Auf dem Weg nach Mandalay (Myanmar)

Am Montag Morgen lassen wir uns mit einem Taxi


durch dichten Verkehr 26 km weit zum Busbahnhof bringen. Hat uns der in Kandy schon erstaunt, ist hier alles noch um ein vielfaches größer. Der Taxifahrer muss fünfmal fragen, bis er die richtige Stelle findet und uns am Bus absetzen kann.
DSC09772Sofort stürzen zwei junge Männer herbei, nehmen unsere Koffer und befestigen Anhänger mit dem Namen unseres Zieles am Griff. Auch eine Getriebestange muss heute mit. Wir sind eine Stunde zu früh, aber es gibt einen Warteraum mit Verkaufstresen und Toiletten.


Nach und nach kommen die Passagiere und versorgen sich mit Proviant. Kekse werden schachtelweise gekauft, auch frisches Gebäck ist gefragt. Draußen laufen Frauen mit Tabletts auf dem Kopf herum, auf denen Wassermelonenstücke, Bananen oder mit Chili vermischte Mangoscheiben liegen. Einen der Kinderhocker haben sie sich über den Arm gehängt, damit sie entweder das Tablett abstellen oder sich von Zeit zu Zeit setzen können. Auch hier wird fleißig gekauft. Nur der Mann, der links Bügel mit Mädchenkleidern und rechts mit Fußballtrikots für Jungen trägt, hat heute kein Glück. Die Reisenden haben offenbar keinen Bedarf, alle Kinder sind bereits bekleidet.
Zehn Minuten vor der Abfahrtszeit wird die Tür geöffnet, aber wir haben reservierte Plätze, somit kann man sich Zeit lassen. Im Gegensatz zu Sri Lanka werden hier nur so viele Reisende mitgenommen, wie es Plätze gibt. Außerdem gibt es Sicherheitsgurte und an jedem Platz eine Flasche Wasser und eine Spucktüte, die später auch von vielen gebraucht wird.
Auf dem Fernsehschirm wird das Gebet eines Mönchs übertragen, das in Endlosschleife im Sprechgesang in etwa so klingt.
Uma nitti manga papi al di pittior
patta na getita jeje ride mar tador
Wir hoffen, dass der Fahrer nach dem Start aus- oder umschaltet. Aber scheinbar hat er so wenig Vertrauen in die eigenen Fahrkünste, dass er dieses Mantra auch nach dem Start für einen guten Reiseverlauf weiterdudeln lässt. Ich beginne mich nach Marika Röck zu sehnen.
DSC00086Draußen sind jede Menge Mopeds zu sehen. In Yangon fuhren keine, sie sind wohl aus der Stadt verbannt worden, aber hier werden sie als billiges Taxi genutzt. Die Frauen sitzen im Damensitz hinter dem Fahrer, manches Mal haben sie noch ein Kind auf dem Schoß. Da muss man das Denken über alles was passieren könnte sofort ausschalten.
Der Bus nimmt die Strecke über die Schnellstraße.
DSC09790Eine flache grüne Landschaft, immer wieder durchschnitten von lehmbraunen Flüssen und Bächen. An der linken und rechten Seite kommen Hügelketten in Sicht, und davor liegen Reisfelder. Wasserbüffel stehen und liegen herum. Der Bus verlässt die Schnellstraße und hält in einer kleinen Stadt. Gegenüber werden gerade mehrere
DSC09794Kartons mit Küken aus dem Bus ausgeladen und auch die Getriebestange hat ihr Ziel erreicht und wird hier schon erwartet.

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Die Proviantfrauen sind auch schon wieder da.

Weiter geht es jetzt über die Landstraße.


Der Reis ist bereits geerntet und trocknet auf großen Planen auf der Straße. An anderer Stelle wird schon zusammengeschaufelt und der Reis in Säcke verpackt. Links und rechts wird jeweils die Hälfte der Straße dafür beansprucht. Alle Fahrzeuge müssen ausweichen, finden offenbar alle ganz normal.
An der Endstation Taungoo warten schon wieder die „hilfreichen“ Geister. Die Männer versuchen, unsere Koffer zu schnappen, um sich die Passagiere zu sichern. Nichts da, wir halten eisern fest und wollen uns erstmal einen Überblick verschaffen. 2000 Kyatt pro Person nennt uns jemand, schnappt sich einen Koffer und hievt ihn auf sein Moped. Das machen wir auf keinen Fall, ruck-zuck ist der Koffer wieder unten. Wir suchen nach einem Auto, aber angeblich gibt es sowas in Taungoo nicht. Klaus versucht mit unserem Hotel zu telefonieren, bekommt aber keine Verbindung. „Wir laufen,“ verkünden wir den um uns herumstehenden Männern und machen uns auf den Weg. Einer kommt mit seinem Moped mit handgeschmiedetem Beiwagen mit zwei Sitzen hinter uns her und bietet an, uns beide für 2000 zu fahren. Wie soll das wohl gehen? Klaus sitzt vorne, ein Bein und einen Koffer auf der Fußstütze, das andere Bein frei schwebend. Ich mit dem Rücken zu ihm, den Rucksack auf den Knien. Der zweite Rucksack vor und der Koffer hinter dem Fahrer. Fünf Hände halten Gepäckstücke, die sechste den Lenker. Die Einheimischen amüsieren sich königlich und wir sind kurz darauf froh, heil an unserem Ziel anzukommen.


Unser Hotel ist ganz aus Teakholz gebaut, hat einen umlaufenden Balkon und liegt mitten im Grünen.

Teakhotel


Beim Frühstück am nächsten Morgen treffen wir ein deutsches Paar mit lebhafter, interessierter Tochter, die die zwei Wochen Herbstferien für eine Rundreise nutzen. Schade, dass sie kurz danach abreisen, es war so ein interessantes Gespräch.

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birmesische Vielfalt auf dem Frühstückstisch

Weil wir – auch Klaus ist mittlerweile betroffen – noch nicht wieder richtig auf dem Damm sind, verbringen wir einen ganz ruhigen Tag auf der Terrasse und verlängern unseren Aufenthalt noch um eine weitere Nacht.
Wir wollen wenigstens etwas von Taungoo sehen und leihen uns am nächsten Tag Fahrräder, um die rund 3 km in die Innenstadt zu fahren. Immerhin war es kurzzeitig mal Hauptstadt unter einem König.


Es geht durch kunterbuntes Marktgewimmel an einen kleinen See.


Viele junge Menschen sind hier, und fast alle haben sich zum Lernen hier her zurückgezogen, die Abschlussprüfungen stehen kurz bevor. Ein kleiner Spaziergang unter schattigen Bäumen und dann wieder zurück.


Es ist Mittagszeit und etwas weniger turbulent.

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Nur der Schmied arbeitet durch; vorschriftsmäßig mit roten „Sicherheits-Flipflops“ bekleidet.

 
An der Hauptstraße startet gerade ein kleiner Autokorso, scheinbar für eine Lotterie, mehr können wir nicht in Erfahrung bringen.


Die Transporter sind geschmückt mit den zu Fächern und Ornamenten gefalteten Losen und auch mit den Sachgewinnen. Es läuft flotte Musik und auf einem der Autos wird ausgelassen getanzt.
IMG_20171026_073451Um kurz nach sieben verlassen wir unser gemütliches Zimmer, das wir uns mit einem handgroßen (ohne Schwanz gemessen) Gecko geteilt haben. Hier haben wir uns richtig wohlgefühlt. Der Beiwagen unseres Fahrers ist etwas größer als der auf der Hinfahrt. Die Koffer finden noch unter unseren Sitzen Platz.
Wir knattern die Hauptstraße entlang, wo schon viele Menschen auf Fahrrädern und Mopeds unterwegs sind. Viele lachen uns an und winken uns zu. Der Fahrer biegt in eine Seitenstraße auf einen matschigen Platz mit vielen Schlaglöchern ein. „Hier?“ Das sieht eher aus wie eine Schuttabladestelle. Aber es gibt einen vorne offenen Wartebereich mit zementiertem Boden und er zieht ein paar Stühle für uns heran. Der Bus kommt, der Fahrer im Longyi steigt aus und verschwindet hinter dem Wartehäuschen. Wir hören Wasser plätschern, die Zahnbürste kommt zum Einsatz und er kommt nass und frisch wieder hervor und zieht sich im Bus Hemd und Hose an.
 
Zwanzig nach acht geht es los. Der Bus hat dick gepolsterte Sitze, und auch wieder die Wasser/Tüten-Ausstattung. Über eine Stunde kann man wieder dem betenden Mönch auf dem Bildschirm folgen. Dann bekommen wir einen Einblick in den hiesigen Musikgeschmack. Die Melodien erinnern an San Remo Schlagerfestivals aus den 50er Jahren. Dazu werden Videoclips nach folgendem Schema gezeigt: Sie trifft ihn oder umgekehrt. Man verliebt sich, es gibt ein Missverständnis, einen Streit. Beide gehen in unterschiedliche Richtungen sie weint oder schmollt. Er kommt zurück mit einer Rose und/oder einer Flasche Champagner, fällt vor ihr auf die Knie, sie verzeiht = Happy-End. Die Handlungen finden am See, am Flussufer oder in einer Villa statt. Danach läuft ein Film mit endloser Tragik.

mobiler Erdnussdämpfer rechts oben: Holz für Tanakapaste r. Mitte: allerlei Gegrilltes auch veganes


Während der Fahrt haben wir einmal 5 und einmal 30 Minuten Pause und noch eine unfreiwillige durch eine Polizeikontrolle, wo wir – die einzigen Ausländer im Bus – unsere Pässe abgeben müssen. Nach 10 Minuten kommt der Schaffner mit ihnen zurück und weiter gehts.
Nach 8 Stunden erreichen wir Mandalay.


Birmesen haben die Gabe, überall schlafen zu können. Kaum rollt der Bus, fallen sie in Tiefschlaf, auch die Kinder.
 
Hinweis: Manche Fotos sind nicht scharf, das liegt an den schlecht geputzten Fensterscheiben der Busse, trotzdem möchte ich sie gern zeigen.
 

6 Antworten auf „Auf dem Weg nach Mandalay (Myanmar)“

  1. Liebe Linde, lieber Klaus, ich bin begeistert von euren Reiseberichten und -bildern ! Und dass ihr neben den vielen
    Erlebnissen noch so spannend erzählen könnt, vielen Dank !! Bleibt schön gesund ! Grüße von Elke

  2. Hallo Ihr lieben 140er! 2 November 2017
    Seit Sri Lanka wieder so viel erlebt! Toll und spannend! Von deinen Sprachkünsten, Linde, sind wir sehr beeindruckt! Klingt irgendwie wie eine wohlklingende Mischung aller Sprachen dieser Welt. Wie lange wollt ihr in Mandalay bleiben? Und was danach? Ihr seht, wir sind weiterhin furchtbar gespannt auf abenteuerliche Geschichten und Fotos.
    Bleibt bitte schön gesund – Darm – Nebenhöhlen – Bauch – Hals – Füsse das ALLES und mehr müßt ihr absolut vergessen. Nichts da von wegen „Ich hab Rücken Herr Doktor“ oder Ähnliches!
    Liebe Grüße
    Vita und Jan

    1. Ihr Lieben, wir freuen uns immer über Nachrichten von Euch und darüber, dass ihr Spaß an unseren Berichten habt. In diesem Hotel klappt es mal recht gut mit dem Wifi, aber das ist in diesem Land noch nicht überall so, deshalb dauert es manches Mal, bis die Berichte online gehen können.

  3. Liebe 140er!
    Habt ihr unseren Kommentar von heute erhalten?
    Beim letzten mal ging es so glatt — jetzt sieht es nicht so aus?Allerdings spielt mein PC verrückt.
    Wenn nicht, dann heute nur: bleibt bitte ganz furchtbar gesund! Wir erfreuen uns soooo an euren Berichten und Fotos!
    Liebe Grüße

  4. Liebe Linde & Klaus,
    bin euch heute wieder ein Stück nachgereist. Euer Bericht ist so treffend geschildert, dass immer wieder die eigenen Erlebnisse und Bilder auftauchen – bis hin zur Wasserflasche und den Tüten im Bus. Bin damals über Nacht vom Inle-See nach Yangon gefahren und hab völlig unterschätzt, dass es die ersten beiden Stunden nur um die Kurven geht… mit an die 100 Sachen im Doppelstock-Bus! Hab mir damals geschworen, nie wieder Bus zu fahren… zumindest nicht nachts!!!
    Wünsche euch weiter viel Spaß auf euerm Trip um die Welt – würde angesichts unseres Novemberwetters am Liebsten packen und euch nachfliegen!
    lg
    Reinhard

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