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Als wir Wellington erreichen ist es schon dunkel und wir fahren auf dem schnellsten Weg zu einem Caravan-Park. Am nächsten Tag haben wir mal wieder einen Werkstatt-Termin und hier – in der Hauptstadt – bekommen wir einen nagelneuen Kühlschrank. Während der eingebaut wird, gehen wir zum Einkaufen in einen Supermarkt in der Nähe. Danach wollen wir uns die Innenstadt anschauen. Doch wir finden keinen Parkplatz. Für die Parkhäuser ist das Auto zu hoch, für die Parkplätze zu lang. Nach etlichen Versuchen geben wir auf.
Noch eine Runde durch das Zentrum. Neuseeländer scheinen Frostschutzmittel im Blut zu haben, das Thermometer zeigt 8,5 Grad an, und wir sehen Menschen in Shorts und Trägertop. Sehr gerne werden auch Flip Flops an nackten Füßen, Shorts, Daunenjacke und Pudelmütze kombiniert. Die Schulkinder stemmen ihre nackten bläulichen Knie trotzig gegen den scharfen Wind.
Hier auf der Nordinsel herrscht viel mehr Verkehr, als auf der Südinsel. Vor allem der Bereich rund um die Hauptstadt ist dicht besiedelt. Erst nach rund 50 Kilometern lässt der Verkehr nach. Wir sind hungrig, aber nirgends ist ein Rastplatz zu finden. Kurz entschlossen biegen wir in ein Wohngebiet ab. Vor einem der schönen Häuser parken wir und verzehren unser Mittagessen. Das scheint niemanden zu stören, jedenfalls fordert uns niemand auf, unverzüglich weiter zu fahren. Heute geht es noch bis zur Stadt Wanganui zu einem Campingplatz am Whanganui-Fluss. Schön ist es hier am drittlängsten Fluss Neuseelands, aber länger als eine Nacht können wir nicht bleiben.
Am Morgen wollen wir zum Taranaki (Mount Egmont), dem im Westen gelegenen 2.518 Meter hohen Vulkan.
Malerisch erhebt sich der Spitzkegel schneebedeckt aus der Ebene. Wir fahren bis in den Nationalpark, je höher wir kommen umso mehr Schnee liegt links und rechts der Straße. Auf dem Parkplatz ist es stellenweise gefährlich glatt. Erstaunlich viele Autos sind hier und die Insassen haben offenbar die Absicht, den Berg ganz oder teilweise zu besteigen. Das ist nichts für uns, mit unseren Sportschuhen sind wir sowieso nicht richtig ausgestattet. Als ich auf einen Aushang im Fenster des geschlossenen Informationszentrum lese, dass es an diesem Berg schon 86 Tote gab, fühle ich mich ermuntert, schleunigst zum Auto zurückzukehren und dem Vulkan den Rücken zu kehren.
Wir nehmen in Strathford die 155 Kilometer lange Strecke über den „Vergessene Welt Highway“ durch herrliches Hügelland. Das Land ist sehr fruchtbar, es gibt genügend Niederschläge. Zaunpfähle und Strommasten haben ein Polster aus Moos und erwecken den Eindruck, als hätten sie wieder ausgeschlagen.
Die Berge sehen aus, als wären sie komplett mit grünem Velours überzogen. Wir müssen einfach immer wieder stehen bleiben und uns umschauen. An den weißen Tupfen auf dem leuchtenden Grün erkennt man Schafe, soweit das Auge reicht. Im Hintergrund der schneebedeckte Tarankai. In der Gegenrichtung drei weitere Vulkane im Tongariro Nationalpark, ebenfalls schon mit weißer Decke. Die Straße verläuft in einem Flusstal, manchmal sieht man links unten Eisenbahnschienen, die dann wieder im Tunnel verschwinden. Ein Teil der Strecke kann mit einer Draisine befahren werden. Mit ein paar hundert Dollar ist man dabei.
Elf Kilometer dieser Straße sind nicht asphaltiert. Es ist zwar die am wenigsten befahrene Straße Neuseelands, trotzdem sind heute erstaunlich viele Autos unterwegs. Selbst ein großer LKW mit Anhänger biegt hinter uns in die Straße ein. Als wir den engen Moki Tunnel durchfahren, der heute Hobbits Hole heißt, kann ich mir nicht vorstellen, dass solch ein großes Fahrzeug hier durchkommt. Irrtum, fünf Minuten später hat er uns eingeholt und wir lassen ihn an einer Haltebucht vorbeifahren. Eine Staubwolke verrät uns noch einige Zeit, wie weit er bereits gekommen ist. Gegen Abend erreichen wir am Ende der 155 Kilometer Taumarunui, hier bleiben wir heute Nacht.
In der Nähe liegt der Tongariro Nationalpark, sowohl Weltkultur- als auch Weltnaturerbe. Drei aktive Vulkane: Tongariro (1968 Meter), Ngauruhoe (2291 Meter) und Ruapehu (2797 Meter) sind Zentrum des Parks. Sie werden von den Maori als Heiligtum verehrt und es war ihr Bestreben, dieses Gebiet unter besonderen Schutz zu stellen. Am heutigen Tag geht der Schutz allerdings so weit, dass das ganze Gebiet in Wolken gehüllt ist. Wir fahren rund um den Park und sehen – nichts. Dabei wollten wir so gern den Schicksalsberg (Ngauruhoe) aus dem Film „Herr der Ringe“ in Natura sehen.
Und dann ist es der andere Vulkan, über den eine tragische Geschichte zu erzählen ist. Wir haben gerade das Städtchen Tangiwai hinter uns gelassen, als wir auf eine Gedenkstelle aufmerksam werden. Am Weihnachtsabend des Jahres 1953 brach der Ruapehu aus und sein Kratersee ergoss sich mit Schlamm- und Geröllmassen in den Whangaehu-Fluss. Die dort installierte Eisenbahnbrücke hielt den Massen nicht Stand und brach zusammen, kurz bevor der Nachtexpress Wellington – Auckland die Stelle erreichte. Ein Autofahrer versuchte zwar noch den Lokführer zu warnen, aber der konnte nicht mehr vor der Einsturzstelle anhalten. Mehrere Waggons stürzten in den Fluss und wurden mitgerissen. Dadurch verloren 151 Personen ihr Leben. Noch heute wird der Opfer gedacht. An jedem 24. Dezember verlangsamt der Zug auf der neu errichteten Brücke seine Fahrt und einer der Eisenbahner wirft einen Blumenstrauß in den Fluss.
Als wir am Ufer des größten Sees Neuseelands (Lake Taupo) auf die Stadt Taupo zufahren, sehen wir am Horizont Dampfwolken in den Himmel steigen. Am nächsten Tag haben wir Gelegenheit, der Sache auf den Grund zu gehen. Der Taupo-See ist vulkanischen Ursprungs, er ist durch einen gigantischen Vulkanausbruch vor 26.500 Jahren entstanden. In der ganzen Gegend gibt es heiße Quellen, die auch in großen Geothermie-Anlagen zur Energiegewinnung genutzt werden. Wir fahren zum Thermalpark. Hier gibt es noch öffentlich zugängliche heiße Quellen.
Eine Gruppe junger Menschen sitzt gemütlich im warmen Wasser, den gut gefüllten Bierkasten in Reichweite.
Am Ufer des Waikato Flusses verläuft ein Wanderweg bis zu den Huka Wasserfällen.
Am gegenüber liegenden Ufer werden gerade etliche Kajaks ausgeladen, eine Schulklasse hat heute einen Ausflug aufs Wasser. Immer wieder steigen kleine Dampfwolken aus dem breiten Fluss auf. Der Weg schlängelt sich durch einen herrlichen Wald. Nach vier Kilometern haben wir unser Ziel erreicht. Wir treffen auf viele Ausflügler, denn der Parkplatz ist nur 100 Meter entfernt. Mit 220.000 Litern pro Sekunde schießt das gletscherblaue Wasser des Waikato Fluss (der Abfluss des Lake Taupo) durch die Verengung von 100 auf 15 Meter Breite. Dahinter schäumt es und sieht aus wie ein Sahnesee. Ausflugsboote fahren bis in die Nähe des Wasserfalls, und machen im aufspritzenden Wasser unter dem Gekreische der Passagiere eine scharfe Kurve. Wir laufen unseren Wanderweg zurück, das Felsen-Bassin ist inzwischen von einer anderen Gruppe besetzt.
Durch den Geothermie-Park verläuft eine Straße, von der aus man links und rechts die dicken Edelstahlrohre sehen kann. Aus einigen zischt und qualmt es.
Von einem Aussichtspunkt können wir einen Teil der riesigen Anlage überblicken. Anschließend fahren wir weiter zu den Craters of the Moon (Mondkratern), einem abgetrennten Gebiet, dass man nach Zahlung von 8 $ pro Person durch den Kiosk betreten kann. Nachdem 1991 ein paar parkende Autos in dem Gelände eingebrochen sind, achtet man sehr auf Sicherheit. Zwischen Büschen und Sträuchern sind Holzstege verlegt, über die man gefahrlos zu den einzelnen Aussichtspunkten gelangt.
Die Sonne steht schon tief und der an vielen Stellen aus der Erde austretende Dampf lässt alles so geheimnisvoll wirken, als sei man in einer anderen Welt. Um 17, also zur Sonnenuntergangszeit schließt der Park seine Türen. Aber damit nicht genug, auch die einzige Zufahrtsstrecke wird mit einer Schranke geschlossen. Schilder weisen darauf hin, dass die Uhrzeit „scharf“ eingehalten wird. Damit auch wirklich niemand „versehentlich“ versäumt, den Park zu verlassen, ertönt eine halbe Stunde vorher eine Sirene.
Am nächsten Morgen haben wir den Orakei Korako Thermal Park auf dem Programm. Wir müssen durch dichten Nebel oder Dampf fahren – vielleicht ist es auch eine Kombination aus beidem – und befürchten schon, nicht viel zu sehen. Doch ein paar Kilometer vor unserer Ankunft hat die Sonne sich durchgesetzt. Mit einem Boot setzen wir über den Ohakuri See und folgen den Richtungspfeilen über die wieder perfekt angelegten Wege.
Die täglich aus Erdspalten strömenden 20 Millionen Liter heißes Wasser haben Seen, Schlammlöcher, Geysire und Sinterterrassen in fantastischen Farben und Formen geschaffen. In der Nähe wird es richtig warm. Holzstege führen bergauf und bergab und weiten sich zu Aussichtsplattformen. Der Rückweg führt durch einen herrlichen Wald.
Wir fahren weiter in Richtung Norden und abends stehen wir mit unserem Camper so dicht am Rotorua See, dass wir Enten und Schwäne streicheln könnten, ohne das Auto zu verlassen.