Eigentlich wollten wir hier länger bleiben, aber da so viele Sehenswürdigkeiten für uns unerreichbar sind entschließen wir uns, bereits nach einer Nacht weiter zu ziehen. Auf dem Weg halten wir noch am Warradjan Aboriginal Cutural Centre, einem Museum dass sich mit der ursprünglichen Lebensweise der Ureinwohner befasst. Es ist sehr liebevoll gestaltet, in Erdfarben gestrichen und mit vielen Exponaten anschaulich bestückt. Hier kann sich jeder intensiver mit der Geschichte Australiens und seiner Menschen beschäftigen.
Bei der Weiterfahrt durch den Kakadu-Nationalpark stellen wir immer wieder fest, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben. Zu allen abseits der Hauptstraße gelegenen Sehenswürdigkeiten ist die Zufahrt gesperrt. Es gibt ständig Hinweisschilder auf Krokodile und Pferde, aber sehen lässt sich weder die eine noch die andere Art. Nur die vielen Pferdeäpfel auf der Straße zeigen den Wahrheitsgehalt der Schilder.
Wir verlassen den Park in Richtung Katherine. Zuvor sehen wir eine Empfehlung, die historische Stadt Pine Creek zu besuchen. Der kommen wir gerne nach. Sie ist einfach bezaubernd, als wäre man in einer Filmkulisse gelandet. Fast bin ich enttäuscht, dass die Frauen nicht in langen Kleidern und mit Sonnenhüten herumlaufen. Das Gras ist kurz gemäht und herrlich grün, die Zäune drum herum leuchten weiß in der Nachmittagssonne,
ein Wasserrad dreht sich im leichten Wind und das Laub der dichten Bäume raschelt ganz leise.
Pine Creek ist wie ein Freilichtmuseum, viele Maschinen aus der Zeit der Verlegung der Telegrafenleitung zwischen Darwin und Adelaide, des durch einen Zufallsfund anschließenden Goldrausches, sowie des späteren Eisenbahnbaus stehen noch herum als warteten sie darauf, jeden Moment wieder in Betrieb genommen zu werden. Nur dass der Tankwart Inder ist und uns fragt, ob wir nicht Chicken-Curry bei ihm essen wollen, lässt uns abrupt in die Gegenwart zurückkehren.
Katherine ist als viertgrößte Stadt des Northern Territory eine wichtige Stadt, die Zahl der Einwohner beläuft sich auf ca. 6.000, viele davon sind Aborigines. Die Geschäfte und Shopping-Center haben alle nur eine Etage, wozu auch in die Höhe bauen, Platz ist ja genug vorhanden. Trotzdem wird hier alles geboten, was die Menschen brauchen.Wir biegen auf den Victoria Highway ab und fahren Richtung Westen. Rund 100 Kilometer hinter Katherine finden wir einen kostenlosen Rastplatz, der Toiletten und Wasser hat. Wir parken unseren Camper zwischen zwei hohen Bäume in der Hoffnung auf Schatten am nächsten Morgen. Während Klaus den dort installierten Grill befeuert, wasche ich einen Tisch und zwei Bänke ab. Wir sind mit der Zubereitung des Abendessens beschäftigt, als zwei Autos mit Dachzelt, bzw. Zeltanhänger angefahren kommen und die beiden Paare sich ebenfalls für die Nacht einrichten. Unser Platz liegt abseits des Highway, und während der Nacht hört man hin und wieder einen Roadtrain vorbei donnern. An der Zugmaschine hängen meistens drei, manchmal sogar vier Anhänger. Bei Nacht sind sie durch umlaufende Beleuchtung kenntlich gemacht.
Sobald es dämmert, beginnen die Vögel ihr Konzert. Interessiert beobachten sie, wie wir Frühstück machen, vielleicht fällt ja was für sie ab. Wir sind die Letzten, die den Rastplatz morgens verlassen und setzen unsere Fahrt fort. Die Flüsse, die wir überqueren, haben alle so schöne Namen wie: Mary, Laura, Edith, Mabel, Victoria usw. Jetzt in dieser Jahreszeit führen längst nicht mehr alle Wasser.
Wir überqueren eine Brücke und sehen am linken Straßenrand einen Radfahrer stehen. Da er mit einem Tandem unterwegs ist, muss der Partner/die Partnerin auch irgendwo sein und er wartet wohl gerade auf die fehlende Person. Es ist uns ein Rätsel, wie Menschen solche Anstrengungen auf sich nehmen können. Die Temperaturen im Schatten sind nahe 40 Grad, aber auf der Straße ist kein Schatten. Immer wieder wurden wir gewarnt, bloß nicht länger als 10 Minuten in der Hitze zu laufen und unbedingt 3 bis 4 Liter Wasser täglich zu trinken. Wenn man diese Menge schon bei solch geringer Anstrengung braucht, müssten die Radler eigentlich einen kleinen Anhänger mit Wasserfass mit sich führen.
Die Straße ist ein Highway mit zwei Fahrspuren. Allerdings sind Geschwindigkeiten zwischen 110 und 130 Stundenkilometer erlaubt. Obwohl uns nur alle 5 bis 10 Minuten ein Fahrzeug entgegen kommt, passieren auch hier Unfälle. Zwar sind in der Mehrzahl Tiere betroffen, wir sehen viele tote Kängurus, einige Rinder, einen Hund, ein Opossum und eine Schlange und etliche Vögel. Aber auch Menschen kommen zu Tode, daran erinnern geschmückte Kreuze am Straßenrand. Aber die Straßenbauer haben sich einiges einfallen lassen, damit auf den schier endlosen Strecken keine Langeweile aufkommt. Sei es, dass die beiden Fahrspuren sich zu einer verengen, weil die Brücke nur Platz für ein Fahrzeug bietet. Oder es sind „Grids“ = Gitter mit Querrillen über die Straße gebaut, auf denen die Autos durchgerüttelt werden. Rinder laufen nicht über diese Gitter; sie lassen sich schon durch aufgemalte dunkle Streifen auf dem Asphalt abhalten. Das bedeutet allerdings nur, dass sie ihren Farmbezirk nicht über den Highway verlassen. Dazwischen ist manches Mal eine Vollbremsung nötig ist, weil sie mitten auf der Straße stehen.
Hin und wieder müssen die Straßen auch ausgebessert werden. Sie sind entweder durch die Roadtrains beschädigt oder durch heftige Regenfälle unterspült worden. Der dann einspurige Verkehr wird nicht durch Ampeln, sondern durch „Stopp-„ und „Slow-Man“ geregelt. Die winken den Autofahrern dann als Zugabe noch freundlich zu.
Wir fahren durch eine fantastische Gegend, Tafelberge, Termitenhügel, grüner Bewuchs in allen Schattierungen und Flussläufe mit und ohne Wasser. Obwohl links und rechts der Straße außer Landschaft nichts ist, gibt es wenig Parkplätze. Meistens liegen 50 bis 100 Kilometer Entfernung dazwischen. Einfach am Straßenrand anhalten ist auch selten möglich, deshalb bleiben viele schöne Motive unfotografiert, obwohl wir hart daran arbeiten, unsere Drivies (währen der Fahrt fotografierte Bilder) zu perfektionieren. Das kennen wir von Amerika anders, Hinweise auf Sehenswürdigkeiten oder Fotomotive gibt es schon viele Kilometer vorher, und zu den Sehenswürdigkeiten führen Straßen, die mit jedem normalen Fahrzeugen zu befahren sind.
Auffällig sind kilometerlange verbrannte Flächen links und rechts der Straße. Bei einigen sprießt schon wieder frisches Grün, bei anderen qualmt es noch. Und dann kommen wir an einem Stück vorbei, wo die Flammen hoch ausschlagen. Über der brennenden Fläche kreist ein Schwarm Raubvögel. Hier ist reiche Beute zu machen, flüchtende Kleintiere können vielleicht dem Feuer aber nicht den scharfen Schnäbeln und Krallen entgehen. Fast könnte man glauben, die Vögel haben inzwischen gelernt, Feuer zu legen. In den nächsten Tagen sehen wir: Irgendwo qualmt es immer. Und um die Menschen zu sensibilisieren, gibt es auch dafür extra Schilder, die in jeder Region über die aktuelle Waldbrandgefahr informieren.
Aus unserem Atlas haben wir uns einen Rastplatz namens Zebra Rock Mine ausgesucht. Er liegt 14 Kilometer abseits des Highway, 6 Kilometer davon auf unbefestigter Straße. Gemäß Vertrag mit unserer Mietwagenfirma dürfen wir bis zu 13 Kilometer auf einer solchen Straße fahren, um einen Campingplatz oder eine Sehenswürdigkeit zu erreichen. Dieser Platz bietet beides, die geologische Besonderheit dieser Region ist weltweit einzigartig. Milliarden Jahre altes Gestein wurde durch Druck und Wärme (Metamophose) mit eisenhaltigen Ablagerungen verbacken und ließ fantastische Muster entstehen. Die Besitzer des Platzes fertigen wunderschöne Schmuck- und Dekorationsstücke daraus.
Soweit ab von irgendwelchen Ansiedlungen ist der Sternenhimmel in der Nacht die einzige Beleuchtung. Ein wunderschöner Platz mit besonderer Atmosphäre.