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Heute heißt es „Good bye, Belize.“ Das Boot soll um 14 Uhr den Hafen in Punta Gorda verlassen. Pünktlich finden wir uns am umzäunten Gelände ein. Ein paar Touristen warten bereits. Nach ca. 30 Minuten werden wir zum Ausreiseschalter gewunken. Um 80 Belize $ ärmer aber mit je einem neuen Stempel im Pass warten wir auf das Boot. Die Zeit verrinnt, wir stehen am Pier und nach und nach kommen weitere Passagiere hinzu. Ein Pick-up lädt 44 Kartons mit gezuckerter Kondensmilch ab, ein Boot aus der Gegenrichtung legt an, und dann dürfen wir unser Boot besteigen. Es ist rundherum offen, aber wenigstens ein Sonnendach ist vorhanden. Rettungswesten werden ausgeteilt, dann geht es los.
Bei zwei Meter hohen Wellen ist es ganz schön hart, wenn das Boot in ein Wellental knallt. Schwarze Plastikplanen werden verteilt, damit man sich vor dem Spritzwasser schützen kann.
Immer wieder treffen wir auf breite Streifen von Braunalgen. Erst kurz vor der Küste von Guatemala verschwinden sie plötzlich. Nach dem wilden Ritt legt das Boot nach ca. einer Stunde in Livingston an. Diese Stadt ist nur auf dem Wasserweg zu erreichen, es gibt keine Straßenverbindung zu anderen Städten.
Nach der Ankunft das übliche Gewimmel. Tuctuc-Fahrer (ja, hier werden sie mit „C“ geschrieben) wollen gleich die Gäste einsammeln, aber bei den Touristen haben sie noch kein Glück. Erst einmal müssen wir die Einreiseformalitäten erledigen. Bergauf und ca. 100 Meter weiter an der linken Seite liegt das Imigration-Office. Vermutlich hat man hier vor kurzem auf elektronische Datenerfassung umgestellt. Der Beamte hinter dem Schalter müht sich zehn Minuten mit dem ersten Pass ab, legt ihn auf einen Scanner, drückt Tasten und wird immer hektischer. Schließlich trägt er die Daten per Hand in ein Formular ein, haut seinen Stempel in den Pass und atmet erleichtert auf. Danach geht alles ganz schnell, diese Vorgehensweise ist er gewohnt und erledigt sie mit jahrelanger Routine.
Nun kommt auch ein Tuctuc-Fahrer zu seinen Fahrgästen. Vier Kilometer sind es bis zu unserem Hotel, lässt er uns wissen und knattert los. Bergauf und bergab geht es. Wir können kaum glauben, dass diese Gefährte es schaffen, voll beladen die nächste Steigung zu erklimmen. Doch mit einem letzten Schnaufer nimmt es dann doch die letzten Meter bis zur Kuppe. Ein langes gerades Stück Strecke folgt. „La Pista,“ erklärt der Fahrer stolz. Das war die Start- und Landebahn für Militärflugzeuge. Danach ist Schluss mit lustig, jetzt geht es über ein Schotterpiste mit Löchern und Steinen in der Größe von Straußeneiern. Wie schon bei der Bootsfahrt beißt man am besten die Zähne zusammen um nicht mit blutiger Zunge anzukommen. Umsichtig kurvt der Fahrer um die größten Schlaglöcher und die entgegen kommenden Kollegen tun es ihm gleich. Was für ein Glück, dass alle so gute Bremsen haben.
Als er an einer Flussmündung anhält, können wir nicht glauben, dass das unser Ziel sein soll. Und wo bitte ist unser Hotel? Hilfsbereite Menschen deuten eifrig auf die gegenüber liegende Seite. Also los, ein Schräge hinauf, über die schwankende Hängebrücke und auf der anderen Seite wieder eine Schräge hinunter.
Dann noch 300 Meter am Strand entlang und „schon“ sind wir da. Ein kleines Ressort am Strand mit einzelnen Häuschen und zweigeschossigen größeren Häusern erwartet uns. Wir bekommen eines der Häuschen zugewiesen, die Wände sind aus Rundhölzern, das Dach aus Palmwedeln, die Fensteröffnungen mit Fliegengitter versehen. Vier Betten und ein halbhohes Schränkchen sind die einzigen Einrichtungsgegenstände. Aber wir haben ein eigenes Badezimmer.
Das Meer hat genau die richtige Temperatur. Auch nach über einer Stunde beginnt man nicht zu frösteln. Herrlich, auf dem Rücken zu liegen und den Seevögeln zuzuschauen. Pelikane und Fregattvögel gleiten häufig in nur wenigen Metern Höhe über die Wasseroberfläche.
Um eine SIM-Card zu kaufen und Bargeld zu holen lassen wir uns wieder nach Livingston fahren. Rund 18.000 Einwohner zählt die Stadt und die setzen sich aus Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und Herkunft zusammen. Eine sympathische und hübsche Stadt, die wir nach drei Tagen verlassen.
Wieder steht uns eine Bootsfahrt bevor. Livingston liegt an der Mündung des Rio Dulce. Auf diesem Fluss werden wir ins Landesinnere fahren.
Das Boot hat dieselbe Größe, wie das mit dem wir von Belize gekommen sind. Anfangs ist der Fluss höchstens 50 Meter breit und die Fahrt verläuft angenehm ruhig. Links und rechts an den Ufern sitzen Mengen von Reihern und Kormoranen in den Bäumen. Auch Pelikane haben hier ihr Brutgebiet. Nach und nach wird der Fluss bis zu 200 Meter breit und damit auch welliger und die Fahrt ruppiger. Am Ufer sind hin und wieder kleine Hotels auszumachen. Die Landschaft ist herrlich, im Hintergrund die Berge, links und rechts üppiges Grün und wir mitten im klaren blauen Wasser. Viel zu schnell haben wir die 40 Kilometer hinter uns gelassen und kommen in Frontera Rio Dulce an. Wir steigen direkt in ein Wassertaxi und lassen uns zu einer kleinen Lodge an einem Seitenarm des Rio Dulce bringen, die nur per Boot zu erreichen ist.
Eine Woche werden wir hier im Naturschutzgebiet verbringen. Vom Bootssteg aus kann man direkt ins Wasser springen.
Kajaks liegen bereit, um die Nebenarme zu erkunden, und abends genießen wir die Kochkunst von Liesel, der Besitzerin. Sie hat fast alle Plastikartikel aus diesem kleinen Hotel verbannt. Als Trinkhalme werden Makkaroni verwendet. Die benutzten bekommen Fische oder Vögel. Morgens ab vier Uhr geben die Brüllaffen Konzerte. Sie müssen direkt auf dem Baum vor unserem Zimmer sitzen. Wir hören sie häufig, bekommen sie aber nie zu Gesicht.
An einem der Tage fahren wir mit dem Boot zur Stadt. Kurz vor dem Hafen taucht neben unserem Boot ein Manati (Seekuh) aus dem Wasser auf. Das nennt man Glück! Was für ein Betrieb in der Stadt, dicke Lastwagen fahren nicht gerade in Schrittgeschwindigkeit auf der Hauptstraße, auf der links und rechts Marktstände aufgebaut sind. Viel Platz zum Laufen bleibt nicht und man muss höllisch aufpassen. Zum Glück ist es nicht weit, bis zur Abfahrtstelle eines Colectivo (Kleinbus), mit dem wir zum Wasserfall Agua Caliente fahren wollen. Hier wird uns wieder gezeigt, dass ein Bus mit 14 Sitzplätzen viel mehr Kapazität hat. 25 Passagiere zähle ich im Bus. Wie viele auf dem Dach sitzen, kann ich nicht feststellen. Die in Asien verwendeten Kinderhocker als Zusatzbestuhlung scheinen hier noch nicht bekannt zu sein, dafür beherrscht man hier die Kunst, mindestens fünf Passagiere aus der Tür hängend zu transportieren.
Nach ungefähr 30 Kilometern wird uns bedeutet, hier auszusteigen. Sofort stürzen eine Frau und mehrere Kinder mit Kokosnüssen auf uns zu. Sie sind enttäuscht, dass wir nichts kaufen und fragen nach Schreibstiften. Haben wir auch nicht dabei. Der Mann, der die Eintrittskarten verkauft, verscheucht sie. Ein Stück weiter werden Bananenpfannkuchen angeboten. Wir kaufen ein paar und essen sie gleich auf dem Weg.
Nach 10 Minuten sind wir da. Aus 15 Metern Höhe stürzt ca. 60 Grad heißes Wasser in den Fluss. Je nachdem, wie nahe man dem Wasserfall kommt, kann man sich seine Badetemperatur selbst aussuchen. Auch aus dem Boden sprudelt es an manchen Stellen unangenehm heiß. Das ist aber an den aufsteigenden Blasen gut zu erkennen und zu umgehen. Nicht nur, dass man hier bei idealer Temperatur im Wasser sitzen kann, sondern es gibt auch kleine Fische, die nur darauf warten, Hautschuppen abzuknabbern. Nicht unangenehm, aber es kitzelt ganz schön.
Auf dem Rückweg fragt uns ein Mann, ob wir mit dem Colectivo fahren wollen. Dann deutet er auf seine Uhr. Wir sind offenbar spät dran. Er nimmt sich sofort der Sache an und läuft Richtung Straße. Tatsächlich hält der kleine Bus gerade. Wir sind bestimmt noch 200 Meter entfernt, aber hier wartet man auf Passagiere. Und als Belohnung bekommt unser Begleiter vom Busfahrer einen Schein zugesteckt.
Wir sind tatsächlich in einem Chickenbus gelandet. Ich sitze neben zwei Maya-Frauen in landestypischer Tracht, die während der Fahrt ihre Kinder stillen. Eine hat zwei Beutel dabei, aus denen Hühner ihre Köpfe strecken. Empörtes Gegacker, wenn in Kurven der kleine Sohn auf die Beutel fällt. Der Busfahrer hält auf Handzeichen. Eigentlich ist der Bus voll, aber die sechs am Straßenrand wartenden Personen kommen auch noch unter.
Zurück in der Stadt laufen wir auf die Brücke, die an der engsten Stelle des Flusses gebaut wurde. Kurz dahinter beginnt der Lago Izabal, der größte See Guatemalas. Flächenmäßig ist er größer als der Bodensee. Durch den Rio Dulce gibt es eine Verbindung zum Meer. Fluss und Meer werden heute so wie früher als Rückzugsgebiet genutzt. Heute bringen Freizeitkapitäne ihre kostspieligen Motor- und Segelyachten vor Hurrikans in Sicherheit, früher suchte man hier Schutz vor Piraten. Eigentlich wollen wir um 17 Uhr abgeholt werden, aber das klappt heute nicht. Ein paar Whats-App und ein Telefonat später – inzwischen sind eineinhalb Stunden vergangen und es ist dunkel geworden – kommt unser Boot. Die Tochter der Besitzerin feiert heute Hochzeit, da ist die Organisation ein wenig durcheinander geraten. Für die Wartezeit werden wir mit einer Bootsfahrt vorbei an wunderschön gelegenen und beleuchteten Häusern belohnt. Dazu über uns ein wunderbarer Sternenhimmel.