen geschützt werden. Irgendwo steht auch eine Maschine, die die Kerne von den Fruchthüllen befreit. Nach einem weiteren Arbeitsschritt, der die Kerne von der Pergamenthülle befreit, muss alles in Säcke verpackt und abtransportiert werden. Danach erst wird das kostbare Rohmaterial verschifft, bevor es im Importland gemischt, geröstet, gemahlen und verpackt wird. Aber hier, wo die meiste Arbeit anfällt, verdienen die Menschen das wenigste Geld damit. Die blühenden Sträucher, an denen wir vor einiger Zeit vorbei fuhren, sind natürlich Kaffeebüsche.
Die Fahrt geht weiter durch hübsche Städte. Es ist merklich wärmer, wir sind im Tiefland angekommen und hier wird Reis im großen Stil angebaut. Gegen 15 Uhr sehen wir die Skyline von Saigon (keiner der Vietnamesen mit denen wir sprechen, verwendet den offiziellen Namen Ho-Chi-Minh-Stadt) und dann dauert es noch 2 Stunden, bis wir in der Innenstadt ankommen. Am Stadtrand müssen wir in einen Minibus wechseln. Schon seit Da Lat sitzt neben uns im Bus eine Vietnamesin. Als sie einsteigt, trägt sie ihre Atemschutzmaske, eine Sonnenbrille und eine Kopfbedeckung, die von den Augenbrauen über die Ohren bis an die Schultern reichte. Nach und nach legt sie diese Kleidungsstücke ab. Die Frisur darunter entspricht genau der Kopfbedeckung. Wahrscheinlich nimmt sie die beim Frisör nie ab und lässt nur alles abschneiden, was unten rausguckt. Ganz zum Schluss spricht sie uns auf englisch an und will wissen, wo wir wohnen. Der Zufall will es, dass ihre Wohnung nur 50 Hausnummern von unserem Hotel entfernt ist. Sie bietet an, uns den Weg zu zeigen, und wir versuchen – unsere Koffer hinter uns herzerrend – sie nicht aus den Augen zu verlieren. Ungefähr einen Kilometer folgen wir ihr durch die Stadt. Dann erreichen wir unser kleines Hotel in der Altstadt. Es ist nach sechs Uhr, also schon dunkel als wir loslaufen, um ein Restaurant zu suchen. Vorbei an unzähligen Straßenlokalen mit Kinderhockern erreichen wir eine vierspurige Straße.
Über den Straßenverkehr in Saigon wurde schon viel geschrieben, aber wirklich verstehen kann man das erst, wenn man mittendrin ist. Die 8 Millionen Einwohner der Stadt besitzen 5 Millionen Mopeds bzw. Roller. Wenn man bedenkt, dass 1/3 der Einwohner unter 14 Jahre alt ist, hat quasi jeder Erwachsene so ein Gefährt. Und alle scheinen gleichzeitig unterwegs zu sein. Es gibt in den Hauptstraßen extra abgeteilte Bahnen für die zweirädrigen Fortbewegungsmittel, aber was hier Gesetz ist, wird noch lange nicht befolgt.
Das Lokal, für das wir uns heute entscheiden, ist offensichtlich hier sehr beliebt. An den ca. 50 Tischen nur zwei Touristenpaare, der Rest Einheimische. Alles ist straff durchorganisiert. Direkt an der zur Straße offenen Seite stehen in Eimern die Getränke, in anderen liegen Eiswürfel. Viele Bedienstete wuseln herum. Unmittelbar, nachdem man bestellt hat, stehen Gläser mit Eiswürfeln und Getränke auf dem Tisch.
Während wir dort sitzen, kommt ein Mopdfahrer direkt vors Lokal gefahren. Auf dem Rücksitz sind 6 große Säcke gestapelt, aus denen es gewaltig tropft. Er liefert den Nachschub an Eiswürfeln. Während der nächsten Tage sehen wir diesen Lieferservice öfter. Die Speisekarte bietet typisches vietnamesisches Essen, alle Arten von Meeresfrüchten, Schnecken, Wildschwein zubereitet auf Hundeart (oder war es umgekehrt). Am Nebentisch feiern ca. zehn Personen Geburtstag. Der Tisch bietet kaum Platz für die vielen verschiedenen Gerichte, aber die Torte hat einen hervorgehobenen Platz, die Kerzen darauf werden angezündet, dann ertönt das international bekannte „Happy Birthday“. Nahezu jeder zweite Ton ist richtig. Und damit ist die Feier beendet und sie brechen auf. Zurück bleiben auf dem Tisch unzählige Platten und Teller, unter dem Tisch die leeren Bierdosen.
Beobachtungen am Rande
Auf dem Rückweg machen wir einen Umweg durch die bei Backpackern sehr beliebte Straße Pham Ngu Lao. Hier drängeln sich die Menschen in der Fußgängerzone – umrundet von Mopedfahrern – vor den Tür an Tür liegenden Bars, Pubs und Lokalen. Die Bässe der Technomusik wummern. Was für ein Glück, dass unser Hotel nicht in Hörweite liegt. Das ist definitiv nicht unsere Welt.
Wir machen uns auf den Weg zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten Saigons. In der Stadt sind viele Bereiche abgesperrt. Hier wird mit japanischer Hilfe eine U-Bahn gebaut. Das ist auch dringend nötig, der Verkehr kommt in den Stoßzeiten regelmäßig zum Erliegen.
Wir schlendern durch die Ben Than Markthalle mit ihren Schneidern, Obst- und Gemüseständen, Souvenirs und Kaffeeverkauf.
Dann durch die Fußgängerzone, vorbei am Bitexco-Tower bis zum Saigon-Fluss, ein Stück am Ufer entlang, die Prachtstraße hinauf.
Wir sehen das Opernhaus, gerade kommen die ersten Besucher. Auffallend ist, wie elegant alle gekleidet sind. Hier geht man nicht in Alltagskleidung aus.
Wir folgen der Straße weiter bis zur Basilika Notre Dame, die mit französischen Materialien erbaut und 1883 eröffnet wurde. Sie wird zur Zeit renoviert und kann nur von außen besichtigt werden.
Dafür gehen wir gegenüber in das Hauptpostamt, das – von einem französischen Architekten entworfen – zwischen 1886 und 1891 erbaut wurde. Obwohl es einen musealen Charakter hat, mit Souvenirshop an beiden Seiten des Eingangs, fungiert es nach wie vor als Postamt. Links und rechts gibt es noch die Telefonzellen, in denen man früher Gespräche anmelden musste. Leider sind die alten Apparate durch Tastentelefone ersetzt worden.
Wir kommen zum Wiedervereinigungspalast, wo 1975 das Ende Vietnamkrieges beschlossen wurde. Langsam wird es dunkel, unser Weg führt an einem eingezäunten Park vorbei.
In einer innen liegenden Musikschule findet heute Abend ein Konzert statt. Auch hier fallen uns die eleganten Besucher auf.
Angelockt von den Meeresfrüchten landen wir kurz vor unserem Hotel in einem der kleinen gesichtslosen Seafood-Lokale. Die noch vorhandenen Plakate lassen erkennen, dass hier bis vor kurzem ein Frisörladen war. Die Einrichtung besteht aus den üblichen kleinen Tischchen und Hockern.
Wir wollen es heute mal darauf ankommen lassen, und das Essen ist auch richtig lecker. Eine Gruppe drängt herein, schnell sind von einem Stapel noch ein ein Tisch und ein paar Hocker herbeigezaubert; hier und dort ein bisschen rücken, und schon finden weitere Gäste Platz.
Nach drei Tagen haben wir genug von Saigon und wählen als nächstes Ziel die Stadt Ben Tre im Mekongdelta. Dafür wollen wir heute die Tickets kaufen und machen uns auf den Weg zum Büro unserer Buslinie.
Wir laufen durch eine knapp zwei Meter breite Gasse und landen mitten im Leben der Einheimischen. Kleine Straßenküchen finden auch hier noch Platz. Ein paar Lädchen gibt es und durch die offenen Türen können wir sehen, wie die Menschen ihren Sonntag verbringen. Auf Matten oder Matratzen liegend – ansonsten gibt es weder Tisch noch Stuhl – blicken sie fasziniert auf ihre ausladenden Flachbildschirme und verfolgen die tägliche Telenovela oder ein Sportprogramm.
Schließlich landen wir in der Annahmestelle für Güter, die ebenfalls mit den Bussen transportiert werden. Keiner der Angestellten spricht oder versteht englisch. Ein Kunde erbarmt sich und deutet uns die Richtung an. Im nächsten Büro will man uns zwar keine Tickets verkaufen, drückt uns aber einen Zettel in die Hand. Wir verstehen nur so viel, dass wir morgen um zwölf Uhr – eine Stunde vor Abfahrt des Busses – hier sein sollen. Mit dem guten Gefühl, alles erledigt zu haben, gehen wir in den nahegelegenen Park. Wir sitzen kaum auf einer der vielen Bänke, als uns ein zehnjähriges Mädchen anspricht. Sie möchte sich mit uns auf englisch unterhalten. Ich biete ihr den Platz neben uns an, und wir führen das übliche Gespräch. Kurze Zeit später kommt ein junger Mann dazu, dieser wiederum will deutsch mit uns reden. Gar nicht einfach, beiden gerecht zu werden, spreche ich englisch, bittet der Mann mich deutsch zu sprechen, tue ich das, vernachlässige ich das Mädchen.
Am Rand des Parks befindet sich ein großes Zelt mit dem Food-Market. Alles was hier angeboten wird, sieht ausgesprochen appetitlich aus. Leider sind wir überhaupt nicht hungrig und beschließen, am Abend dort zu essen. Nachdem wir etliche Stunden später die verklebten Tische und den vielen Müll rundherum sehen, entscheiden wir uns anders.
Um halb zwölf sind wir am nächsten Morgen an der Busstation, nur um zu erfahren, dass wir zum drei Kilometer entfernten Ticketschalter müssen. Von dort fährt ein Shuttlebus zur großen Busstation. Es wird knapp, aber wir schaffen es gerade so. Der Bus hat normale Sitze, genau richtig für die dreistündige Fahrt nach Ben Tre im Mekongdelta.
Links und rechts der Straße frische grüne Reisfelder, und mittendrin immer mal wieder ein oder mehrere Gräber. Da könnte man einen deutschen Schlager doch noch ergänzen mit: „Ein Grab im Reisfeld….“
Ich hatte eine E-Mail an unsere Unterkunft gerichtet mit der Frage, ob man uns abholen könnte. Und da steht wirklich ein Mann an der Haltestelle und fragt, ob wir ein Homestay gebucht hätten. Wir denken natürlich, das er von unserer Unterkunft ist, aber als ich den Namen nenne, schüttelt er mit dem Kopf. Immerhin erklärt er dem Fahrer des Shuttlebusses, wo er uns absetzen soll.
Wir lassen die Stadt hinter uns und fahren auf schmalen Wegen bis zu einer Einbuchtung. Da steht derselbe Mann, er wolle unsere Unterkunft kontaktieren, verspricht er und wir sollen inzwischen in dem kleinen Lädchen was trinken. Er telefoniert und sagt, dass wir in 10 Minuten abgeholt werden. Inzwischen entpuppt er sich als smarter Schlepper; denn er will uns ein Ausflugsprogramm verkaufen. Als wir nicht anbeißen verschwindet er mit grimmiger Miene. Die 10 Minuten sind um, aber niemand kommt. Die Frau aus dem Lädchen bietet uns erst eine Pomelo, dann eine Guave an. Geld will sie dafür nicht annehmen.
Schließlich machen wir uns zu Fuß auf den Weg. Wen wir auch fragen, niemand weiß, wo unser Homestay ist. In einem Frisörladen bitten wir darum, dass jemand die Nummer des Homestays anruft, und nun kommen nach 10 Minuten wirklich zwei Frauen auf zwei Mopeds. Sie waren von unserem Schlepper natürlich nicht angerufen worden. Die vorher versprochene Abholung hing wahrscheinlich von einer erfolgreichen Buchung ab. Die ältere nimmt einen Koffer, die jüngere Klaus auf den Rücksitz. Beide müssen nochmal zurückkommen, um mich und den anderen Koffer zu transportieren. 4 Kilometer sind es auf einer schmalen Betonstraße.
Unsere Unterkunft liegt auf einem verwilderten Grundstück mit kleinen Kanälen. Drei Zimmer werden vermietet, sie sehen aus wie Pferdeboxen Modell „Sägerau für das robuste Tier“. Zwischen den Räumen eine oben offene Trennwand, die Tür quietscht auf Eisenrollen (Klaus schafft sofort Abhilfe mit Kokosöl). Die schmuddelige Dusche, Toilette und Waschbecken sind ein Stück entfernt. Zwei Nächte werden wir schon durchstehen. Während wir uns einrichten kommt ein deutsches Paar auf Fahrrädern, das die Kammer direkt neben uns bezieht. Der Frau geht es gar nicht gut. Zum Glück ist unsere Reiseapotheke dank der Beratung von Fachmann Manuel, einem Freund unserer Tochter, perfekt ausgestattet. Und so kann ich ihr wenigstens soweit helfen, dass sie am nächsten Tag die 100 Kilometer per Rad in Angriff nehmen kann.
Die Besitzer unserer sind sehr nett, die jüngere Frau und ihre Schwester sprechen gut englisch, beide haben studiert. Um so unverständlicher ist der erbärmliche Zustand der Anlage. Anscheinend ist dieser ihnen absolut gleichgültig.
Die Mutter kocht ungewöhnlich gut, und wir lassen uns abends einen Elefantenohrfisch schmecken. Das funktioniert so: Ein Blatt Reispapier hinlegen, darauf kleingeschnittene Gurke und Ananas, ein paar Reisnudeln und Stücke vom heißen Fisch. Dann zusammenrollen und in die leicht scharfe Soße stippen – lecker.
Am nächsten Tag leihen wir uns Fahrräder und radeln über die Betonstraßen – auf denen im noch feuchten Zustand etliche Hunde ihre Fußabdrücke hinterlassen haben – zwischen Kanälen und Grundstücken in die nähere Umgebung.
Es ist so schön friedlich hier, üppig grün, viele Pflanzen und Blumen. An einem breiteren Kanal liegen links und rechts zwei Höfe, in denen im großen Stil Kokosnüsse verarbeitet werden.
Haufenweise liegen die faserigen Hüllen herum, die für Seile oder Matten verwendet werden. Aus den harten Schalen wird Grillkohle gemacht, das Kokoswasser wird in Behältern gesammelt und das Fruchtfleisch geht an die hiesige Fabrik, die für ihre Kokosbonbons berühmt ist.
Leider wird der hintere Reifen an meinem Rad platt, eine Luftpumpe haben wir nicht, kommen aber glücklicherweise an zwei Stellen vorbei, wo mit alten und neuen Reifen gehandelt wird. Hier gibt es Druckluft und wir beeilen uns zurückzukommen, bevor ich endgültig einen Platten habe. Das Essen schmeckt auch heute wieder ausgezeichnet. Trotzdem freuen wir uns darauf, morgen früh abzureisen.
Endlich haben wir wieder Zugang zu Telefon und Internet.
Ihr seid noch in Vietnam und wir fragen uns alle, ob Ihr dieser asiatischen Länder inzwischen noch nicht überdrüssig seid. Bestimmt ist jedes dieser Länder ganz verschieden und interessant; wenngleich wir neugierig sind, wann Ihr diesen Kontinent – oder zumindest diese Länder verlassen werdet. Was ist Euer nächstes Ziel?
Eure Berichte werden natürlich von uns Zweien mit Freude und Interesse gelesen/geschaut. Danke!!!
Liebe Gruesse
Vita und Jan
Immer noch unterwegs in den asiatischen Ländern und noch immer nicht überdrüssig geworden. Unser Plan war ja auch nicht anders, und da hier alles neu für uns ist und wir in einer anderen Welt unterwegs sind, brauchen wir auch noch ein paar Wochen.
So ab April ist mit einem anderen Erdteil zu rechnen.
Liebe Grüße
Linde und Klaus