Um kurz vor 10 fährt der Bus schräg gegenüber vom Hotel ab. Inzwischen sind wir schon geübt, trotzdem gibt es mit unseren Koffern wieder eine neue Anweisung. Die Hälfte der Rückbank wird schon von einem Spielzeugauto eingenommen, feuerrot und mit einem deutschen Kennzeichen. Die daneben sitzenden Fahrgäste müssen sich einen anderen Platz suchen. Dann kommen unsere beiden Koffer nebst Klaus auf den freien Platz. Wir sind kaum 30 Minuten gefahren, als der Bus stoppt und in eine enge Gasse rückwärts einbiegt. Schlagartig ist der Bus leer, bis auf uns. Erstaunt registrieren wir, dass die Fahrgäste sich an den Verkaufsbuden mit Essen und Trinken eindecken, auch eine Toilette muss in der Nähe sein. Nach und nach kommen sie – mit Flaschen und Essen versorgt – zurück. Die Zeit, bis alle wieder auf ihren Plätzen sitzen, nutzt ein einarmiger Bettler. Er steigt vorne ein , stellt sich in den Mittelgang und beginnt zu singen, dabei schlägt er einen Schellenkranz gegen seinen Armstumpf. Sein Gebiss ist lückenhaft, um genau zu sein, ist oben nur noch 4 rechts und links vorhanden. Aber besonders die Kinder honorieren seine Darbietung mit begeisterter Aufmerksamkeit. Die Eltern stecken ihnen Geldstücke zu, die sie dem Mann dann stolz reichen. Ich gebe ihm einen 20 Rupien Schein zu, was mein Sitznachbar mit einem anerkennenden Lächeln kommentiert. Ein weiterer Einarmiger steigt ein, ein Krokodil ist Verursacher dieser Behinderung, erklärt er uns. Er bekommt natürlich auch etwas.
Bis zum Umsteigen verläuft die Fahrt wie gewohnt, aber nach dem Buswechsel geht es in die Berge, denn unser Ziel Ella liegt auf über 1000 m Höhe. Wie gut, dass der Bus untermotorisiert, und damit dem Fahrer die Möglichkeit zu riskanten Manövern genommen ist. Dafür sind die Autos jetzt im Vorteil und nutzen jede noch so unübersichtliche Kurve, um an dem roten Bus vorbei zu kommen. Ab und zu kann man tief in den Abgrund blicken, nichts für ängstliche Gemüter. Wir kommen nach zweieinhalb Stunden Fahrt im Zielort an und reiben uns erstmal die Augen. Zum ersten Mal haben wir das Gefühl, dass die Einheimischen in der Minderheit sind. Ella scheint ein Magnet für Backpacker zu sein. Überall laufen junge Menschen mit riesigen Rucksäcken herum. Wir suchen zuerst mal eine Bar auf, wir brauchen etwas zu essen. Laut Internet ist unsere Unterkunft nur 280 m entfernt, das können wir doch zu Fuß schaffen. Erst geht es bergauf dann bergab und wieder bergauf. Da kommt uns eine Frau entgegengelaufen, und als sie sicher ist, dass wir die erwarteten Gäste sind, schnappt sie sich kurz entschlossen meinen Koffer, hebt ihn auf den Kopf und läuft in ihren Flip-Flops trittsicher wie eine Gämse den schmalen steilen Weg hoch. Trotz besserer Schuhe bin ich nicht so schnell wie sie.
Wir beziehen unser Zimmer im Haus der Tochter und machen dann einen Spaziergang durch Ella.
Die Höhenlage macht sich sowohl in Temperatur als auch Luftfeuchtigkeit bemerkbar, richtig angenehm. Uns ist schnell klar, dass all die Ziele der jungen Backpacker wie Little Adams Peak, und Wasserfall nicht unsere sind, aber eine Wanderung zur Neun-Bogen-Eisenbahnbrücke sollte morgen schon drin sein. Abends essen wir in einem Restaurant, in dem gerade ein Kochkurs stattfindet. Offenbar sieht man uns unser Interesse an, und so schreiben wir uns kurz entschlossen für den nächsten Abend auf die Teilnehmerliste. Hier in dieser Unterkunft haben wir schnelles Wifi, aber dafür fällt der Strom häufig aus. Ich weiß nicht, ob mir diese Variante oder das Gegenteil besser gefällt, für meinen Blog und die Kontaktpflege ist beides lästig. Und in dieser Nacht frösteln wir erstmals wieder, obwohl wir kuschelige Vliesdecken mit niedlichen Mustern bekommen haben.
Nach einem leckeren Frühstück machen wir uns auf den Weg zur Brücke. Die Strecke ist 4 km lang, und wir laufen los und wimmeln alle Fahrangebote ab.
Es geht meist bergauf, an einem kleinen See vorbei, durch ein Teefeld. Bergauf laufen gehört nicht zu meinen Stärken, und so geht Klaus schon mal voraus.
Und dann geht es auch wieder bergab, und zwar ganz schön steil. Zwei Engländer kommen mir entgegen und meinen, das hier sei der leichte Part. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und drehe auf der Stelle um, langsam wieder bergauf.
Zwei junge Frauen aus Belgien holen mich ein, vielleicht sind sie auch froh über eine kleine Verschnaufpause, jedenfalls bleiben sie stehen und wir plaudern eine ganze Weile sehr angeregt miteinander.
Sie haben es sich einfach gemacht, und sind den Hinweg vom Bahnhof aus auf den Schienen gelaufen. Ist zwar verboten, aber das kümmert niemanden, das macht hier jeder. Am höchsten Punkt setze ich mich auf einen Stein und warte auf Klaus, der wirklich unten an der Brücke war.
Das muss belohnt werden, und darum setzen wir uns in eins der vielen kleinen Lokale und bestellen uns Mango-Lassi.
Um 18 Uhr beginnt der Kochkurs. Wir sind sechs Teilnehmer, zwei Schweizerinnen, ein Paar aus England und wir. Wir haben eine Kursleiterin, die von ihrem Mann unterstützt wird. Gekocht wird Reis mit Fischcurry, Dhal, Kartoffeln, Bohnengemüse, Salat und Papadam.
Die Teilnehmer pellen und schneiden Zwiebeln und Knoblauch, hacken Chilischoten und Tomaten und raspeln Kokosnuss.
Dafür gibt es ein Gerät, das wie eine Zitronenpresse aussieht, aber Zacken hat. Die halbierte Kokosnuss wird mit links darauf gedrückt und mit der anderen Hand fleißig die Kurbel gedreht, bis nur noch die harte Schale übrig ist. Die Küche Sri Lankas ist unglaublich scharf, aber wir kochen in abgemilderter Form. Beim Dhal wird ein halber Teelöffel Chili zugegeben, unsere Vorköchin nimmt privat 3 bis 4 gehäufte Teelöffel. Die Truppe ist etwas öde, als ob die Teilnehmer nicht zum Spaß hier sind, sondern vor einer schwierigen Prüfung stehen. Erst beim Essen lockert sich die Stimmung; ob es am Bier liegt?
Auf jeden Fall schmeckt uns was wir gekocht haben, und wir haben wirklich etwas gelernt.