Rangun, Yangon, Rangoon (Myanmar)

Um 3.45 ist unser Taxi da und wir unterhalten uns mit dem Fahrer angeregt während der einstündigen Fahrt zum Flughafen. Er bestätigt unseren Eindruck des friedlichen Miteinanders in Kuala Lumpur und erzählt uns vom angenehmen Leben in der Stadt und im Land.
Mit einem satten Plopp landet der Leatherman in der Box für konfiszierte Gegenstände am Sicherheitscheck. Wie ärgerlich, Klaus hatte ihn im Rucksack vergessen. Das teure Multitool liegt nun zwischen ein paar gefährlichen Nagelscheren. Das tut weh. Dann kann der Flieger nicht starten, weil 5 Passagiere fehlen, deren 7 Koffer bereits eingeladen sind. Nach einer Stunde ist es soweit, und nach 2 ½ Stunden Flugzeit landen wir in Myanmar. Es gibt bei der Einreisekontrolle Schalter für Einheimische (sehr voll), Asiaten (weniger voll) und andere Fremdlinge (gar nicht voll). Unser vorher beantragtes Visum wird kontrolliert und abgestempelt, unsere Fingerabdrücke werden gescannt, und wir sind ganz schnell durch die Kontrolle. Die Koffer sind auch schon auf dem Gepäckband. Das war mal eine flotte Einreise. Wir ziehen Geld am Bankautomaten und haben für 220 Euro 300.000 Kyatt in der Hand. Hier kann man wirklich schnell Millionär werden. Am Schalter für die SIM-Karten lauern schon die Schlepper, die uns mit dem Taxi zu überhöhten Preisen in die Innenstadt fahren wollen. Wir hatten allerdings vorher gelesen, dass vor dem Flughafengebäude ein offizieller Schalter ist. Dort sagt man wohin man will, Entfernung und Preis werden ausgerechnet und man bekommt einen Voucher. Der Taxifahrer muss einen dann zu diesem Festpreis ans Ziel bringen. Die Preise sind deutlich niedriger als die in der Ankunftshalle genannten.
Unsere Unterkunft ist ein Hostel in der Nähe der Sule Pagode,
DSC09610und mitten im quirligen Leben Ranguns. In einem in der Nähe gelegenen japanischen Café gehen wir frühstücken und laufen durch die Gassen. Der erste Eindruck ist beklemmend. Es gibt moderne Restaurants, aber auf der Straße sind jede Menge Klein- und Kleinstgarküchen.
DSC09629Hier werden Pfannkuchen gebacken, Nudelnester frittiert, Wachteleier gebraten, Schweineinnereien gedämpft und da wird geschältes Obst verkauft. Und sowohl Köche als auch Kunden hocken auf Kinderstühlen und –hockern an Kindertischen. Der Abfall landet direkt im Rinnstein und hier mischen sich köstliche mit fauligen Gerüchen. Interessant zu sehen, wir würden auch gern verschiedenes probieren, aber erstens trauen wir der Tragkraft der Hocker nicht, zweitens finden wir das Drumherum nicht so appetitlich. Wir essen in einem der modernen Restaurants und schauen uns das Leben und Treiben danach weiter an.
DSC09608Die Häuser müssten fast alle dringend renoviert oder zumindest gestrichen werden. In dem Klima schreitet der Verfall rasch voran, und wenn nicht ständig etwas repariert oder verschönert wird, wirken die Gebäude schon nach 2 Jahrzehnten völlig heruntergekommen.
P1070662Die meisten Frauen und Männer tragen Longyis, die knöchellangen Wickelgewänder. Bei Männern sind sie zu einem Schlauch zusammengenäht, bei Frauen offen.
DSC09591Bei vielen sehen wir Thanaka, die gelbe Gesichtsbemalung. Sie wird aus Stämmen des Holzapfelbaumes mit Reibesteinen gewonnen, mit Wasser verrührt und zum Schutz vor Sonne und zur Pflege der Haut mehr oder weniger sorgfältig aufgetragen.  

DSC09743
DSC09638

Geschäftchen in Hülle und Fülle sind hier vorhanden. Wieder geordnet nach Artikeln. Hier Elektrokabel und Sicherungen, dort Kochgeschirr, da drüben Werkzeug, und in unserer Straße Papier für alle Zwecke. Offenbar gibt es auch noch Schreiber, die im Auftrag Briefe mit der Hand schreiben. 

Die Wasserspender finden wir lustig und merkwürdig zugleich. Meistens stehen drei nebeneinander, aus Ton oder Plastik. Obendrauf liegt eine Tasse und das funktioniert dann so. Ein durstiger Mensch kommt, nimmt die Tasse und zapft oder schöpft Wasser, trinkt und stellt die Tasse dann wieder an den vorherigen Platz….
DSC09626Die elektrischen Leitungen erzählen auch eigene Geschichten. Wenn man sieht, wie viele Leitungen provisorisch an eine Hauptleitung angeklemmt werden, denkt man sofort an illegale Strombezieher.
DSC09613Wir sehen gegenüber der Sule Pagode einen Obelisken mitten in einem Park und setzen uns mit einem Fruchtsaft zu den vielen Menschen, die dort den Abend verbringen. Kinder toben auf dem Rasen herum, Liebespaare hocken nebeneinander, Familien machen Picknick. Eine schöne Atmosphäre.
Der nächste Tag steht unter dem Motto „religiöse Stätten“. Als wir zur alten Synagoge laufen hören wir Musik und sehen wir eine kleine Menschenmenge. Dazwischen bewegt sich etwas Dunkles.  

Wir denken an ein Tier, aber als wir freie Sicht haben, erkennen wir dass zwei Männer in einem Stierkostüm zur Musik tanzen. Zwischen die Hörner wurden Schnüre gespannt und die Menschen stecken Geldscheine dazwischen. 

Später sehen wir den völlig „erschöpften“ Stier vor dem chinesischen Tempel wieder. Inzwischen sind wir hungrig und setzen uns vor ein etwas größeres Lokal, weil es Stühle für Erwachsene hat. Links am Eingang hängen Plastiktüten mit Essensresten. Vermutlich können sich arme Leute hier etwas abholen, zumindest haben wir es in Sri Lanka so erlebt. Wir werden aufgefordert uns hinein zu setzen, was sich als richtig herausstellt; denn kaum steht unser Essen auf dem Tisch, geht ein Wolkenbruch nieder, wie es ihn nur in den Tropen gibt. Auf der anderen Straßenseite beobachten wir einen Mann, der diesen Regen als Dusche nutzt. Das Wasser sammelt sich in einer aufgespannten Markise und schießt in dichtem Strahl an einer Seite herrunter. Darunter steht er mit nacktem Oberkörper, seift Haut und Haare ein und spült die Seife wieder ab. Und weil es noch immer regnet, kann er anschließend auch noch eine kleine Wäsche machen.
Wir sind nicht weit vom Yangon Fluss – einem Seitenarm des Irrawaddy – entfernt und wollen da natürlich hin.  

Vor dem Ufer im Schlamm sind Marktstände aufgebaut. Alles wirkt erschreckend ärmlich, fast schon elend. Lastenträger schleppen Kisten, Säcke und Kanister zu den Schiffen. Größere Schiffe haben einen Landungssteg, aber die kleinen müssen direkt am Ufer festmachen. Da ist das Einsteigen und Beladen recht schwierig. Ständig legt ein Boot ab, ein anderes kommt an. Das Wasser ist trübe und ganz schön bewegt. Wir verabschieden uns von dem Gedanken, irgendwann eine Strecke mit dem Schiff zu fahren und machen uns zu Fuß auf den Weg zur 3 ½ km entfernten Swedagon Pagode, der imposantesten des Landes. Je näher wir kommen, um so sauberer die Straßen und Häuser. Als der nächste Wolkenbruch sich ankündigt, flüchten wir in ein Restaurant. 

Die goldene Pagode ist fast 100 m hoch und soll mit über 50 t Blattgold belegt sein. Es geht barfuß eine lange, von Läden gesäumte Treppe hinauf und durch eine Sicherheitskontrolle zur Kasse. Wir müssen beide Longyis leihen weil zu viel von unseren Beinen zu sehen ist. Als wir oben ankommen, stehen wir mit offenen Mündern da. Das hatten wir nicht erwartet. Von weitem ist nur die große Pagode zu sehen, aber hier ist ein Meer von Pagoden, und die Verziehrungen, die kleinen Tempel, die Gebetsstätten, wir sind völlig gefangen genommen von dieser Anlage und lassen uns einfach treiben. Auch ohne einen religiösen Zugang zu haben, ist man ergriffen.
Wir mögen uns jetzt nicht in einen Bus oder ein Taxi setzen, wir brauchen Zeit, die Eindrücke wirken zu lassen und laufen zurück.

P1070748
christliche Kirche – ganz ohne Gold

Die Prachtstraße wird weniger prächtig, die kleinen Stände stehen wieder im Schmutz am Straßenrand und dann auf der linken Seite plötzlich ein Einkaufszentrum; groß, prächtig, elegant und exklusiv mit Wachmännern und Sicherheitsschleuse. Ich empfinde es irgendwie als Provokation, aber vielleicht geht das nur mir so. Kurz darauf sind wir wieder in unserem Viertel mit den vielen Überlebenskünstlern.
Irgend etwas ist mir heute nicht bekommen, ich habe mir eine Magen-Darm-Infektion mit all den schönen Auswirkungen eingefangen und verbringe den Sonntag im Bett. Den Aufenthalt können wir nicht verlängern, unser Doppelzimmer ist ab morgen schon wieder vermietet. Deshalb suchen wir uns einen Ort aus, der in ein paar Stunden mit dem Bus zu erreichen ist.
Die Wahl fällt auf Taungoo, eine der früheren Hauptstädte des Landes in Richtung Mandalay – wohin jeder Myanmar-Tourist fährt – wir natürlich auch. Eine der netten Damen an der Rezeption bucht uns ein Busticket und schreibt alles wichtige für uns auf, einmal in birmanisch und einmal in englisch. 

7 Antworten auf „Rangun, Yangon, Rangoon (Myanmar)“

  1. Kein Problem wg. des Leatherman! auf den Nachtmärkten bes. in Thailand könnt ihr jede Menge original Leatherman und/oder Schweizer Taschenmesse nachkaufen (-;

  2. Die Swedagon Pagode hat mich auch ziemlich „geplättet“ – gehört mit Wat Pho und Kaiserpalast in Bangkok zu den beeindruckendsten religösen Stätten die ich besuchen durfte! Tolle Bilder – bin gespannt wie euch der Rest des Landes gefällt.

  3. Hallo! Durch Zufall bin ich auf euren Blog gestoßen. Viele Orte die ihr beschreibt habe auch ich schon erlebt. Es sind wunderbare Erinnerungen. Witzig, wir waren Anfang November 2017 auch in Myanmar. Eines der schönsten asiatischen Länder, die ich bisher besucht habe. Noch viel Freude beim erkunden der Welt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert