Cartagena, Karibikstrand und Minca (Kolumbien)

Am internationalen Flughafen Panama müssen Passagiere selbst tätig werden, Bord-Karte und Kofferband druckt man sich selber aus und geht damit zum Schalter. Nur eine gute Stunde dauert der Flug von Panama in die Hafenstadt Cartagena in Kolumbien. Das erste Mal seit Jahren erleben wir wieder, wie sich die Anspannung der Passagiere nach der Landung in lautem Klatschen löst. Endlich wieder festen Boden unter den Füßen, ein Hoch auf den Piloten.

Dieser Flughafen ist noch nicht voll automatisiert, Gangway und Bus statt Rüssel. Bei der Einreisekontrolle wird zwischen Kolumbianern und Ausländern unterschieden. „Kolumbianer?“ „Nein.“ „Dann bitte dort entlang.“ Doch hier kassieren wir einen Rüffel. Streng werden wir gemustert und angeherrscht,dass wir uns falsch angestellt hätten. Widerspruch zwecklos. Wir bekommen trotzdem unseren Einreisestempel von dem mürrischen Grenzbeamten.

Das Gepäck kreiselt schon auf dem Laufband und ruck-zuck sind wir draußen und sitzen im Taxi.

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Wir fahren am Meer entlang, wo sich heute am Sonntag viele Menschen am karibischen Strand aufhalten. Hier gibt es kleine U-förmige Stoffhütten statt Sonnenschirmen.

Das Taxi kann uns nicht direkt zum Hotel bringen, weil sonntags das Viertel Getsemani, das direkt an das historische Viertel grenzt, für Autos gesperrt ist. Der Fahrer deutet wage in eine Richtung und wir ziehen los und biegen um die nächste Ecke.

Hier wäre er auch garantiert nicht durchgekommen. Mitten auf der Straße haben die Anwohner ein quadratisches Planschbecken aufgestellt. Frauen liegen bequem im Wasser, während die Kinder um sie herumwuseln und sich gegenseitig nass spritzen, die Mütter bleiben dabei völlig gelassen.

Die Häuser zeigen nach außen ihre abweisende Seite. Sie grenzen direkt an den Bürgersteig und sind in verschieden Farben gestrichen, viele sind auch mit bunten Bildern geschmückt oder blühenden Bougainvilleen berankt. Die Fenster sind zur Straße mit Holzgittern gesichert. Als wir die hohe massive Holztür zu unserem Hotel öffnen, sehen wir sofort den schönen begrünten Innenhof.

Die interessantesten Ecken der Millionenstadt können wir zu Fuß erreichen. Im Land des Kaffees müssen wir natürlich sofort ein Café aufsuchen und bekommen wirklich einen sehr aromatischen starken Kaffee vorgesetzt.

Der nächste Geldautomat ist in der Nähe des Castillo San Felipe zu finden. Die mächtige Festung thront auf einem Hügel und wurde kurz nach der Stadtgründung 1533 errichtet. In Cartagena lagerten große Mengen Gold und Silber, die alle möglichen Menschen in ihren Besitz zu bringen versuchten. Die Festung hat ein ausgeklügeltes Tunnelsystem, das den Bewohnern Rückzugsmöglichkeiten und Verstecke bot und für Eindringlinge ein gefährliches Labyrinth war, in dem sich nicht wenige verirrten. Die Festung schützte die mit einer imposanten Mauer umgebene Stadt Jahrhunderte lang vor Eindringlingen.

Die Statue in der Nähe des Eingangs zeigt Admiral Blas de Leo, dem es 1741 gelang, mit 3.000 Mann und 6 Schiffen einen Angriff der Engländer mit 23.000 Mann und 186 Schiffen abzuwehren. Das allein ist schon beeindruckend, denn Blas de Leo war quasi ein halber Mann: einäugig, einbeinig und einhändig!

Die Altstadt innerhalb der 13 Kilometer langen und über 400 Jahre alten Mauer gehört zu den schönsten Kolonialstädten Südamerikas und ist UNESCO Weltkulturerbe. Die an manchen Stellen 30 Meter breite Mauer besitzt fenstergroße Nischen an der Außenseite, in denen tagsüber die Liebespärchen turteln und nachts die Obdachlosen schlafen. Auch Spaziergänge auf der Mauerkrone sind beliebt.

Das Haus von Gabriel Garcia Marques, dem größten Schriftsteller des Landes, ist auch innerhalb der Mauer zu finden. Natürlich erkunden auch wir die Altstadt und ja, sie ist schön und nein, richtig wohlgefühlt haben wir uns hier nicht. Was schön ist, zieht Touristenmassen an und damit beginnt auch schon der Teufelskreis. Pferdekutschen, Taxis und Lieferfahrzeuge quetschen sich durch die engen Straßen. Wenn ein Kreuzfahrtschiff anlegt, fluten tausende zusätzliche Touristen die engen Gassen.

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Am Hafen erscheinen wie aus dem Hut gezaubert als Sklaven verkleidete Menschen mit Ketten an den Beinen und Frauen in karibischer Tracht, um sich gegen Geld fotografieren zu lassen. Dazwischen laufen immer wieder Männer herum, die ein gelbes Plakat mit einer riesigen Ameise (?) herumtragen. Unzählige Verkäufer bieten Sonnenbrillen, Sonnenhüte, Kleidung, Uhren, Schmuck etc. an. Wir finden es nervig, kaum ist der erste Hutverkäufer erfolglos abgezogen, steht schon der nächste vor uns. Das zieht sich durch die gesamte Altstadt. Wir sind so mit abwimmeln beschäftigt, dass es unsere Besichtigungsfreude trübt. Man kann nicht vor einem Schaufenster stehenbleiben und sich die elegante Kleidung, Kunstgewerbe oder Smaragdschmuck anschauen, ohne dass man fast am Arm in den Laden gezogen wird. Unmöglich an einem Lokal vorbei zu kommen, ohne dass man eine Speisekarte vor die Nase gehalten bekommt.

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Und es dauert lange, bis es gelingt, die Statue der ruhenden Dame von Botero zu fotografieren, ohne das jemand mit der Hand auf ihrem Busen – wie originell – darauf wartet, abgelichtet zu werden.

Eine Stadtrundfahrt bringt uns auch in weiter entfernte Viertel, Boccagrande zum Beispiel, die Halbinsel mit den modernen Hotels. In einem von ihnen hat sogar mal US-Präsident Clinton genächtigt, darauf ist man hier sehr stolz. Der Stadtteil Manga ist der bevorzugte Wohnort der Reichen und Wichtigen von Cartagena und in San Francisco leben die Armen, die mit allen möglichen Verkäufen oder mit Betteleien ihren Lebensunterhalt verdienen.

Wir sind auf der Suche nach einer Landkarte von Kolumbien. Im Einkaufszentrum nahe der Festung gibt es eine Buchhandlung, aber Landkarten werden dort nicht verkauft. Die Verkäuferin und alle, die wir sonst noch fragen, haben auch keine Ahnung, wo es so etwas geben kann. In Boccagrande steht das größte und modernste Einkaufzentrum der Stadt. Hier gibt es nicht mal eine Buchhandlung. Wir werden auf den Centenario Park verwiesen, in dem Antiquariate dicht an dicht stehen, prall gefüllt mit alten Büchern.

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Aber auch hier bekommen wir das Gewünschte nicht. Offenbar wird in Kolumbien nicht viel gelesen, und wer braucht schon Landkarten.

Getsemani gefällt uns unglaublich gut. Das quirlige Viertel wirkt authentisch, denn hier leben noch viele Einheimische. Überall gibt es Street-Art zu bewundern und jeden Abend versammeln sich Bewohner des Viertels und Touristen auf dem halbrunden Platz vor der Holy-Trinity-Kirche und genießen kostenlose Musik- und Tanzdarbietungen.

viele kleine Gassen

überall Wandmalereien

Regelmäßig finden sich auch Händler ein und bieten Obst, Schmuck, Textilien und die unvermeidlichen Hüte an.

Wir wollen eine Woche am karibischen Meer östlich von Cartagena ausspannen und nehmen einem Shuttlebus der über Barranquila und Sant Marta dorthin fährt. Hinter der großen Hafenstadt Barranquilla (Geburtsstadt der Sängerin Shakira) führt die Straße über eine Nehrung. Zur Seeseite hin gedeihen unzählige imposante Kakteen, doch der Blick zur Lagune hin zeigt inmitten von Müllbergen die erbärmlichsten Elendsquartiere, die wir bisher auf dieser Reise gesehen haben.

Kilometerlange Bananenplantagen sind links und rechts der Straße zu sehen. Unser Ressort, das zu Beginn der Regenzeit mit dem unschlagbaren von Argument 79 % Rabatt überzeugt,  liegt östlich vom Tayrona Nationalpark am Strand, 1,5 Kilometer von der Hauptstraße entfernt. Verstreut auf einem riesigen Grundstück stehen einige Bungalows, etliche Kokospalmen, Bäume und blühende Sträucher. Eine Woche lang nur faulenzen, schwimmen, spazieren gehen und lesen.

Aus dem Schaukelstuhl und der Hängematte auf der Terrasse können wir Tiere beobachten. Kolibris holen Nektar aus den Blüten, Geier rasten in den Palmen, Eichhörnchen jagen sich, Schildkröten spazieren gemächlich über den Sand und abends hüpfen große Kröten über die Wege. Hunde und Katzen leben auch auf dem Grundstück und sitzen bei den Mahlzeiten neben uns, in der Hoffnung auf milde Gaben.

Während dieser Woche treffen wir andere Langzeitreisende. Das ist immer eine gute Gelegenheit, sich auszutauschen, z.B. zum Thema Ansichtskarten. Nicht nur wir haben vergeblich danach gesucht. Emma aus Frankreich weiß auch die Erklärung, das Porto ist so hoch, dass kein Mensch welche verschickt. Ihre Freundin aus Paris wollte dem zurückgebliebenen Freund dann wenigstens einen Brief senden. Das Porto in Höhe von 80 US$ brachte ihren ganzen Monatsetat durcheinander.   

Außer Text zu schreiben, kann ich nicht am Blog arbeiten, das Internet ist grottenschlecht, von den Stromausfällen ganz zu schweigen.

Ein kratzendes Geräusch bei unseren Koffern alarmiert uns eines Abends. Klaus vermutet ein großes Insekt, ich etwas viel Größeres. Respektvoll nähern wir uns der Stelle, ziehen vorsichtig einen Koffer an die Seite und sehen uns einer großen blauen Landkrabbe mit wehrhaft erhobener Schere gegenüber.

Mit Hilfe des Regenschirms, der zu jedem Bungalow gehört, scheucht Klaus sie durch den aus Koffern und Rucksäcken gebildeten Gang nach draußen.

Diese Krabben leben zu Hunderten in der dunklen Erde um das Grundstück, aber auch auf dem Sandboden läuft hin und wieder eine vorbei.

Ein Krokodil wohnt in dem Bach vor dem Grundstück. Hotelgäste zeigen uns ein Foto davon. Leider haben wir kein Glück, trotz mehrfacher Besuche zeigt es sich uns nicht.

Vom Meer aus fahren wir in die Berge. Den Tayrona Nationalpark, der wunderschöne Strände hat, und den wir eigentlich besuchen wollten, haben wir nicht betreten. Warum viereinhalb Kilometer durch den Urwald laufen, wenn wir hier den Strand vor der Haustür haben.

Der Ort Minca liegt auf 600 Metern Höhe, 15 Kilometer südlich der Küstenstadt Santa Marta. Andreas, den wir in San José trafen, hat uns von der Natur vorgeschwärmt. Minca liegt auch wirklich wunderschön, ist aber längst kein Geheimtipp mehr.

Der Fluss, der über dicke Felsen plätschert, lockt uns nicht zum baden. Wir haben verschiedene Gräben gesehen, die hineinfließen, und die nicht gerade gut riechen. Auf einem Spaziergang in die Berge treffen wir Borris und Anna aus Hamburg, denen es hier so gut gefällt, dass sie ein Haus gemietet haben und zum Hostel ausbauen. Viele Reisende haben vor ihnen auch nach Möglichkeiten gesucht, sich hier etwas aufzubauen. Deshalb gibt es inzwischen Yogaschulen, Handarbeitskurse und kleine vegane oder vegetarische Lokale.

Nachdem es gestern den ganzen Tag geregnet hat, wollen wir heute eine Wanderung zu den Kaskaden machen. Der Weg ist noch richtig schlammig, hier ist nur die Hauptstraße betoniert. Merkwürdigerweise kommen nach 1000 Metern Matschweg 50 Meter perfekt gepflasterte Strecke. Danach geht es mit Pfützen weiter.

Wir bestaunen den ca. 30 Meter hohen Bambus. Ich habe Bambus immer nur mit Asien in Verbindung gebracht. Dass er auch in Mittel- und Südamerika so häufig anzutreffen ist, überrascht mich. Leider müssen wir nach gut zwei Kilometern abbrechen, die Steigung bringt mich bei über 30 Grad völlig außer Puste. Aber auf der Terrasse unseres Hostels ist es auch schön. Rundherum ist alles üppig grün. Direkt gegenüber stehen einige der unzähligen riesigen Mangobäume. Sie hängen so voller Früchte, dass man komplette Markthallen mit Mangos beliefern könnte, wenn sich nur alle ernten ließen.

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der ist noch jung (der Baum)

Die Bäume können 35 Meter hoch werden und 300 Jahre lang Früchte tragen. Auf unserer Reise haben wir tausende Mangobäume gesehen. Wenn sie voller Früchte sind, die an ca. 30 cm langen Stilen hängen, denkt man an mit Ostereiern geschmückte Bäume. Unreif sind sie grün, später gelb, orange oder rot. Neben dem Weg liegen die herunter gefallenen Früchte bergeweise herum und gammeln vor sich hin.

Und nun steht die Weiterreise nach Medellin an. Eigentlich wollen wir unterwegs nur per Bus, Bahn oder Schiff reisen, aber uns wurde erzählt, dass die Fahrt statt der genannten 15 Stunden um einiges länger ist. Ganze 25 Stunden waren Reisende unterwegs. Das würden wir niemals ohne Zwischenübernachtung machen. Die Kosten für Bus und Übernachtung sind genauso hoch, wie die für den Flug. Im Stundentakt heben die Maschinen nach Bogota oder Medellin in Santa Marta ab. Das ist wesentlich angenehmer, als zwei Tage lang im Bus zu sitzen und weitere zwei Tage mit schmerzenden Knien herumzulaufen, weil die Sitzabstände im Bus enger als in jedem Flieger sind.

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