Von Krebsen und Pfeffer – Kep und Kampot (Kambodscha)

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Morgens um 6:50 Uhr werden wir abgeholt und zur Busstation gebracht. Wieder ein Schlafbus. Der Schaffner weist uns unsere Plätze ganz hinten in der letzten Reihe zu. Es sind fünf, die über die gesamte Breite des Busses dicht nebeneinander liegen. Der äußere rechte Sitz ist mit Matten belegt. Zuerst sind wir allein, dann kommen noch zwei Frauen dazu. Aber die Menschen hier haben keinerlei Berührungsängste. Ob sie an der Schulter eines Fremden schlafen oder eben Arm an Arm nebeneinander liegen, was macht das schon?
DSC02389Das fruchtbare rund 40.000 km³ große Mekongdelta ist ein Gebiet, das kreuz und quer von Flüssen, Bächen, Kanälen und Gräben durchzogen ist. Die südliche Reiskammer Vietnams kann mit drei Ernten pro Jahr über die Hälfte des Jahresertrages beitragen. Außerdem gedeihen viele tropische Früchte. Da es mehr Wasserwege als Straßen gibt, hat auch der Fischfang eine große lokale Bedeutung. Entlang der Straßen ist hier jedoch alles so dicht bebaut, dass nicht zu erkennen ist, wo eine Stadt aufhört und die nächste beginnt.
Kurz vor der Grenze dann außer Reisfeldern, große Salinen. In der Grenzstadt Ha Tien endet die Fahrt nach mehr als acht Stunden am Busbahnhof. Doch wie von hier aus weiterkommen? An den Schaltern werden keine Tickets nach Kambodscha angeboten. Ein Mann spricht uns an und heftet sich wie eine Klette an uns. Sobald einer von uns losgeht, um sich umzusehen, folgt er und verschwindet auch nicht, wenn man mit anderen Leuten reden will. Letztendlich trägt er den Sieg davon und bringt uns in einem Kleinbus in die Innenstadt zu einer Reiseagentur. Hier wird die Weiterfahrt nach Kambodscha inklusive Visaformalitäten angeboten. Natürlich zum überhöhten Preis. Der Besitzer erklärt uns glaubhaft, dass die Gebühren von der Regierung gerade erhöht worden seien. Stimmt aber nicht, wie wir dann an der Grenze feststellen. Naja, Bequemlichkeit kostet halt. Wir werden im Minibus bis zur Grenze gebracht, der Mitarbeiter kümmert sich um die Formalitäten, der Grenzübergang klappt problemlos innerhalb von ein paar Minuten und der Bus bringt uns direkt zu unserem Hotel.
Und jetzt sind wir erst einmal froh, in dieser kleinen gepflegten Anlage in Kep – nicht weit von der Grenze entfernt – angekommen zu sein. Wir hatten zuerst nur eine Nacht gebucht, aber wir fühlen uns so wohl, dass wir um zwei Tage verlängern, mehr ist nicht möglich, weil die acht Quartiere zum Wochenende ausgebucht sind. Zwar müssen wir täglich in einen anderen Bungalow umziehen, aber mit Hilfe der unglaublich netten Mitarbeiterinnen ist das jedes Mal in fünf Minuten passiert. Nach unserer Empfindung haben wir die Seelen noch nicht genug baumeln lassen, deshalb ziehen wir noch für weitere vier Tage in eine ca. zwei Kilometer entfernte Anlage um. Die hat zwar keinen Pool wie die erste, aber auch einen schönen Garten und angenehme Bungalows und sie liegt näher zum Strand und zum Crabmarket. Zu unserer Freude haben wir einen orangefarbenen Frosch und mehrere Tokkays (Riesengeckos) als Mitbewohner.

Einer lebt hinter dem Badezimmerspiegel, die anderen unter dem Strohdach. Wir verfolgen ab Eintritt der Dämmerung häufig, wie sie auf die Jagd nach Insekten gehen.
Zweimal leihen wir uns Fahrräder und erkunden die nähere Umgebung. Kep wurde Anfang des vergangenen Jahrhunderts von den Franzosen gegründet. Hier wollten sie ein Äquivalent für ihre weit entfernte Cote d’Azur schaffen. Und der Ort war dann auch bis in die 60er Jahre Vergnügungsort der Reichen und Mächtigen. Er soll auch Jackie Kennedy begeistert haben. Während des Bürgerkrieges wurde die Stadt nahezu dem Erdboden gleich gemacht und alles Wertvolle geraubt. Davon hat sie sich noch nicht wirklich erholt. Auf einer riesigen Fläche liegen drei verstreute Ortsteile. Es gibt einen Bereich mit Denkmal und Prachtallee, links davon ist gar nichts, rechts ein paar Elendshütten. Dazwischen fallen uns große Grundstücke auf, die außer einer Umgebungsmauer und Wildwuchs nichts enthalten. Später erfahren wir, dass nach einem Grundstückskauf innerhalb einer bestimmten Frist mit Baumaßnahmen begonnen werden muss und da entscheiden sich die Meisten für eine Mauer.
Die Straße ist großzügig sechsspurig angelegt mit begrüntem Mittelstreifen, ausladenden Lampen und mehreren Kreiseln mit Statuen wie ein weißes Pferd und hinduistische Gottheiten.

Die Voraussetzungen sind da, dass Kep wieder seine einstige Bedeutung erlangen kann.

Die Schönheit der Landschaft dürfte auf jeden Fall genügend Menschen anlocken.
DSC02409Im Meer winkt eine Krabbenstatue – das Wahrzeichen der Stadt – denn Kep ist bekannt für seine Meeresfrüchte und hat einen täglichen Krabbenmarkt,

o.r.: getrocknete Shrimps; u.r.:frische Krebse; links: zukünftiger Marktverkäufer
links: Zuckerrohrpresse rechts: frisch gegrillt

wo man auch essen kann. Direkt daneben gibt es aber auch viele Lokale, in denen das Angebot des Tages gekocht, gebraten oder gegrillt wird, häufig gewürzt mit dem begehrten Kampot-Pfeffer, der hier in der Umgebung wächst.
P1090302Ein Nationalpark liegt ganz in der Nähe und bietet einen gut gekennzeichneten Rundweg mit vielen schönen Ausblicken auf die Küste. Es gibt auch einen Kletterpfad mit Halteseilen auf einen der Gipfel mit besonders schönem Ausblick auf den Sonnenuntergang. Danach ist für den Rückweg eine Stirnlampe unverzichtbar.
DSC02406Der Weg zum Strand führt an einer Affenkolonie vorbei. Die Tiere wissen genau: In den Mülltonnen liegen die durchgedrückten Zuckerrohrstangen, die nach der Saftpressung übrig bleiben. Mit vereinten Kräften werden die Behälter umgeworfen und liegen kreuz und quer herum. Und jetzt kommen auch die Kleinsten leicht an all die Köstlichkeiten heran.
Der Strand wurde künstlich angelegt und wird auch von den Einheimischen sehr gerne genutzt. Familien mit Kindern und Jugendliche sitzen im Sand oder auf dem Bürgersteig, wo man für ein paar Riel Strohmatten mieten kann.

Gegenüber auf der anderen Straßenseite noch ein anderer Service, zwischen im Quadrat aufgestellten Pfosten – darüber ein Dach — sind Hängematten befestigt. Auch die Besitzer nutzen sie gern für ein Schläfchen zwischendurch. Der Weg ins Wasser führt durch angeschwemmtes Seegras, durchsetzt mit Plastikmüll. Der Müll wird ebenfalls vom Meer her ans Ufer getrieben, aber die Menschen am Strand verstehen es offenbar als Aufforderung, ihrerseits ihre Hinterlassenschaften wie Essensreste oder Verpackungsmüll am Strand liegen zu lassen.

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fliegender Möbelhändler

Als wir nach dem Baden zurücklaufen, sitzt mitten auf dem Bürgersteig ein Pärchen und picknickt. Von Romantik hat wohl jeder eine andere Vorstellung, aber sauberer als am

Strand ist es allemal.

hier wachsen keine Gurken, es sind Kapokbäume!

Nach einer Woche fahren wir in die nahegelegene Stadt Kampot – genau dahin, wo der Pfeffer wächst. Die Stadt liegt etwa fünf Kilometer vom Meer entfernt am Fluß Teuk Chhou und hat noch viele Gebäude aus der französischen Kolonialzeit. Es wird auch versucht, die Bauwerke zu erhalten, was für die Stadt durchaus ein Gewinn ist. Das Angebot an Restaurants ist mehr als ausreichend für die rund 50.000 Einwohner und ein großer Touristenmagnet ist die Stadt eigentlich auch nicht. Obwohl bestimmt viele die Ruhe hier wohltuend finden. Auffallend ist, das sich viele Europäer niedergelassen haben. Ein Grund mag sein, dass zuhause die Rente nicht reicht, es könnte aber auch noch andere geben.
DSC02469Als wir über die Strandpromenade laufen, spielen gerade zwei Männer Da Cau (Fuß-Federball), eine sehr alte asiatische Sportart. Der Federball ist ein kleiner Zylinder, der oben mit Federn bestückt ist. Geschickt wird er mit der Schuhsohle zurückgeschlagen. Eine Weile schauen wir fasziniert zu.
DSC02481Das Wahrzeichen dieser Stadt steht mitten auf dem Kreisel auf der Hauptstraße – eine Durian (Stinkfrucht). Rund um Kampot gibt es Plantagen, auf denen die Bäume stehen. Nicht zu vergessen, die Pfefferplantagen. Seit dem 13. Jahrhundert wird in Kambodscha Pfeffer angebaut, auch dieses einträgliche Geschäft wurde durch den Krieg zunichte gemacht. Die Menschen wurden verschleppt, die Pflanzen auf den Plantagen gingen ein und erst langsam kommt das Geschäft wieder in Gang. Kampot-Pfeffer ist eine überaus begehrte Sorte, weil sie Aroma und Fruchtigkeit perferkt kombiniert. Hier wird sogar der seltene rote Pfeffer geerntet.


Kleine Pfefferkunde:
Grün =        unreif, frisch bis zu drei Tage haltbar, leicht zitronig im Geschmack. Sonst wird er eingelegt oder gefriergetrocknet
Schwarz = unreif geerntet, kurz bevor er gelb wird. Auf Bambusmatten in der Sonne getrocknet hält er sich mehrere Jahre
Weiß =        reifer, geschälter Pfeffer. Die roten Pfefferbeeren werden eingeweicht, bis die rote Schale abfällt, danach mehrere Tage in der Sonne getrocknet
Rot =           reif, ungeschält. Muss geerntet werden, kurz bevor die Beeren zu faulen beginnen. In der Sonne getrocknet und handverlesen
Köche aus aller Welt sind wieder auf Kampot-Pfeffer aufmerksam geworden. Gleiches gilt für das Salz aus den umliegenden Salinen.


Eine Broschüre fordert die Kampot-Touristen auf, den 10 Kilometer entfernten Zoo zu besuchen, damit vom Eintrittsgeld Futter gekauft werden kann. Da können wir uns nicht verweigern und leihen uns im Hotel Räder und fahren über die alte Brücke auf die andere Seite des Flusses und auf der stark befahrenen staubigen Landstraße Richtung Elefantenberge. Hier leben noch Tiger und Elefanten, aber die Berge selbst sind abgesehen von den Tieren nicht ungefährlich, viele Landminen liegen hier noch in der Erde, vergraben während des Bürgerkrieges von den Roten Khmer.
Am Zooeingang bezahlen wir vier Dollar und laufen über ungepflegte Wege an viel zu kleinen, gammeligen Käfigen vorbei. Vor Jahren hat ein hoher Militär hier seiner Leidenschaft für wilde Tiere ein Denkmal gesetzt und diesen Zoo gegründet. Inzwischen hat ein Privatmann übernommen, aber eine Rendite erwirtschaftet er sicher nicht. Alles wirkt heruntergekommen. Verrostete Spielgeräte, marode Skulpturen und die Schreie von Affen und Vögeln vermitteln beinahe eine Geisterbahnatmosphäre. Am liebsten würden wir nachts mit einer Drahtschere zurückkommen, um die Vögel und Affen zu befreien.
DSC02500Die zwei Elefanten haben ein einigermaßen großes Gehege, das auch einen stabilen Eindruck macht. Sofort kommt das Paar angelaufen in der Hoffnung auf Futter. Wir haben nichts, und der Bulle greift mit dem Rüssel eine leere Keksschachtel und bläst sie mir ins Gesicht. Von Gaffern hält er schon mal gar nichts. Ein Stück entfernt verkauft eine Frau Bananen für die Tiere und wir kaufen für ein paar Dollar ein. Damit sind die beiden Dickhäuter versöhnt, obwohl es für sie nur etwas für den hohlen Zahn ist. Ziemlich nachdenklich laufen wir zurück Richtung Ausgang, als ein Mann auf dem Moped Klaus um Hilfe bittet.

Er hat drei Eisblöcke dabei, die er nun abladen möchte. Da braucht er einen starken Mann, der sein Moped hält.
Unsere Weiterfahrt zu den ein paar Kilometer flussauf liegenden Stromschnellen ist auch umsonst, Der weiter nördlich gebaute Staudamm hat den Fluss gezähmt.
DSC02515Es geht auf den Abend zu, als wir auf der Rückfahrt ein paar Viehhirten begegnen, die die Rinder zurückbringen. Gerade passieren sie eine Stelle, wo eine Hochzeit gefeiert wird. Die Musik dröhnt laut und schief und die Tiere versuchen, so schnell wie möglich außer Hörweite zu kommen – wie wir auch.

4 Antworten auf „Von Krebsen und Pfeffer – Kep und Kampot (Kambodscha)“

  1. Hallo Ihr beiden Weltenbummler,
    beim letzten Musiktreffen am 27. bei uns haben wir intensiv an Euch gedacht und freuen uns schon Euch in 7 MONATEN hoffentlich wohlbehalten wiederzusehen.
    Weiterhin gute Reise und viel Glück bei all Euren Unternehmungen.
    Christa und Werner

    1. Liebe Musikfreunde,
      wir sitzen am Meer und Klaus spielt auf der hier vorhandenen Gitarre. Wenn ihm etwas fehlt, dann die Musik. Aber irgendwann sind wir auch wieder da und werden mit Euch allen zusammen sitzen. Darauf freuen wir uns und senden Euch die besten Grüße
      Linde und Klaus

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