Seit wir unterwegs sind, nutzen wir zur Planung die hilfreiche App Rome2rio. So auch dieses Mal, wo wir von Guatapé nach Bogota fahren wollen. Wir bekommen die Information, dass wir mit einem Taxi 30 Kilometer bis Granada fahren müssen, ein Bus fährt von dort in 4,5 Stunden nach Bogota. Am Fahrkartenschalter der Bushaltestelle in Guatapé erstauntes Kopfschütteln, von Granada nach Bogota, unmöglich. Wir müssen zurück nach Medellin (2 bis 4,5 Stunden) und von dort mit mehreren Bussen (angegebene Zeit 7 bis 11 Stunden + Zugabe) nach Bogota. Das macht in diesem Land niemand, der seine fünf Sinne beisammen hat. Die meisten Menschen fliegen. Immer noch nicht überzeugt schreibe ich an die Busgesellschaft und erfahre, dass man uns am Busbahnhof die richtige Auskunft gegeben hat. Von Granada im Departement Meta fährt der Bus nach Bogota, aber nicht von Granada in Antioquia, wo wir uns gerade befinden. Wir entschließen uns ebenfalls zu fliegen. VivaAir ist auf den erste Blick der günstigste Anbieter. Knapp 25 € kostet das Ticket pro Person, allerdings ohne Gepäck, das kostet extra.
Am nächsten Morgen geht es per Bus Richtung Medellin, wir sollen in Guarne aussteigen und per Taxi bis zum Flughafen fahren, das sei die kürzeste und preisgünstigste Lösung. Allein der Busfahrer macht keine Anstalten anzuhalten. Erst nach lauten Rufen fährt er an die Seite und gibt auch unsere Koffer heraus. Ein Taxi ist weit und breit nicht zu sehen. Nach hundert Metern kommen wir an einem Hotel vorbei und entschließen uns, hier nach einem Taxi zu fragen. Die junge Dame an der Rezeption bittet uns sofort herein und bietet uns frischen Kaffee und kalte Getränke an, während wir auf das bestellte Taxi warten. Zum Abschied werde ich herzlich umarmt und sie versichert uns, es sei eine Freude für sie gewesen, uns helfen zu dürfen.
Zwanzig Minuten später sind wir am Flughafen. In der Abflughalle stehen Automaten für den Check-In bereit. Jede Gesellschaft ist hier zu finden, nur nicht VivaAir. Am Schalter erklärt uns die unfreundliche Bodenstewardess, dass wir für den Ausdruck der Bordkarte 10 € pro Person zu bezahlen haben. Wir ärgern uns grün, 20 € für zwei lappige Papierstreifen. Dann will sie allen Ernstes noch Gebühren für die kleine Gitarre, die Klaus seit Bali an seinem Rucksack trägt, und die mit uns kostenlos schon um die halbe Welt geflogen ist. Dieses Mal weigern wir uns, und auch noch ein zweites Mal beim Boarding, wo eine Kollegin von ihr noch einmal jedes Gepäckstück der Reisenden in Augenschein nimmt. Eins steht fest: „Niemals mehr VivaAir!“
Kaum haben wir die Flughöhe erreicht, beginnt auch schon der Sinkflug und wir landen pünktlich in Bogota. Unsere Mitreisenden ziehen noch im Flugzeug Winterjacken an. Bogota liegt noch einmal 1150 Meter höher als Medellin (1500 m), und die Temperatur ist etliche Grad kälter. Da sind wir doch weniger kälteempfindlich und trauen uns bei 17 Grad im T-Shirt nach draußen.
Unser gebuchtes Hotel liegt im Altstadtviertel Candelaria, im Südosten der 9 Millionen-Stadt. Die numerischen Straßenbezeichnungen sind so wenig eindeutig, das der Taxifahrer den Weg erst findet, als Klaus ihn per Handy durch die Straßen navigiert.
Candelaria ist schon bergig, aber direkt dahinter ragen die Felsen des Cerro de Monserrate bis auf 3.153 Meter steil in die Höhe.
Auf dem Gipfel steht ein Kloster, das man per Seil- oder Standseilbahn – sportliche oder pilgernde Menschen laufen bergauf – erreichen kann. Das würde mir nicht im Traum einfallen, aber die Seilbahn ist schon ein Überlegung wert, vor allem weil man von oben einen Blick auf die unglaublich steile Standseilbahn Schweizer Bauart mit einer Steigung zwischen 39 und 80,5 % hat. Doch zuerst bleiben wir mal auf dem Boden.
Am nächsten Tag machen wir einen Besuch im Goldmuseum. In vielen Ländern gibt es Museen, die dem Edelmetall gewidmet sind, doch das von Bogota soll mit 55.000 Ausstellungsstücken die umfangreichste Sammlung haben. Deshalb haben wir in San José/Costa Rica auch auf den Besuch des dortigen Goldmuseums verzichtet.
Das Mueso del Oro wurde 1939 von der kolumbianischen Staatsbank gegründet, um das archäologische Erbe des Staates zu schützen. Der Eintrittspreis ist mit 8.000 COP (2,15 €) ausgesprochen niedrig. Wir leihen uns noch zwei Audioguides, die in englischer Sprache Erläuterungen zu den verschiedenen Objekten geben. Gezeigt werden auch Stücke aus Silber, Kupfer und Platin und nichtmetallische Gegenstände. Außerdem erfährt man etwas über die Herstellung der ausgestellten Stücke
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Wir sehen aus Gold gearbeitete winzig kleine und ziemlich große Gegenstände. Hals-, Kopf- und Ohrschmuck, Ziernadeln, Brustplatten und Armreifen, fantastische Masken und Gegenstände, die Schamanen für rituelle Zeremonien verwendet haben, z.B. Behälter für Rauschmittel. Das Prunkstück der Ausstellung ist ein kleines filigran gearbeitetes Floß mit Figuren. Wenn man darüber nachdenkt, dass die spanischen Eroberer tonnenweise Goldschätze geraubt und sie später in ihrer Heimat eingeschmolzen haben, könnte man weinen.
Im Museums-Café wird nur Kaffee von einer einzigen Farm angeboten. Man wählt aus verschiedenen Röststufen aus und die Zeremonie beginnt auf dem Tisch mit einer speziellen Kanne. Eindrucksvoll, aber das Ergebnis sieht nach Blümchenkaffee aus. Total überrascht stellen wir fest, dass man von der Farbe nicht auf den Geschmack schließen darf.
Direkt gegenüber vom Museum steht die von außen unscheinbare Kirche, Iglesia de San Francisco, die zwischen 1557 und 1621 erbaut wurde. Die Überraschung wartet im Inneren. Der Altarraum ist so überreich mit Gold ausgestaltet, dass das Goldmuseum dagegen verblasst. Fotografieren ist leider verboten.
In der Fußgängerzone gibt es immer was zu sehen, Musiker, Verkäufer, Geschäfte, man weiß überhaupt nicht, wohin man zuerst schauen soll. Unter all dem Schauen erreichen wir die riesige Plaza de Bolivar, das Herz Candelarias mit dem Standbild des Nationalhelden Simon de Bolivar.
Taubenschwärme laufen hier herum und erheben sich nur widerwillig in die Luft, wenn man zwischen ihnen hindurch läuft. Alle machen einen gut genährten Eindruck und die Einheimischen kaufen auch fleißig Futter, damit es den Tierchen an nichts mangelt. Rund um den Platz liegen die Kathedrale, der Justiz-Palast, das Nationalkapitol und das Rathaus. Ein Serie von Aufstellbildern zeigt, wie sich Bogota in den nächsten Jahren entwickeln soll.
Mit der Transmillenio, einer Buslinie deren Fahrzeuge auf einer eigenen Spur fahren, gibt es schon ein fortschrittliches Transportmittel für die Allgemeinheit, das auch sehr stark frequentiert wird. Es soll aber noch eine Metro nach dem Vorbild Medellins hinzukommen. Das Verkehrsaufkommen in dieser Stadt ist auch wirklich unglaublich. Obwohl die lange Nord-Süd-Verbindung 10-spurig ist, reicht es nicht aus, um fließenden Verkehr zu gewährleisten. Allein die Anzahl der Taxen in der Stadt. Die gelben Autos – oft gasbetrieben – fallen überall auf. Die überwiegende Mehrzahl der Pkws ist japanischer, koreanischer oder amerikanischer Herkunft. Renault ist die einzige europäische Marke, die stark vertreten ist. Hauptsächlich sieht man die Modelle, die bei uns unter der Marke Dacia vertrieben werden. Diese Fahrzeuge werden in Kolumbien gefertigt. Aber auch uns unbekannte Modelle aus China und Indien rollen über die Straßen.
Jeden Morgen erfreuen wir uns an den Bildern im Treppenhaus unseres Hotels, die die heimische Tierwelt zeigen. Einige sind erst mit Bleistift auf der weißen Wand skizziert, und als wir sehen, dass das Faultier gestern fertiggestellt wurde, ist unsere Freude groß. Wir fragen nach dem Künstler und erfahren, dass er auch für viele Bilder an den Fassaden der Altstadt verantwortlich ist.
So eingestimmt, wollen wir heute noch einmal Botero einen Besuch abstatten. In der Altstadt steht das Botero-Museum, in dem vom Künstler gestiftete Gemälde ausgestellt sind.
Wir entdecken außer seinen eigenen Bildern auch viele Werke bekannter europäischer Maler, Picasso, Pissaro, Renoir, Matisse, Nolde und Kokoschka, um nur einige zu nennen. Im begrünten Innenhof wachsen neben den vielen exotischen Pflanzen sogar Vergissmeinnicht.
Auf Empfehlung einer reiselustigen Bekannten besuchen wir noch das Museo Colonial. Eine Ausstellung mit Bildern und Skulpturen aus der Zeit der spanischen Eroberung in einem schönen Gebäude.
In der Calima Shopping Mall ist am Sonntag ein unglaublicher Betrieb. Wir können kaum glauben, dass vor den meisten Restaurants lange Menschenschlangen stehen, die geduldig warten, dass ein Tisch frei wird und sie irgendwann auch essen können. Das kann doch kein normaler Sonntag sein. Erst später lesen wir, dass heute Vatertag ist. Offenbar ziehen hier die Männer nicht mit alkoholischen Getränken los, sondern führen an dem Tag ihre Familie aus. Leider gibt es hier kein Restaurant der Crepes & Waffles Guppe. Wir haben schon öfter in einer der Filialen sehr gut gegessen. Das ist eine kolumbianische Erfolgsgeschichte. Zwei Studenten eröffneten 1980 in Bogota ein winziges Lokal im Stil einer französischen Creperie. Sie verwendeten von Anfang an nur erstklassige Zutaten. Das Konzept ging auf und heute existieren über 100 Filialen, davon 84 in Kolumbien. Die Kokos- und die Limetten-Minz-Limonaden haben Suchtpotential. Doch selbst wenn es hier ein Restaurant gäbe, kämen wir bei dem Andrang heute bestimmt nicht hinein. An einer kleinen Imbissbude bekommen wir etwas zu essen, ohne anstehen zu müssen. Eine Etage unter uns sitzen Menschen auf Sitzsäcken und Stühlen und verfolgen auf einer Großleinwand ein Fußballspiel.
Viele Frauen in Kolumbien mögen ihre Kleidung hauteng. Jeans und Leggins müssen schon stabil gearbeitet sein, um jede Bewegung gefahrlos mitzumachen. Die knappen Oberteile entblößen mehr, als sie verhüllen, und als Kleid trägt Frau gern eine Art Körperstrumpf, gerade den Po bedeckend und bevorzugt in leuchtenden Farben. Eins wird uns dabei klar, sollte Botero vom Schaffensdrang übermannt werden, an Modellen herrscht kein Mangel.
Mit einem Besuch des Klosters auf dem Monserat wird es nun doch nichts mehr, aber vielleicht kommen wir ja irgendwann noch einmal hierher.
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