Uruapan – Volcano bumm (Mexiko)

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Montagmorgen, wir verlassen Morelia und nehmen den Bus nach Uruapan. Die Fahrt durch das Hochland zeigt uns wieder nur die grüne Seite Mexikos Die gut 100 Kilometer sind in zwei Stunden zurückgelegt, und wir finden uns in einer völlig anderen Stadt wieder. Verwöhnt vom prächtigen Aussehen Morelias sind wir erst mal enttäuscht. Auf den ersten Blick hat Uruapan so gar nichts zu bieten. Bei dem gerade niedergehenden Wolkenbruch sieht man deutlich, dass es keine Regenrinnen gibt. Von den Häusern schießt das Wasser in weiten Fontänen aus Wasserspeiern auf die Straße. Von einem der Häuser ergießt sich eine mächtiger Wasserfall.

Unser Eindruck von Uruapan ändert sich, als wir nach dem Regen einen Rundgang machen und die versteckten schönen Seiten der Stadt entdecken. Den großen Platz vor der Kirche, mit Bäumen, Bänken, Brunnen und Blumenbeeten, der viele Menschen anzieht. Hier ist zu jeder Tageszeit Betrieb. Am ersten Abend landen wir in einem Lokal, das zu den preiswerten gehört, aber die Taccos kommen frisch gebacken auf den Tisch. Ich habe ein merkwürdiges Stück Fleisch auf dem Plastikteller; millimeterdünn und hart wie ein Stück Karton. Später sehen wir dieses „gedörrte“ Fleisch in Handtuchgröße in einer Metzgerei hängen.

Uruapan ist eine der ältesten Städte in Mexiko. Der Name geht auf eine indigene Sprache zurück und bedeutet: Die Bäume tragen immer Früchte. Davon können wir uns auf unserer Fahrt in nach Paracho überzeugen. Ungefähr zwanzig Kilometer fährt der Bus an Plantagen vorbei. Avocado- und Macadamia-Bäume, soweit das Auge reicht. Der Ertrag ist so gewaltig, dass nahezu die ganze USA mit Avocados aus dieser Region beliefert wird.

Nach weiteren 15 Kilometern erreichen wir Paracho, die Gitarrenstadt Mexikos. Schon von weitem fällt das riesige Instrument auf einem Verkehrskreisel am Ortseingang auf. In der Hauptstraße der Stadt liegt ein Geschäft neben dem anderen. In etlichen sind Musikinstrumente zu sehen, aber auch andere aus Holz gefertigte Artikel wie Möbel, Spielzeug und Küchenartikel werden angeboten. Wir sind hauptsächlich wegen der Gitarren hergekommen. Der Instrumentenbau hat eine lange Tradition. Ein Franziskanermönch soll der Legende nach geflüchteten, handwerklich überaus geschickten Purépecha-Indianeren die Herstellung beigebracht haben. Rund 600 Werkstätten gibt es, in denen manuell gefertigt wird.

Bei unserem Rundgang kann man auch in einigen Häusern die Rohformen sehen. Der Instrumentenbau wird hauptsächlich von Männern ausgeübt und geht häufig vom Vater auf den Sohn über. Frauen dürfen so wichtige Tätigkeiten wie schmirgeln und polieren übernehmen, das können sie durch von Kindesbeinen an praktizierte Hausarbeit als dem Effeff.

Hier hängt also der Himmel voller hochwertiger Gitarren und mein musikbegeisterter Mann bekommt glänzende Augen bei dieser Auswahl. Nachdem er einige ausprobiert hat, wird er glücklicher Besitzer einer schwarzen Westerngitarre. Aber ein Guitarron (Bassgitarre) will er auf jeden Fall noch ausprobieren. Bereitwillig drückt ihm eine Ladenbesitzerin ein solches Instrument in die Hand. Groß und dickbauchig ist es und hat einen schönen vollen Klang. Es wird fast ausschließlich in Mariachi-Bands gespielt. Auf dem Marktplatz wird an einer Bühne gezimmert. Am Wochenende beginnt das jährliche Gitarrenfestival, aber da werden wir leider schon weitergereist sein.

Jetzt haben wir also noch eine Gitarre. Die Halbgitarre reist seit Bali schon mit uns durch die Welt, aber die neue ist zu unhandlich, um sie auch noch mit herum zu schleppen. Wir haben die Wahl zwischen der staatlichen Post, die als unzuverlässig gilt, und drei international agierenden Unternehmen. In Uruapan ist eine Niederlassung eines amerikanischen Transportunternehmens. Da erkundigen wir uns nach Versandmöglichkeiten. Auf Schnelligkeit kommt es uns nicht an, aber man hat keine Wahl, hier wird nur per Luftfracht verschickt. Die Auskunft, die wir erhalten macht uns Hoffnung, dass der Versand problemlos vonstatten geht. Als wir unterwegs einem Kartonsammler begegnen, kaufen wir ihm für ein paar Pesos einen ab, ohne zu wissen, ob wir ihn überhaupt brauchen.

Auf dem Rückweg zum Hotel machen wir einen kleinen Abstecher zur ehemaligen Textilfabrik San Pedro. Im historischen Zentrum der Stadt sieht dieses Gebäude aus dem 19. Jahrhundert aus wie eine alte Hacienda. Zweistöckig, aus Backstein und mit Rundbögen auf einem großen schön bewachsenen Grundstück. Nach der Fertigstellung 1894 wurde Wolle, Leinen, Baumwolle und Seide von höchster Qualität produziert. Um 1910 waren 200 Webstühle in Betrieb. Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Rohmaterial und einige Streiks der Belegschaft führten letztendlich dazu, dass der Betrieb eingestellt werden musste. Zeitweilig – Anfang der 70er bis Mitte der 80er Jahre – war hier das städtische Gefängnis untergebracht. Würde mich nicht wundern, wenn einige der damaligen Insassen nur straffällig geworden wären, um einmal in diesem schönen Gebäude „wohnen“ zu können.

Im Untergeschoss des 12.000 m² großen Gebäudes stehen die schweren gut hundert Jahre alten Eisenmaschinen aus England. Kämm- und Spinnmaschinen und Webstühle für die Baumwollverarbeitung, teilweise demontiert und verstaubt. Als das alles noch in Betrieb war, muss hier ein unglaublicher Lärm geherrscht haben.

Im Erdgeschoss ist ein großer leerer Saal, den man heutzutage für Veranstaltungen mieten kann. In einem kleinen Teil ist noch eine Textilfirma untergebracht, die auf traditionelle Weise gefärbte und handgewebte Stoffe in herrlichen Farben anbietet. Hier weiß man, wie das geht, immerhin haben schon die Inkas vor über 7.000 Jahren Gewebe aus Baumwolle hergestellt. Bei schönen Stoffen kann ich einfach nicht widerstehen, und praktisch ist es für die Polsterung der Gitarre obendrein.

Im Hotel stopfen wir das Instrument mit unserer Skiunterwäsche aus, die wir aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr brauchen, und wickeln es in zwei gerade gekaufte Stoffbahnen. Danach passt es gerade so in die Tragetasche. Die dritte Stoffbahn polstert den Hals und dann kommt der Karton drumherum. Beim Transportunternehmen wird später alles nochmal eng mit Folie umwickelt. Die Abfertigung dauert beinahe eine Stunde. Versand nach Deutschland hatte man hier wohl noch nie. Hinter uns stehen etliche Menschen an, aber niemand beschwert sich. Nachdem wir bezahlt haben und im Gegenzug die Papiere ausgehändigt bekommen, fühlen wir uns richtig erleichtert. Hoffentlich kommt die Sendung heil bei uns in Deutschland an. Aber bei den vielen „ACHTUNG, ZERBRECHLICH“-Aufklebern wird sich wohl niemand trauen, dieses Paket unsanft zu behandeln.

Uruapan hat ein Geheimnis, den unterirdischen Fluss Cupatitzio, der einen knappen Kilometer vom großen Platz vehement an die Oberfläche drängt.

Hier in der Stadt gibt es deshalb den Nationalpark Barranca del Cupatitzio. Schon kurz hinter dem Eingang (Eintritt kostet 25 Pesos = 1,125 €) ist man in einer anderen Welt. Riesige Bäume, Sträucher, Stauden, baumgroße Engelstrompeten und über all dem ein ständiges Rauschen. Innerhalb des Parks ist die Luft frisch und ungefähr 5 Grad kälter als außerhalb. Der Cupatitzio drückt hier sein kristallklares Wasser aus dem Boden, durch Felsspalten, lässt es in einem munteren Bach dahineilen, von einem Felsen stürzen und hat die Gestalter des Parks animiert, den Besuchern immer neue Erlebnisse zu bieten. Die verschiedensten Kaskaden und Quellen erfreuen sowohl das Auge als auch das Ohr mit Plätschern, Gurgeln, Sprudeln und Dröhnen.

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Auf dem Geländer einer steinernen Brücke steht ein Mann und wartet auf Publikum. Als sich eine für ihn ausreichende Anzahl versammelt hat, klettert er vom Geländer hoch in einen Baum und stürzt sich mit einem Kopfsprung in das brodelnde Wasser. Alle halten den Atem an und starren ins Wasser; eine Minute vergeht, zwei Minuten. Was ist passiert? Auf der anderen Seite der Brücke steht der mutige Springer, trocknet sich ab und lacht. Natürlich fällt das Trinkgeld sehr großzügig aus.

An einem Obststand pult der kleine Sohn des Besitzers geduldig Granatapfelkerne aus der ledrigen Hülle. In kleine Plastikbecher gefüllt werden sie gern gekauft. Wir entscheiden uns für geschälte Mangos und Ananas. Ein ruhiges Plätzchen ist bald gefunden. Während wir unser Obst genießen, beobachten wir einen Kolibri, der aus den Blüten der Engelstrompeten Nektar saugt.

Als wir weiterlaufen hören wir ein surrendes Geräusch, dann saust etwas Buntes vorbei. Im Park kann man ein Stück an einer Zip-Line hängend zurücklegen. Diese Attraktion heißt hier übrigens  TIROLESA. Dann geht es über eine Hängebrücke – bei der jedes zweite Brett fehlt – auf eine Plattform in 20 Meter Höhe und über eine weitere Zip-Line zurück auf den Boden. Besonders den Kindern gefällt dieser Nervenkitzel. Die stolzen Eltern filmen das Abenteuer per Handy oder Tablet.

Am großen Platz im Zentrum liegt das Museo Indigena Huatápera (Kulturmuseum verschiedener indigener Gruppen aus der Region).

Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1530 und war einst ein Hospital. Heute kann sich jeder bei freiem Eintritt in den liebevoll restaurierten Räumen umsehen und findet Trachten, Geschirr, Schmuck und Informationen über das frühere Leben der Ureinwohner. Ein Raum ist für wechselnde Ausstellungen reserviert. Holzspielzeug, Keramik und neuzeitliche Textilien, bestickt mit traditionellen Mustern werden gezeigt. Die bestickten Blusen sieht man – auch an jungen Frauen – täglich im Straßenbild.

Am Busbahnhof kaufen wir heute Fahrkarten nach Angahuan. Da das nicht die Endstation ist, wirken wir wohl ein bisschen orientierungslos. Ein Mexikaner fragt, wo wir hinwollen und ich zeige ihm unsere Tickets. „Volcano bumm?“ fragt er und als ich nicke, deutet er auf den richtigen Bus. Der erste Teil der Strecke ist identisch mit der nach Paracho. Als wir abbiegen finden wir uns plötzlich im Nebel wieder. Erst nach einer Weile erkennen wir, dass es kein Nebel ist sondern Qualm. Hier existiert das Köhler-Handwerk noch. Aus den aufgeschichteten Erdhügeln quillt dichter Rauch, und der Geruch lässt keinen Zweifel, um was es sich hier handelt. Heute fahren wir wirklich durch das ländliche Mexiko. An der Haltestelle in Angahuan sprechen uns zwei Frauen auf englisch an. Mutter und Tochter mit elfjährigen Sohn bzw. Enkel, sind Mexikanerinnen und leben in Palm Springs. Sie verbringen hier ihren Urlaub und bieten uns an, mit ihnen gemeinsam im Taxi zum Ausgangspunkt der Vulkanbesichtigung zu fahren. Das nehmen wir gern an. In Angahuan kommen wir uns vor, als hätten wir eine Zeitreise angetreten. Wir sitzen in einem mehrere Jahrzehnte alten Auto und schaukeln über die mit Felsbrocken belegte Straße. Viele Männer sind auf Pferden, die Frauen sind in ihren Trachten zu Fuß unterwegs. Hier im Auto erfahren wir, dass man am besten mit einem Pferd zum Vulkan gelangt. Der Weg ist zwar auch zu Fuß möglich, aber wegen der Höhe recht anstrengend. Nach kurzer Überlegung stimmen wir zu. Noch während wir durch das Dorf fahren, verhandelt unser Fahrer mit einem Mann wegen der benötigten fünf Pferde.

Vor einem Restaurant wird das Auto geparkt und schon stehen die Pferde für uns bereit. Ich bekomme ein isabellfarbenes Tier; das Aufsitzen klappt jedenfalls noch. Unser Fahrer läuft neben der kleinen Gruppe her. Er spricht nur spanisch und seinen indigenen Dialekt. Was für ein Glück, dass wir die Frauen getroffen haben. Der Weg führt steil bergab, mal gibt es Treppenstufen, mal kleine Gräben, die quer über den Weg laufen, und immer wieder gemauerte Durchgänge. Die Tiere kennen ihren Weg so genau, dass man die Zügel nicht einzusetzen braucht . Nach einer dreiviertel Stunde erreichen wir den Sammelplatz. Etliche Pferde sind in einem nach allen Seiten offenen Stall untergestellt. Mein Tier läuft zielstrebig in eine Lücke zwischen zwei Tieren, genau hierhin will es, da kann ich machen was ich will. Jetzt muss ich zwischen den eng stehenden Pferden absitzen und mich durchschlängeln.

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Ab hier geht es nur zu Fuß weiter. Einheimische haben viele kleine Stände aufgebaut; vielleicht wollen die Touristen ja essen und trinken oder etwas kaufen.

Und dann stehen wir vor der Lava des Paricutin. Am 20. Februar 1943 war der Farmer Dionisio Pulido auf seinem Maisfeld, als er plötzlich einen Erdspalt bemerkte. Er versuchte, ihn zuzuschaufeln, als die Erde anfing zu beben und aus dem Spalt Qualm aufstieg. Dionisio tat das einzig Richtige, er rannte so schnell er konnte davon. Gute Entscheidung, denn da begann ein Vulkan zu wachsen. Nach einem Jahr war er bereits 410 Meter (2.800 Meter über Meereshöhe) hoch. Zum Glück floss die Lava langsam, so dass sich alle Einwohner des Dorfes Paricutin mit ihren Besitztümern in Sicherheit bringen konnten. Bis 1952 stieß der Vulkan immer weiter Lava aus und begrub 20 km² Land und darunter das gesamte Dorf Paricutin unter sich. Lediglich einige Wände und der Turm der großen Kirche ist zwischen den Lavabrocken heute noch zu sehen. Der Vulkan bekam den Namen des ausgelöschten Dorfes. Während wir über das Geröll klettern, um zum früheren Altarraum zu gelangen, fängt es plötzlich an zu regnen und zu hageln. Der elfjährige Hector aus Palm Springs ist entzückt. Noch nie in seinem Leben hat er Regen, geschweige denn Hagel erlebt. Fasziniert hebt er die erbsengroßen Eiskörner auf und lässt sie in seiner Hand schmelzen. Nach einer halben Stunde beschließen wir, trotz des Gewitters zurückzulaufen. Wir haben die Regenjacken über die Rucksäcke gezogen, aber Schuhe und Hosen sind patschnass. Noch schnell einen heißen mit Zimt und Kardamom gewürzten Kaffee Olla trinken und dann schlängeln wir uns hinter unserem Begleiter durch die Verkaufsstände, wo der Boden einigermaßen trocken geblieben ist, zurück zum Stall. Kaum sitzen wir wieder auf den Pferden, hört es auf zu regnen. Mit noch immer nassen Hosen und Schuhen kommen wir nach zweieinhalb Stunden im Hotel an. Die heiße Dusche ist eine Wohltat und verhindert hoffentlich eine Erkältung.

Zihuatanejo, Acapulco und Puerto Escondido – Pazifikküste (Mexiko)

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Wir wollen zu unserem letzten Frühstück in Uruapan in unser Lieblingscafé.

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Eine dichte Menschentraube versperrt uns auf dem Bürgersteig den Weg. Was mag da los sein? Die Menschen stehen Schlange vor der Bank, um an die Geldautomaten zu kommen. Monatsanfang bedeutet „frisches“ Geld. Die Stimmung ist fröhlich, man redet miteinander und niemand scheint es eilig zu haben. Diejenigen, die ihr Geld schon bekommen haben, wollen es auch gleich in den gegenüber liegenden Geschäften wieder loswerden. Mit großen „Rebajas“-Werbetafeln machen die Läden auf den Sommerschlussverkauf mit unglaublich niedrigen Preisen aufmerksam.

Für uns kommt ein Einkaufsbummel nicht infrage, wir müssen zum Bus, denn heute geht es an die Küste. Von 1600 Höhenmetern geht es in knapp fünf Stunden auf Meereshöhe. Und von angenehmen 24 – 26 Grad auf Temperaturen über 30 Grad. Immer wieder staunen wir, wie grün sich das Land präsentiert. Maisfelder, Obstplantagen, Gemüsebeete, alles wächst und gedeiht. Und immer wieder der Blick auf Vulkane. Mexiko hat 61 namentlich bekannte Vulkane, 10 davon sind Vulkanfelder, von denen schon ein einzelnes rund 900 Vulkankegel umfasst.

Nachdem wir schon 1000 Höhenmeter überwunden haben, fallen immer mehr große Kakteen in der grünen Landschaft auf. Wir überqueren einige Male einen Fluss, der mehrmals aufgestaut ist. Hier erkennt man an den nackten Uferböschungen, dass es an Wasser mangelt.

Im heftigen Gewitter erreichen wir Zihuatanejo und kurze Zeit später unsere Wohnung für die nächsten Tage. Anna, die Tochter der Hausbesitzerin begrüßt uns auf deutsch. Ihre beiden Kinder wohnen in Berlin und sie wechselt jedes Vierteljahr ihren Wohnort von Mexiko nach Deutschland und zurück.

In Zihuatanejo machen hauptsächlich Mexikaner Urlaub, seit in den 70er Jahren ein paar Kilometer nördlich der Stadtteil Ixtapa mit großen Hotels und hochpreisigen Ressorts für den internationalen Tourismus ausgebaut wurde.

Die rund 70.000 Einwohner zählende Stadt Zihuatanejo im Staat Guerrero liegt an einer großen geschützten Bucht. Vorgelagerte Felsen brechen die großen Wellen des Pazifik und lassen sie gemächlich an den Strand rollen. Auf dem Weg zum Meer begegnen uns viele Einheimische in triefend nassen Kleidern. Sie brauchen weder Badehose noch -anzug. In der Wärme friert man nicht und trocken werden die Sachen auch ganz schnell. Heute am Sonntag vergnügen sich Jung und Alt am Strand. Die meisten Erwachsenen sitzen in den unzähligen Lokalen am Strand, die Kinder spielen im Sand oder toben im Wasser. Auf einem schön angelegten Weg kann man fast um die ganze Bucht laufen. Leider sind Weg und die Begrenzung zum Wasser hin teilweise kaputt und ungepflegt. Große Steinplatten liegen im Wasser, Taue die als Geländer angebracht wurden sind zerrissen. Uns fallen viele unterschiedliche handgemalte Tafeln auf, mit denen Besucher gebeten werden, Müll und Zigarettenkippen nicht am Strand liegen zu lassen. Diese Projektarbeit einer fünften Klasse zeigt auf jeden Fall Wirkung, denn die darunter stehenden Kartons sind mit leeren Flaschen und Abfalltüten gefüllt.

Kleinsthändler laufen mit verschiedenen Warenangeboten herum. Nachdem wir schon dreimal die angebotenen Erdnüsse abgelehnt haben, erkläre ich dem vierten Händler, ich sei gegen die Nüsse allergisch. Sein Sohn bietet mir kleine Spielzeuge an und bemerkt sofort augenzwinkernd: „No allergia.“ Pfiffiges Kerlchen.

Neben dem Pier, von dem die Boote mit Anglern und Ausflüglern ablegen, ist eine Art „Galgen“ angebracht, an der man seinen Fang befestigen kann, um sich damit fotografieren zu lassen. Bei den Hochsee – Angeltouren können immerhin Schwertfisch und Blauer Merlin gefangen werden. In der Nähe warten Pelikane und Reiher darauf, dass die Angler ihnen etwas von ihrem Fang überlassen. Im Wasser sehen wir verschiedenfarbige Kugelfische und Adlerrochen, die vermutlich auf auf leichte Beute aus sind. Und jeden Nachmittag kommt ein Schwarm Fregattvögel mit demselben Ziel in die Bucht.

Das Lokal, in dem wir abends essen, gehört einer Italienerin und ihrem mexikanischen Ehemann. Sie ist begeistert, Gäste aus Deutschland zu haben. Mit einer herzlichen Umarmung werden wir verabschiedet.

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In einem anderen Restaurant wundern wir uns über die vielen Garderobenständer. Hier trägt doch niemand eine Jacke. Als wir am Tisch sitzen, wird solch ein vermeintlicher Garderobenständer neben mich gestellt:  Er ist für die Handtasche bestimmt.

Morgens ist ein leichtes Erdbeben zu spüren, abends hören wir zwei Schüsse. „Ja, gestern Abend ist ein junger Mann zwei Straßen weiter erschossen worden,“ lässt uns die Hausbesitzerin wissen. „Er war halt ein böser Junge und hat sich mit den falschen Leuten eingelassen,“ erklärt sie uns achselzuckend. Dieser Einstellung begegnen wir noch öfter. Ja, es gibt Gewalt und Kriminalität in Mexiko; und nein, mit den „normalen“ Menschen hat das rein gar nichts zu tun.

Acapulco ist unser nächstes Ziel. Das Urlaubsparadies der Reichen und Schönen in den 50er und 60er Jahren hat längst seine Anziehungskraft verloren. Es liegt günstig auf unserer Route nach Süden, und ein wenig neugierig sind wir auch, deshalb haben wir uns entschlossen, ein paar Tage zu bleiben. Während der Busfahrt lese ich, dass Acapulco in einer Auflistung der gefährlichsten Städte der Welt aus dem vergangenen Jahr den dritten Platz inne hat. Ob es diese Information ist oder die Hitze kann ich nicht recht sagen, auf jeden Fall sind wir nicht so unternehmungslustig wie sonst. Wir haben ein schönes Hotel mit Swimmingpool und machen uns erst Nachmittags auf den Weg in die Stadt.

Die Lage ist wunderschön, Acapulco schmiegt sich um eine weite Bucht. Vorne das Meer, hinter der Stadt grüne Berge. Nur die vielen Hochhäuser – fast nur Hotels – stören die Harmonie. Seit hier Bandenkriege stattfinden, bleiben die ausländischen Touristen weg und Acapulco gehört wieder den Mexikanern.

Überdurchschnittlich viele Taxen sind auf den Straßen unterwegs, darunter viele VW Käfer in mehr oder weniger gutem Zustand. Je nachdem, zu welcher Organisation die Fahrer gehören, sind sie entweder weiß-blau oder weiß-gelb lackiert.

Unser nächstes Ziel, Puerto Escondido liegt zwar nur gute 400 Kilometer entfernt, aber die Busfahrt soll 10 Stunden dauern.

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die Großstadt Acapulco braucht auch große Handymasten

Es gibt hier keine Autobahn, eine Landstraße führt durch die Berge in der Nähe der Küste. Jedesmal wenn wir eine Ortschaft – und sei sie noch so klein – erreichen, muss der Bus über die „Reductores  de Velocidad“ fahren. Diese bei uns Bremsschwellen genannten Hindernisse auf der Fahrbahn sind unterschiedlich breit, aber immer ganz schön hoch, so dass man im Bus jedes mal durchgeschüttelt wird.  Man ieht viel den Anbauovon Tropenfrüchten. Links und rechts der Straße sind Papaya-Plantagen angelegt.

Als wir in einem Ort plötzlich Tuktuks an der Haltestelle sehen, fühlen wir uns sofort wieder nach Südostasien zurückversetzt. Anscheinend sitzt hier ein Importeur, da wir TukTuks sonst nie in Mexiko sehen konnten.

Der Bus macht komische Geräusche und die Videoanlage schaltet sich aus. Der Fahrer hält an und werkelt am Motor herum, ein Stück geht es weiter. Es sind noch ca. 20 Kilometer bis Puerto Escondido, als der Bus dann wirklich stehen bleibt. Ein Keilriemen ist gerissen. Bei diesem Klima kann der Busfahrer auch nicht darauf hoffen, dass eine der Mitfahrerinnen ihm mit einer Strumpfhose aushilft. Klaus kann einen Kleinbus anhalten, und so setzen wir nach einer halben Stunde den Rest der Fahrt fort. Es ist schon dunkel, als wir an unserem hübschen kleinen Hotel ankommen.

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Kaktusblüte

„Das finde ich großartig, dass ihr in Acapulco wart,“ begrüßt uns Manuela, die Besitzerin unseres Hotels. „Die meisten Touristen trauen sich dort gar nicht mehr hin.“ Auch für sie und ihren Mann, beide Schweizer, die seit neun Jahren in Mexiko leben, ist Gewalt und Kriminalität nur mit schlechten Menschen (Opfer und Täter natürlich auch) in Verbindung zu bringen. Wenn ein Vergewaltiger ermordet, ein Pädophiler verprügelt wird, haben sie es eben verdient.

Puerto Escondido ist das Surferparadies von Mexiko. Der Ortsteil Zicatela hat einen vier Kilometer langen Strand, an den unablässig die Wellen donnern. Die „Mexican Pipe“, eine Riesenwelle von 10 Metern Höhe und der Länge eines australischen Roadtrain, kann nur von absoluten Könnern bezwungen werden. Aber auch die müssen ihren Wagemut manchmal mit Knochenbrüchen oder sogar mit dem Leben bezahlen. Am Haus der Rettungsstation sind drei Fotos der letzten Opfer angebracht. Trotzdem trauen sich Menschen jeden Tag mit ihren Brettern ins Wasser.

Etliche Versuche hinter die Welle zu kommen, sind zum scheitern verurteilt. Immer wieder werden die Surfer ans Ufer gespült. Überdies gibt es hier eine Unterströmung, die Menschen aufs offene Meer hinauszieht. Wer trotz der roten Fahnen ins Wasser geht, bekommt richtig Ärger mit den Lebensrettern. Wir erliegen der Faszination dieser Wellen jeden Morgen beim Frühstück im Strandcafé, aber ins Wasser trauen wir uns hier nicht.

Beim Strandspaziergang kommen uns die Wellen durch die auflaufende Flut ziemlich nahe, plötzlich stehen wir bis zu den Knien im Wasser. Und das zurückfließende Meer nimmt den Sand mit und zieht uns förmlich den Boden unter den Füßen weg. Ein Paar, das gerade noch grinsend zuschaut, wird von der nächsten Welle erwischt und muss mit nassen Hosen seinen Weg fortsetzen.

Am Strand bietet uns ein Mann einen Ausflug zur Manialtepec-Lagune in der Nähe an. Biolumineszenz heißt das Zauberwort, dass uns gleich elektrisiert. Um 19 Uhr holt uns ein Kleinbus ab. Nach uns werden noch neun weitere Passagiere abgeholt und danach haben wir noch eine halbstündige Fahrt vor uns, bevor wir in einem kleinen Ort in ein Boot umsteigen.

Inzwischen ist es dunkel geworden. Das Boot hat einen schön leisen Motor, die Luft ist angenehm mild und ringsherum ist kein Licht mehr zu sehen. Mit einer Taschenlampe leuchtet unser Führer in die Uferzonen, wo Mangroven wachsen. Er erklärt – leider auf spanisch – die Besonderheiten dieser Lagune. Ein Salzwasseranteil von knapp 30 % schafft besondere Lebensbedingungen für Mikroorganismen, die durch Wasserbewegung zu leuchten beginnen. Das Boot ankert, Klaus und ich springen ins Wasser und sehen beglückt, wie es während unseres Planschens im Wasser silbrig aufleuchtet. Die Temparatur liegt bei ca. 30 °C und hat Schichtungen von Süßwasser (kühler) und Salzwasser. Wir können gar nicht genug bekommen, schwimmen hin und her, schlagen aufs Wasser, tauchen und bespritzen uns gegenseitig. Die anderen Passagiere sind noch zurückhaltend. Nach und nach ziehen vier von ihnen Schwimmwesten an, klettern über die Leiter ins Wasser und hängen dann – mit dem Gesicht zur Wand – am Boot. Offenbar können sie nicht schwimmen und trauen sich auch nicht, eine Hand loszulassen, um besser aufs Wasser schauen zu können. Sehr schade. Dann verziehen sich die Wolken und wir haben auch noch den Blick in den Sternenhimmel. Nach einer Stunde klettern wir zurück ins Boot. Bei der Rückfahrt sieht das Wasser aus, als wären die Sterne ins Wasser gefallen. Es blitzt und glitzert wie ein Unterwasser-Feuerwerk. Unzählige Fische bringen dieses Wunder durch ihre Bewegungen zustande. Was für ein wunderschönes Erlebnis an unserem letzten Abend in Puerto Escondido.

Mexico City

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Es ist noch dunkel, als wir morgens um sechs Uhr unser Hotel verlassen. Die Taxen rollen zu dieser frühen Stunde langsam über die Hauptstraße von Zicatela und ihre Fahrer spähen aufmerksam in die Nebenstraßen auf der Suche nach Kundschaft. Wer um diese Zeit auf der Straße ist, will meistens zum Flughafen, um den ersten Flug nach Mexiko City zu nehmen. Das haben wir auch vor. Die Abfertigung kommt uns hier ein wenig unprofessionell vor. Links vor dem Abfertigungsschalter ein Tisch, an dem die Koffer mit einem Schnelltest auf Sprengstoff kontrolliert werden. Wir werden durchgewunken, um dann am Check-In wieder zurückgeschickt zu werden. Die Koffer können nur von diesem Tisch aus zur Gepäckaufgabe gelangen(?) Aber gut, es ist ja schließlich auch für das Personal noch früh am Morgen. In der Wartehalle sitzen viele Familien mit kleinen Kindern, die mehr oder weniger gelassen mit der Wartezeit umgehen. Ein gut einjähriger Junge brüllt wie am Spieß und beruhigt sich erst, als seine Mutter das Handy rausrückt. Versonnen wischt er nun über den Bildschirm und seine Welt ist wieder in Ordnung.

Der Flug ist verspätet und wir haben Zeit, uns umzusehen. Nachdenklich stehen wir vor einer Stellwand mit aufgehängten Vermisstenmeldungen. Zwölf junge Menschen werden gesucht, die in dieser Gegend um 2014 spurlos verschwunden sind. Wie schrecklich für die Angehörigen nicht zu wissen, was mit ihnen passiert ist.

Während des knapp 1,5-stündigen Fluges kommen wir am Popocatepetl (rauchender Berg) vorbei. Der schneebedeckte 5.426 Meter hohe Zwillingsvulkan stößt kleine Rauchwolken in den blauen Himmel.

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Kurz danach fliegen wir über Mexiko Stadt und fliegen und fliegen. Die auf 2.200 Höhenmetern liegende neun Millionen Metropole erstreckt sich über rund 1.500 Quadratkilometer. Frisch ist es heute Morgen, 15 Grad kühler als in Puerto Escondido.

Für unseren Weiterflug in drei Tagen wollen wir gleich am Flughafen die im Ticketpreis enthaltenen 15 Kilo Freigepäck auf 20 Kilo aufstocken. Klaus ist fassungslos, die beiden Damen am Schalter der Airline im internationalen Flughafen der Hauptstadt sprechen kein englisch. Mit Gesten und Zeichnungen gelingt es uns, ihnen begreiflich zu machen, was wir wollen. Und dann klappt es auch. Für 27 € dürfen wir insgesamt 10 Kilo „Übergepäck“ mitnehmen.

Im Flughafen kaufen wir am „offiziellen“ Taxischalter ein ziemlich teures Ticket und stehen dann vor einem Großraumtaxi, das uns über die beeindruckende Paseo de la Reforma in die Innenstadt bringt. Links und rechts der mehrspurigen Allee, die auch noch einen breiten Grünstreifen in der Mitte hat, Hochhäuser mit Banken, Verwaltungen, Versicherungen und dazwischen mehrere elegante Einkaufszentren und immer wieder der Blick auf Grünanlagen.

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Das Hotel liegt einen Steinwurf weit entfernt von der Säule mit dem goldenen Engel – El Ángel de la Independencia – der 1910 zum Gedenken an die hundertjährige Unabhängigkeit Mexikos von Spanien errichtet wurde. Dieser Engel sieht aus wie eine Schwester der Berliner „Goldelse“. Unser Zimmer ist noch nicht fertig, aber wir können unser Gepäck an der Rezeption deponieren. Jetzt brauchen wir erst mal ein spätes Frühstück.

Rund um den Kreisverkehr mit der Engelssäule in der Mitte ist heute Pfadfindertreffen.

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Voller Stolz tragen die Pimpfe ihre Uniform und die Fahnenträger strahlen vor Wichtigkeit.

Am Sonntag ist – wie in Morelia – auch in Mexiko Stadt die Hauptstraße bis nachmittags für den motorisierten Verkehr gesperrt, Radfahrer und Rollschuhläufer haben die Prachtstraße erobert. Für den Autoverkehr aus den Seitenstraßen werden die Radfahrer immer wieder mit einem großen Bannern zum Halten gezwungen.

Beim Gang in die Innenstadt kommen wir an etlichen Häuserblocks mit zugenagelten Türen vorbei. Nach den letzten Erdbeben sind die Häuser einsturzgefährdet. Die Risse auf dem Bürgersteig haben vermutlich dieselbe Ursache. Bei vielen neuen Häusern sind große Stahlträger bereits in die Fassade integriert. Die aufgemalten grünen Vierecke auf der Straße sind Sammelpunkte, an denen keine Gefahr von oben droht, wenn die Erde mal wieder bebt.

An diesem sonnigen Tag drängen sich die Menschen in der Stadt. Wir kommen zu einem Markt auf der Plaza de la Solidaridad, auf dem sowohl Früchte und kleine Gerichte als auch Textilien, Spielzeug und Lederwaren angeboten werden. Außer den Schuhputzern mit festem Stand, bei dem die Herren erhöht wie auf einem Thron sitzen, laufen auch die mobilen Kollegen herum. Sie tragen eine Art Werkzeugkasten aus Holz, in dem ein paar Flaschen, Dosen, Lappen und eine Bürste zu sehen sind. Bis jetzt sind wir noch nie ins Visier dieser Zunft geraten, tragen wir doch entweder Wandersandalen oder unsere Laufschuhe aus textilem Material. Aber heute meint einer, er müsse die Schuhe von Klaus einer gründlichen Reinigung unterziehen. Wir winken ab, er gibt nicht auf. Wir haben kaum noch Bargeld, er meint das sei doch kein Problem. Letztendlich reibt er ein wenig mit einem feuchten Lappen an den Schuhen herum, findet seine Leistung großartig und auf jeden Fall 200 Pesos (9 €) wert. Als er nur die Hälfte bekommt, weil wir wirklich nur noch zwei 100 Pesos Scheine einstecken haben und der Preis sowieso völlig überzogen ist, schimpft er wie ein Rohrspatz. Nach einigem Hin und Her gibt er sich aber dann doch mit einem Händedruck und den üppigen 100 Pesos zufrieden. Immerhin: Für 400 Pesos kriegt man schon neue Laufschuhe!

Rund um die „Plaza de la Republica“ mit dem „Monumento a la Revolucion“ treffen sich Verliebte in den Grünanlagen.

Die Möglichkeit, mit dem Aufzug auf den Turm zu fahren nutzen hauptsächlich Touristen. Der Eintrittspreis beinhaltet auch eine Führung durch die Ausstellung, leider nur auf spanisch. Als wir die Schlange vor der Kasse sehen haben wir noch einen weiteren Grund zu verzichten. Weiter geht es durch die historische Altstadt. Die Blues-Rockband vor dem Tor zur Chinatown spielt auf professionellem Niveau und scharrt deshalb auch eine große Menschengruppe um sich.

Ein Stück weiter links steht das Haus der schönen Künste. Rund um den prächtigen Bau und im angrenzenden Park sind viele Menschen unterwegs. In der Avenida Francisco Madero müssen wir uns vorwärts kämpfen. Es ist so voll, wie in Frankfurt auf dem Weihnachtsmarkt. Mit ein Grund ist sicherlich, dass alle Geschäfte sonntags geöffnet sind. Endlich erreichen wir die „Plaza de la Constitucion“, auf dem die „Metropolitana Kathedrale“ – die größte und älteste Kirche des gesamten amerikanischen Kontinents – steht. 1573 wurde mit dem Bau begonnen und bis zur endgültigen Fertigstellung vergingen 240 Jahre. Verschiedene Stilepochen haben dem Gebäude ihren Stempel aufgedrückt. Da gerade Messe ist, können wir nur einen kurzen Blick in das verschwenderisch mit Gold verzierte Innere werfen.

Am Montag laufen wir zum „Mercado de Artesanias la Ciudadela“. Hier wird Kunsthandwerk aus allen Landesteilen Mexikos angeboten. Bestickte Blusen, Kissenhüllen und Tischläufer liegen neben gewebten Teppichen, Lederarbeiten, Silberschmuck und Hängematten. Verschiedene Musikinstrumente, darunter Gitarren hängen an den Wänden. Wir wissen inzwischen, dass unser sorgfältig verpacktes Instrument trotz aller „Zerbrechlich“-Aufkleber, nicht heil in Deutschland angekommen ist. Sehr schade, aber einen Ersatz werden wir hier nicht finden. Stattdessen kaufen wir ein paar Mitbringsel für zuhause, denn heute ist unser letzter Tag in Mexiko. Mexiko, dieses wunderschöne Land mit seinen freundlichen, lebensfrohen Menschen hat uns im Sturm erobert. Und wir versprechen uns am letzten Abend gegenseitig: Wir kommen zurück.

Vor fünf Tagen haben wir uns entschlossen, die uns gesetzte Frist von einem Jahr doch einzuhalten. Verschiedene Gründe führten zu diesem Entschluss, z.B. die Schwierigkeit, die Auslandskrankenversicherung zu verlängern. Der Beitrag bei unserer bisherigen Versicherung ist für das zweite Jahr beinahe doppelt so hoch. Bei anderen Gesellschaften muss man zum Abschluss in Deutschland sein, wieder andere versichern Menschen in unserem Alter gar nicht mehr. Zum anderen hat sich vorübergehend eine gewisse Reizüberflutung eingestellt, und last but not least heiratet Klaus Sohn an diesem Wochenende und wir wollen ihn und unsere zukünftige Schwiegertochter überraschen. Überrascht ist aber zunächst mal unsere Tochter, die nun mit ihrem Mann in unserem Haus zusammenrücken muss.

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Unser Flug führt über die Wüste von Nevada mit Zwischenlandung in Las Vegas. Als wir am nächsten Vormittag über Deutschland fliegen, sieht unser Heimatland von oben an vielen Stellen genauso trocken aus, wie die Wüste. Schade, dass die Tränen der Rührung bei unserer Rückkehr nur auf den Boden der Ankunftshalle fallen, als wir von unserer Tochter und Freunden völlig unerwartet abgeholt werden.

Hinter uns liegt ein wunderbares, überraschendes, verrücktes und unvergessliches Jahr. Würden wir das nochmal machen?

Auf jeden Fall.

Darwin und der Kakadu-Nationalpark (Australien)

Der Besitzer unseres süßen kleinen Hotels fährt uns abends um 22.30 Uhr zum Flughafen Denpasar. Vor dem riesigen modernen Gebäude lässt er uns aussteigen und verabschiedet sich mit der Aufforderung, möglichst bald wieder zu kommen und doch bitte die ganze Familie mitzubringen. Um diese Zeit ist unglaublich viel los. Wir reihen uns in die Schlange der Wartenden ein und durchlaufen alle erforderlichen Prozeduren: Erster Sicherheitscheck, dann Gepäckaufgabe am Check-In-Schalter. Der Mitarbeiter schaut von einem zum anderen, mustert uns streng und gibt dann seine Einschätzung preis: „Sie haben einen falschen Charakter.“ Über diese Erkenntnis sind wir mehr als verblüfft. Er hält mit seinem Vorgesetzten Rücksprache, dann teilt er uns mit, dass wir trotz des des falschen Charakters (dem Ü in unserem Nachnamen) mitfliegen dürfen. Es folgt die Passkontrolle, der zweite Sicherheitscheck, der Ausreise-Schalter und dann warten wir im Abflugbereich auf den Aufruf, um an Bord gehen zu können. Statt dessen werden wir informiert, dass die Maschine erhebliche Verspätung hat. Wir müssen den ganzen Weg wieder zurück laufen, der Ausreisestempel wird ungültig gemacht, wir bekommen unsere Koffer zurück und vor dem Terminal wartet ein Bus, der uns in ein nahe gelegenes Hotel bringen soll. Als wir aus dem Flughafen kommen, ist er bereits voll besetzt.

Ein australisches Paar namens Stella und Martin ruft kurzerhand ein Taxi, winkt uns dazu und wir fahren dem Bus hinterher. Die Kosten solle er am Flughafen geltend machen sagen sie dem verblüfften Fahrer, drücken ihm aber ein Trinkgeld in die Hand. Die Beiden kennen sich ganz offensichtlich aus. An der Rezeption des Hotels hat sich bereits eine lange Schlange gebildet, aber die Menschen sind völlig gelassen; und das nachts um zwei Uhr. Niemand ist verstimmt oder mürrisch, einer nach dem anderen rückt vor, bekommt seine Schlüsselkarte und verschwindet im zugewiesenen Zimmer. Eine gute Gelegenheit für uns, die Menschen zu beobachten.Tatoos sind bei den Australiern offenbar sehr beliebt, was es da nicht alles zu sehen gibt: Auf dem linken Oberschenkel einer jungen Frau einen 20 Zentimeter hohen Löwenkopf, auf dem rechten einen Tiger. Eine andere junge Frau hat auf dem rechten Oberarm einen Engel, die Flügel reichen hinten bis zur Wirbelsäule und vorne bis zur Halsgrube. Ein stark behaarter Mann hat einen rasierten rechten Unterschenkel, der noch braun vom Jod ist und eine wilde Geschicht von Drachen und Schlangen erzählt. Eine Frau bewegt vorsichtig einen ungesund glänzenden Arm, auf dem ein Rosenbukett prangt. Manche nutzen jeden sichtbaren Körperteil, Finger und Zehen eingeschlossen, um ein Statment abzugeben oder nur die leichtsinnige Entscheidung unter Alkoholeinfluss im Urlaub zu präsentieren. Eine merkwürdige Schlussfolgerung drängt sich auf: Die am wenigsten attraktiven Menschen haben die größten Tatoos.

Eine halbe Stunde später sind wir an der Reihe. Unsere Pässe werden kopiert, daraufhin bekommen wir eine Schlüsselkarte mit einer dreistelligen Nummer. Die Zimmernummer beginnt mit 12, der dritte Kringel könnte eine 0, 6 oder 8 sein. Keines der Zimmer lässt sich öffnen. Der nette junge Mann von der Rezeption versucht es selbst und erreicht nur, dass aus Zimmer 126 eine etwas befremdet wirkende Dame kommt. Wir entschuldigen uns bei ihr, bekommen an der Rezeption eine neue Schlüsselkarte für einen anderen Gebäudetrakt und landen in einer großzügigen Suite mit einem über zwei Meter breiten Bett, einem Wohnraum und zwei Badezimmern. Wirklich auskosten können wir das nicht, wir wollen nur schlafen und kommen morgens erst kurz nach 10 Uhr zum Frühstück. Ein riesiges Buffet mit allem was das Herz begehrt erwartet uns.

Um 14 Uhr fährt der Bus zum Flughafen, die Maschine soll um 17.15 starten. Gute 2,5 Stunden Flugzeit, dazu noch 1,5 Stunden Zeitverschiebung nach vorne, das wird spät. Ich buche noch schnell ein Hotelzimmer in Darwin, denn unseren Camper können wir heute nicht mehr übernehmen. Heute klappt alles wie am Schnürchen. Wir starten und landen pünktlich.

Im Flugzeug bekommen wir ein Formular, das wir ausfüllen und für die Einreise bereit halten sollen.Wir hatten uns vorab per E-Visa bereits registriert und sind gespannt, was wir jetzt bei der Einreise noch brauchen. Eine einzelne Dame fertigt die Insassen des ganzen Flugzeuges ab und das dauert, aber auch hier wieder keinerlei Unmut. Wir bekommen ohne Probleme einen Stempel in den Pass und sind in Australien. Abends um diese Zeit scheint sich bis auf die Passagiere unserer Maschine und ein paar Mitarbeiter niemand mehr im Flughafen aufzuhalten. Welch ein Unterschied zu Südostasien mit dem ständigen Gewusel. Wir werden gefragt, ob wir Alkohol, Zigaretten, Pflanzen, Nüsse oder Holzerzeugnisse bei uns haben. Die neu erworbene kleine Gitarre von Klaus wird von allen Seiten betrachtet, der Beamte erkennt, die schlägt garantiert nicht mehr aus und gefährdet keinesfalls die einheimische Natur. Wir dürfen ohne weitere Untersuchung durch die Zollkontrolle.

Das Taxi bringt uns über leere Straßen in kürzester Zeit ins Hotel. Ich hatte vorab mitgeteilt, dass wir spät ankommen und wurde gebeten, vom Flughafen aus anzurufen. Der Taxifahrer erledigt das für uns, weil wir noch keine SIM-Karte haben, und die Dame ist wirklich extra aufgeblieben, um uns um halb elf noch herein zu lassen. Für 41 € ist das Zimmer gegenüber allem, was es in Südostasien für diesen Preis gibt, eine bessere Bruchbude. Egal, das Bett ist frisch bezogen und wir haben ein kleines Bad. Das Frühstück am nächsten Morgen für 10 € ist ordentlich, frisch zubereitete Spiegeleier, leckerer Bacon, knuspriger Toast, nur der Pulverkaffee überzeugt nicht ganz.

Und dann haben wir nur noch einen 100 Meter langen Weg zur Camper-Mietstation vor uns. Eine Stunde und zehn Formulare später bekommen wir den Schlüssel in die Hand gedrückt und dann können wir unser Heim auf vier Rädern betreten.

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Wir packen die Koffer aus, verstauen unser Gepäck und dann kommt das, worauf ich mich schon seit Tagen freue: Einkaufen. Nicht weit von der Vermietstation gibt es ein großes Einkaufszentrum mit einem schönen Supermarkt. Woolworth war ja bei uns fast ein Synonym für billige Waren. Dieser Supermarkt ist alles andere als billig; ausgesprochen gut sortiert, Obst und Gemüse aus biologischem Anbau, Fleisch aus artgerechter Tierhaltung, eine große Weinabteilung und viele andere Artikel. Unser Einkaufswagen wird voll und voller, wir brauchen einen zweiten. Das alles unterzubringen wird nicht einfach. Der Kühlschrank ist klein, hat aber wenigstens ein Gefrierfach. Der Schrank daneben hat zwei Fächer, doch wenn die eingeräumt sind, muss man jedes Mal alles wieder rausholen, wenn das Gesuchte ganz hinten steht. Wir brauchen ein paar Gegenstände die uns helfen, Ordnung zu halten. Ausgerüstet mit einem Maßband und einer Liste mit den wichtigsten Abmessungen betreten wir ein Kaufhaus und finden zwei Plastikboxen auf Rollen, die in die Fächer passen. Wir nehmen ein paar Körbchen für Kleinkram mit, die mit Stecknadeln am Filz der Seitenbespannung befestigt werden können. Ein sicherer Platz für Taschenlampe, Ladekabel und Autoschlüssel. Kleine runde Behälter und Klebehaken landen ebenfalls im Einkaufswagen. Darin können nachts die Brillen sicher und griffbereit untergebracht werden. Eine rutschfeste Unterlage für den 10 Liter-Karton mit Wasser neben der Kochstelle muss mit, ebenso eine Kühltasche, die genau in die Lücke zwischen Spüle und Vorratsschrank passt und damit unseren Kühlschrank erweitert und – ganz wichtig – ein kleiner Ventilator; denn unser Camper hat zwar eine Klimaanlage, aber die funktioniert nur während der Fahrt und im Fahrerraum. Zu guter Letzt nehmen wir noch einen Autoatlas mit.

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Während der Fahrt zu einem Campingplatz in der Nähe wird der Himmel plötzlich schwarz, und es fängt heftig an zu regnen. Der ausgesuchte Campingplatz ist geschlossen, der nächste auf unserer Liste 40 Kilometer entfernt. Nach 5 Minuten auf der Straße sehen wir einen Hinweis auf einen Campingplatz auf der anderen Straßenseite. Kurz entschlossen biegen wir ab und können uns einen Platz aussuchen. Es ist keine Saison, nur ein paar wild entschlossene Angler sind ebenfalls hier. Natürlich haben alle viel größere Wohnmobile oder Wohnwagen, zum Teil mit ausfahrbaren Seitenteilen, großen Fernsehern und bequemen Sitzgarnituren. Keck stellen wir uns dazwischen, ohne auf die gerunzelten Stirnen und die grübelnden Minen zu achten. Der Platzwart kommt, und als er mit uns scherzt und lacht, ist für die anderen auch alles in Ordnung.

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Der Weg zu den Waschräumen ist nicht weit, und in der Nacht haben wir nette Begegnungen mit Fröschen in allen Größen, die hektisch die Wände hoch klettern, von Waschbecken zu Waschbecken springen und aus der Dusche flüchten.

Am nächsten Tag fahren wir über den Arnhem Highway Richtung Kakadu-Nationalpark. Schon auf dem Weg dorthin sehen wir die ersten Namensgeber des Parks. Hier auf diesen menschenleeren Straßen handhaben wir den Linksverkehr tatsächlich mit links. Obwohl das Klima sich nicht groß von dem in Südostasien unterscheidet, ist die Vegetation völlig anders. Keine Palmen, kein Urwald, stattdessen Eukalyptus in allen Variationen, und Bäume, deren Namen wir (noch) nicht kennen. Wir fahren an Mango-Plantagen vorbei und sehen am Straßenrand immer wieder Warnschilder, die auf Überschwemmungen nach starken Regenfällen hinweisen. Um die Bedeutung dieser Hinweise zu erhöhen, stehen daneben Messlatten, die 2 Meter in der Höhe anzeigen. Das kann ja heiter werden.

Inzwischen haben wir die Wetlands erreicht und fahren zu dem ausgewiesenen Aussichtspunkt. Ein Gewitter stoppt unseren Eifer, den Aussichtsturm zu besteigen, stattdessen machen wir ein Mittagsschläfchen. Campervans sind doch was herrliches, man hat immer sein Bett, den Kühlschrank und den Kleiderschrank dabei. Auf der Weiterfahrt entdecken wir die ersten Termitenbauten. Wir finden einen Platz, wo man gefahrlos anhalten kann, und ich springe aus dem Auto. „Der ist bestimmt zwei Meter hoch“, rufe ich begeistert. Als ich später das Foto betrachte sehe ich, wie sehr ich mich verschätzt habe.

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In unserem Atlas war ein Platz markiert, den wir ansteuern. Als wir dort gerade versuchen, uns zu orientieren, kommt ein doppelt so großes Wohnmobil herangerauscht, und lachend steigen Stella und Martin aus. Sie umarmen uns, als seien wir langjährige Freunde und erklären, dass sie den nächsten Stellplatz im Kakadu-Nationalpark ansteuern werden, weil der auf dem wir gerade stehen weder sanitäre Anlagen noch Wasser und Elektrizität hat.

Wir schließen uns an und treffen die beiden gleich an der Rezeption, wo wir sowohl die Eintrittskarten für den Park zum Rentnertarif kaufen, als auch die Gebühr für den Stellplatz entrichten können. Eine junge Polin aus Brelau, die in Australien mit dem Work and Travel-Programm unterwegs ist, händigt uns eine Landkarte vom Park aus. Etliche Straßen sind jetzt, zum Ende der Regenzeit noch gesperrt. Wenigstens auf dem Campingplatz haben wir freie Platzwahl und stellen uns wieder in die Nähe der Waschräume. Die Stellplätze sind nicht extra markiert, sondern nur durch einen Wasserhahn und eine Steckose als solche zu erkennen. Wie man sich dann dort hinstellt, ist jedem selbst überlassen. Es gibt einen schönen Pool, der uns magisch anzieht. Ein großes Sonnensegel ist hier aufgespannt. Die Australier haben einen Riesenrespekt vor der Sonneneinstrahlung – zu Recht, denn die Anzahl der Todesfälle durch Hautkrebs ist die höchste weltweit. Um diese Uhrzeit besteht jedoch keine Gefahr, die Sonne geht gleich unter. Zeit für die Flughunde, den Himmel unsicher zu machen. Wir freuen uns über die uns aus Sri Lanka vertauten Silhouetten am Himmel. Der Pool hat aus Sicherheitsgründen rundherum einen hohen Zaun. Auch ein noch so großes Krokodil hätte keine Chancen, sich hier häuslich einzurichten. Nach dem ersten Schreck wegen der Temperatur genießen wir das Suhlen im badewannenwarmen Wasser.

Nach sieben Monaten in fast immer klimatisierten Räumen müssen wir uns erst mal an das Schlafen ohne Kühlung gewöhnen. Am nächsten Morgen sehen wir unser erstes Känguru, ein Wallaby. Keine 10 Meter entfernt hockt es im Gras und frühstückt.

Wir packen zusammen und weiter geht die Fahrt in Richtung Jabiru und Katherine. Außer den bereits eingezeichneten Straßen sind etliche andere gesperrt.

Bedingt durch die vorangegangene Regenzeit und die damit einher gehenden Überschwemmungen verlassen die Krokodile häufig ihre angestammten Gewässer und suchen neue Gebiete auf. Dann wird zur Sicherheit der Besucher lieber zu viel als zu wenig gesperrt. Außerdem sind die nicht asphaltierten Straßen noch aufgeweicht. Wir sind froh, dass eines der wichtigsten Zeugnisse der Aboriginee-Kultur erreichbar ist, der Burrungkuy Park mit den 20.000 Jahre alten Zeichnungen.

Die Wege sind gut angelegt und die Sehenswürdigkeiten gut beschrieben. Mit uns ist nur noch ein Ehepaar mit zwei Kindern unterwegs. Die 12 Kilometer lange Wanderung durch das Gebiet ist bestimmt unglaublich interessant, doch die Temperaturen von nahe 40 Grad lassen jegliches Interesse daran in uns verdorren.

Zwei von uns favorisierte Campingplätze sind geschlossen, auf dem dritten, der auch wieder einen schönen Pool hat, treffen wir auch Stella und Martin wieder.

Es ist ein Dilemma, drinnen im Camper ist es zu warm, draußen lauern die Raubtiere, die nur eins wollen: BLUT. Der Wunsch nach einen Luftzug und einem Blick in den faszinierenden Sternenhimmel lässt alle Vorsicht vergessen. Wir sitzen noch ein wenig draußen, aber das muss ich büßen. Über 200 Mückenstiche fange ich mir ein, Klaus bleibt für heute verschont.

Im Northern Teritory (Australien)

Eigentlich wollten wir hier länger bleiben, aber da so viele Sehenswürdigkeiten für uns unerreichbar sind entschließen wir uns, bereits nach einer Nacht weiter zu ziehen. Auf dem Weg halten wir noch am Warradjan Aboriginal Cutural Centre, einem Museum dass sich mit der ursprünglichen Lebensweise der Ureinwohner befasst. Es ist sehr liebevoll gestaltet, in Erdfarben gestrichen und mit vielen Exponaten anschaulich bestückt. Hier kann sich jeder intensiver mit der Geschichte Australiens und seiner Menschen beschäftigen.

Bei der Weiterfahrt durch den Kakadu-Nationalpark stellen wir immer wieder fest, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben. Zu allen abseits der Hauptstraße gelegenen Sehenswürdigkeiten ist die Zufahrt gesperrt. Es gibt ständig Hinweisschilder auf Krokodile und Pferde, aber sehen lässt sich weder die eine noch die andere Art. Nur die vielen Pferdeäpfel auf der Straße zeigen den Wahrheitsgehalt der Schilder.

Wir verlassen den Park in Richtung Katherine. Zuvor sehen wir eine Empfehlung, die historische Stadt Pine Creek zu besuchen. Der kommen wir gerne nach. Sie ist einfach bezaubernd, als wäre man in einer Filmkulisse gelandet. Fast bin ich enttäuscht, dass die Frauen nicht in langen Kleidern und mit Sonnenhüten herumlaufen. Das Gras ist kurz gemäht und herrlich grün, die Zäune drum herum leuchten weiß in der Nachmittagssonne,

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ein Wasserrad dreht sich im leichten Wind und das Laub der dichten Bäume raschelt ganz leise.

Pine Creek ist wie ein Freilichtmuseum, viele Maschinen aus der Zeit der Verlegung der Telegrafenleitung zwischen Darwin und Adelaide, des durch einen Zufallsfund anschließenden Goldrausches, sowie des späteren Eisenbahnbaus stehen noch herum als warteten sie darauf, jeden Moment wieder in Betrieb genommen zu werden. Nur dass der Tankwart Inder ist und uns fragt, ob wir nicht Chicken-Curry bei ihm essen wollen, lässt uns abrupt in die Gegenwart zurückkehren.

Katherine ist als viertgrößte Stadt des Northern Territory eine wichtige Stadt, die Zahl der Einwohner beläuft sich auf ca. 6.000, viele davon sind Aborigines. Die Geschäfte und Shopping-Center haben alle nur eine Etage, wozu auch in die Höhe bauen, Platz ist ja genug vorhanden. Trotzdem wird hier alles geboten, was die Menschen brauchen.Wir biegen auf den Victoria Highway ab und fahren Richtung Westen. Rund 100 Kilometer hinter Katherine finden wir einen kostenlosen Rastplatz, der Toiletten und Wasser hat. Wir parken unseren Camper zwischen zwei hohen Bäume in der Hoffnung auf Schatten am nächsten Morgen. Während Klaus den dort installierten Grill befeuert, wasche ich einen Tisch und zwei Bänke ab. Wir sind mit der Zubereitung des Abendessens beschäftigt, als zwei Autos mit Dachzelt, bzw. Zeltanhänger angefahren kommen und die beiden Paare sich ebenfalls für die Nacht einrichten. Unser Platz liegt abseits des Highway, und während der Nacht hört man hin und wieder einen Roadtrain vorbei donnern. An der Zugmaschine hängen meistens drei, manchmal sogar vier Anhänger. Bei Nacht sind sie durch umlaufende Beleuchtung kenntlich gemacht.

Sobald es dämmert, beginnen die Vögel ihr Konzert. Interessiert beobachten sie, wie wir Frühstück machen, vielleicht fällt ja was für sie ab. Wir sind die Letzten, die den Rastplatz morgens verlassen und setzen unsere Fahrt fort. Die Flüsse, die wir überqueren, haben alle so schöne Namen wie: Mary, Laura, Edith, Mabel, Victoria usw. Jetzt in dieser Jahreszeit führen längst nicht mehr alle Wasser.

Wir überqueren eine Brücke und sehen am linken Straßenrand einen Radfahrer stehen. Da er mit einem Tandem unterwegs ist, muss der Partner/die Partnerin auch irgendwo sein und er wartet wohl gerade auf die fehlende Person. Es ist uns ein Rätsel, wie Menschen solche Anstrengungen auf sich nehmen können. Die Temperaturen im Schatten sind nahe 40 Grad, aber auf der Straße ist kein Schatten. Immer wieder wurden wir gewarnt, bloß nicht länger als 10 Minuten in der Hitze zu laufen und unbedingt 3 bis 4 Liter Wasser täglich zu trinken. Wenn man diese Menge schon bei solch geringer Anstrengung braucht, müssten die Radler eigentlich einen kleinen Anhänger mit Wasserfass mit sich führen.

Die Straße ist ein Highway mit zwei Fahrspuren. Allerdings sind Geschwindigkeiten zwischen 110 und 130 Stundenkilometer erlaubt. Obwohl uns nur alle 5 bis 10 Minuten ein Fahrzeug entgegen kommt, passieren auch hier Unfälle. Zwar sind in der Mehrzahl Tiere betroffen, wir sehen viele tote Kängurus, einige Rinder, einen Hund, ein Opossum und eine Schlange und etliche Vögel. Aber auch Menschen kommen zu Tode, daran erinnern geschmückte Kreuze am Straßenrand. Aber die Straßenbauer haben sich einiges einfallen lassen, damit auf den schier endlosen Strecken keine Langeweile aufkommt. Sei es, dass die beiden Fahrspuren sich zu einer verengen, weil die Brücke nur Platz für ein Fahrzeug bietet. Oder es sind „Grids“ = Gitter mit Querrillen über die Straße gebaut, auf denen die Autos durchgerüttelt werden. Rinder laufen nicht über diese Gitter; sie lassen sich schon durch aufgemalte dunkle Streifen auf dem Asphalt abhalten. Das bedeutet allerdings nur, dass sie ihren Farmbezirk nicht über den Highway verlassen. Dazwischen ist manches Mal eine Vollbremsung nötig ist, weil sie mitten auf der Straße stehen.

Hin und wieder müssen die Straßen auch ausgebessert werden. Sie sind entweder durch die Roadtrains beschädigt oder durch heftige Regenfälle unterspült worden. Der dann einspurige Verkehr wird nicht durch Ampeln, sondern durch „Stopp-„ und „Slow-Man“ geregelt. Die winken den Autofahrern dann als Zugabe noch freundlich zu.

Wir fahren durch eine fantastische Gegend, Tafelberge, Termitenhügel, grüner Bewuchs in allen Schattierungen und Flussläufe mit und ohne Wasser. Obwohl links und rechts der Straße außer Landschaft nichts ist, gibt es wenig Parkplätze. Meistens liegen 50 bis 100 Kilometer Entfernung dazwischen. Einfach am Straßenrand anhalten ist auch selten möglich, deshalb bleiben viele schöne Motive unfotografiert, obwohl wir hart daran arbeiten, unsere Drivies (währen der Fahrt fotografierte Bilder) zu perfektionieren. Das kennen wir von Amerika anders, Hinweise auf Sehenswürdigkeiten oder Fotomotive gibt es schon viele Kilometer vorher, und zu den Sehenswürdigkeiten führen Straßen, die mit jedem normalen Fahrzeugen zu befahren sind.

Auffällig sind kilometerlange verbrannte Flächen links und rechts der Straße. Bei einigen sprießt schon wieder frisches Grün, bei anderen qualmt es noch. Und dann kommen wir an einem Stück vorbei, wo die Flammen hoch ausschlagen. Über der brennenden Fläche kreist ein Schwarm Raubvögel. Hier ist reiche Beute zu machen, flüchtende Kleintiere können vielleicht dem Feuer aber nicht den scharfen Schnäbeln und Krallen entgehen. Fast könnte man glauben, die Vögel haben inzwischen gelernt, Feuer zu legen. In den nächsten Tagen sehen wir: Irgendwo qualmt es immer. Und um die Menschen zu sensibilisieren, gibt es auch dafür extra Schilder, die in jeder Region über die aktuelle Waldbrandgefahr informieren.

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Aus unserem Atlas haben wir uns einen Rastplatz namens Zebra Rock Mine ausgesucht. Er liegt 14 Kilometer abseits des Highway, 6 Kilometer davon auf unbefestigter Straße. Gemäß Vertrag mit unserer Mietwagenfirma dürfen wir bis zu 13 Kilometer auf einer solchen Straße fahren, um einen Campingplatz oder eine Sehenswürdigkeit zu erreichen. Dieser Platz bietet beides, die geologische Besonderheit dieser Region ist weltweit einzigartig. Milliarden Jahre altes Gestein wurde durch Druck und Wärme (Metamophose) mit eisenhaltigen Ablagerungen verbacken und ließ fantastische Muster entstehen. Die Besitzer des Platzes fertigen wunderschöne Schmuck- und Dekorationsstücke daraus.

Soweit ab von irgendwelchen Ansiedlungen ist der Sternenhimmel in der Nacht die einzige Beleuchtung. Ein wunderschöner Platz mit besonderer Atmosphäre.

Von Kununurra nach Broome (Australien)

Obwohl es uns hier so gut gefällt, brechen wir am Morgen auf. Uns ist das Brot verschimmelt und wir müssen in die nächste Stadt, um einzukaufen. Kununurra (sprich Kenenärra) liegt bereits in West-Australien und ob man es glaubt oder nicht, es gibt einen Grenzübergang von einem Bundesstaat in den nächsten.
DSC04880Roadtrains dürfen ab hier nur noch 53,5 Meter lang sein. Die Geschwindigkeit auf den Straßen ist auf 110 kmh begrenzt. Es gibt aber noch weitere Einschränkungen: Alles frische Obst und Gemüse darf nicht mit über die Grenze. Die Besitzer unseres letzten Campingplatzes hatten uns bereits darauf hingewiesen und wir haben alle Lebensmittel dieser Kategorie dort gelassen. So wird es wenigstens nicht vernichtet, sondern noch gegessen.
Tatsächlich kontrolliert der Grenzbeamte unseren Kühlschrank auf verbotene Waren und wünscht uns dann eine gute Weiterfahrt. Er gibt uns noch den Tipp, den Lake Argyle zu besuchen, er sei wunderschön. Wir verstehen nur die Hälfte, von dem was er sagt, und so haben wir bereits die Abzweigung hinter uns, als wir uns zusammen reimen, was er uns empfohlen hat. Rein sprachlich haben wir noch viel zu lernen. Aber vermutlich klingen wir für die Australier auch absonderlich. In einem Supermarkt beraten wir uns in unserer Muttersprache, als eine Frau auf uns zukommt und fragt, wo wir herkämen. Die Antwort stellt sie zufrieden. Grinsend murmelt sie: „Dachte ich‘s mir doch, was ein Dialekt!“
In Kununurra frühstücken wir und gehen in den Supermarkt. Alkohol gibt es nur in speziellen Läden, den Liquorshops, aber der ist am Sonntag geschlossen. Macht nichts, trinken wir eben Wasser, das haben wir in ausreichender Menge dabei. Am Ende des Victoria Highway müssen wir uns entscheiden, ob wir nach rechts über die Gibb-River-Road fahren oder über den Northern Highway. Die Befragung unseres Navis nimmt uns die Entscheidung ab. Die erste Strecke braucht für 500 Kilometer einen Tag und 13 Stunden Fahrzeit. Hier befindet man sich zwar in der Nähe der meisten Naturschönheiten der Kimberley-Region, aber es bedeutet eben auch viele Kilometer auf unbefestigten Straßen – mit unserem Fahrzeug einfach nicht zu machen. Dasselbe gilt für die Bungle Bungles im Purnululu Nationalpark. Der Ausweg wäre ein Flug mit dem Hubschrauber über die großartige Felsformation, kostet aber für 30 Minuten 300 $ pro Person. Auch darauf müssen wir verzichten. Bei einem Stopp im Warmun Turkey Creek Roadhouse sehen wir uns ein Video mit Aufnahmen aus dem Hubschrauber an und stellen uns vor, wir wären dabei gewesen.
In Halls Creek übernachten wir. Auch der Ort hat Charme, ist großzügig und mit viel Grün angelegt. Die Häuser stehen nicht direkt an den bereits breiten Straßen, zwischen Bürgersteigen und Häusern liegen mindestens 50 Meter Rasenfläche. Hohe Bäume beschatten Straßen und Grünflächen.


Ab Halls Creek wird die Landschaft flacher, hin und wieder ist ein Tafelberg zu sehen. Dafür sieht man auf weiten Strecken wieder Termitenbauten. Die Architektur dieser Behausungen ist beeindruckend. Da gibt es Termiten, die offenbar Antonio Gaudis Sagrada Familia nachbauen (oder hat der große Katalane sich hier die Inspiration geholt?). Andere verwenden eine Schollen- oder Schuppentechnik. Es macht auf jeden Fall Spaß, in den Bauten Figuren zu erkennen. Da vorne rechts steht die Venus von Willendorf, Meister Yoda ein Stück weiter. Links sind schneebedeckte Tannenbäume auszumachen, Adenauers Kopf ist dort zu sehen, und überhaupt wimmelt es von Gnomen und Fabelwesen. In normal großen Termitenbauten leben 200.000 bis 300.000 Tiere, in den größeren über eine Million. Die Menge dieser Tiere muss so groß sein, dass es dafür (Mathematiker lesen jetzt bitte nicht weiter) keine Zahl mehr gibt.


Ebenso beeindrucken uns die vielen Formen der Boab-Bäume, verwandt mit den afrikanischen Baobabs (Affenbrotbäume). Da gibt es Stämme, die sich nach oben verjüngen, Mutter und Kind-Statuen, Sixpacks und einen dicken Stamm, den wir im Vorbeifahren entdecken. Hier ist wenigstens mal ein Parkplatz, wir biegen ein und laufen staunend um diesen Baum herum. Zuerst halten wir ihn für den berühmten Prison Tree, aber der ist erst bei Derby zu finden, wo unsere heutige Fahrtstrecke endet.

Wir suchen einen Platz zum Übernachten. In der Stadt Derby (5.000 Einwohner) gibt es mehrere, aber wer so vermessen ist wie wir, und erst nach fünf Uhr nachmittags ankommt, hat eben Pech. Erkundigungen bei mehreren Stellen empfehlen uns einen Caravan-Park, der zu dieser späten Stunde noch geöffnet haben soll. Er hat, und der Besitzer ist umwerfend nett. Wir beschließen sofort, dass wir hier zwei Nächte bleiben.
Am nächsten Tag fahren wir zum Meer. Derby hat den höchsten Tidenhub der Südhalbkugel. Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut beträgt 12 Meter. Als wir ankommen ist wirklich weit und breit kein Meer zu sehen. Aber warten, bis das Wasser zurück kommt, ist in dieser Hitze unzumutbar.
P1100414Wir besuchen den Prison Tree und merken mal wieder, dass Ausflüge bei nahe 40 Grad im Schatten nichts für Menschen in unserem Alter und aus unseren Breitengraden sind. Wir schleichen in praller Sonne über die staubige rote Erde, und obwohl wir nur 100 Meter laufen müssen, nehmen wir eine Flasche Wasser mit. Der Baum hat einen Umfang von 14 Metern und ist innen hohl. Früher sollen hier Gefangene eingesperrt worden sein. Als sicher gilt jedoch, dass gefangene Aborigines hier versammelt wurden und aneinander gekettet die rund 7 Kilometer zum Meer laufen mussten. Sie wurden nach Broome, ins Perlmut-Zentrum gebracht. Dort sollten sie als Muscheltaucher oder Arbeiter bei der Herstellung von Knöpfen eingesetzt werden. Die Knopf-Industrie florierte, bis die billigere Herstellung von Knöpfen aus Kunststoff die harte Arbeit überflüssig machte.
Wir besuchen noch das Informationszentrum, wo die Bilder der Sehenswürdigkeiten in der Kimberley-Region uns den Mund wässrig machen. Aber auch hier gilt wieder, die Straßen sind nur mit einem 4WD zu befahren, allerdings ist über die Hälfte zur Zeit auch für diese Fahrzeuge gesperrt. Besondere Sehenswürdigkeiten sind manchmal nur per Flugzeug oder mit dem Boot zu besichtigen. Der „horizontale Wasserfall“ gehört dazu. Das Meer strömt bei einsetzender Ebbe oder Flut durch zwei schmale Felsenschluchten an Land oder vom Land weg. Die Touren kosten jeweils mehrere 100 $.
Am Abend kommt der Besitzer unseres Platzes und fragt: „Linda, hast du schon mit dem Essen angefangen?“ Als ich verneine, schwingt er sich auf sein Rad und kommt 5 Minuten später mit einer tropfenden Tüte zurück. Darin liegen auf Eis zwei frische Mud Crabs (Mangrovenkrebse). Er erklärt, wie ich sie kochen soll und verschwindet lächelnd. Geld will er nicht dafür. Ich befolge seine Anweisungen genauestens, und wir haben ein köstliches Abendessen.
Broome, die Perlenhauptstadt Australiens, ist unser nächstes Ziel, nur 220 Kilometer von Derby entfernt und ebenfalls am Meer gelegen. Hier ist der berühmte Cable-Beach, 1889 wurde das erste Telegrafenkabel zwischen Java und Broome verlegt. Heute ist der 22 Kilometer lange Strandabschnitt ein beliebter Ausflugsort für alle Arten von Freizeitbeschäftigung. Selbst Autos dürfen an den Strand, und abends kann man auf Kamelen in den Sonnenuntergang hinein reiten.

Auch am zweiten Abend laufen wir wieder zum Sonnenuntergang an den Strand. Es ist gerade Ebbe und der Strand ist nass und glänzt wie lackiert. Alles spiegelt sich, und der Sonnenuntergang findet doppelt statt. Wir laufen bis zum Meeressaum und langsam wieder zurück. Die Mondsichel am dunkelblauen Himmel, darunter die Venus, der orangerote Streifen über dem blaugrauen Meer, unbeschreiblich schön. Dieser Abend wird uns unvergesslich bleiben.

Von Broome in den Karijini Nationalpark (Australien)

(Wegen der Bilder ist diese Seite mit einer älteren Version verlinkt)

So gut uns Broome auch gefällt, wir müssen weiter. Schließlich haben wir uns eine ganz schöne Strecke vorgenommen, die wir in 8 Wochen zurücklegen wollen.
Bevor wir uns aber auf den Weg in Richtung Süden machen, fahren wir noch an die Westspitze der Halbinsel. Bei extremer Ebbe sind dort Saurier-Fußspuren zu sehen. Das Glück werden wir heute nicht haben, aber trotzdem ist dieser Endpunkt spektakulär. Ockerfarbene und rostrote Felsen türmen sich vor dem türkisblauen Meer auf. Wir klettern begeistert herum und fotografieren.

Wir sind noch so gefangen genommen von dem schönen Anblick, dass wir beim Losfahren nicht aufpassen und auf der unbefestigten Straße in die falsche Richtung fahren. Zwar bemerken wir den Fehler ziemlich schnell, aber wenden ist unmöglich. Recht bald geraten wir in losen Sand. Die ersten Male kann Klaus dank einer lang zurückliegenden „Erfahrung“ mit einem Jeep in den Dünen von Furteventura geschickt meistern. Doch irgendwann nutzen auch seine Fahrkünste nicht mehr, wir stecken fest. Während wir überlegen, was zu tun ist, hält ein Mann mit seinem hochbeinigen, 4WD Fahrzeug neben uns und bietet sofort seine Hilfe an. Er ist mit Klappspaten, Abschleppband und Walky Talky für solche Fälle perfekt ausgestattet. Wir leider nicht, an unserem Camper ist keine Abschleppöse zu finden. Beide Männer liegen im Sand und suchen nach einer geeigneten Stelle, das Band an unserem Auto zu befestigen. Mit Leichtigkeit zieht der starke Wagen uns aus den Sanddüne, aber der Fahrer weiß, es kommt noch mal eine Stelle, in der wir garantiert wieder stecken bleiben würden. So bringt er uns auch noch über diese Gefahrenstelle und verabschiedet sich freundlich und ohne etwas für seine Hilfe zu verlangen. Tausend Dank, Marvin.

Bei dem Manöver ist im Camper nichts mehr am ursprünglichen Platz, die Koffer sind heruntergefallen, die festgesteckten Körbchen ebenfalls. Der Inhalt liegt bunt gemischt herum. Dazu überall der rote Sand. Wir fahren zurück zum Cable Beach, dort gibt es Duschen am Strand, das reicht für die erste grobe Reinigung von Klaus, fürs Auto benutzen wir den Handfeger.

Die Straße führt durch ein großes Sumpfgebiet, ein idealer Platz für Wasservögel aller Art.
Wir brauchen noch einen elektrischen Adapter für den Camper und im gut ausgestatteten Laden entdecke ich auch eine Abteilung mit Outdoor-Kleidung. Klaus hat ein Poloshirt in der Hand und fragt nach einer größeren Ausgabe. „It`s leidi“, antwortet die Verkäuferin. Wir stehen auf dem Schlauch, bis wir kapieren, das es ein Hemd für Damen (Lady) ist.
Mit Verzögerung setzen wir unseren Weg in Richtung Port Hedland fort. Unser geplantes Ziel erreichen wir heute nicht mehr, aber ein Stück wollen wir wenigstens noch weiterfahren. Wir übernachten wieder am Highway auf einem der ausgewiesenen Rastplätze. Der Platz ist schön, aber es wimmelt von Mücken und Käfern, wir können nicht mal draußen essen. Durch die kleinesten Ritzen kommen die Insekten. Direkt nach Sonnenaufgang fahren wir weiter, ohne zu frühstücken.

Das holen wir eine Stunde später an einem Rasthof (Roadhouse) nach. Hier könne wir einen Roadtrain mit drei Anhängern bestaunen, aber es gibt noch eine weitere Sehenswürdigkeit. Die Besitzer haben offenbar eine Vorliebe für Pfauen, mindestens 20 dieser Vögel laufen hier frei herum. Neben dem Gebäude wurde ein kleines Museum errichtet. Es gibt noch einige verrostete alte Gegenstände: Eine Tanksäule, einen Kühlschrank und verschiedene Geräte. An der Wand hängen Zeitungsartikel aus den 80er Jahren, die von den verheerenden Auswirkungen zweier Taifune berichten. Offenbar war diese Raststätte auch betroffen.
DSC05157Wir lassen Port Hedland – eine Stadt mit großem Hafen für die Verschiffung von Eisenerz und Salz links, genauer gesagt rechts liegen und fahren weiter auf dem Highway. Hier herrscht viel Verkehr, die Roadtrains mit drei Anhängern sind leer zu den Minen und beladen zum Hafen unterwegs. Dann müssen wir noch vor einer Bahnschranke halten und haben das Vergnügen, einen der 300 Meter langen Güterzüge an uns vorbeifahren zu sehen.
Das Landesinnere ist unser Ziel, wir wollen in den Karijini National Park (zweitgrößter Westaustraliens) und haben noch etliche Kilometer vor uns. In der Region Pilbara, in der auch der Nationalpark liegt, gibt es große Eisenerzvorkommen. Als uns ein PKW entgegenkommt mit dem Warnhinweis auf einen Transport mit Überbreite, denke ich mir nicht viel dabei. Ich steuere unsern Camper ganz nach links und gehe mit der Geschwindigkeit runter. Der nächste PKW warnt mich mit der Lichthupe, so dass ich auf den hier glücklicherweise vorhandenen Seitenstreifen lenke, und dann kommt die Überbreite auf uns zu.
DSC05161Das Fahrzeug nimmt exakt beide Spuren ein, da bleibt mir noch nachträglich die Luft weg.
Die Landschaft ist flach, man kann unendlich weit gucken. Wo und warum hier ein Nationalpark sein soll, ist momentan noch unverständlich. Doch allmählich kommen wir in hügeliges Gebiet und kurz nach Sonnenuntergang erreichen wir den Campingplatz. Trotzdem können wir uns nicht vorstellen, dass es hier spektakuläre Schluchten gibt.
Am nächsten Morgen melden wir uns erst mal an, am Vorabend war das Büro bereits geschlossen. Wir bekommen Informationen über den Park, Pläne der Umgebung und einige Tipps für Ausflüge. Hier befinden wir uns auf einem Plateau in 600 Metern Höhe.
DSC05231Vom Parkplatz aus kommen wir nach 100 Metern an eine Aussichtsplattform und schauen genau in einen Naturpool, der ca. 60 Meter unter uns liegt. Hier vergnügen sich schon ein paar Familien mit Kindern. Das Gekreische ist bis zu uns herauf zu hören. Der Weg hinunter ist mit Schwierigkeitsstufe 4 von 5 bezeichnet. Aber da habe ich mir umsonst Gedanken gemacht, unsere Dschungeltouren haben uns für solche Pfade fit gemacht.

Unten in der Schlucht angekommen entschließen wir uns, den 1,5 stündigen Wanderweg zum anderen Felsenpool zu laufen. Hier am Grund ist es schattig und auch die lästigen Fliegen sind uns nicht gefolgt. Das Gestein in diesem Nationalpark ist über 2,5 Milliarden Jahre alt und gehört damit zum ältesten der Erde. Die Zuflüsse des Fortescue River haben sich 100 Meter tief eingegraben und bizarre Schluchten in herrlichen Farben und wunderbare Felsenpools geschaffen, die das ganze Jahr über Wasser bereit halten. Nach dem Weg über Steine und durch Wasserläufe erreichen wir den Pool mit den Fortescue-Fällen. Hier legen wir auch eine Badepause ein. Das Wasser ist erfrischend kühl. Dort komme ich mit einer Australierin ins Gespräch. Sie erzählt mir, dass ihr neuseeländischer Ehemann als Mechaniker für eine Minengesellschaft die großen Maschinen wartet und die Familie mit den vier Kindern seit 3,5 Jahren in einem großen Wohnmobil lebt und jeweils dorthin fährt, wo der Mann Arbeitseinsätze hat. Da Australien zwar Bildungs- aber keine Schulpflicht hat, können die Kinder entweder eine virtuelle Schule besuchen oder von den Eltern mit vom Staat zur Verfügung gestellten Lehrmaterial unterrichtet werden. Zur Zeit sind Herbstferien, deshalb sind so viele Familien mit Kindern unterwegs.
P1100554Der zweite Pool, den wir besuchen, ist noch größer und das Wasser noch etwas kälter als im ersten. Trotzdem schwimmen wir einmal bis zum Wasserfall und wieder zurück. Auf dem Rückweg entdecken wir in einer Baumgruppe eine große Kolonie fliegende Hunde.
DSC05270Für den Aufstieg sind hier bequeme Treppen angebracht, und alle Stufen haben eine einheitliche Höhe. Trotz dieser Erleichterung bin ich oben schon geschafft, und dann noch der Weg zurück unter brennender Sonne. Ein uns entgegenkommender Mann weist uns auf die tollen Farben hin, durch den kürzlich gefallenen Regen ist frisches Grün gewachsen. „Das sieht man hier sehr selten,“ erzählt er und ich verspreche, viele Fotos zu machen.
Abends wird es recht frisch und wir sind froh, dass eine Steppdecke zur Ausstattung unseres Campers gehört. In der Nacht heulen die Dingos, sie müssen ganz in der Nähe sein. Da ist es schon ein beruhigendes Gefühl, Metall- und keine Zeltwände um sich herum zu haben.
Bevor wir den Nationalpark endgültig verlassen, fahren wir noch zum Besucherzentrum und schauen uns die Informationstafeln an. Wir bekommen den Hinweis auf eine weitere spektakuläre Schlucht, die wollen wir uns auf jeden Fall noch ansehen. Auf dem Weg dorthin läuft vor unserem Auto ein Emu über die Straße. Er verharrt noch einen Moment, bevor er im dichten Gebüsch verschwindet.

Die Joffre-Schlucht ist wirklich noch beeindruckender, über große Felsenstufen (Schwierigkeitsstufe 5) erreicht man das tief liegende Badeparadies, beginnend mit einem runden Becken mit einer Kiesbank in der Mitte, dann folgt ein tiefer Pool, der an einer schmalen Felsbarriere endet. Dahinter verläuft ein sehr enger Flusslauf, der sich wiederum in einen Pool erweitert. Überall wird gebadet, von den Felsen gesprungen oder man sonnt sich auf den Steinplatten. Der Weg ist wirklich anstrengend, und weil ich gestern zuviel Sonne abbekommen habe und mich mit Kopfschmerzen plage, verzichten wir auf den beschwerlichen Weg. Ist wahrscheinlich auch besser so, wir haben ja noch immer einen weiten Weg vor uns.

Vom Karijini NP nach Carnarvon (Australien)

Wieder führt uns unser Weg durch schöne Landschaft. Wir fahren in die Minenstadt Tom Price, sie liegt rund 750 Meter über dem Meeresspiegel und ist die am höchsten gelegene Stadt Westaustraliens. Wir kaufen in diesem netten Städtchen ein. Weiter geht es Richtung Nanutarra.



Am Ortsausgang ist eines der großen im Bergbau eingesetzten Fahrzeuge ausgestellt. Später sehen wir am Straßenrand noch die dazu passenden Reifen, ausrangiert und weiß angestrichen und erst jetzt merkt man, wie überdimensional diese ganzen Maschinen sind.


 
Wir sind bereits 25 Kilometer gefahren, als wir die Abzweigung erreichen und erst hier merken: Vor uns liegen 57 Kilometer unbefestigte Straße. Im Autoatlas ist das nicht zu erkennen. Schon nach wenigen 100 Metern merken wir, hier können wir unmöglich fahren, selbst bei einer Geschwindigkeit von 20 kmh bebt der ganze Camper und im Küchenbereich rasselt und klappert es. Ich bin sicher, wenn wir nach dieser Strecke die Tür öffnen, gibt es keine Schränke mehr, dann fallen uns die Bretter und Schrauben einzeln entgegen. Es bleibt uns nur übrig, umzudrehen, zurück nach Tom Price zu fahren und die Strecke über Paraburdoo mit einem Umweg von insgesamt 180 Kilometern zu fahren.
Zwei Stunden später erreichen wir die Einmündung der Holperstrecke, aber wenigstens ist bei uns alles heil geblieben. Der Campingplatz in Paraburdoo ist zwar pieksauber, aber hier stehen einheitliche Mobilhomes in Reih und Glied nebeneinander, es gibt keinen Baum und keinen Strauch. Hier wollen wir nicht übernachten, es ist schließlich auch noch hell genug, den 100 Kilometer entfernt liegenden nächsten Platz anzufahren. Wir erreichen Sheelas Plains Farm Stay kurz nach Sonnenuntergang. Das ist für uns das erste Mal, dass wir auf einer Farm übernachten. Der Platz gefällt uns. In einem großen Oval gruppieren sich die Fahrzeuge um eine Rasenfläche. Campingküche und sanitäre Anlagen sind sauber und gepflegt. Die Luft ist herrlich, wir sitzen nach dem Essen noch eine Weile draußen und schauen in die Sterne.
Wir sind schon entschlossen, noch eine weitere Nacht hier zu bleiben, aber da haben wir den Camper noch nicht verlassen. Draußen erwarten uns Fliegen. Die sind – noch vor den Mücken – das lästigste Viehzeug Australiens. Sie sehen aus wie halbstarke Stubenfliegen, sind aber sehr viel zielstrebiger. Sobald man das Auto verlässt, stürzen sie sich auf das hilflose Opfer und versuchen in Augen, Nase, Mund und Ohren zu gelangen. Wir sind so vermessen, draußen zu frühstücken, und jeder Bissen den man zum Mund führt muss ernsthaft verteidigt werden. Jeder von uns ist von mindestens 50 Exemplaren umschwärmt. Wir werfen alles ins Auto und flüchten.
Die Küste ist unser Ziel, daran gibt es keinen Zweifel, nur ob wir nach Norden (Exmouth) oder Süden (Coral Bay) fahren, ist noch nicht entschieden. Die Beschreibung in unserem Reiseführer bringt nähere Erläuterungen: In Exmouth kann man mit Walhaien schwimmen (kostet auch wieder eine Stange Geld), in Coral Bay hat man die Korallen direkt am Strand. Letztendlich entschließen wir uns für Coral Bay, weil wir mit der Zeit knausern müssen und es auch für unseren Geldbeutel besser ist.



Auf der Fahrt dorthin wird die Vegetation immer eintöniger, es gibt wieder Termitenhügel, aber weder Baum noch Strauch, nur eine Grasart. Hier pfeift der Wind, und rüttelt an unserem Auto. Eine Zufallsbekanntschaft im Supermarkt in Derby hatte uns einen bestimmten Campingplatz empfohlen, und dort bekommen wir auch einen Stellplatz mit Stromanschluss. Wir haben zwar keinen Meerblick, aber nach 2 Minuten laufen ist man am Strand. Wir sind gemeinsam mit einem Schlechtwettergebiet hier angekommen und halten uns am ersten Abend hauptsächlich im Camper auf. Auch am nächsten Tag ist es noch stürmisch, die Palmen biegen sich, es ist nicht daran zu denken, draußen zu frühstücken. Der Toast würde uns vom Teller geweht werden.



Wir nutzen die Zeit zum Schreiben, um Fotos auf den Computer zu laden und zu sortieren, eine Waschmaschine in Betrieb zu nehmen, Kleidung zu sortieren, einiges umzuräumen und im Nu ist es Nachmittag. Der Wind hat etwas nachgelassen und wir wollen uns den Sonnenuntergang anschauen. Hier an der Westküste gibt es so viele ideale Plätze. Trotz der dichten Wolken liefert die Sonne uns ein Schauspiel mit einem Regenbogen als Zugabe.


Wie unser Nachbar Peter uns versprochen hat, haben wir am nächsten Tag wieder herrlichen Sonnenschein. Dick eingecremt und mit einem Shirt über den Badesachen gehen wir mit geliehener ABC-Ausrüstung (Maske, Schnorchel und Flossen) ins Wasser. Keine 50 Meter vom Ufer sind wir am insgesamt 250 Kilometer langen Ningaloo-Riff und schnorcheln zuerst gegen, später mit der Strömung über die Korallen. Es sieht aus, als ob wir über ein riesiges Kohlkopf- oder Salatfeld gleiten, die Korallen haben überwiegend diese Form. Daneben gibt es aber auch Hirn- oder Hirschgeweihkorallen. Das Schönste, was wir heute zu sehen bekommen, ist eine grüne Meeresschildkröte, die gemächlich über die Kohlköpfe paddelt. Viele Korallenfische sind zu sehen. Für die großen Bewohner wie Haie oder Mantas muss man bis ans Außenriff schnorcheln, aber dazu ist die Strömung im Moment zu stark und das Wasser ohne Neopren-Anzug zu frisch.
Wir haben uns gerade wieder in der Sonne aufgewärmt, als wir ein Stückchen weiter nördlich einen Menschenauflauf im Wasser sehen. Neugierig laufen wir auf weichem Sandboden durch das knietiefe Wasser. In erster Reihe stehen vor allem Kinder. Eine junge Frau gibt jedem eine Art Erbse in die Hand, und plötzlich wird das Wasser aufgewühlt. Ein Schwarm Schnapper kommt – wie jeden Nachmittag um 15.30 Uhr – zum Fressen hierher. Sie nehmen den Kindern das Fischfutter aus den Händen. Die unterschiedlichen Reaktionen der Kinder zu sehen ist fast noch spannender, als die Fische zu beobachten.


Doch nach drei Nächten in dieser schönen Bucht brechen wir auf. Noch einmal laufen wir zum Aussichtspunkt in den Dünen und treffen dort Steven und Susanna, ein Ehepaar aus Sydney. Susannas Vorfahren stammen aus Münster und Gronau und sie spricht sehr gut deutsch. Beide warnen uns vor der Stadt Carnarvon. Wegen der vielen Aborigines haben sie sich dort nicht nur unwohl, sondern auch nicht sicher gefühlt. Wir müssen auf jeden Fall auf dem Highway Nr. 1 in Richtung Süden und denken nicht weiter daran. Bisher haben wir drei lebendige Kängurus gesehen, am Straßenrand liegen Dutzende in allen Verwesungsstadien. Ständig sehen wir zusätzlich von der Sonne gebleichte Gerippe mehr oder weniger vollständig im roten Sand liegen. Was das mal war, ist nicht mehr zu erkennen.
Ein Schild macht uns darauf aufmerksam, dass wir gerade den Wendekreis des Steinbocks überqueren und damit in die subtropische Zone wechseln.


Am Nachmittag erreichen wir die Stadt Carnarvon an der Mündung des Gascoyne River. Zwar führt der Fluss zu dieser Jahreszeit kein sichtbares Wasser, aber unterirdisch versorgt er die ganze Gegend mit Grundwasser. Dadurch ist hier eine Oase mit Bouganvillea und Palme in der ariden Region entstanden. Rund um die Stadt Stadt liegen Obst- und Gemüseplantagen, hauptsächlich werden Bananen und Mangos angebaut. Jeden Samstag findet in hier ein Markt aufgebaut, wo die Produkte der Region angeboten werden.
Am Stadtrand gibt es einen Hinweis auf kriminelle Elemente. Man soll sich sofort mit der Polizei in Verbindung setzen, falls einem irgend etwas auffällt. Da fällt uns die Warnung wieder ein. Trotzdem suchen wir uns in der Stadt einen Caravan-Park für die Nacht. Wir haben keine Lust, heute noch weiter zu fahren.
Die Campingplätze in Australien sind toll. Sehr großzügig bemessen, entweder hat man vor dem Ausstieg eine zementierte Fläche, Rasen oder eine Matte. Dazu Strom- und Wasseranschluss für einen Aufpreis von 5 $ = 3 €. Je nach Größe des Platzes gibt es einen oder mehrere Sanitärbereiche mit Toiletten, Waschbecken und Duschkabinen, häufig noch ein extra Waschbecken, das nur für Babys vorgesehen ist. Auf diesem Platz bekommen wir einen Chip, mit dem man Zugang zu den Waschräumen hat. En-Suite-Waschkabinen hatten wir bisher noch nicht. Das sind viele kleine separate Badezimmer mit Dusche, Waschbecken und WC. Seife, Duschgel und Papierhandtücher liegen dagegen fast überall bereit. Manches Mal bekommt man auch einen Zettel mit einer Buchstaben-Zahlen-Kombination für ein entsprechendes Türschloss. Äußerst unangenehm, wenn es wirklich eilig ist und man den Zettel verlegt hat oder im Dunklen die Zahlen und Buchstaben auf der Tastatur nicht erkennen kann.
Auch der Küchenbereich ist gut ausgestattet. Arbeitsplatten, Herde, Kühlschrank, Spülbecken und Esstische sind Standard. Waschküchen mit mehreren Waschmaschinen, Trockner und Wäscheleinen sind häufig vorhanden. Ein schöner Aufenthaltsbereich mit Pool und ein Spielplatz gehört ebenfalls häufig dazu.
Wir haben uns auf diesem Platz auf jeden Fall sehr wohl und vor allem auch sicher gefühlt.

Stromatolithen in der Shark Bay und Kite-Surfer in Port Gregory (Australien)

(Wegen der Bilder ist diese Seite mit einer älteren Version verlinkt)

Die Sache mit dem Computer muss ich noch aufklären: Extra für die Reise haben wir ein günstige kleines Netbook bei einem Internethändler gekauft. Obwohl er internetfähig sein sollte hat das nie richtig geklappt. Wir haben schon in Sri Lanka einen entsprechenden externen WiFi-Adapter gekauft. Damit lief es meistens recht ordentlich. Nur hat die Sache meinem technikbegeisterten Mann keine Ruhe gelassen, so dass wir ihn in Kuala Lumpur zur Reparatur gegeben haben. Hier wird wirklich noch Alles repariert.   Aus den ursprünglich veranschlagten zwei Stunden Zeit wurden mehr als sechs. Der Techniker erklärte überzeugend, dass er jetzt problemlos laufe und zeigte das auch. Klaus ging gerade bezahlen, als ich mich noch mal vom Erfolg überzeugen will – es ging wieder nicht. Im anschließenden Trubel und intensiver Rumprobiererei fiel mein treues Arbeitsgerät auf den Boden. Voller Panik kaufen wir preiswert ein gebrauchtes Notebook, damit ich weiter am Blog arbeiten kann. Erst am nächsten Tag merken wir, dass unser Netbook doch noch läuft, nur ohne die Bildschirm-Touchfunktion. Mit externer Maus kann ich immer noch arbeiten. Doch jetzt gab es in unserem Camper einen zweiten Unfall, etwas Schweres fiel auf das angeschlossene Ladekabel. Der Bildschirm hat jetzt zwei eingedrückte Stellen und innen ist irgend etwas gerissen. Wenigstens können wir die bereits geschriebenen Texte und hochgeladenen Fotos noch retten. Nun arbeite ich mit dem gebrauchten Laptop mit englischer Tastatur und einigen Macken; wir werden uns schon aneinander gewöhnen.
Es ist kaum zu glauben, wir waren monatelang in „unterentwickelten“ Ländern unterwegs und hatten so gut wie immer freies WLAN. In Australien ist das ganz anders. Öffentliches WLAN gibt es nur selten, und wenn ein Caravan Park das mal anbietet, steht es oft nur während der Büro-Öffnungszeiten zur Verfügung. Bilder lassen sich erst gar nicht in den Text hochladen, dafür reicht die Leistung nicht aus. Wir müssen das Handy als Hotspot benutzen, funktioniert aber auch nur sehr begrenzt. Soviel wir wissen, gibt es keinen Anbieter, der ganz Australien abdeckt, aber das ist in diesem riesigen Land wohl auch zu viel verlangt.
Wir sind unterwegs zur Shark Bay. Von Carnarvon sind es nur 100 Kilometer – Luftlinie. Gefahren sind wir am Ende 360 Kilometer.

 
Wir kommen an einem Hügel vorbei, von dem aus man eine gute Sicht haben muss, also biegen wir ab und fahren hoch. Oben ist eine merkwürdige Ansammlung von Steinen und Gegenständen. Hier haben Hinterbliebene ihrer verstorbenen Lieben gedacht und sich auf sehr persönliche Weise von ihnen verabschiedet.
Shark Bay hat zwei Halbinseln, die wie Finger nach Nordwesten zeigen. Unser erster Stopp ist am Hamelin Pool. Hier kann man auf einem hölzernen Zugang eine der wenigen noch existierenden Stromatolithen-Kolononien der Welt besichtigen. In diesem Sedimentgestein stellen Mikroorganismen eine der ältesten Lebensformen dar. In der glühenden Mittagssonne stehen wir auf dem Steg und staunen.

 
Ein paar andere Touristen sind mit uns hier und huldigen diesen lebenden Fossilien jeder auf seine Art. Ein Franzose spielt ihnen etwas auf der Gitarre vor, die Asiaten halten sie immerhin für wichtig genug, um sie als Hintergrund für ihr Selfie zu akzeptieren. Ein paar Glücksschwalben gleiten als Zugabe elegant über das Wasser.
Weiter führt uns die Straße durch die wüstenartige Landschaft auf dem ersten Finger nach Norden. Hin und wieder leuchtet links oder rechts das Meer auf. Die einzige Stadt ist Denham, die uns auf den ersten Blick nicht besonders gefällt. Wir fahren noch 25 Kilometer weiter nach Monkey Mia, dem letzten erreichbaren Punkt für unseren Camper. Weiter nach Norden kann man nur noch mit 4WD-Fahrzeugen gelangen. Der Campingplatz ist gesperrt, weil hier groß renoviert und erweitert wird. Gut dass wir den Eintrittspreis für 2 Tage Nationalpark noch nicht bezahlt haben. Also doch zurück nach Denham und als wir in unserem Cararavan-Park sind, wo die Fahrzeuge auf Millionen von kleinen weißen Muschelschalen stehen, finden wir es plötzlich doch schön hier.
Nachdem alles aufgebaut ist, laufen wir zum Meer, spazieren auf der Promenade und gehen auf den Pier. Hier treffen wir unseren Nachbarn und seine Frau vom Campingplatz. Beide halten Angeln ins Wasser, sie haben Spezialköder für Kalmare. Wir unterhalten uns eine Weile und ich frage, ob es in Australien einen Gruß für Angler gibt. Als sie verneint, erzähle ich ihr von „Petri heil!“

Mit diesem Gruß verabschieden wir uns von den beiden. Kaum haben wir ihnen den Rücken zugedreht, ertönt hinter uns ein Freudenschrei. Bei der Nachbarin hat einer angebissen. Und der reicht schon für das Abendessen. Inzwischen hat die untergehende  Sonne alles wieder in ein magisches Licht getaucht und wir laufen auf breiten Bürgersteigen bergauf zu unserem Campingplatz.
Interessant: Die Hausnummern  stehen hier vor jedem Haus auf den Kantsteinen. Damit fällt es Besuchern aber auch Feuerwehr- oder Krankenwagenfahrern leicht, sich zurecht zu finden.

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Schnabeligel, Emu und Känguru kann man hier begegnen

Nach dem Frühstück fahren wir noch einmal nach Monkey Mia. Hier leben Delfine, Dugongs (Seekühe), Meeresschildkröten, Rochen und andere Tiere. Das Ticket für den Park hat 24 Stunden Gültigkeit, wir könnten also am nächsten Vormittag noch mal wiederkommen. In den 60er Jahren haben Fischer begonnen, Delfine mit Fischresten zu füttern. Bis in die heutige Zeit kommen die Delfine morgens an den Strand und werden gefüttert. Zuschauer müssen um 7.30 Uhr dort sein und werden in drei Gruppen eingeteilt. Im Abstand von 1 Stunde gibt es „Frühstück.“ Die Delfine sind namentlich bekannt und auf einer großen Übersichtstafel steht, wer in den letzten sieben Tagen zu welcher Zeit dort war. Die zuschauenden Menschen werden nur als Zahl erfasst.

Wir sind zur falschen Zeit dort, sehen aber Schildkröten. Die werden hier nicht angefüttert, aber in der Shark Bay gibt es große Seegraswiesen, die sie gerne besuchen. In diesem Nationalpark läuft ein Programm zur Wiederansiedlung der ursprünglichen Flora und Fauna. Dafür geht es Katzen und Ziegen buchstäblich an den Kragen. Viele der kleinen Beutelsäuger sind durch eingeschleppte Katzen nahezu verschwunden und die verwilderten Ziegen haben den Bestand an Kleingehölzen beinahe vollständig weg gefressen. Ob diese rückwärts gewandte Maßnahme Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten.
DSC05463Nach einem Erkundungsgang bis an die Spitze fahren wir zurück. Eine Stichstraße führt zu einer Lagune, die über einen relativ schmalen Kanal mit dem Meer verbunden ist. Die Sonne brennt unerbittlich vom Himmel und nirgends am Strand gibt es Schattenplätze, so dass wir auch hier  wieder weiterfahren. Aber der Kanal interessiert uns noch. Dieser speist die Lagune und fließt je nach Tide hin und her.
 

Als wir den sandigen Parkplatz ansteuern kommen uns zwei ausgewachsene Emus entgegen. Gerade hatten wir in Monkey Mia gelesen, dass man dort versucht hatte, einen aggressiven Emu umzusiedeln. Entgegen allen Warnungen und Bitten war er von Besuchern gefüttert worden. Nachdem er sich an diese leichte Nahrungsbeschaffung gewöhnt hatte, forderte er später immer aggressiver die ihm zustehenden Rationen. Mit heftigen Schnabelhieben ging er besonders auf Hunde los. Leider hat er die Gefangennahme nicht überlebt. Bei den Emus übernimmt das Männchen das Ausbrüten der Eier und die Aufzucht der Jungen. Die überaus starke Familienbindung lässt gefangene männliche Tiere vor Kummer eingehen. Wir steigen langsam aus dem Auto, aber die Emus zeigen keinerlei Interesse an uns, und wir trauen uns näher heran, um zu fotografieren.

Am Montag Morgen verlassen wir Denham. Ein kurzer Stopp an der Shell Bay ist unvermeidlich. Ein riesiger Strand aus Muscheln. Überall stehen Schilder, dass hier keine Muscheln gesammelt werden dürfen. Das interessiert aber Niemanden. Entweder sieht man tiefe Löcher oder die Menschen laufen mit Plastiktüten herum und sammeln. Es ist auch nicht so recht einzusehen, dass das Sammeln hier verboten ist, während am rechten Ende des Strandes mit Baggern die Muschelberge abgetragen werden und wie in unserem Caravan Park als Bodenbelag oder wie bei vielen Häusern als Beimischung im Verputz verwendet werden.

Weiter geht die Fahrt nach Kalbarri. Der Nationalpark gleichen Namens war uns als sehr sehenswert empfohlen worden. Die Anzahl der toten Kängurus, die wir heute zu sehen bekommen, ist unglaublich. Zum Glück gibt es auch schöne Dinge zu sehen. Wieder ändert sich die Vegetation. Links und rechts der Straße unzählige Bäume mit Blättern, die aussehen wie Laubsägearbeiten. Die übergroßen Blüten leuchten orange aus dem Blattgrün.

Es sind Banksien, die in vielen verschiedenen Formen im Südwesten Australiens vorkommen. Am Straßenrand fallen uns immer wieder gelbgrüne Kugeln auf. Es sieht aus, als ob ein mit Limetten beladener Lastwagen hier seine Fracht verloren hätte. Später finden wir heraus, dass es sich um wilde Melonen handelt, die zwar nicht giftig, aber bitter sind.
In Kalbarri wohnen wir direkt am Fluss. Ein schöner Weg führt am Ufer entlang zum Supermarkt, der für diesen kleinen Ort eine erstaunliche Auswahl an Lebensmitteln bietet. Obwohl es hier schon merklich kühler ist, können wir abends noch draußen sitzen und machen die Bekanntschaft von Irina und Marita aus Süddeutschland. Sie sind vor vier Tagen in Perth angekommen und fahren den umgekehrten Weg. Da gibt es eine Menge zu erzählen.
Am nächsten Morgen wollen wir die berühmteste Sehenswürdigkeit des Nationalparks besichtigen, das Natures Window. Aber wir stehen vor einer gesperrten Straße. „Controlled burning“ steht heute auf dem Schild, also Abbrennen des Unterholzes. Enttäuscht müssen wir umdrehen, fahren erst zu einem neu errichteten Aussichtspunkt auf einem kleinen Berg, danach ins Besucherzentrum in Kalbarri. Versehen mit Broschüren über die Südwest- und Südküste fahren wir zur Küste, um dort die anderen Sehenswürdigkeiten des Parks zu besichtigen. Am Red Bluff treffen wir unsere Nachbarinnen von gestern Abend wieder.

Wir sollen unbedingt zurückfahren, um die vom Murchison River modellierte Schlucht zu besuchen, empfehlen uns die beiden Frauen. Das machen wir doch, dabei sehen wir die Rauchwolken des „Controlled Burnings“ über dem Park und an zwei anderen Stellen.

Später halten wir noch an verschiedenen Aussichtspunkten an der Küste, um die vom Meer gestaltete Felsenküste zum Beispiel mit der „Natural Bridge“ zu sehen.
DSC05604Vorbei am Pink Lake – einer Lagune in der Algen Beta Carotin produzieren, das übrigens von einem deutschen Chemieriesen geerntet wird – erreichen wir unser heutiges Etappenziel.
P1100874Port Gregory hat einen schönen Strand und ein vor der Küste liegendes Riff. Das ist ideal für Kitesurfer und Hobbyfischer  die diesen 150 Einwohner zählenden Ort gerne aufsuchen.

Im Museum, zwischen den Pinnacles und in Perth (Australien)

Das war die bisher kälteste Nacht; 8 Grad zeigte das Thermometer. Jetzt kommen Ski-Unterwäsche und Wollsocken zum Einsatz. Aber trotzdem ist es uns nicht richtig warm geworden. Dass es morgens tröpfelt lässt die gefühlte Temperatur niedriger erscheinen, als es wirklich ist. Der erhoffte blaue Himmel, der den Pink Lake erstrahlen lässt, verweigert sich heute auch. Also weiter Richtung Süden was aber natürlich nicht mehr Wärme bedeutet. Inzwischen haben wir die Region der Weizenanbaugebiete erreicht. Außerdem sehen wir links und rechts der Straße Schafherden. Weit verteilt stehen sie auf den riesigen Weiden. Dazwischen neugeborene Lämmer, schneeweiß und winzig. Merkwürdig, dass sie im australischen Herbst auf die Welt kommen. Aber die Winter sind hier ja auch nicht so eisig, wie bei uns.


Mehrmals fallen uns dazwischen größere Tiere auf. Es sind Alpakas, die mit ihren langen Hälsen alles gut überblicken können. Vielleicht werden sie als „Aufseher“ eingesetzt. Hunde sind jedenfalls nirgends zu sehen. Wir verlassen den Highway und fahren einen empfohlenen Umweg über einen Scenic Drive. Hier sehen wir in malerischer Landschaft Farmen auf riesigen Ländereien. Einfach schön.

Je näher wir dichter besiedelten Gebieten kommen, umso mehr ändern sich die Fahrzeugmodelle. Waren es im Norden und Nordwesten überwiegend schwere, hochbeinige 4WD-Fahrzeuge, so sehen wir hier mehr und mehr normale PKWs. Die meisten Camper und Wohnwagen fahren jetzt in Richtung Norden. Menschen, die nicht mehr berufstätig sind, entfliehen dem kommenden Winter im Süden. Begegnen sich Camperfahrer, grüßen sie sich per Handzeichen.


Geraldton, die sechstgrößte Stadt Westaustraliens mit 20.0000 Einwohnern ist unser heutiges Ziel. Wir suchen nach einer Möglichkeit, das defekte Netbook reparieren zu lassen. Aber die Versuche in drei verschiedenen Spezialgeschäften bleiben erfolglos. Während in Südostasien alles repariert oder zumindest wiederverwendet wird, bleiben in den Industrienationen doch manche Fertigkeiten auf der Strecke, beispielsweise ein gerissenes Kabel zu löten. Heutzutage wird ausgetauscht oder entsorgt. Schade. Durch die Suche sind wir zu spät für das Museum. Also bleiben wir heute Nacht auf dem schönen Platz am Hafen und kommen morgen wieder.


Das Museum liegt direkt am Wasser und – es kostet keinen Eintritt. Im Eingangsbereich liegen dunkelgrüne Rucksäcke ordentlich nebeneinander. Eine Schulklasse besucht das Museum. Die sieben bis achtjährigen Kinder tragen Schuluniform, zu der auch ein Hut gehört. Mit Fragebogen ausgestattet streifen einzelne Gruppen herum und suchen nach Antworten. Immer wieder gesellen sich Mitarbeiter des Museums hinzu und helfen mit Erklärungen.

Die Geschichte Australiens vom Beginn des Urkontinents bis in die Neuzeit wird dargestellt. Dazu gibt es Informationen über die Ureinwohner, die Eroberer des Landes, die Tier- und Pflanzenwelt, die landwirtschaftliche und industrielle Entwicklung. Sehr gut dargestellt und ausgesprochen informativ. Ein 3D-Film erzählt die Geschichte des Überraschungsangriffs auf den Kreuzer HMAS „Sydney“ durch den deutschen Hilfskreuzer „Kormoran“, der als Handelsschiff getarnt die Konvois aus Australien beobachtete, aber auch stark bewaffnet war. Alle 645 australischen Seeleute kamen ums Leben, von den Deutschen überlebten 316, 81 starben. Beide Schiffe sanken, die Wracks wurden vor 10 Jahren vor der Küste gefunden. Eindrucksvolle Unterwasseraufnahmen in 3 D zeigen den jetzigen Zustand der Schiffe.

Bevor wir weiterfahren, suchen wir eine Apotheke. Eine der Arzneien ist alle und wir wollen uns die Tropfen dort mischen lassen. In Australien gibt es Gesundheitszentren, in denen verschiedene Fachärzte, Apotheke und Sanitätshaus unter einem Dach sind. Im Wartebereich ist ein nettes Café mit kleiner Speisekarte und für Kinder gibt es eine großzügige Spielecke.


Es dauert noch eine Stunde, bis die Tropfen fertig sind, deshalb nutzen wir die Zeit und fahren auf den Hügel, auf dem das Mahnmal zur Erinnerung an den Untergang der „Sydney“ steht. Ebenso hat man hier oben einen schönen Rundumblick.

Nachdem wir alles erledigt haben, fahren wir weiter auf dem Highway in Richtung Perth. Unser Wunschziel ist Cervantes. Dieser kleine Fischerort verdankt seinen Namen einem hier gestrandeten amerikanischen Walfangschiff. Und um konsequent zu sein, haben alle Straßen auch spanische Namen bekommen. Lobster ist hier die Spezialität und hat dem Ort und seinen Fischern zu Wohlstand verholfen. Waren es zuerst die Amerikaner, die in der Nachkriegszeit die Meerestiere importierten, reißen sich heute die Chinesen um den Fang.


Langsam wird es dunkel. Wir schaffen die Strecke nicht mehr und fahren vorher in Leeman zu einem Caravan Park. „Es gibt hier auch ein gutes Fischrestaurant,“ erzählt die Frau im Empfangsbüro und beschreibt uns gleich den Weg. „Lobster gibt es zur Zeit nicht,“ sagt die Meisterköchin an der Fritteuse und empfiehlt uns den Fish-Basket. Nachdem wir gelesen haben, was der alles beinhaltet, bestellen wir nur eine Portion aber auch die schaffen wir zu zweit nicht.

In dieser Nacht wird es wieder kalt. Wir sind froh, dass am Morgen die Sonne vom Himmel lacht und uns die Gänsehaut der Nacht vergessen lässt. Staunend betrachten wir die schneeweißen Dünen links und rechts der Straße. Wir halten am Drei-Buchten-Platz und laufen auf den perfekt angelegten Wegen zum Aussichtspunkt. Hier wird genau erklärt, warum man nicht einfach durch die Dünen laufen, sondern die Wege benutzen soll. Seit die Wege angelegt wurden, hat sich die Vegetation erholt und verhindert, dass der feine Sand bei Sturm weit ins Land getragen wird. In der Nähe lebt eine große Kolonie Seelöwen , aber die lassen sich an diesem strahlend schönen Morgen nicht blicken.

Als nächstes Ziel haben wir den Besuch des Nambug-Nationalparks mit den weltbekannten Pinnacles auf dem Programm. Auch hier ist wieder alles perfekt angelegt, die Parkplätze und Wege sind genau beschildert, das Besucherzentrum liefert alle Informationen, es gibt einen Shop mit sehr schönen Artikeln und natürlich sind auch hier die sanitären Anlagen total gepflegt. Das ist uns bisher überall aufgefallen, wenn es an irgendeinem Aussichtspunkt Toiletten gibt, sind sie immer sauber, es gibt genügend Toilettenpapier und offenbar ist es für die Benutzer Ehrensache, alles sauber und ordentlich zu hinterlassen.


In dem Nationalpark gibt es einen vier Kilometer langen Rundweg, den man mit dem Auto befahren darf. Noch ein paar Kilometer vor dem Eingang haben wir noch schneeweißen Sand gesehen, hier ist er goldgelb. Und die Pinnacles stehen zu tausenden hier und faszinieren die Besucher. Links und rechts sind immer wieder Haltebuchten angelegt, wo man das Auto parken und zwischen den merkwürdigen Steinen herumlaufen kann. Es gibt auch Wanderwege durch diese Wunderwelt, über deren Entstehung die Wissenschaftler sich nicht ganz einig sind. Tagsüber ist es wieder richtig warm, man kann in Shorts und Shirt herumlaufen.

Wir nähern uns der Millionenstadt Perth. Auch hier herrscht im Straßenverkehr keine Hektik. Die Australier sind offenbar sehr relaxt. Die Straßen sind breit und übersichtlich, die Beschilderung lässt keine Wünsche offen. Der gewünschte Campingplatz in einem Nationalpark war schon besetzt; wahrscheinlich, weil es hier Koalas gibt. In einem Stadtteil von Perth finden wir einen schönen Platz und die Dame an der Rezeption leiht uns sogar einen Heizlüfter für die kommende kalte Nacht. Die Waschküche hat Waschmaschinen, die heiß waschen und sogar einen Wäschetrockner. Beides nutzen wir am Abend noch.

Und das erste, was wir am Samstag Morgen machen: Wir kaufen einen Heizlüfter, wärmer wird es hier im Süden bestimmt nicht mehr. Um elf Uhr sind wir mit einem ehemaligen Kollegen von Klaus verabredet, der für zwei bis drei Jahre mit seiner Freundin nach Australien zog. Inzwischen sind elf Jahre vergangen, die Beiden haben zwei wunderbare Kinder und ein Haus. An Rückkehr ist wohl nicht mehr zu denken. Zumal Jens als passionierter Windsurfer sowieso anderswo kaum bessere Bedingungen finden kann. Dazu ist er in seinem Beruf absolut zufrieden. Älter zu werden ist für berufstätige Menschen hier in Australien kein Problem. Die hiesigen Personalchefs stellen die Mitarbeiter nach Qualifikation und nicht nach Alter ein.


Nachmittags zeigt er uns die Stadt. Zuerst fahren wir an der Küste entlang. Rechts reiht sich eine hübsche Bucht an die nächste, links kann man in Cafés und Restaurants in der Sonne sitzen und aufs Meer schauen. Wir laufen durch den riesengroßen Kings-Park mit angeschlossenem botanischen Garten. Bei wunderbarem Sonnenschein und Temperaturen von 27 Grad haben viele Menschen den Wunsch, den herrlichen Herbsttag draußen zu verbringen. Gruppenweise sitzen und liegen sie auf dem sattgrünen Rasen, die Kinder toben herum, manche machen Picknick. Wir stehen auf einer Terrasse und schauen über die Bucht auf die Innenstadt. In dieser riesigen Grünanlage kann man sich verlaufen. Wir fahren weiter zum neu errichteten Elizabeth Quay am Wasser. Auch hier sieht man: Australier sind gern draußen; zu Fuß oder mit dem Rad ist egal. Arbeitnehmer haben nur 4 Wochen bezahlten Urlaub, deshalb nutzen sie ihre Wochenenden besonders intensiv. Das Meer ist vor der Tür, Nationalparks gibt es in großer Anzahl, und Camping ist sowieso für die meisten das Größte.

Die riesigen Grünanlagen in jeder Stadt sind auffallend. Ich stelle mir ein paar Männer vor, die vor rund 160 Jahren am Ufer des Swan-River stehen. „Männer, das hier ist ein toller Platz, lasst uns eine Stadt gründen. Als erstes legen wir einen Park an.“ Nach drei Jahren berufen die Stadtgründer eine außerordentliche Sitzung ein: „ Männer, hier stehen schon 30 Häuser, wir brauchen dringend einen zweiten Park.“

Die Nacht verbringen wir im Camper vor dem Haus des Kollegen zusammen mit unserem neuen Heizlüfter. Nach dem gemeinsamen Frühstück wird es für uns Zeit, weiter zu fahren.

Nur 30 Kilometer südlich erreichen wir Fremantle, eine beliebte Stadt mit Flair. Es ist erstaunlich voll an diesem Sonntag Vormittag. Eine viertel Stunde später wissen wir auch warum. Hier findet heute die Mai-Demonstration statt. Mitglieder der unterschiedlichsten Gewerkschaften (Eisen und Stahl, Pflege, Bildung, Einzelhandel und ein paar Randgruppen) protestieren gegen Lohnkürzungen und Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen. Auch gegen einen deutschen Discounter, der bereits viele Filialen errichtet hat, richten sich die Proteste. Männer, Frauen, Kinder und Hunde laufen mit in der Gruppe der Protestierenden. Wir stehen am Straßenrand und schauen zu und Klaus bekommt prompt von einem Mann ein T-Shirt mit entsprechendem Aufdruck (Werbung für die Unions) in die Hand gedrückt. Auf der Straße wird er es wahrscheinlich nicht tragen, aber als Schlafhemd ist es gut zu gebrauchen.

Nachdem der Protestmarsch vorbei ist, besuchen wir noch die Markthalle, in der es von Kleidung über Schmuck, Andenken und Kunsthandwerk auch Lebensmittel, Obst und Gemüse und Imbissstände gibt. An einem Stand, der angeblich echte deutsche Bratwurst anbietet, kann Klaus nicht vorbei gehen, ohne sich eine zu bestellen. Als er sich als Deutscher zu erkennen gibt, wiegelt der Verkäufer ab, gewisse Unterschiede seien durchaus möglich, meint er.

Wir laufen noch zum alten Gefängnis, das 1830/31 von den Strafgefangenen für die eigene Unterbringung errichtet wurde. Die Führung durch die Keller und Tunnel hat kurz zuvor begonnen, und bis zur nächsten dauert es noch über eine Stunde. So sehen wir uns die Bilder an, lesen die Beschreibungen und fahren weiter nach Bunbury.