Von Christchurch nach Omarama (Neuseeland)

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Nach dreieinhalb Stunden Flug, durch die Zeitverschiebung jedoch fünfeinhalb Stunden später, erreichen wir Christchurch. Schon im Flugzeug haben wir Formulare bekommen, in denen speziell nach mitgebrachten Pflanzenteilen oder Lebensmitteln gefragt wird. Ich habe schon überall „NEIN“ angekreuzt, dann fällt mir ein, dass ich noch Gewürze im Gepäck habe, und korrigiere das. Vielleicht hat auch die Durchsage, dass falsche Angaben mit Geldstrafen zwischen 400 und 10.000 $ geahndet werden, meinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen.
Bei der Einreise wird dieser Zettel genauestens angeschaut. Der Zollbeamte, ein Mann mittleren Alters, will ganz genau wissen was wir dabei haben. Rosmarin, Thymian und Pfefferkörner lässt er durchgehen. Trotz der Versicherung, dass ich unsere Trekkingsandalen in der Maschine gewaschen habe muss Klaus den Koffer öffnen; er will die Schuhe sehen. Zufrieden mit dem Ergebnis ist er dann beim Einpacken und Verschließen des Koffers behilflich und wünscht uns einen schönen Aufenthalt in Neuseeland. Alles geht bestimmt aber sehr freundlich vonstatten. Um 2 Uhr nachts verlassen wir mit den letzten Passagieren die Einreisekontrolle.
Am Ausgang ist eine Tafel angebracht, auf der die Hotels in Christchurch aufgeführt sind. Hinter jedem Namen steht eine Nummer, bei unserem die 27. Die rufen wir mit dem daneben stehenden Telefon an und sind mit der Rezeption unseres gebuchten Hotels verbunden. „Wir schicken Ihnen sofort einen Wagen,“ lautet die Antwort und kurze Zeit später sind wir dann im Hotel. Weil wir so spät kommen, dürfen wir das Zimmer morgens eine Stunde länger bewohnen.
Um 12 Uhr werden wir mit dem Auto von der Vermietstation im Hotel abgeholt. Dann dauert es noch eine ganze Weile, bis wir unser neues rollendes Heim bekommen; die Computer sind ausgefallen und die Mitarbeiter müssen alle schon gespeicherten Angaben nochmal per Hand aufnehmen. Schließlich ist auch das geschafft und wir können vom Hof fahren. Dieses Mal haben wir uns für ein größeres Fahrzeug (mit Toilette) entschieden, 7 Meter lang, 2 Meter breit und 3 Meter hoch ist das Vehikel. Heute geht es nur ein paar Kilometer weit, bis zu einem in der Stadt liegenden Campingplatz. Drei Tage bleiben wir in Christchurch, um uns einzurichten, Lebensmittel einzukaufen und die Stadt zu erkunden. Im nahe gelegenen Einkaufszentrum sind am Nachmittag viele Schüler unterwegs. An unterschiedlichen Uniformen kann man erkennen, zu welcher Schule sie gehören. Schottenkaros in klassischen Farben und Mustern gehören zu jeder Kombination.

Im Kaufhaus entdecke ich später eine ganze Abteilung mit Kleidung für Kindergarten- und Schulkinder, getrennt nach den einzelnen Schulen. Die passenden Schuhe stehen gleich im nächsten Regal. Ich glaube, dass diese Regelung für Eltern und Kinder viele Vorteile bringt. Niemand wird gehänselt, weil er die „falsche“ Jeans oder Schuhe einer Marke trägt, die nicht „in“ ist.
Nach den verheerenden Erdbeben 2010 und 2011, bei denen 185 Menschen ihr Leben verloren und 70% der Gebäude zerstört wurden ist der Wiederaufbau in Christchurch schon weit fortgeschritten. Viele supermoderne Gebäude sind entstanden.

Einige alte Fassaden stehen noch, von der Rückseite durch Container gestützt. Überhaupt ist aus dem seinerzeit schnell geschaffenen Provisorium aus Containern durch die begeisterte Zustimmung der Menschen eine dauerhafte Einrichtung geworden.

Cafés, Bars und Shops haben ihr dauerhaftes Zuhause in bunten Containern gefunden.
P1110597Der am Ufer des Avon stehende Bogen der Erinnerung – zum Gedenken an die Gefallenen der verschiedenen Kriege – war beim Erdbeben ebenfalls eingestürzt. 2016 wiedereröffnet hat er nun eine weitere Bedeutung bekommen. Wer Christchurch früher gesehen hat, wird es kaum wiedererkennen.
Eine restaurierte Straßenbahn fährt Touristen auf einer 2,5 Kilometer langen Schleife durch die Innenstadt. Den Weg kann man auch ganz bequem laufen.

Auf dem Platz vor der „Christchurch Cathedral“, die noch immer ohne ihren Turm dasteht, ist eine Schulklasse damit beschäftigt, Informationen zu sammeln. Die Kinder lesen aufmerksam die Texte auf den Informationstafeln, fotografieren oder machen sich Notizen. Ob die Kathedrale an dieser Stelle wieder aufgebaut wird, ist bis heute noch unklar, die noch stehenden Reste sollen jedenfalls abgerissen werden.
Busfahren ist in Christchurch eine beinahe neue Erfahrung. Der Busbahnhof ist eins der neuen großartigen Bauwerke. Rund zwanzig Halteboxen können an dem in Bumerang-Form gestalteten Gebäude angefahren werden. Glastüren öffnen sich automatisch beim Ein- und Aussteigen und die Passagiere stehen nicht im Freien, sondern haben eine geschlossene große helle Wartehalle mit Sitzbereichen, wo sie ihre Handys laden können. In kleinen Läden kann man Essen und Getränke kaufen oder gleich dort verzehren. Und wenn der Bus kommt, stellen sich alle in einer Reihe hintereinander an, niemand drängelt. Wunderbar, man kann aussteigen, ohne sich den Weg freikämpfen zu müssen.
In der Nacht trommelt der Regen auf das Dach unseres Campers und wir befürchten, dass wir auf unsere Fahrt auf die Banks-Halbinsel verzichten müssen. Doch als wir um 10 Uhr den Caravan-Park verlassen, kämpft sich die Sonne langsam durch die Wolken und je weiter wir nach Osten fahren, umso schöner wird es.
Wir staunen über die vielen mehrere Meter hohen und bis zu zwei Meter breiten Hecken, die Weiden und Gebäuden als Windschutz dienen. Bei einer kann man sehen wie hoch die Leiter ist, die der Farmer beim beschneiden eingesetzt hat. Bis vier Meter Höhe ist die Hecke akkurat gestutzt, darüber sprießen die Koniferen in alle Richtungen.
DSC07130 - KopieWir kommen am Forsyth-See vorbei, der die Heimat einer Kolonie Trauerschwäne ist. Langsam wird die Straße schmaler, die Kurven enger und wir stellen fest: „Freie Fahrt für freie Bürger“ wird hier anders interpretiert. Die Geschwindigkeit ist begrenzt, dafür der Straßenrand nicht. Obwohl es links steil bergab geht, hat man auf Leitplanken oder andere Schutzmaßnahmen verzichtet. Nur die üblichen Begrenzungspfähle stehen im Abstand von 25 Metern neben der Straße.

Die Aussicht ist auf jeden Fall spektakulär, eingebettet zwischen alten Bergen vulkanischen Ursprungs liegt eine große Bucht. Die Stadt Akaroa am östlichen Ufer ist unser Ziel. 1838 ließ sich der französische Kapitän eines Walfangschiffes hier ein Stück Land reservieren. 1840 trafen die ersten Siedler aus Frankreich ein und gründeten die Stadt Akaroa.

Noch heute sind viele französische Namen zu finden, aber die Sprache der Einwohner ist inzwischen durchweg englisch.

Von unserem über der Bucht gelegenen Campingplatz mit toller Aussicht führt ein steiler Fußweg in den Ort. Wir kommen am Bowling-Platz vorbei. Ein paar Männer spielen und wir schauen ihnen eine Weile zu. Es erinnert eher an Boule, als an das uns bekannte Spiel mit Kegeln und Kugel. Es gibt eine kleine weiße Holzkugel, die auf dem Kunstrasen ans andere Ende geworfen wird. Die beiden aus drei Personen bestehenden Mannschaften versuchen, ihre eigenen verzierten sechs Holzkugeln die etwa die Größe von Pampelmusen haben so nahe wie möglich an die Zielkugel zu bringen. Sie darf allerdings nicht getroffen werden.DSC07138 - KopieEine der Sehenswürdigkeiten, die St. Patrick Pfarrkirche ist zur Zeit in weiße Folie eingewickelt, wahrscheinlich hat auch sie bei dem Erdbeben Schäden davon getragen, schließlich lag das Epizentrum seinerzeit unter der Halbinsel. Viele hübsche Lokale mit kleinen Gärten liegen link und rechts der Hauptstraße. Die Hänge hinauf stehen Häuser mit unverbaubarem Blick auf die Bucht. In der Saison verzehnfacht sich die Einwohnerzahl auf 7.000. Gute 70 Kilometer von Christchurch entfernt haben sich vermögende Stadtbewohner hier Wochenendhäuser gebaut. Der Blick in den Sternenhimmel in der Nacht ist unglaublich schön.
Noch eine Rundfahrt am nächsten Morgen, dann fahren wir den größten Teil der Strecke zurück und halten uns Richtung Süden. Die Entfernungen sind – im Gegensatz zu Australien – wieder überschaubar. Auf der Bundesstraße herrscht moderater Verkehr und so erreichen wir am Nachmittag die Stadt Oamaru. Wir haben gelesen, dass hier eine Kolonie Zwergpinguine leben soll und die möchten wir gern sehen. Von unserem Caravanplatz direkt am Meer machen uns gleich auf den Weg zum Pinguin-Center.

Auf halber Strecke sehen wir auf einem alten Pier eine große Anzahl Vögel sitzen. Es müssen einige hundert sein, die meisten sind Shags aus der Familie der Kormorane, die bereits ihr Nachtquartier aufgesucht haben.
Im Pinguin Center werden wir zu einer Terrasse geleitet und hören einen Vortrag zur Lebensweise der Tiere und zur Arbeit der Mitarbeiter in der Aufzuchtstation. Die Tiere werden hier nicht gefüttert, ihnen wird nur ein geschützter Bereich zum Schlafen und Brüten geboten. Unbeeindruckt liegt währenddessen eine Pelzrobbe dicht hinter dem Geländer und riecht wie ein Fass verdorbener Fisch.
Die Zwergpinguine oder blauen Pinguine leben an vielen Küstenabschnitten in Neuseeland. Aber nur in Oamaru kehren sie abends in Gruppen von ihrem täglichen Fischfang zurück. Wenn es bereits dunkel ist, sammeln sie sich im Uferbereich. Es kommt uns vor wie ein Zauberkunststück, gerade war der Strand noch leer, und nach der nächsten Welle stehen dort 15 bis 20 dieser niedlichen Tiere. Gemeinsam klettern sie die Felsen hoch, verharren kurz und watscheln dann zu einem Eingang. Mehrmals wiederholt sich das Schauspiel mit einer unterschiedlichen Anzahl von Tieren. Einer nimmt einen anderen Weg, er klettert an der Seite hoch, läuft an der Robbe vorbei und hüpft durch den Zaun. Zwei Meter vor der Terrasse mit den Besuchern bleibt er stehen, seine 20 bis 25 cm zur vollen Größe aufgerichtet und schaut sich an, was da für komische Wesen auf den Stufen hocken. Danach läuft er weiter zu seinem Schlafplatz. Nach eineinhalb Stunden sind 80 Tiere zurückgekommen. Während ihrer Jagd nach Beute legen sie bis zu 100 Kilometer zurück und können 60 Meter tief tauchen. Sie sind total erschöpft und brauchen die Nacht zur Erholung. Die finden sie in einem abgetrennten Bereich, den die Besucher nicht betreten können. Etliche Bruthöhlen – sie erinnern stark an die Häuser der Hobbits – sind ins Erdreich eingegraben und werden von vielen Tieren gern angenommen, einige legen ihre Eier jedoch an anderer Stelle und brüten dann auch dort. Kurz bevor die Sonne aufgeht laufen sie den Weg zurück ins Meer. Fotografieren ist hier leider strengstens verboten.
DSC07167 - KopieWährend wir frühstücken fällt mir gegenüber unter einem Baum eine Bewegung auf. Beim Näherkommen sehe ich, dass eine Pelzrobbe sich hier häuslich niedergelassen hat. Unbemerkt von den vielen Spaziergängern liegt sie hier. Nur die Hunde, die morgens ausgeführt werden, bellen sie an, aber auch das verstehen ihre Herrchen und Frauchen nicht und ziehen sie an der Leine weiter, ohne den merkwürdigen Besucher zu bemerken.
Die Stadt Oamara wurde 1859 gegründet und hat einige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Der dort vorkommende Kalkstein ist gut zu bearbeiten und wurde bei vielen älteren Gebäuden verbaut. Seit der Hafen geschlossen ist, hat die Stadt ihre einstige wirtschaftliche Bedeutung verloren. Doch setzt man geschickt auf Tourismus, indem eine alte Bahnstrecke wieder in Betrieb genommen und ein markierter Rundweg durch die Stadt angelegt wurde.

Er führt durch das Hafengebiet, wo in ehemaligen Lagerhallen viele nette Cafés, Geschäfte und Restaurants entstanden sind. Das hervorragend ausgestattete Besucherzentrum hat auch am Sonntag geöffnet und die Dame gibt uns wertvolle Tipps und eine Menge an Material mit. Der Rundgang führt weiter an den alten Häusern aus Limestone (Kalkstein) vorbei durch einen wunderbaren Park.

Nach dem Überqueren der Eisenbahnschienen kommen wir zum alten Friedhof, der sich wellenförmig über zwei Hügel den Hang hochzieht. Mindestens vier Generationen sind hier bestattet worden, und wir verbringen einige Zeit damit, die Inschriften der Grabsteine zu lesen.

Ganze Romane erzählen sie; einer Familie sind zum Beispiel innerhalb eines Jahres zwei Kinder gestorben, die Mutter überlebte sie auch nur um ein Jahr.
Durch ein schönes Wohngebiet, in dem kein Haus dem anderen gleicht, geht es weiter den Hügel hoch.

Doch auch was in den Vorgärten der Häuser wächst, ist faszinierend. Hier ist Spätherbst und Narzissen, Rhododendron und Azaleen beginnen zu blühen. Hortensien und Rosen sind bereits verblüht. Wie eigenartig, dass es Pflanzen gibt, die noch immer die Wachstumsperioden der nördlichen Halbkugel haben. Oben angekommen haben wir einen großartigen Überblick über die Bucht.
Während wir auf einer Bank die Aussicht genießen, kommt ein Paar mit Hund den Weg vom Hafen hoch gelaufen. Wir unterhalten uns eine Weile. Die Frau erzählt begeistert von der historischen Kirche, die bereits 120 Jahre alt ist und muss dann lachen weil ihr einfällt, dass 120 Jahre für eine Kirche in Europa nichts ungewöhnliches ist.
Der Weg bergab durch den dicht begrünten Hügel zeigt uns immer wieder neue Ausblicke. Wir werfen einen letzten Blick auf die Robbe und fahren dann weiter. Die Dame in der Touristeninformation hatte uns einen Rundweg empfohlen, der den Waitaki River entlang ins Landesinnere führt. Leider beginnt es zu regnen und bis wir unseren Campingplatz in Omarama erreichen, hört es auch nicht mehr auf.

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