Ein nahezu ereignisloser Tag, schlafen, lesen und schreiben. Eigentlich wollten wir heute in die Innenstadt, um unsere Visa zu verlängern. Weil es mir nicht gut geht verschieben wir die Fahrt auf den nächsten Tag. Dann allerdings erfahren wir von unseren Gastgebern, dass am Dienstag Feiertag ist und die Ämter geschlossen sind. Es ist Vollmondtag, und der wird nicht nur einmal im Jahr gefeiert, sondern gleich zwölfmal. Glückliche Arbeitnehmer. Wir verlängern unseren Aufenthalt bis zum 7.9. in der Hoffnung, am Donnerstag gesund und mit Visaverlängerung Richtung Süden reisen zu können.
Erst am späten Nachmittag gehen wir raus. Der Plan, nach Mount Lavinia zu fahren wird gleich wieder über den Haufen geworfen. Dafür ist es schon zu spät. Ich suche ein Restaurant aus, das in 2,1 km Entfernung liegen soll, und wir machen uns zu Fuß auf den Weg. Es geht immer die Hauptstraße entlang in südlicher Richtung. Um diese Zeit ist der Verkehr auch hier unvorstellbar. Wenn es mal einen Fußgängerweg gibt, ist man auch dort nicht sicher, denn den nutzen die Mopedfahrer zum Überholen der sich immer wieder bildenden Schlangen. Wir kommen an den unterschiedlichsten Geschäften vorbei, von A wie Autos bis Z wie Zwiebeln ist alles vertreten. Sobald die dichte Bebauung vorüber ist, stehen kleine Stände am Straßenrand und setzen die Einkaufsmöglichkeiten fort. Hauptsächlich Obst und Gemüse, aber auch Schuhe werden feilgeboten. Mietfahrräder sind auch im Angebot.
Wir erreichen das Lokal rechtzeitig vor dem nächsten Regenschauer und sehen auch wieder die Ibisschwärme. Später folgen die Flughunde. Das Restaurant ist im ersten Stock und an zwei Seiten offen, mit Blick auf einen kleinen See. Nur Männer sitzen hier, fast alle tragen weiße Kurzarmhemden und sind damit von den Kellnern, die das gleiche tragen, nicht zu unterscheiden. Nur Klaus bekommt eine Speisekarte. Auch hier wird kein Alkohol ausgeschenkt, aber an den Tischen sehen wir, dass aus mitgebrachten Tüten hochprozentiges auf den Tisch gestellt wird. Klaus fragt jemanden am Nebentisch, und wir erfahren, dass Brandy der Favorit ist. Drei Männer am anderen Tisch haben ebenfalls eine Flasche auf dem Tisch. Sie bestellen eine Riesenportion gebratenen Reis, von dem sich alle nehmen. Als die Platte leer ist, ist es auch die Flasche zur Hälfte.
Wir bestellen eine Vorspeise, Klaus Fisch, ich Huhn. Sein Essen kommt zuerst, 10 Minuten später meins, und weitere 10 Minuten später die Vorspeise. Egal , wir essen was kommt und wann es kommt. Mit 16,50 € war es das teuerste Essen bisher, aber es war wirklich gut.
Auf dem Rückweg gehen wir noch in einen Supermarkt. Hier gibt es eine Apotheke und ich kaufe Hustensaft. Auch ein Geldautomat ist in diesem Markt vorhanden, gute Gelegenheit, nochmal Rupien abzuheben. Am Flughafen waren 20.000 = 110 € die Obergrenze, hier geht es bis zu 100.000. In einem separaten Raum mit Schalter wird Alkohol verkauft. Wir nehmen uns zwei Flaschen eiskaltes Bier als Schlummertrunk auf der Terrasse mit. Als wir zurückkommen finde ich auf meinem Handy eine Nachricht von unserem früheren Landrat, dazu mehr im nächsten Bericht.
Der Feiertag verläuft unspektakulär bis auf den Dauerregen, der in Riesenmengen vom Himmel fällt.
Am Mittwoch ist auch wieder blauer Himmel zu sehen, und wir bestellen über “Pick me“ ein Taxi; denn heute ist Schulstart und alle Tuktuk sind bereits im Einsatz. Unser Fahrer erklärt, dass er einen Umweg fahren muss, weil die Hauptstraße total verstopft ist. Aber wir kommen auf diese Weise an einem riesigen Markt vorbei und staunen, sogar auf den Eisenbahnschienen stehen Tische mit Verkaufswaren. Unsere Annahme, dass diese Strecke stillgelegt ist, erweist sich als falsch. Die Lokführer wissen was abläuft und hupen vorher laut, nach dem Signal werden die bepackten Tische schnell an die Seite getragen und, nachdem der Zug durch ist, auch wieder zurück. In dem See, an dem wir als nächstes vorbeifahren, sollen außer Krokodilen auch Piranhas leben. Was die eine Sorte nicht schafft, erledigt offenbar die andere.
Am Department of Emigration and Immigration herrscht reges Treiben. Fotografieren ist hier leider nicht erlaubt. Wir müssen auf die andere Seite des Eingangs, durch einen proppenvollen Wartesaal in den 4. Stock und jetzt geht es los: Anstellen an Schalter 1 in Büro A. Nach vorgetragenem Wunsch erhält man ein Formular, das auszufüllen und mit einem Passbild zu versehen ist. Wieder anstellen an Schalter 1 und das Formular vorzeigen. Danach erhält man einen Zettel mit einer vierstelligen Nummer und die Aufforderung, in diesem Raum noch 10 Minuten zu warten und dann in Raum B zu gehen. Dort warten ca. 80 Personen. Auf den überdimensionalen Monitoren wird nichts angezeigt, sie sind nicht mal angeschlossen. Dafür kommt in unregelmäßigen Zeitabständen ein Mitarbeiter, ruft ein paar Nummer auf und schickt die Antragsteller in einen von vier geschlossenen Büros. Immer wieder versuchen Wartende, die Routine zu umgehen, wedeln mit ihren Formularen, reden aufgeregt auf den jungen Mann ein, um sich dann doch wieder resigniert zu den anderen Wartenden zu gesellen. Als wir an der Reihe sind, fragt der zuständige Beamte, wieviel länger wir bleiben wollen. Auf die Antwort 1 Monat lächelt er wohlwollend, legt Pass und Antrag auf einen Stapel, nach 1 Minute sind wir wieder draußen. Zurück in Büro A vor Schalter 2 warten, bis die Nummer aufgerufen wird, sich Pass und Antrag aus-händigen lassen und an Schalter 3 anstellen, um die Gebühr zu bezahlen. Auch hier wieder besonders Eifrige. Ein älterer Mann im grünen Hemd hat es offenbar eilig und versucht sich vorzudrängen. 4.050 Rupien sind für jeden von uns fällig, rund € 22,00. Antrag und Pass werden in einen Wäschekorb gelegt, wir kehren zurück in den Wartebereich vor Schalter 2. Und dann endlich, 5 Stunden später bekommen wir unsere Pässe mit der Visaverlängerung ausgehändigt. Und Mr. Grünhemd sitzt noch da und wartet.
Wo wir nun schon mal hier sind, wollen wir auch weiter in die Stadt. Draußen stehen etliche Tuktuk, und die Fahrer wollen uns alle gern als Fahrgäste haben. Aber bei dem Preis von 1200 schrecken wir zurück, das ist für die halbe Strecke das Doppelte von dem, was wir am Morgen für eine Autofahrt gezahlt haben. So laufen wir einfach los. Hier gibt es Fußwege, aber es ist ratsam, genau zu schauen, wohin man tritt, mal fehlen Teile des Pflasters, mal stehen sie über. Nach einer Weile kommen wir an einen Platz, der in der Mitte ein großes Aquarium hat. In zwölf verschiedenen Becken kann man heimische oder Amazonasfische bewundern. Weiter geht es über eine Brücke. Jetzt fehlen auch wieder die Fußwege. Wir geben unser Vorhaben auf und bestellen über Pick me ein Tuktuk und lassen uns zurückfahren.
Abends nochmal das Lokal vom ersten Abend, und am nächsten Morgen Abschied von unseren Gastgebern, die uns richtig ans Herz gewachsen sind. Wir lassen uns durch strömenden Regen zum Bahnhof von Mount Lavinia fahren. Es gibt noch einen richtigen Schalter, an dem man für Fahrkarten anstehen muss. Automatisch werden uns Karten für die zweite Klasse verkauft. 90 Rupies pro Person, ca. 50 Cent für 45 km. Weil wir noch 2 Stunden Zeit haben, lassen wir unsere Koffer bei dem freundlichen Schalterbeamten und laufen mit den Rucksäcken Richtung Strand.
Vor uns liegt das berühmte Mount Lavinia Hotel, in dem man nachmittags einen typischen 5 o‘clock-Tea genießen kann und eine Übernachtung soviel kostet, wie unsere nächste Unterkunft für eine Woche. Ein Mann spricht uns vor dem Hotel an, er war mit einer deutschen Frau verheiratet und freut sich, seine Sprachkenntnisse anbringen zu können. Er hat ein Haus unterhalb des Hotels und bietet uns an, über sein Grundstück zu laufen. Danach nutzen wir die Bahngleise als Weg, das scheint hier normal zu sein. Der viele Regen der letzten Tage hat das Meer aufgewühlt, und dadurch wurden große Mengen Unrat an den Strand geschwemmt. Viele fleißige Hände sind schon dabei, alles zusammen zu kehren. Immer wieder werden wir angesprochen von eifrigen jungen oder älteren Männern, die uns entweder dazu bringen wollen, in ein bestimmtes Lokal zu kommen oder ihr Haus zu besichtigen.
Unser Zug soll um 14.40 abfahren und ist auch fast pünktlich. Nur mit Mühe schaffen wir es, unsere Koffer und uns mit Rucksack in die überfüllten Wagons zu quetschen. Der erhoffte Sitzplatz stellt sich als illusorisch heraus. Wir stehen zwischen zwei geöffneten Türen und versuchen, uns irgendwo festzuhalten. Nach rund 90 Minuten erreichen wir unter heftigem Geschaukel und Hin- und Hergerücke unseren Bahnhof Bentota. Unser neuer Gastgeber erwartet uns schon auf dem Bahnsteig und läuft die 200 m mit uns zu seiner Lodge.
Wir haben ein kleines Häuschen mit Küche und Bad. Unser Bett ist mit Blüten geschmückt und hat ein festes Moskitonetz. Es gibt einen Schreibtisch, einen Kleiderschrank und viel Platz. Wenn man sitzen will, geht man auf die Terrasse.
Wir verabreden uns mit unserem Gastgeber Amith für 17.30 Uhr zum Einkaufen. Taxifahrer ist einer seiner vielen Berufe, und er besitzt ein rotes Tuktuk. Damit knattern wir in den nächsten Ort zum Einkaufen. Erst ein Obstgeschäft, und hier decken wir uns mit Papaya, Ananas, Mango, Mangosteen und Dragonfruit ein, dann zum Supermarkt um fürs Frühstück einzukaufen.
Zum Abendessen empfiehlt Amith uns ein Restaurant, zu dem uns sein Vater um 19.30 geleiten soll. Als wir den Raum betreten, entdecken wir ihn, er arbeitet hier als Kellner. Es ist ein „besseres“ Restaurant und bietet eine schöne Auswahl an Fisch und Meeresfrüchten. Wir entscheiden uns für King Prawns und Beine einer Seespinne. Der Kellner nennt uns den Betrag, kommt aber nach einer Weile zurück und eröffnet uns, weil wir Gäste seines Kollegen seien, bekämen wir Sonderpreise eingeräumt. Wie nett. Das Essen ist sehr, sehr gut, zu den Meeresfrüchten gibt es Gemüsereis und eine leicht scharfe Soße auf Kokosmilchbasis.
Beruwala (Sri Lanka)
Als mein genialer Chorleiter von unseren Reiseplänen erfuhr schlug er vor, Kontakt mit unserem früheren Landrat, Herrn Eyerkaufer, aufzunehmen. Dieser hat auf Sri Lanka nach der Tsunami-Katastrophe mit Hilfe von Spendern aus dem Main-Kinzig-Kreis ein Hilfsprojekt gestartet. Schon Anfang Juni ergab sich die Gelegenheit, Karl Eyerkaufer nach einem Chorkonzert anzusprechen. Wir bekamen seine Visitenkarte und versprachen, uns mit Reisedetails bei ihm zu melden.
Ein paar Wochen vor Abreise teilte ich ihm mit, dass wir am 1.9. abfliegen und beabsichtigen, am 5.9. weiter nach Beruwala zu fahren. Daraufhin bekamen wir einige Broschüren und den Namen seines Ansprechpartners genannt. Wir dachten, wir reisen hin und melden uns mal bei Mr. Irwan, der uns dann, wenn es in seinen Zeitplan passt, das Projekt zeigt.
Umso größer mein Erstaunen, als ich am Abend des 5. von Herrn Eyerkaufer eine E-Mail bekam, wo wir denn blieben. Ich entschuldigte mich, erklärte den Grund für die Verzögerung und Klaus rief sofort Mr. Irsan an. Wir hatten uns gerade für ein Appartement in Bentota entschieden, von dort wollten wir mit Tuktuk nach Beruwala fahren. Wir verabreden uns für Freitagmorgen um 9 Uhr am Bahnhof.
Auf die Minute pünktlich ist er mit einem weiteren Kollegen da. Wir fahren nach Beruwala und machen einen Stopp am Supermarkt. Mit drei Tüten kehren die beiden Männer zurück. Wir verlassen die Hauptstraße und fahren ins Hinterland. Irgendwo im Nirgendwo halten wir an. Klaus bekommt eine der Tüten in die Hand gedrückt, und uns dämmert, dass das hier eine offizielle Angelegenheit wird. Und wirklich, wir sind Ehrengäste bei der Eröffnung eines neuen Hauses. Die Großfamilie hat sich versammelt und begrüßt uns respektvoll. Am Haus sind ein paar Luftballons aufgehängt und ein Band ist quer über die Eingangstür gespannt worden. Klaus bekommt eine Schere und darf das Band durchschneiden und die Tür öffnen.
Anschließend überreicht er der Hausfrau die Tüte. Sie enthält Reis, Nudeln, Fischkonserven, Öl u.a. Drinnen werden uns die besten Stühle hingeschoben und ein Tuch vom gedeckten Tisch genommen. Darunter steht ein Berg dampfender, in Kokosmilch gekochter Reis, der mit Zucker und Bananen gegessen wird.
Wir nehmen jeder eine kleine Portion und sprechen mit den Bewohnern ein paar Worte, die von Mr. Irwan und seinem Mitarbeiter übersetzt werden. Bei dem Ehepaar steht ein 12jähriger Junge. Er ist ihr angenommener Sohn erfahren wir, die Eltern leben nicht mehr.
Anschließend pflanzt Klaus mit dem neuen Hausbesitzer eine Kokospalme, die wohl in drei Jahren Früchte tragen wird. Ich bin beschämt, weil mir nicht bewusst war, dass man unseren Besuch so wichtig nahm.
Weiter geht es zur nächsten Hauseinweihung, dieses Mal darf ich das Band durchschneiden, die Tür öffnen und die Lebensmittel übergeben. Ein junges Paar mit kleinem Sohn ist stolzer Besitzer. Der Junge verschläft trotz aller Bemühungen, ihn zu wecken, die gesamte Zeremonie. Heute wurden Haus Nr. 252 und 253 den neuen Eigentümern übergeben. Eine großartige Leistung, die Dank der Initiative eines engagierten Mannes und der Großzügigkeit vieler Menschen zustande kam.
Wir dürfen noch eine Vorschule besuchen, in der 4 bis 6jährige Kinder auf die Schule vorbereitet werden. Alle sitzen brav an kleinen Tischen, haben Hefte vor sich und schreiben mit Bleistift etwas hinein. Klaus verteilt Kekse, und die Kleinen bleiben geduldig sitzen und warten bis sie an der Reihe sind. Das Experiment würde ich gern mal in einem deutschen Kindergarten wiederholen.
Weiter geht es zur Dentist School. Hier hängt im Behandlungsraum ein Bild von Karl Eyerkaufer. Eine Zahnärztin behandelt gerade eine Schülerin.
In den Schulen wird den Kindern mit Hilfe eines überdimensionalen Gebisses und einer entsprechend großen Zahnbürste die Mundhygiene erklärt und bei Handlungsbedarf werden die Kinder auch gleich zur Behandlung in die Sprechstunde bestellt. Auch Erwachsene sitzen im Warteraum. Die Zahnärztin arbeitet vormittags ehrenamtlich. Auch ihr Engagement muss man loben.
Die letzte Station unserer Besichtigungstour ist die Schule des Main-Kinzig-Kreises, die 2006 erbaut wurde. Hier können muslimische Mädchen als höchsten Abschluss das Abitur machen. Wir besichtigen das Gebäude allerdings nur von außen. Mr. Irsan hat heute noch einen wichtige Termin. Das Oberhaupt der Muslime kommt heute nach Beruwala, da muss er dabei sein. Er fährt uns zurück zu unserer Lodge, aber zuvor werden wir noch in der nächsten Woche zum Abendessen in sein Haus eingeladen.
Was für ein interessanter, berührender Tag.
Schildkrötenfarm (Sri Lanka)
Für 14 Uhr haben wir uns mit Amith verabredet, er will uns zu einer Schildkrötenfarm bringen. Aber zuerst muss er sein Tuktuk volltanken. Beinahe 3,6 l passen in den Tank und Amith zahlt dafür 2,30 €. Dann geht es in Richtung Süden zur Farm.
Wir zahlen 2.000 Rupies und bekommen eine Einzelführung. Zuerst erklärt uns der Guide, dass 5 verschiedene Arten von Meeresschildkröten in Sri Lanka ihre Eier ablegen: Olive Ridley Turtle (Oliv-Bastardschildkröten), Green Turtle (Suppenschildkröte), Hawksbill Turtle (echte Karettschildkröte), Leather back Turtle (Lederschildkröte) und Loggerhead Turtle (unechte Karettschildkröte). Die Leute hier wissen, zu welcher Zeit das in etwa stattfindet, halten in der Zeit Nachtwache und graben die Gelege wieder aus. Danach werden die Eier auf ihrem eigenen Gelände in einer großen Sandgrube wieder einen halben Meter tief vergraben. Wenn sie das nicht tun, werden die Gelege von Menschen ausgegraben, die die Eier gern als Ergänzung ihres Speisezettels nehmen.
Nach 48 Tagen schlüpfen die Kleinen und werden noch für ein paar Tage in einem Becken auf dem Gelände gehalten, bis sie etwas kräftiger sind.
Damit hoffen die Mitarbeiter ihre Überlebenschancen zu verbessern; denn von dem ca. 100 Eier großen Gelege überlebt in der Natur höchstens 10 %. Dann werden die niedlichen Babyschildkröten bei Nacht direkt ins Wasser gebracht und brauchen damit die Fressfeinde am Strand nicht zu fürchten. Vor denen im Meer kann sie allerdings keiner schützen.
Auch größere Exemplare anderer Gattungen sind hier untergebracht. Sie wurden von Fischern gebracht, teils weil sie verstümmelt waren durch Schiffsschrauben oder auch Haiangriffe oder weil sie den Fischern ins Netz gegangen waren. Die Leute der Schildkrötenfarm sind dankbar dafür, denn auch das Fleisch ausgewachsener Schildkröten wird gern gegessen.
Unser Guide holt eine Karettschildkröte aus einem Becken und gibt sie mir. Noch immer wird diese Art gefangen, um aus dem Panzer Kämme und Schmuck zu fertigen, die kein Mensch wirklich braucht. Ich halte sie, kraule sie am Hals und als ich sie wieder ins Becken setze, spritzt sie mich mit zwei Paddelschlägen richtig nass.
In einem weiteren Becken lebt eine Albino-Schildkröte, die auf den schönen Namen „Heino“ hört. Als ich nach ihr greife schreit der Guide in gespieltem Entsetzen auf, plötzlich spricht er auch deutsch: „Nein, auf keinen Fall herausnehmen, sie hat doch keine Sonnenbrille auf!“
Bis zu drei Jahre dürfen die Schildkröten hier bleiben, dann müssen sie wieder freigelassen werden. Für die eine, die anstelle von Beinen nur noch Stummel hat, wird das den sicheren Tod bedeuten.
Während wir ihm noch zuhören, beobachte ich, wie plötzlich über uns ein Mann auf gespannten Seilen von Palme zu Palme läuft. Er schneidet sie oben an, um ihren Saft zu gewinnen, der vergoren zu Alkohol gebrannt wird.
Ein kleiner Hund fällt uns auf. Der Welpe ist ca. 3 Monate alt und wurde in der Schildkrötenfarm abgegeben, weil ihn jemand in der Nähe ausgesetzt hatte. Die alte Hündin hat ihn sofort adoptiert, und es ist nett anzusehen, wie der Kleine und sie miteinander spielen.
Zum Abschied warnt mich unser Guide noch vor den Beachboys. Auf meinen Hinweis, dass ich ja wohl nicht mehr zu deren Zielgruppe gehöre, meint er grinsend: „Du bist blond.“
Amith fährt mit uns noch zu einer Batikwerkstatt. Wir beobachten die Herstellung von Tischdecken. Auf in sich gemustertem orangeroten Stoff sind 6 gelbe Quadrate, ca. 30 x 30 cm aufgedruckt. In diese werden mittels Siebdruckverfahren gelbe Elefanten aufgebracht. Bügeln fixiert die Farbe. Ich bin etwas enttäuscht, dass ist doch keine Batik.
Daraufhin holt eine der Mitarbeiterinnen ein pinkfarbenes Stück Stoff, und hier ist die echte Batik. Mit flüssigem Wachs wurden verschiedene Motive auf den Stoff gemalt, Schmetterlinge, Blumen, Ornamente und Sprenkel. Dieser Stoff wird anschließend noch dunkelblau oder schwarz gefärbt, nach dem Trocknen wird das Wachs ausgebügelt und die Motive erscheinen pink auf dunklem Grund.
Auf dem Rückweg hält Amith an einem Obststand und kommt mit zwei geöffneten Kokosnüssen, in denen jeweils ein Strohhalm steckt, zurück. Was für ein aufmerksamer junger Mann. Wir genießen das Kokoswasser auf dem Rückweg zu unserem Häuschen.
Und weil die Sonne scheint, wollen wir endlich an den Strand. Am ersten Stück sind vielleicht 50 Personen unterwegs, aber als wir weiterlaufen in Richtung Norden, sind wir ganz allein. Nach den vielen Regenfällen der letzten Tage ist das Meer noch immer aufgewühlt, aber wir wollen einfach nur im Sand sitzen und aufs Wasser schauen. Allerdings bleiben wir nicht lange allein, heimlich still und leise hat sich ein Hund angeschlichen und es sich hinter mir gemütlich gemacht.
Bootstour (Sri Lanka)
Für heute, Sonntag schlägt uns Amith eine Bootstour auf dem Bentota-River vor. Natürlich kennt er wieder jemanden, der uns einen Sonderpreis machen wird. Und da wir sowieso gern Boot fahren, willigen wir ein unter der Bedingung, dass die Sonne scheint. Das scheint für Amith selbstverständlich zu sein. Ich habe da meine Zweifel; denn in der Nacht schüttet es dermaßen, dass es sich anhört, als prasselten Steine aufs Dach.
Doch wie versprochen hat sich das gute Wetter eingestellt und heute steigen wir zu seinem Schwager Laal ins Tuktuk. Zuerst fährt er mit uns zu der vor einigen Jahren am Flussufer errichteten Buddhastatue,
und ein Stückchen weiter ist der Bootsanleger. Wir stellen überrascht fest, dass außer uns niemand auf dem Boot und Laal auch unser Guide ist. Der Mann hat Augen wie ein Luchs.
Als erstes zeigt er uns einen Eisvogel, der andere Farben hat als unsere in Deutschland.
Dann deutet er auf einen Baum, der als Schlafplatz für zig Flughunde dient. Einige fächeln sich mit einem Flügel Kühlung zu, andere hängen völlig starr.
Das nächste Objekt ist ein fetter Waran, der auf einer kleinen Müllkippe direkt am Fluss liegt. Wir sehen Leguane, verschiedene Vögel und wieder einen Waran. Laal ist unzufrieden, mindestens ein Krokodil soll es bei der Tour doch zu sehen geben. Und so steuert er das Boot in einen Seitenarm des Bentota-River und wir sind in einer anderen Welt.
Mangroven dicht an dicht, es wirkt so geheimnisvoll, dass man sich das gut als Kulisse für einen Fantasyfilm vorstellen kann. Hier sehen wir zwar kein Krokodil, aber dafür drei Affen.
Erst als wir Richtung Mündung fahren und hier wieder in einen Seitenarm abbiegen liegt hier eins der gesuchten Exemplare in der Sonne. Nun ist Laal zufrieden und fährt mit uns noch zu einem Kräutergarten.
Nach einer überaus freundlichen Begrüßung werden unsere Beine mit einer Creme-Öl-Mischung eingerieben; denn hier gibt es eine Menge stechender und blutsaugender Insekten. Davor soll uns die Behandlung schützen. Dann geht es kreuz und quer durch den Garten. Wir sehen Zimtpflanzen, Vanille, wilde Kartoffeln, schwarze Mandeln, drei verschiedene Kokospalmen, Papaya und andere. Unser Begleiter erzählt uns, wogegen Extrakte oder Öle dieser Pflanzen allein und in Kombination wirken. In diesem Garten steht auch ein 560 Jahre alter Sandelholzbaum. Um den aus der Nähe zu betrachten und zu berühren müssen wir die Schuhe ausziehen.
Anschließend geleitet uns Herr Kumarasingha, der sich als Kräuterarzt bezeichnet, in eine Hütte, wo zwei seiner Mitarbeiter uns ca. Eine halbe Stunde lang den Rücken, die Arme und den Kopf massieren. Manchmal tut es richtig weh, aber danach stellt sich ein wohliges Gefühl ein.
Natürlich empfiehlt der Kräuterarzt uns auch verschiedene seiner Produkt, wobei er aber auch sagt, dieses braucht ihr nicht oder jenes macht nur bei jüngeren Leuten Sinn. Und von einigen seiner Sachen sind wir auch wirklich überzeugt und lassen sie uns einpacken. Auf jeden Fall war das eine sehr eindrucksvolle Führung und Herr Kumarasingha ist sehr überzeugend.
Und bald darauf ist auch das Ende der Bootstour gekommen. Zwei Stunden sollte die Tour dauern, nun war es doppelt so lange.
Gegen Abend laufen wir durch unser Wohngebiet, biegen in eine kleine Seitenstraße ein und sind im Urwald.
Pflanzen, die zuhause die Wohnräume verschönern, wachsen hier einfach so. Unvermittelt wird es dunkel, und weil wir ohne Taschenlampe los gelaufen sind, müssen wir über die Hauptstraße zurück.
Strand, Tempel und Dinner (Sri Lanka)
Strahlender Sonnenschein, und so packen wir Badesachen ein und laufen an den Strand. Nur wenige Menschen sind heute da. Noch immer kommen größere Wellen an den Strand gerollt, und wir merken schnell, dass eine heftige Strömung herrscht, deshalb gehen wir nicht weit rein. Die Wellen werfen uns um, kullern uns über den Boden, einfach unberechenbar. Aber die Wassertemperatur ist wunderbar. Auch beim Herauslaufen kein Frösteln. Das mag ich so.
Auf dem Rückweg sehen wir einen Flughund, der gerade in einem Pandanussbaum landet. Er klettert durch die Zweige und frisst an den orangeroten Früchten. Inzwischen sind auch wieder mehr Menschen hier. Der Abend am Strand bietet Unterhaltung jeder Art.
Da wird Fußball oder Kricket gespielt, werden Drachen steigen gelassen, Familien sitzen zusammen auf Decken, Mütter lassen ihre Kleinen im Sand spielen, Kinder toben in den Wellen, und zwischendrin laufen immer wieder Hunde herum.
Am nächsten Morgen machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum buddhistischen Tempel. Alle paar Meter werden wir angesprochen: „Komm in meinen Basar, willst Du eine Bootstour machen, steig in mein Tuktuk.“ Höflich aber bestimmt sagen wir jedes Mal: „Nein Danke, wir wollen nur einen Spaziergang machen.“ In einer Mädchenschule ist gerade die Pause zu Ende und die Schülerinnen laufen in ihren weißen Kleidern gerade wieder in die Klasse.
Ein Stück weiter steht eine Lagerhalle, in der Holzelefanten und andere Artikel auf zukünftige Käufer warten.
Hundert Meter weiter spielt sich ein Drama ab. Getrennt durch ein eisernes Tor hat ein Hund einen Leguan am Schwanz gepackt und versucht ihn durch das Gitter zu ziehen. Das Reptil ist schon verletzt, macht sich aber steif. Ich will gar nicht sehen, wie das ausgeht.
Einen halben Kilometer weiter riecht es plötzlich intensiv nach Karamel. Wir gehen dem Geruch nach und landen in einem kleinen Raum, in dem mit einer alten Ölpresse Kokosöl hergestellt wird.
An der Tempelanlage sind wir die einzigen Besucher, und so kann sich einer der Mönche nur mit uns beschäftigen. Er hat keinen Zahn mehr im Mund, das macht die Verständigung schwierig. Aber er läuft mit uns überall herum und zeigt uns die Sehenswürdigkeiten.
Auf dem Rückweg kommen wir am Kindergarten vorbei. Hier ist für heute Schluss, und die Mädchen und Jungen werden mit allen möglichen Gefährten abgeholt.
Nachmittags fährt Amith mit uns nach Alutgama in ein Blumengeschäft. Wir wollen für die Abendeinladung einen Strauß kaufen. Der Laden – wir hätten ihn allein nie gefunden – verblüfft uns.
In mehreren Blechkübeln stehen lediglich rote Flamingoblumen. Der Besitzer, ist nur mit einem Sarong bekleidet. Er gibt einem Mitarbeiter ein paar Anweisungen und sucht drei Flamingoblumen aus.
Der junge Mann hat inzwischen ein Bündel grüne Zweige auf den Tisch gelegt, bricht sie in der Mitte durch und macht eine Art Reisigbesen daraus. Dann verschwindet er damit hinter dem Vorhang. Nach ein paar Minuten ist der Besitzer wieder da, und in dem Gerüst stecken jetzt außer den drei ausgewählten Blumen noch etliche andere.
Die Zusammenstellung und Gestaltung ist bei uns seit Jahrzehnten aus der Mode, aber wir sind in einem anderen Land. Jetzt wird noch bedrucktes Cellophanpapier herumgeschlagen und das ganze mit rotem und gelbem Band dekoriert. Bestimmt wäre jeder selbst gepflückte Strauß aus der überreichen Natur schöner gewesen, aber egal.
Zwanzig nach sechs machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof, wo wir von Mr. Irsan abgeholt werden. Acht Tuktuk stehen dort und alle Fahrer würden uns liebend gerne fahren, wohin auch immer. Wir erklären die Situation und einer der Männer erzählt, dass er mal drei Monate in Holland gelebt hat, nahe der deutschen Grenze. Früher sagt er seien viele deutsche Touristen gekommen, aber seit 10 Jahren gäbe es einen stetigen Rückgang. Dafür kämen viele Russen und Araber, die unfreundlich seien. Und er lobt, dass die Deutschen nach der Tsunami-Katastrophe viel Hilfe geleistet hätten.
Dann kommen unsere Abholer und es geht durch den dichten Feierabendverkehr nach Beruwala. Im Haus ist der Tisch gedeckt für vier Personen, also für uns, Mr. Irsan und seinen Mitarbeiter. Für seinen hinzugekommenen 19jährigen Sohn wird ein weiterer Teller hingestellt. Wir bekommen Besteck, die anderen essen mit den Fingern. Der Tisch ist voller Köstlichkeiten.
Begonnen wird mit einer Pilzsuppe, dann gibt es Egghoppers (hauchdünne Crêpes, in Schalenform mit einem darin gebackenen Ei), Dhal (gelbes Linsencurry), Gemüsesalat, Kartoffeln in scharfer Soße, Nudeln mit Gemüse, Rindfleischcurry, Nudelauflauf, knusprig gebackene Hühnerschenkel, Fischcurry, Roti (Teigfladen), String-Hoppers (Nudelnester) und zum Nachtisch Karamell-Pudding und frisches Obst. Als Getränke Wassermelonen- oder Ananassaft und Wasser. Das war ein großartiger Einblick in die Küchenvielfalt Sri Lankas. Nachdem wir aufgestanden sind, setzen sich Frauen und Mädchen an den Tisch und essen das, was übrig geblieben ist.
Später setzen sie sich zu uns und stellen Fragen. Sie sind sehr interessiert daran, wie wir leben und was es mit unserer Reise auf sich hat. Gegenseitig zeigen wir Fotos von der Hochzeit unserer Töchter. Mr. Irsan und sein Mitarbeiter waren schon gemeinsam mit ihren Frauen in Deutschland und erzählen begeistert von ihren Eindrücken. Wenn sie mal wieder in unserer Heimat sind, werden sie unsere Gäste sein, das ist beschlossene Sache. Der Abschied fällt überaus herzlich aus.
Bentota (Sri Lanka)
in Bentota. Amith will uns unbedingt den großen Tempel in Beruwala zeigen und steht um 14 Uhr mit seinem Tuktuk bereit. Schon lange vor Erreichen der Anlage sehen wir die riesige Buddhastatue.
Und hier sehen wir auch den ersten Elefanten in Sri Lanka, seine Vorderbeine sind mit Ketten gefesselt. Was für ein trauriger Anblick. Bloß nicht fotografieren; denn er steht nur hier, damit sein Besitzer kassieren kann.
Amith kauft einen Strauß Lotosblumen. Wir ziehen die Schuhe aus und laufen durch den strömenden Regen zu einem Tempel, der um einen riesigen Bodhibaum (Pappelfeige) gebaut ist.
Unter einem solchen Baum wurde Buddha erleuchtet und in dem Tempel werden in plastischen Schaubildern Stationen aus seinem Leben dargestellt. Ein Ableger dieses Baumes soll im 3. Jahrhundert v. Chr. per Schiff nach Sri Lanka gebracht worden sein. In Anuradhapura steht er noch heute und wird von Buddhisten verehrt. Die Pappelfeige in Beruwala soll wiederum ein Ableger dieses Bodhibaumes sein. Amith bricht zwei Blüten aus dem Strauß und wir legen sie auf einen der Altäre in diesem Tempel. Das wiederholt sich in anderen Tempeln noch ein paar Mal.
Unter der monumentalen Statue sind Räume zugänglich, wo es wieder plastische Darstellungen aus Buddhas Leben gibt.
Und hier in diesen Räumen, die man nicht mit Schuhen betreten darf, sehe ich die ersten Hundehaufen. Die Verursacher schlafen unbeeindruckt auf dem kühlen Fliesenboden. Hunde sind in Sri Lanka allgegenwärtig, laufen durch die Straßen, über die Strände, und legen sich in den offenen Restaurants auch mal unter die Tische. Nirgendwo sind wir auf die Hinterlassenschaften der Tiere gestoßen, und nun ausgerechnet hier.
Und jetzt noch ein paar Worte über Amith.
Dieser 27jährige Mann hat mich beeindruckt. Er ist verheiratet und hat ein einjähriges Töchterchen. Zusammen mit seinen Eltern und seiner 10 Jahre alten Schwester lebt die kleine Familie in dem größeren Haus auf dem Grundstück. Seine ein Jahr ältere Schwesterwohnt mit Mann (ja genau, Laal) und den zwei Kinder nicht mehr im Elternhaus, ist aber jeden Tag da. Erst abends holt ihr Mann sie ab. Meistens tragen sie ihre bereits schlafenden Kinder dann zum Tuktuk. In der Familie herrscht großer Zusammenhalt, hier wird alles gemeinsam gemacht, gekocht, gewaschen, geputzt und jeder ist für die Kinder da.
Amith ist fleißig, um 8 Uhr steht er mit seinem Tuktuk am Bahnhof und wartet auf Fahrgäste. Um 10 Uhr geht er rüber ins Restaurant zum putzen, und von 12 bis 2 Uhr ist er Kellner. Ab 14 Uhr steht er uns zur Verfügung. Soll er uns irgendwo hinfahren, möchten wir was sehen? Wir müssen was einkaufen, kein Problem, er fährt uns. Unterwegs fragt er, was wir brauchen. Und kaum sind wir im Supermarkt, schnappt er sich den Korb und packt alles ein, was ich ihm unterwegs gesagt hatte. Beim letzten Mal war Bacon alle, also packt er jetzt welchen in den Korb. Nichts entgeht ihm, und selbstverständlich trägt er die Einkäufe zu seinem Gefährt. Um 19 Uhr muss er allerdings schon wieder im Restaurant sein, um zu kellnern. Und das alles sieben Tage die Woche bei immer guter Laune.
Heute Abend soll er uns die Rechnung fertig machen. Für all seine Fahrten und Aufmerksamkeiten verlangt er nichts extra, aber das regeln wir schon.
Am nächsten Mittag verabschiedet er uns auf dem Bahnsteig, als wir auf den Zug nach Hikkaduwa warten. Alles Gute für Dich und die ganze liebenswerte Familie, Amith.
Hikkaduwa, Galle und ein Markt (Sri Lanka)
Um 13.40 Uhr soll der Zug in Bentota abfahren, und zum zweiten Mal sind wir überrascht, wie pünktlich er ist. Dieses Mal – wir fahren 3. Klasse – haben wir genügend Platz.
Zwischendurch steigen große Gruppen von Schulkindern ein. Kein Geschubse, kein Gerangel, sie gehen richtig nett miteinander um. Es wird viel gelacht, Mädchen und Jungen sitzen und stehen in Gruppen zusammen und haben sich offenbar eine Menge zu erzählen. Alle tragen adrette Schuluniformen, nur bei den Ranzen zeigt sich der persönliche Geschmack. Bei kleineren Mädchen überwiegt die Farbe pink, bei den größeren ist die ganze Farbpalette vertreten. Auch bei Marken scheint es keine Vorliebe zu geben, jeder trägt eine andere.
Unsere Unterkunft ist 1,5 km vom Bahnhof Hikkaduwa entfernt, also lassen wir uns mit dem bewährten Tuktuk fahren. Ein Koffer wird hinter den Rücksitz geklemmt, der andere steht zwischen uns auf dem Sitz. Wir haben ein schönes Zimmer mit breitem Bett, sehr geschmackvollem Badezimmer, winzigem Balkon und wieder mit Klimaanlage. Wir stellen sie auf 28 Grad ein und haben damit eine angenehme Temperatur.
Der Strand ist hier sehr viel schmaler als in Bentota und immer wieder sind flache Felsen im Wasser. Manchmal haben wir nur ca. 5 m zwischen Bebauung und Meer. Als die Sonne gerade untergeht setzen wir uns in ein Strandlokal. Kurz bevor unser Essen kommt, müssen wir ins Innere flüchten, weil ein Wolkenbruch niedergeht. Aber so schnell er kam, so schnell ist er vorbei.
Der Geschäftsführer unseres kleinen Hotels macht uns am nächsten Morgen, als wir zum Strand wollen, darauf aufmerksam, dass große Schildkröten am Strand seien. Wir können uns zunächst keinen Reim darauf machen. Wir schwimmen im angenehm temperierten Wasser, aber als wir einen kleinen Menschenauflauf sehen werden wir neugierig und laufen hin. Und tatsächlich, hier ist eine ca. 1 m lange Suppenschildkröte direkt am Strand. Sie läßt sich mit Algen und Seegras füttern, wird aber in der Brandung ganz schön hin und hergeschaukelt. Irgendwann reicht es ihr, und sie paddelt ein Stückchen raus. Insgesamt sehen wir immer wieder mal eine Flosse oder einen Kopf auftauchen und machen insgesamt vier von diesen herrlichen Tieren aus. Ein Einheimischer erzählt, dass es insgesamt sechs seien, die durch regelmäßige Fütterung standorttreu seien. Das ist natürlich eine Attraktion.
Am nächsten Tag wollen wir einen Besuch in Galle machen, um uns das von Portugiesen errichtete und von Holländern ausgebaute Fort anzusehen. Knappe 100 m von unserem Hotel entfernt ist die Bushaltestelle, alle 15 Minuten fährt ein Bus ab. Die Fahrt kostet 22 Cent pro Person und dauert ungefähr 45 Minuten.
Der Busbahnhof ist in der Nähe des Forts und aus dem ersten Stock des Terminals haben wir einen guten Blick auf das Fort und den davor liegenden Sportplatz, wo heute der Sieger der College-Kricket-Meisterschaften gekürt wird.
Innerhalb des Forts sind noch Gebäude aus der Zeit der Besetzung durch die Holländer vorhanden.
Die gewaltige Wallanlage ist ca. 3,5 km lang, aber um diese Strecke abzulaufen ist es heute einfach zu heiß. Dass es ein beliebtes Ausflugsziel ist, sieht man an den vielen Besuchern unterschiedlicher Nationalitäten und den vielen Liebespaaren, die sich unter aufgespannten Regenschirmen verstecken.
Von oben können wir sehen, dass das Kricket-Turnier vorbei ist und nun die Siegerehrung vorbereitet wird. Eine große Sache, bei der auch das staatliche Fernsehen anwesend ist.
Die katholische Kirche St. Mary‘s besuchen wir als nächstes. Obwohl Bischofssitz, ist sie doch sehr schlicht gehalten.
Als wir kommen, scheint gerade der Gottesdienst vorbei zu sein und viele junge Männer sind dabei, jede einzelne Sitzbank samt Lehne mit feuchten Tüchern abzuwischen. Galle ist voll, laut und trubelig und so nehmen wir schon am Nachmittag den Bus zurück.
In der Nacht hat es wieder heftig geregnet und der Himmel ist grau von Wolken. Also heute nicht ins Meer, dafür laufen wir am Strand entlang bis ins Zentrum, das rund um den Bahnhof liegt. Wir wollen noch einen Spanngurt besorgen, aber so etwas kennt man hier nicht. Dafür landen wir plötzlich auf dem Wochenmarkt und sind in einer anderen Welt.
Ein Geschiebe und Gedränge, Männer und Frauen wollen heute am Sonntag ihre Einkäufe machen.
Es gibt alle Arten von Obst und Gemüse, Gewürzen, Haushaltswaren, Kleidung, lebende Tiere, Trockenfisch, eben alles, was man so zum Leben braucht.
An den Ständen mit Obst und Gemüse sitzen die Händler auf dem Boden und klappern mit ihren altertümlichen Hängewaagen, indem sie Schrauben und Muttern in den Metallschalen schwenken, um die Kundschaft auf sich aufmerksam zu machen.
Es ist eine Welt, die wir nicht kennen, aber niemand scheint sich zu wundern, dass wir als Europäer hier herumlaufen. Wir werden genauso zum kaufen gedrängt wie alle, die sich auf diesem Markt befinden.
Weil wir keine Lust haben, uns durch die Menschenmassen zurück zu kämpfen, verlassen wir das Gelände über eine Seitenstraße. Leider war unser Besuch in der Stadt nicht erfolgreich, aber der Spaß, den wir hatten wiegt das allemal auf.
Nach einer kleinen Pause machen wir noch einen Spaziergang durch das Wohngebiet unmittelbar am Hotel. Schöne Häuser in schönen Gärten. Wir werden angesprochen, ob wir zum Tempel wollen. Wollen wir nicht, aber alle schauen uns so erwartungsvoll an, dass wir nicht nein sagen können. Also lassen wir uns hinführen. Unser Begleiter läuft einfach durch einen Garten und wir hinterher. Über ein Feld mit Zimtpflanzen, und dann sind wir am Hintereingang des Tempels. Hier verabschiedet sich der nette Mann und wir verlassen das Tempelgelände auf der Vorderseite. Am Flüsschen entlang laufen wir zurück und sehen in der Dämmerung die größte Gruppe von Flughunden, die wir bisher hatten. An mehreren Bäumen hängen sie wie übergroße Birnen, ab und an lässt sich einer fallen, fliegt eine Runde, um sich an einen anderen Ast zu hängen. Es sieht aus wie das Aufwärmtraining vor dem großen Start.
Als wir unserem Strand näher kommen, steht dort wieder eine Menschengruppe: „Schildkrötenalarm!“ Vier Tiere sind am Strand und lassen sich mit Algen und Seegras füttern, so bekomme ich doch noch ein paar Fotos.
Auf Safari (Sri Lanka)
Heute haben wir eine lange Fahrt vor uns, von Hikkaduwa geht es per Bus ca. 150 km weit. Das erste Stück nach Galle kennen wir bereits, das haben wir vorgestern schon mal zurückgelegt. Doch dieses Mal mit Gepäck. Wir glauben mitgedacht zu haben und steigen hinten in den Bus ein, weil der Einstieg breiter ist. Falsch, jetzt müssen die Koffer durch den wirklich schmalen Mittelgang während der Fahrt nach vorne zum Fahrer gebracht werden. Neben ihm befindet sich eine Art Laufstall, in den werden die Koffer gelegt. Bus fahren in Sri Lanka ist auch eine besondere Erfahrung. Die Fahrkünste der Tuktuk-Fahrer haben wir schon mehrfach bewundert, aber die Busfahrer toppen die noch. Offenbar wurden alle auf Pünktlichkeit eingeschworen, deshalb muss das Ein- und Aussteigen wirklich flott vonstatten gehen. Kaum hat der letzte Fahrgast einen Fuß auf dem Trittbrett, braust der Fahrer wieder los, angefeuert von einem lautstarken: „Allez, allez!“ des Schaffners (klingt zumindest so). Über der Windschutzscheibe ist innen ein knallbuntes, heftig blinkendes Leuchtdisplay mit Buddhabildern angebracht, wohl zum Schutz der Insassen. Den Fahrgenuss erhöht ein repräsentativer Querschnitt durch die Popmusik des Landes. Alle möglichen Stilrichtungen sind auszumachen. Mal klingt es griechisch, dann italienisch wie aus den 50ern, türkisch, mexikanisch u.a.
In Galle haben wir nach der 45minütigen Fahrt über eine Stunde Aufenthalt, bis der Schnellbus in Richtung Kataragama abfährt. Aber die Zeit vergeht beim Beobachten des regen Treibens hier am Busbahnhof wie im Flug. Unser Bus ist schon 25 Minuten vor Abfahrt da, so dass wir unsere Koffer bequem verstauen und uns einen Sitzplatz suchen können. Gute Entscheidung direkt hier am Startort einzusteigen, denn der Bus wird rappelvoll. Jeder Sitzplatz ist besetzt und im Gang stehen die Fahrgäste dicht gedrängt. War der andere Busfahrer schon ein ganz forscher, stellt dieser hier ihn weit in den Schatten. Schnellbus bedeutet offenbar nicht nur, dass der Bus nicht an jeder Haltestelle anhält, sondern dass er so oft wie möglich rechts fährt (Linksverkehr). Dazu setzt er seine durchdringende Hupe ständig ein. Es ist unglaublich, dass es bei der hiesigen Fahrweise nicht ständig Unfälle gibt. Wir kommen wirklich ohne Zwischenfall in Hambantota an. Unsere gebuchte Lodge liegt allerdings 15 km außerhalb, so dass wir in ein Tuktuk steigen. Später stellen wir fest, dass unser Bus genau diese Strecke genommen hat und direkt am Hotel eine Haltestelle ist. Sinhala müsste man sprechen.
Unsere Lodge ist dafür nur knapp 2 km vom Bundala Nationalpark entfernt, der der eigentliche Grunde für unsere Fahrt hierher ist. Das Klima hier an der Südküste unterscheidet sich sehr von dem im Westen. Es ist warm, aber die Luft ist trocken und es weht ein frischer Wind. Auch die Vegetation ist eine andere. Hier wachsen Kakteen, und es blüht nicht so üppig, wie wir es bisher gesehen haben. Beim Abendessen treffen wir ein Paar aus London, das ebenfalls für ein Jahr auf Reisen ist. Die Zwei sind um die dreißig und total reise-begeistert. Sie arbeiten einige Monate, gönnen sich nichts, um dann wieder für lange Zeit unterwegs zu sein. Wir verbringen einen interessanten Abend mit den Engländern.
Um sechs Uhr starten wir zu unserer Safari. Wir sind allein mit dem Fahrer Siri in einem umgebauten Jeep, in dem hinter der Fahrerkabine 6 erhöhte Sitze angebracht sind. Am Parkeingang steigt noch Tamil – ein Wildhüter – ein, und so fahren wir zu viert durch das Gelände. Bundala hat eine große Vielfalt an Wasser- und anderen Vögeln, und wir sehen am Morgen
Schwarzkopfibisse,
Störche,
Papageien,
Pelikane,
Reiher in allen Farben, Löffler, Pfauen, Eisvögel, Kiebitze, Bienenfresser, Rallen und einige, deren Namen wir nicht kennen.
Dann kommen die Affen, zuerst sehen wir einzelne Ceylon-Hutaffen, dann immer größere Gruppen.
Einige 100 m weiter sind es Hanuman-Languren, an denen alles lang und dünn ist. Die Tiere schwingen sich von Baum zu Baum, rennen quer über den Weg, überhaupt sind sie zu dieser frühen Stunde putzmunter.
Und dann kommt er, unser erster Elefant. Ca. 50 m vom Auto entfernt überquert er den Weg. Der Fahrer gibt Gas, aber als er an der Stelle ankommt, wo der Elefant wieder im Dschungel verschwunden ist, sieht man nichts mehr von ihm und im Gebüsch scheint keine Lücke zu sein. Doch Siri ahnt schon, wohin der Elefant will, und so sehen wir ihn nochmal, als er aus dem undurchdringlich scheinenden Buschwald heraustritt. Eine Weile später haben wir das Glück, noch zwei andere dieser großen Tiere zu sehen. Zuerst laufen auch sie davon, aber Siri stellt den Motor aus, und nach einer Weile kommen die Tiere zurück auf die Lichtung und beginnen zu fressen. Was für ein herrlicher Anblick.
Der Park grenzt an den Ozean, und wir machen auf einer Klippe eine kurze Rast. Von hier oben sehen wir eine Meeresschildkröte in dem aufgewühlten Wasser. Danach fahren wir zu einer Lagune. Hier wird Salz gewonnen, wir fahren auf einem schmalen Pfad zwischen den Salzwasserbecken entlang und bis zu einer weiteren Lagune, die nur durch einen Dünenstreifen vom Ozean getrennt ist.
Ein ideales Revier für Salzwasserkrokodile, und zwar eine ganze Menge. Ganz schön große Tiere sind dabei. Gut, dass wir in unserem sicheren Auto sitzen. Auf der Rückfahrt sehen wir noch Mangusten, Leguane und wieder die verschiedensten Vögel. Als wir nach 4,5 Stunden zurück in unserer Lodge sind, haben wir das Gefühl, etwas wunderschönes erlebt zu haben. Wir lassen uns das Frühstück schmecken und sichten unsere Fotoausbeute.
Am späten Nachmittag haben wir Lust auf einen Spaziergang und laufen ein Stück die Zufahrt zum Nationalpark.
Kaum sind wir 100 m weit gekommen, gesellen sich zwei Hunde zu uns und begleiten uns.
Hier in der Nähe der Häuser sind etliche Fußspuren von Elefanten zu sehen. Ein Wildhüter – der auf dem Weg nach Hause ist – hält extra an um uns zu warnen, damit wir die Straße nicht verlassen. Nach einer Weile biegt ein Weg rechts ab, dem wir folgen. Da liegen ein paar schmale Boote an einem engen Wasserkanal. Währen wir noch dort stehen und uns umschauen kommt eins dieser Boote zurück.
Wir denken, dass der Mann fischen war, aber er hat Lotosblumen gepflückt.
Am nächsten Morgen wollen wir mit dem Bus fahren zu zwei nahegelegenen Seen fahren. Klaus vermisst seine Sonnenbrille, die kann er nur bei unserem gestrigen Spaziergang verloren haben, und so gehen wir nochmal denselben Weg. Und sofort ist auch wieder einer der Hunde von gestern an unserer Seite. Doch heute wird er auf eine harte Probe gestellt. Horden von Affen sind unterwegs. Sie rennen kreuz und quer über den Weg, und der Hund hetzt hinterher. Allerdings hat er immer das Nachsehen.
Einer der Affen ist der Wächter, er sitzt auf der höchsten Stelle und macht seine Artgenossen durch Schreie auf die Gefahr aufmerksam. Alles was in die Höhe wächst, wird von den Affen als Zuflucht genutzt, Büsche, Pfähle, Strommasten. Das war großartig, und als wir dann auch noch die Sonnenbrille wiederfinden, sind wir vollkommen zufrieden. Der Ausflug an den See kann dieses Erlebnis nicht mehr toppen, obwohl wir auch hier viele Wasservögel und eine größere Gruppe Affen sehen.
Abends haben wir wieder Gesellschaft; ein holländisches Paar ist eingezogen, wir essen zusammen und haben eine fröhliche Unterhaltung. Sie waren bereits in Ella, wohin wir morgen aufbrechen wollen.
Kochkurs in Ella (Sri Lanka)
Um kurz vor 10 fährt der Bus schräg gegenüber vom Hotel ab. Inzwischen sind wir schon geübt, trotzdem gibt es mit unseren Koffern wieder eine neue Anweisung. Die Hälfte der Rückbank wird schon von einem Spielzeugauto eingenommen, feuerrot und mit einem deutschen Kennzeichen. Die daneben sitzenden Fahrgäste müssen sich einen anderen Platz suchen. Dann kommen unsere beiden Koffer nebst Klaus auf den freien Platz. Wir sind kaum 30 Minuten gefahren, als der Bus stoppt und in eine enge Gasse rückwärts einbiegt. Schlagartig ist der Bus leer, bis auf uns. Erstaunt registrieren wir, dass die Fahrgäste sich an den Verkaufsbuden mit Essen und Trinken eindecken, auch eine Toilette muss in der Nähe sein. Nach und nach kommen sie – mit Flaschen und Essen versorgt – zurück. Die Zeit, bis alle wieder auf ihren Plätzen sitzen, nutzt ein einarmiger Bettler. Er steigt vorne ein , stellt sich in den Mittelgang und beginnt zu singen, dabei schlägt er einen Schellenkranz gegen seinen Armstumpf. Sein Gebiss ist lückenhaft, um genau zu sein, ist oben nur noch 4 rechts und links vorhanden. Aber besonders die Kinder honorieren seine Darbietung mit begeisterter Aufmerksamkeit. Die Eltern stecken ihnen Geldstücke zu, die sie dem Mann dann stolz reichen. Ich gebe ihm einen 20 Rupien Schein zu, was mein Sitznachbar mit einem anerkennenden Lächeln kommentiert. Ein weiterer Einarmiger steigt ein, ein Krokodil ist Verursacher dieser Behinderung, erklärt er uns. Er bekommt natürlich auch etwas.
Bis zum Umsteigen verläuft die Fahrt wie gewohnt, aber nach dem Buswechsel geht es in die Berge, denn unser Ziel Ella liegt auf über 1000 m Höhe. Wie gut, dass der Bus untermotorisiert, und damit dem Fahrer die Möglichkeit zu riskanten Manövern genommen ist. Dafür sind die Autos jetzt im Vorteil und nutzen jede noch so unübersichtliche Kurve, um an dem roten Bus vorbei zu kommen. Ab und zu kann man tief in den Abgrund blicken, nichts für ängstliche Gemüter. Wir kommen nach zweieinhalb Stunden Fahrt im Zielort an und reiben uns erstmal die Augen. Zum ersten Mal haben wir das Gefühl, dass die Einheimischen in der Minderheit sind. Ella scheint ein Magnet für Backpacker zu sein. Überall laufen junge Menschen mit riesigen Rucksäcken herum. Wir suchen zuerst mal eine Bar auf, wir brauchen etwas zu essen. Laut Internet ist unsere Unterkunft nur 280 m entfernt, das können wir doch zu Fuß schaffen. Erst geht es bergauf dann bergab und wieder bergauf. Da kommt uns eine Frau entgegengelaufen, und als sie sicher ist, dass wir die erwarteten Gäste sind, schnappt sie sich kurz entschlossen meinen Koffer, hebt ihn auf den Kopf und läuft in ihren Flip-Flops trittsicher wie eine Gämse den schmalen steilen Weg hoch. Trotz besserer Schuhe bin ich nicht so schnell wie sie.
Wir beziehen unser Zimmer im Haus der Tochter und machen dann einen Spaziergang durch Ella.
Die Höhenlage macht sich sowohl in Temperatur als auch Luftfeuchtigkeit bemerkbar, richtig angenehm. Uns ist schnell klar, dass all die Ziele der jungen Backpacker wie Little Adams Peak, und Wasserfall nicht unsere sind, aber eine Wanderung zur Neun-Bogen-Eisenbahnbrücke sollte morgen schon drin sein. Abends essen wir in einem Restaurant, in dem gerade ein Kochkurs stattfindet. Offenbar sieht man uns unser Interesse an, und so schreiben wir uns kurz entschlossen für den nächsten Abend auf die Teilnehmerliste. Hier in dieser Unterkunft haben wir schnelles Wifi, aber dafür fällt der Strom häufig aus. Ich weiß nicht, ob mir diese Variante oder das Gegenteil besser gefällt, für meinen Blog und die Kontaktpflege ist beides lästig. Und in dieser Nacht frösteln wir erstmals wieder, obwohl wir kuschelige Vliesdecken mit niedlichen Mustern bekommen haben.
Nach einem leckeren Frühstück machen wir uns auf den Weg zur Brücke. Die Strecke ist 4 km lang, und wir laufen los und wimmeln alle Fahrangebote ab.
Es geht meist bergauf, an einem kleinen See vorbei, durch ein Teefeld. Bergauf laufen gehört nicht zu meinen Stärken, und so geht Klaus schon mal voraus.
Und dann geht es auch wieder bergab, und zwar ganz schön steil. Zwei Engländer kommen mir entgegen und meinen, das hier sei der leichte Part. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und drehe auf der Stelle um, langsam wieder bergauf.
Zwei junge Frauen aus Belgien holen mich ein, vielleicht sind sie auch froh über eine kleine Verschnaufpause, jedenfalls bleiben sie stehen und wir plaudern eine ganze Weile sehr angeregt miteinander.
Sie haben es sich einfach gemacht, und sind den Hinweg vom Bahnhof aus auf den Schienen gelaufen. Ist zwar verboten, aber das kümmert niemanden, das macht hier jeder. Am höchsten Punkt setze ich mich auf einen Stein und warte auf Klaus, der wirklich unten an der Brücke war.
Das muss belohnt werden, und darum setzen wir uns in eins der vielen kleinen Lokale und bestellen uns Mango-Lassi.
Um 18 Uhr beginnt der Kochkurs. Wir sind sechs Teilnehmer, zwei Schweizerinnen, ein Paar aus England und wir. Wir haben eine Kursleiterin, die von ihrem Mann unterstützt wird. Gekocht wird Reis mit Fischcurry, Dhal, Kartoffeln, Bohnengemüse, Salat und Papadam.
Die Teilnehmer pellen und schneiden Zwiebeln und Knoblauch, hacken Chilischoten und Tomaten und raspeln Kokosnuss.
Dafür gibt es ein Gerät, das wie eine Zitronenpresse aussieht, aber Zacken hat. Die halbierte Kokosnuss wird mit links darauf gedrückt und mit der anderen Hand fleißig die Kurbel gedreht, bis nur noch die harte Schale übrig ist. Die Küche Sri Lankas ist unglaublich scharf, aber wir kochen in abgemilderter Form. Beim Dhal wird ein halber Teelöffel Chili zugegeben, unsere Vorköchin nimmt privat 3 bis 4 gehäufte Teelöffel. Die Truppe ist etwas öde, als ob die Teilnehmer nicht zum Spaß hier sind, sondern vor einer schwierigen Prüfung stehen. Erst beim Essen lockert sich die Stimmung; ob es am Bier liegt?
Auf jeden Fall schmeckt uns was wir gekocht haben, und wir haben wirklich etwas gelernt.
Bahnfahrt, Kandy und ein botanischer Garten (Sri Lanka)
Um 9 Uhr soll uns ein Tuktuk zum Bahnhof fahren. Der Besitzer ist der Nachbar, also eigentlich ideal, wenn ja wenn das Gefährt nur anspringen würde. Es ist störrisch wie ein Esel und das Gesicht unseres Gastgebers wird immer besorgter. Dann, nach mehrfachem bedenklichen Röcheln und einem heftigen Schnaufer geht es doch los. Die verlorene Zeit muss unbedingt wieder eingeholt werden, und so heizt der junge Fahrer um die Kurven, dass wir trotz der Enge mit unserem Gepäck auf der Rückbank hin- und hergeschleudert werden. Aber wir sind rechtzeitig am Bahnhof. Für die Fahrt zweiter Klasse nach Kandy zahlen wir 400 Rupien für uns beide (2,20 €). Der Bahnsteig ist mehr als voll, und der Fahrkarten-Kontrolleur – ja den gibt es hier noch – schickt uns weiter nach links. Viele Rucksackreisende stehen schon hier, aber auch viele mit kleinem Gepäck. Als der Zug hält, habe ich den Einstieg direkt vor mir, und schon bin ich mit meinem Koffer drin und belege zwei Plätze.
Glück gehabt, zwar werden wir die nächsten 6 ½ Stunden rückwärts fahren, aber alles ist besser als stehen.
Viele Einheimische sind mit im Zug und vertreiben sich die Zeit mit Singen und Klatschen. Ihr Repertoire ist unerschöpflich, so werden wir bestens unterhalten. Als wir dann durch den ersten Tunnel fahren, hört der Gesang abrupt auf, dafür setzt ein lautes Huhu-Geheule ein, das wiederholt sich bei jedem Tunnel.
Die Fahrt ist sehr interessant, die Strecke Ella-Kandy soll die schönste des Landes sein.
Nach einiger Zeit fahren wir durch die ersten Tee-Plantagen und sehen Pflücker bei der Arbeit.
Die Vegetation ist unglaublich abwechslungsreich, haushohe Rhododendronbüsche, Baumfarne, Eukalyptuswälder, viele mit Brandschäden, riesengroße Bäume, eine unbeschreibliche Vielfalt.
Dazwischen immer wieder Wasserläufe und Wasserfälle, an denen einheimische Frauen Wäsche waschen und Männer Kanister füllen.
Wir fahren durch Städte und Orte, mal ist Markt, dann ein Sportturnier. Es folgen große Gemüsefelder mit Weißkohl, Frühlingszwiebeln, Möhren, Kartoffeln, Lauch, Blumenkohl u.a., immer nur eine Sorte. Es wird gehackt, gegossen und geerntet. Manche Häuser stehen so dicht an den Bahngleisen, dass man den Leuten in die Fenster sehen kann. Überall hängt Wäsche, und wenn man keine Leine hat, nutzt man Büsche oder Gras, um die nasse Wäsche zu trocknen.
Im Zug ein ständiges Aus- und Zusteigen.
Verhungern oder verdursten muss auch niemand, alle möglichen Arten von Proviant und Getränken werden verkauft. Es duftet herrlich, und die offenbar noch warmen Gebäckstücke finden reißenden Absatz. Wir geben uns mit einem Beutel Ananasstückchen zufrieden.
Als wir gegen 16 Uhr Kandy, die alte Königsstadt, erreichen, sind wir wir 500 m niedriger als in Ella. Das Klima ist zwar immer noch kühler als an der Küste, aber die Frische von Ella fehlt.
Auf dem Weg zu unserem Hotelchen kommen wir am Kandy-Lake vorbei. Ein künstlicher See, den der letzte König vor dem Zahntempel, dem größten Heiligtum der Buddhisten in Sri Lanka, anlegen ließ.
Nach einer Erfrischungspause machen wir uns auf den Weg zu einem Restaurant, das laut einer Karte im Internet 600 m von unserem Hotel entfernt sein soll. Nachdem wir eine viertel Stunde gelaufen sind und immer noch nicht dort sind, lassen wir uns fahren. Gute Wahl, denn es geht ganz schön bergauf, und das ohne Bürgersteig. Das Lokal ist voll, viele Touristen, aber auch „besser gestellte“ Einheimische sind hier. Es gibt eine große Terrasse mit einem tollen Ausblick auf die Stadt und die umgebenden Berge, leckeres Essen und eiskaltes Bier.
Am Sonntag machen wir uns zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Eine große Menschenmenge, fast alle weiß gekleidet, ist auf dem Weg zum Zahntempel, einem der größten Heiligtümer der Buddhisten.
Auch hier wieder viele Stände, an denen die Gläubigen ihre Opfergaben kaufen können. Alles noch schöner, noch aufwändiger als wir es bisher gesehen haben.
Der Tempelbezirk ist durch hohe Zäune abgesperrt, und an den Eintrittskassen drängen sich die Menschen. Wir laufen am Tempel vorbei, bis zum Ende des Sees und biegen in eine Geschäftsstraße ein. Schon seit Tagen gibt es Probleme mit der Internetverbindung, wir brauchen einen externen WLAN-Adapter und bekommen ihn auch tatsächlich in einem der vielen Handy-Läden. Handys sind allgegenwärtig. Alle Menschen, mit denen wir zu tun hatten, benutzen sie fleißig. Auch das kleinste Hotel oder Homestay bietet kostenloses WLAN an, was in Deutschland noch lange nicht selbstverständlich ist.
Zurück zum See, an dieser Seite stehen dichtgedrängt die Verkaufsstände mit Eis, Süßigkeiten, Obst und Spielzeug.
Es scheint sich zu lohnen, denn Sonntag ist Familientag.
Ein Stück weiter sehen wir das erste große und moderne Einkaufszentrum. Es ist klimatisiert, blitzsauber und in der oberen Etage ist ein riesengroßes Restaurant. Wir wollen einfach nur mal herumbummeln und uns einen Eindruck über das komplexe Warenangebot verschaffen. Kleidung, Schuhe, Elektronik, Schmuck, Spielzeug, Taschen, Koffer, ein Angebot wie es auch bei uns üblich ist. Auffällig ist das viele Personal. Bereits am Eingang eines Geschäftes stehen in elegante Saris gekleidete Empfangsdamen, die nach den Wünschen fragen und sofort einen der vielen Verkäufer herbeirufen. Ein besonderes Highlight ist ein Spezialgeschäft für Saris. Was für Farben, was für Muster, da muss ich natürlich vor dem Schaufenster stehen bleiben. Und sofort kommt einer der Verkäufer heraus und lädt uns ein, uns „nur“ umzuschauen. Es gibt Baumwoll- und Seidensaris, die dazu passenden Tops, und einige fertige Kleidungsstücke. Das Geschäft ist riesengroß und – wie der Verkäufer behauptet – eines der führenden des Landes. Ich bin sofort bereit, ihm das zu glauben.
Und natürlich will er mich doch überzeugen, mir einen Sari zuzulegen. Wenigstens anprobieren soll ich ihn, er sucht einen seidenen in blau/rot heraus und knotet, fältelt und wickelt mich darin ein. „Er braucht nur ganz wenig Platz,“ erwidert er auf meinen Einwand keinen zu haben.
Wir laufen rüber zum Markt, der auch wieder eine große Faszination ausübt.
Was es hier alles gibt, und anders als auf dem Sonntagsmarkt in Bentota, werden hier die Waren viel ansprechender präsentiert. Äpfel und Mandarinen sind zu Pyramiden gestapelt, Trauben werden an Bändern zu einer Riesentraube gebündelt, Bananen hängen sowieso an der kompletten Staude usw.
Als wir uns hungrig gelaufen haben, kehren wir zurück zum großen Restaurant im Einkaufszentrum, in dem man indisch, chinesisch, italienisch und thailändisch essen kann. Klaus entscheidet sich für italienisch, ich für thailändisch, und wir stellen uns vor der entsprechenden Küche an.
Die Küchen sind offen und wirken klinisch sauber. Man kann zusehen, wie die Mahlzeit zubereitet wird. Alles ist perfekt organisiert, und als ich Fotos mache, winken die Köche mir fröhlich zu. Leckeres Essen.
Zurück laufen wir an der anderen Seite des Sees. Wir kommen an einem eingezäunten großen Spielplatz vorbei. Wer ihn betreten will, muss Eintritt zahlen, trotzdem ist er voll mit spielenden Kindern und ihren Eltern und Großeltern. Ein besonders cleverer Mann hat direkt am Zaun Spielzeug ausgestellt und wittert ein gutes Geschäft.
Im Umgang mit Kindern sind die Sri Lanker unglaublich liebevoll und geduldig.
Babys und Kleinkinder werden getragen. Kinderwagen haben wir nirgends gesehen. Quengelnde oder weinende Kinder werden geschaukelt, gestreichelt oder abgelenkt. Sie werden zum Kindergarten und zur Schule begleitet und wieder abgeholt. Nie haben wir erlebt, dass jemand mit einem Kind geschimpft hat.Und die größeren Kinder erleben wir als selbstbewusst, offen, friedfertig und kontaktfreudig.
Am nächsten Tag machen wir uns per Bus auf den Weg zum Königlichen Botanischen Garten. Vorbei geht die Fahrt an vielen Ministerien in die Universitätsstadt Peradeniya.
Die Anlage dieses 60 Hektar großen Areals geht zurück bis ins Jahr 1371. Besonders eindrucksvoll sind die vielen riesigen Bäume.
Da gibt es Kanonenkugelbäume, die an den Stämmen gleichzeitig mit merkwürdigen Blüten an die hundert harte bis zu 24 cm Durchmesser dicke Kugeln tragen.
Oder Brettwurzelbäume,
die lange Allee mit den eleganten, über 20 m hohen Palmyrah-Palmen,
hohe schlanke Bäume, wo Bienen in schwindelnder Höhe ihre Waben an die Äste kleben, Urwaldriesen, die so ehrfurchteinflößend sind, dass man nicht begreifen kann, dass irgendwo derartig prächtige Bäume gefällt werden, nur um Möbel oder Terrassenbeläge daraus herzustellen.
In diesem Park, der an drei Seiten vom Mahaweli-River umgeben ist, lebt eine Population von rund 24.000 Flughunden.
Das muss ein Spektakel sein, wenn sie sich in der Dämmerung zur Nahrungssuche auf den Weg machen. Es gibt aber auch noch verschiedene Gewächshäuser, unter anderem mit
Kakteen und
Orchideen.
Als wir den Park gegen 16 Uhr verlassen, kommt eine Schulklasse zur Besichtigung. Das wäre bei uns undenkbar, aber hier werden Ausflüge anscheinend nur außerhalb der Unterrichtszeit unternommen.