Don Khone / 4000 Inseln (Laos) 

Dieses Mal fahren wir die Staubstraße in einem geschlossenen Fahrzeug. Der Fahrer muss neue Gäste für das Resort am Flughafen Pakse abholen und nimmt uns bis Ban Nongsim mit. An der Rezeption unseres Resorts haben wir ein Blatt mit dem Namen unseres Fahrziels in laotischer Schrift mitbekommen. Jetzt warten wir an der Straßenkreuzung mit ein paar Einheimischen, bis ein Songthaeo kommt, der nach Süden fährt. Immer wieder halte ich das Blatt hoch und nach einer dreiviertel Stunde hält das ersehnte Fahrzeug.

Es scheint auf den ersten Blick voll besetzt zu sein, doch so etwas gibt es in Südostasien nicht. Wo sich 20 Personen im Laderaum drängen, finden auch noch vier weitere Platz. Die Koffer werden aufs Dach gehoben, beim Einsteigen müssen wir über ein auf der hinteren Plattform festgebundenes Moped klettern, hier ein wenig schieben, dort etwas auf den Schoß nehmen, schon haben wir Platz. Und auf dem Moped kann auch noch jemand sitzen. Wenigstens haben wir dieses Mal keine stinkende Fracht dabei. Bei jedem Halt stürmen Frauen auf das Fahrzeug zu, in der Hand Spieße mit Hühnerfleisch oder sogar ganzen Hühnern.  Die Reisenden können zu so einem Angebot offenbar nicht nein sagen, und so wandern die erst jetzt in Tüten verpackten Brathühner in den Fahrgastraum. Manch einer kann es gar nicht abwarten, in der einen Hand den Hühnerspieß, in der anderen ein Päckchen Klebereis wird während der schwankenden Fahrt gegessen. Klebereis ist als Proviant prima, der hält bombenfest, nicht ein Körnchen fällt herunter. Obwohl die Strecke doppelt so lang ist, wie die von Pakse nach Ban Nongsim, brauchen wir weniger Zeit bis zur Endstation in Nakasang am Ufer des Mekong.

Kurze Zeit später kommt schon das lange flache Boot, das die Reisenden entweder nach Don Det oder Don Khone bringt, zwei von den berühmten 4000 Inseln im Fluss. Diese beiden durch eine Brücke verbundenen Inseln werden am häufigsten besucht. Die jungen, feierfreudigen Touristen bevorzugen Don Det, Don Khone ist mehr für die ruheliebenden. Der Mekong strömt breit und mächtig um Inseln und Sandbänke herum. Eine Herausforderung für die Bootsfahrer, denn unter der Oberfläche liegen viele Felsen. Nach 45 Minuten legen wir an und sind bereits am Ziel. Unser Hotel liegt direkt neben dem Bootsanleger, bequemer geht es nicht.  

Am Freitag, dem Tag nach unserer Ankunft frage ich nach einem Arzt, mein rechtes Auge und mein linkes Ohr sind entzündet, und oh Wunder, es gibt ein Hospital auf der Insel, keine 5 Minuten von unserer Unterkunft entfernt. Das Hospital hat keine Glasfenster, die Öffnungen werden mit Fensterläden geschlossen. Die Tür steht offen, wir sind gleich im Wartezimmer, in dem eine Holzbank und zwei Bettgestelle stehen. Daneben ein zusammengenagelter Infusionsständer. Auf dem einen Bett wartet eine schwangere Frau, sie wird doch wohl nicht hier niederkommen. Kurze Zeit später knattert draußen ein Moped, eine zierliche junge Frau kommt herein, in jeder Hand einen Stoffbeutel, gefüllt mit Schnellheftern. Sie mustert uns erstaunt, schlüpft in ein weißes Jäckchen und nimmt die Schwangere mit in den Untersuchungsraum nebenan; die Tür bleibt offen. Kurze Zeit später kommen auch Ehemann, Mutter und Schwester der Patientin und gehen ohne Zögern in den Untersuchungsraum, entweder um sich zu informieren oder gute Ratschläge zu geben. Ich drücke der jungen Frau die Daumen, dass die Geburt ohne Komplikationen verläuft, denn das nächste Krankenhaus ist 100 Kilometer weit entfernt in der Stadt Pakse. Dann bin ich dran, mit Fotos, Gesten und dem Übersetzungsprogramm trage ich meine Beschwerden vor. Aus einem anderen Zimmer holt die junge Ärztin drei Streifen Tabletten, zeigt wie und wann ich sie nehmen soll, misst meinen Blutdruck, wiegt mich und stellt ihre Rechnung. Für Untersuchung und Medikamente berechnet sie 1,91 € (35.000 KIP) und nach einem Selfie mit mir und Klaus schickt sie uns noch in die Apotheke, weil sie die Augensalbe leider nicht vorrätig hat. Das bedeutet eine Bootsfahrt nach Nakasang, denn eine Apotheke gibt es auf Don Khone nicht. Irgendein Verwandter unseres Gastgebers bringt uns mit dem Boot hin und zurück. Hoffentlich helfen die Medikamente. 

Am nächsten Tag mieten wir Fahrräder (1,08 €/Tag für 2) und beginnen die kleine Insel zu erkunden. Erst seit kurzer Zeit machen zwei betonierte Straßen das Radfahren zum Vergnügen. Uns zieht es zu den Wasserfällen auf der Westseite der Insel. Das Naturschutzgebiet kann gegen einen geringfügigen Betrag besucht werden. Wir stellen die Räder ab, abschließen ist unnötig, alle Mieträder haben eine Markierung und niemand würde sich trauen, eines davon zu stehlen. Auch zerstören oder im Fluss versenken ist undenkbar, Vandalismus gibt es anscheinend bei großer Armut nicht. Die Wege sind sauber, Papierkörbe sind aufgehängt, der Bambus ist gestutzt. Ein schöner Weg führt zum Ufer, an dem eine Herde Wasserbüffel weidet.

Von verschiedenen Aussichtspunkten aus bekommt man eine Ahnung von den gewaltigen Dimensionen. Die Mekong-Wasserfälle sind die breitesten auf dem ganzen Erdball. Im Bereich der vielen Inseln dehnt sich der Mekong über eine Länge von 50 Kilometer auf bis zu 14 Kilometer Breite aus und strömt an diesem Punkt gewaltig zwischen den Felsen hindurch. In der Trockenzeit entstehen Strände mit Badestellen. Einige Bäume sind mit Treppen und Plattformen umbaut. Vor der Corona-Pandemie konnten mutige Menschen per Zipline über die Wasserfälle zur nächsten Insel sausen. Mit angehaltenem Atem beobachten wir Fischer, die auf den gegenüberliegenden Felsen herumklettern, um Netze oder Angeln ins Wasser zu halten. Und genau jetzt gibt meine Kamera den Geist auf und geht weder vor- noch rückwärts.  

Wieder auf den Rädern biegen wir ein Stück weiter südlich an einem Hinweisschild ab. Die seltenen Irrawaddy-Delfine sollen sich ab und zu an diesem Ufer zeigen. Hier ist der Weg natürlich nicht betoniert, und wir rumpeln über Steine und durch Schlaglöcher bergab bis zu einem Restaurant, besser einer Hütte ohne Strom aber mit Kochmöglichkeit, am Ufer. Ein paar Baumstämme tragen ein Wellblechdach, auf dem betonierten Sockel einige Tisch mit unvollständigen Tischdecken und jeweils 4 Stühle. Hier wird gewohnt und auf Gäste gehofft. Wir können gerade eine Stärkung gebrauchen und bestellen gebratene Nudeln mit Gemüse und etwas zu trinken. Während wir warten, stapft plötzlich ein großer schwarzer Mann mit Koffer und Rucksack durch die Dünen auf das Lokal zu. Er stammt aus Nigeria erfahren wir und will irgendwie von hier aufs Festland. Für 4 US$ bringt ihn einer der Männer auf seinem Moped zum Bootsanleger. Zwischen Kambodscha und Laos sollen über den zurzeit leicht zu überquerenden Wasserlauf illegale Einreise und Schmuggel Hochkonjunktur haben. Wer wollte auch die lange Grenze kontrollieren. Plötzlich beginnt es zu regnen und wir beenden den Ausflug. 

Neuer Anlauf am nächsten Tag, die betonierte Strecke führt am Ostufer entlang bis zur Südspitze. Wir sehen kleine Siedlungen, trockene Reisfelder und ein Waldstück. Im Bereich der Häuser müssen wir immer wieder Kühen oder Hunden ausweichen. Die Kinder spielen auf der Straße und überall wuseln Hühner mit ihren Küken herum. Ab und zu begegnen uns Mopedfahrer und bis auf ein paar schreckhafte Hähne sind alle total entspannt. An der Südspitze halten wir auf der Aussichtsplattform und lassen den Blick über den Fluss schweifen. Eine verrostete Lokomotive steht hier mit einigen Informationstafeln, das Gegenstück im Norden der Insel. Nachdem alle Versuche, den 21 Meter hohen Wasserfall zu überwinden, gescheitert waren, entschloss sich die französische Kolonialmacht 1893, Güter auf dem Landweg zu transportieren und ließ Schienen verlegen. Das Jahr 1949 bedeutete das Ende der Eisenbahnromantik und seit kurzem ist die ehemalige fünf Kilometer lange Bahntrasse durch eine schmalen Betonstraße ersetzt worden, sehr zur Freude der Einheimischen Mopedfahrer und der Touristen, die sich in beinahe jedem Gästehaus Fahrräder mieten können.

Bauarbeiten auf Don Det

Bei einer Tour auf der Nachbarinsel stellen wir fest, Don Det muss noch nachziehen, hier ist nur ein kleiner Teil der Straßen betoniert, der Rest ist Staub- bzw. Matschstraße. In diesem Jahr gibt es in der Trockenzeit ab und zu heftige Regenschauer. Giovanni und Paola, ein reizendes italienisches Paar, das wir beim Abendessen kennenlernen, war um diese Jahreszeit schon öfter hier und hat immer nur strahlend blauen Himmel erlebt.  

Am Sonntagmorgen erzählt unser Gastwirt aufgeregt von einem Festival auf einer weiter nördlich gelegenen Insel. Zusammen mit seiner Frau und den beiden mittleren seiner vier Kinder fahren wir mit dem Boot nach Koh Som. Hier herrscht Festtagsstimmung, Trampoline und eine Hüpfburg sind auf der einzig betonierten Fläche um den Tempel aufgebaut, Imbissstände reihen sich aneinander, ein Luftballonverkäufer lockt die Kinder an und aus großen Lautsprechern neben dem Zelt der Wettkampf-Jury dröhnt Musik, bis der Sprecher mit sich überschlagender Stimme den Höhepunkt ankündigt, das Bootsrennen.

Bis zu 30 junge Männer sitzen in zwei Langbooten und paddeln um die Wette. Da nur vier Mannschaften antreten, ist der Wettkampf schnell beendet und die Menschen wenden sich wieder dem Essen und Trinken zu.  

Abends laufen wir am Hospital vorbei, obwohl niemand da ist, steht die Eingangstür wie immer weit offen. Kurz darauf begegnen wir wieder dem netten italienischen Paar und verabreden uns für den nächsten Abend zum Essen. Wir haben uns so viel zu erzählen, dass wir jeden Abend gemeinsam in verschiedenen Restaurants verbringen. Am letzten Abend kocht Paola sogar in der Küche eines Restaurants leckere Pasta für uns, ein schöner Abschluss nach dieser Woche. 

Kratie (Kambodscha) 

In dieser Nacht prasselt der Regen unentwegt auf das Blechdach. Am Morgen gleicht die Straße zum Frühstückslokal einem Bach. Es ist kurz vor 8 Uhr, und die Besitzer machen schnell die Liegestellen, auf denen sie die Nächte verbringen, bereit für die Gäste. Das nach drei Seiten offene Lokal ist alles für sie, Arbeitsstelle, Schlaf- und Wohnraum in einem.  

Unser Gastwirt kommt mit der 14 Monate alten Tochter auf dem Arm zur Anlegestelle, um uns zu verabschieden. Das Mädchen trägt ein pinkfarbenes Kleid und passende Sandalen mit Glitzer. Kaum stellt er es auf den Boden, schleudert die Kleine mit empörter Mine die Schuhe von den Füssen. Barfußlaufen ist trotz Steinen und Matsch offenbar angenehmer. Überhaupt Schuhe, die Menschen tragen fast nie welche in der richtigen Größe, entweder sichtbar zu groß oder zu klein.  

Kurz vor 9 Uhr hört es auf zu regnen, und zusammen mit anderen deutschen Touristen klettern wir aufs Boot, alle wollen nach Kambodscha. In Narkasang erklimmen wir das schlammige Ufer, 100 Meter weiter steigen wir in einen der beiden wartenden Minibusse. Während der kurzen Fahrt zur Grenze kommen wir mit Christine und Axel ins Gespräch, die ebenfalls nach Kratie unterwegs sind. Sie machen begeistert entbehrungsreiche Trekkingtouren und sind sehr am ursprünglichen Leben der Einheimischen interessiert.  

An der Grenzstation in Laos geben wir den Pass und das Ausreiseformular ab, zahlen 2 US$ Stempelgebühr und laufen 500 Meter weiter zur kambodschanischen Seite. Für das Visa on Arrival müssen wir wieder Formulare ausfüllen, 38 US$ bezahlen und dann warten wir nach Gepäckkontrolle auf unseren Minibus. Anscheinend ist das Fahrzeug ein Biertransport von Beerlao mit der Möglichkeit, Personen mitzunehmen. Die Kartons bedecken den ganzen Boden, nur vor den Sitzen sind schmale Abstände, damit man nicht auf die Kartons treten muss. In Stung Trenk halten wir für eine Mittagspause.

Das Lokal liegt malerisch am Ufer des Sekong, der ein Stück weiter in den Mekong mündet. Wir bekommen unser Essen als letzte, Reis mit Metzelhuhn. Ich habe nicht mehr daran gedacht, dass hier jedes gebratene Stück Fleisch ohne Anatomiekenntnisse mit einem großen Hackmesser zerteilt wird, und Knochensplitter im Essen verderben mir den Appetit.  

Bevor wir weiterfahren, bestimmt der Fahrer eine neue Sitzordnung. Das französische Ehepaar, das bisher neben ihm in der ersten Reihe saß, muss die Plätze mit den beiden eigenen Kindern tauschen, die vorher hinter uns saßen. Niemand kapiert das, bis an der Ecke ein junger Kambodschaner zusteigt und sich zwischen die Kinder quetscht. Die Mutter schäumt vor Wut, aber in diesem Fall verhindert die Sprachbarriere eine Auseinandersetzung. Die 13jährige und ihr 11jähriger Bruder bleiben total gelassen. Die Eltern wollen ihnen die Welt zeigen, doch die beiden sind nicht an der Welt, sondern an der Lösung eines Computerspiels interessiert. Gebannt verfolgen sie auf ihrem Smartphone Videos, die zeigen, wie man Kriege gegen Monster gewinnt. Nicht einen einzigen Blick gönnen sie dem Land, durch das wir während der nächsten drei Stunden fahren.  

Kambodscha, obwohl noch ärmer als Laos, wirkt hier aufgeräumter; weniger Müll liegt herum, vor den Häusern wird gefegt, das Zusammengekehrte landet mit allem, was nicht verbrannt werden sollte (Plastik und Getränkedosen) in der privaten Müllverbrennung an der Straße.  

Als wir Kratie (ca. 60.000 Einwohner) erreichen, fahren wir nicht durch einen religiös verzierten Torbogen, sondern dieser ist mit einem monströsen Baustellenfahrzeug der Marke John Deere geschmückt. Die breite vierspurige Hauptstraße ist asphaltiert, die Markt- und Imbissstände an den Rändern stehen auf Sandboden. Unser Hotel liegt am Ufer des Mekong, direkt gegenüber der Insel Koh Trong. Wir sind von vielfältigen Geräuschen umgeben. Vor unserem Zimmer findet sich täglich ein großer Schwarm zwitschernder Weißbart-Seeschwalben ein, im Mekong wird nonstop Sand gebaggert und auf der Promenade trifft sich abends eine ca. 100 Personen starke Gruppe, die zu dröhnender Technomusik eine Stunde lang Gymnastik nach Ansage eines Vorturners macht. 

Fünf Minuten vom Hotel entfernt haben wir ein Restaurant gefunden, das von einem jungen Australier geführt wird, Gerichte aus der westlichen und der Khmer-Küche, stehen auf der Karte. Alles wird selbst gemacht, Chutneys, Mayonnaise, Dressings, Nussbutter und alles schmeckt köstlich. Die Küche, die man auf dem Weg zur Toilette durchqueren muss, ist so aufgeräumt, wie wir es noch nirgends gesehen haben. Das hier reichlich fließende Trinkgeld landet in einem Sozialprojekt, das arme Familien mit Lebensmitteln versorgt. Schon am nächsten Morgen sind wir wieder hier zum Frühstücken. Wir müssen ein Weilchen warten, bis die Mitarbeiterin vom Markt zurückkommt, die Eier sind alle. In der Zwischenzeit genießen wir den Kaffee aus der Presskanne und schauen hinaus in den Platzregen. Regen im Januar, so etwas hat es in den elf Jahren, die dieser junge Unternehmer hier lebt, noch nie gegeben.  

Wir brauchen Geld, am Automaten kann man zwischen US$ und kambodschanischen Riel wählen, 1 Dollar entspricht 4.000 Riel. Bezahlen ist mit beiden Währungen möglich, Wechselgeld gibt es meistens in Riel. Anschließend laufen zum Busbahnhof, um in einem der umliegenden Geschäfte SIM-Karten zu kaufen. Während wir uns mit dem einen jungen Mann mehr schlecht als recht verständigen, repariert der andere neben ihm mit unendlicher Geduld ein zerstörtes Handy. Diese Hingabe macht mir Hoffnung, dass meine Kamera noch zu retten ist.  

Der gegenüberliegende große Tempel wird gerade restauriert und ist nur von der anderen Straßenseite zu betreten. Im Hof steht noch ein kleiner Tempel, den die Gläubigen währenddessen nutzen können. Den besuchen wir nachmittags und treffen im Hof auf eine Gruppe von 10 bis 12 Männern, die Fußfederball (Da Cau) spielen. Diese Geschicklichkeit, diese Treffsicherheit, die kleine federgeschmückte Scheibe wird mit der Schuhsohle oder –seite zurückgeschlagen. Sie fliegt zwischen den Spielern hin und her, ohne den Boden zu berühren, nur ganz selten wird eine Faust eingesetzt. Wir klatschen Beifall, das freut wiederum die Spieler.  

Auf dem Weg zur Markthalle fallen die vielen Gebäude aus der französischen Kolonialzeit auf. Natürlich alle renovierungsbedürftig, aber noch immer mit einer gewissen Eleganz. Auch die Markthalle stammt aus dieser Zeit, aber sie ist von außen kaum zu erkennen, so zugewuchert ist sie mit kleinen Ständen mit allem, was nicht essbar ist. Jetzt gegen 19 Uhr werden die gerade zugemacht. Nur der Lebensmittelmarkt um die Halle herum ist noch geöffnet und die Männer und Frauen hoffen darauf, Fische und Gemüse noch loszuwerden. Zehn bis zwölf Kinder rennen herum, und als sie uns entdecken, wollen sich alle mit uns abklatschen. “High five”, sagt Klaus und begeistert sprechen sie die neuen Worte immer wieder aus. Die drei- bis achtjährigen werden nicht müde, dieses Spiel mit uns zu spielen und folgen uns ein ganzes Stück. 

Abends treffen wir Christine und Axel im Restaurant des Australiers und verbringen ein paar Stunden mit gutem Essen und angeregter Unterhaltung. Sie zeigen uns Bilder von der letzten Reise nach Kirgisistan und Usbekistan. Was die beiden auf Reisen auf sich nehmen, beeindruckt uns sehr. Wir tauschen Telefonnummern aus, vielleicht laufen wir uns ja wieder über den Weg. 

Phnom Penh (Kambodscha) 

Bereits um 5.45 Uhr stehen wir mit unserem Gepäck auf der Straße und warten auf den Bus. Als unsere Koffer hinten eingeladen werden, liegen dort bereits ein paar Säcke mit Reis. Das bleibt nicht das Einzige, was außer den Passagieren in die Hauptstadt transportiert wird. Der Fahrer sammelt Menschen und ihre Lasten (Holzkohle, Gemüse, Kartons, Reis, Zuckerrohr) während einer Runde durch Kratie ein und biegt dann auf die Hauptstraße ein. Bald geht die Sonne über den Reisfeldern auf und beleuchtet das frische Grün. Alle möglichen Fahrzeuge fahren in dieselbe Richtung wie wir, beladen mit Melonen und anderen Ernteerzeugnissen. Manche Mopeds haben einen geschweißten Beiwagen, an dessen Gestänge unzählige Tüten mit Essen hängen.

Nach zwei Stunden gibt es eine Frühstückspause, und gegen 11 Uhr kommt Phnom Penh (2,3 Mill. Ew.) in Sicht. Auf den ersten Blick kennen wir die Stadt, in der wir vor fünf Jahren schon einmal waren, nicht wieder. Was hier alles neu entstanden ist, kann man kaum glauben. Großzügig angelegte Wohnanlagen, Hochhäuser, breite Straßen, ein völlig neues Stadtviertel im am Westufer des Mekong entstanden. Mit aus dem Mekong gebaggerten Sand sind die Feuchtgebiete zugeschüttet worden, um neuen Baugrund zu erschließen. Die Menschen, die vorher am und vom Wasser gelebt haben, indem sie Wasserspinat geerntet und Fische gefangen haben, sind vertrieben worden. Das Geld für diesen gigantischen Umbau kommt aus China. 

Erst als der Bus am Ziel ankommt, das direkt neben der Art-Deco Markthalle liegt, kennen wir uns wieder aus. Wir wohnen nur ein paar hundert Meter entfernt, stellen unsere Koffer ins Zimmer und laufen direkt wieder los zum Fotogeschäft. Das hat am heutigen Sonntag bis 13 Uhr geöffnet und wir können noch die Kamera abgeben. Schon am Nachmittag wird uns per SMS mitgeteilt, dass eine Reparatur erfolgversprechend ist, 45 $ kostet und am nächsten Nachmittag beendet sein wird. 

Abends gehen wir in ein chinesisches Lokal. Bei so vielen Gerichten auf der Speisekarte fällt uns die Entscheidung schwer. Während wir unschlüssig blättern, bekommen wir Tee, geröstete Erdnüsse und Porzellangeschirr hingestellt. Die Gerichte kosten ab 5 US$, das ist mindestens doppelt so teuer wie in Laos, aber wir sind überaus zufrieden. Ähnlichkeiten mit chinesischen Restaurants in Deutschland sind vermutlich nicht beabsichtigt. 

Am Montag laufen wir durch eine gepflegte Grünanlage vorbei an neuen Hochhäusern, der amerikanischen Botschaft und schönen Hotels zum Wat Phnom, einem Stupa auf künstlichem Hügel. Um den Hügel herum liegt ein Park. Wir sitzen eine Weile auf einer Bank im Schatten und beobachten die Menschen. Viele laufen in gebückter Haltung an uns vorbei (Ehrfurcht vor dem Alter) und kaum ein Kind geht an uns vorbei, ohne zu grüßen oder zu winken. Dann laufen wir die von siebenköpfigen Kobras bewachten Treppen hinauf zum Tempel. Die hölzernen Wände sind mit Szenen aus Buddhas Leben kunstvoll bemalt und vermitteln das Gefühl von Wärme und Geborgenheit. Ständig bringen Gläubige neue Opfergaben. Wat Phnom ist der wichtigste Tempel der Stadt.  

Wir laufen weiter zum Tonle Sap, dem Fluss, der den gleichnamigen See speist und der sich hier mit dem Mekong vereint. Das Hotel am Ende der Landzunge zwischen beiden Wasserläufen war bei unserem letzten Besuch noch im Bau.

Die Schiffe, die flussaufwärts fahren, kommen kaum von der Stelle und auch diejenigen, die in anderer Richtung unterwegs sind, haben Schwierigkeiten den Kurs in der starken Strömung zu halten. Auf der Promenade gibt es wenig Schatten, trotzdem sind viele Menschen unterwegs. Diejenigen die Zeit haben sitzen auf den Bänken, die anderen versuchen, ihnen etwas zu verkaufen. 

In einer Grünanlage ist schon alles für das chinesische Neujahrsfest vorbereitet. Rote Seidenlampions bilden Kegel und mehrere gigantische goldene Hasen stehen und sitzen bereit, um das Neue Jahr, das unter ihrer Obhut steht, willkommen zu heißen.  

Wir sind pünktlich am Fotogeschäft, aber die Kamera ist doch noch nicht fertig. Im Inneren ist mehr Staub, als es vorher den Anschein hatte. Den Mitarbeitern ist das unsagbar peinlich, aber ich hatte mich sowieso auf mehrere Tage eingestellt und versichere mehrfach, dass es kein Problem sei. Schon am nächsten Morgen kommt die Nachricht, dass die Reparatur erfolgreich ausgeführt worden ist. Wir machen uns gleich auf den Weg, kürzen die Strecke durch die Markthalle ab und sehen gerade, wie Stangeneis angeliefert wird. Eine Metallschiene führt vom Lieferwagen auf den Boden der Halle, der ein Stück weit von einer Plane bedeckt ist. Mit Schwung glitschen die ca. 1,20 Meter langen Eisstangen über Plane und nackten Boden bis zu einem Stand, wo sie mit einer Säge zerteilt und weiter zerkleinert werden, bevor sie in mehrere Gefriertruhen landen. Hoffentlich sollen sie nicht irgendwelche Getränke kühlen.  

Die Kamera ist fertig, ich mache gleich im Geschäft ein paar Bilder und bin sehr froh, dass alles funktioniert 

Mit der Kamera in der Hand geht es gleich weiter, Richtung Königspalast. Es ist eine große Anlage, ein Teil des Palastes kann besichtigt werden, der andere bleibt unzugänglich, seine Majestät legt verständlicherweise Wert auf Privatsphäre. König Sihamoni ist ein Feingeist, der seine Schulbildung in Europa erworben hat. Er hat Ballett getanzt und während der Zeit als sein Land von einem mordenden Diktator beherrscht worden ist als Lehrer in Paris gearbeitet. Seit 2004 ist er wieder als König eingesetzt.  Das vordere Gebäude ist schon festlich geschmückt, eine elektrische Wunderkerze gaukelt Funken vor. Die blitzsaubere Straße ist abgesperrt, und die Menschen sitzen auf den Bürgersteigen und schauen sich das Gebäude von außen an. Der Eintrittspreis von 10 US$ ist für die meisten wohl unerschwinglich. 

Auf dem Rückweg landen wir im Rotlichtviertel, wo die Frauen beisammensitzen und auf Kundschaft warten. Unbehelligt laufen wir durch die Straße. Ein Stück weiter setzen wir uns in ein Lokal und werden mit überschwänglicher Höflichkeit bedient. Der Tintenfisch mit frischem Kampotpfeffer ist schmeckt unglaublich gut.  

Vor einigen Läden wird jetzt abends noch der Bürgersteig geschrubbt, das Ladenschild poliert, aufgeräumt und alles mit roten Lampions und Bändern dekoriert. Alles für das kommende Neue Jahr.

Kampot (Kambodscha) 

Als wir aus unserem Hotel auschecken, will ich Klaus noch auf einem der geschnitzten Prunksessel fotografieren. Aber oh Schreck, auf dem Display erscheint alles rotgestreift. Eigentlich müssten wir sofort wieder zum Fotogeschäft laufen, aber die Busfahrkarten sind gekauft und das nächste Hotel ist auch bereits gebucht. Pünktlich um 9.15 Uhr sind wir am Busbahnhof, wo wir schon von einem Tuk Tuk und einem anderen Fahrgast erwartet werden. Das verspricht spannend zu werden, aber solche Dinge bringen hier niemanden aus der Ruhe. Das Tuk Tuk hat einen Dachgepäckträger, auf den kommen die Koffer, die Rucksäcke verschwinden hinter der Rückbank, Klaus und der andere Tourist sitzen auf der Rückbank und ich habe den Vorzug, direkt neben dem Fahrer zu sitzen. Zwar nur 5 Minuten lang, dann sind wir beim Minibus angelangt, aber das wollte ich schon längst mal ausprobieren. Nachdem alle Fahrgäste eingetrudelt sind, geht es Richtung Südwesten los. Es dauert, bis wir aus der Hauptstadt heraus sind, aber dann läuft es. Unterwegs finde ich heraus, dass auch in Sihanoukville ein Fotogeschäft mit Reparaturservice ist, eine Erleichterung.  Vier Stunden später erreichen wir  Kampot. Auch in dieser Stadt sind wir auf unserer ersten Reise schon gewesen und ich bin gespannt, ob wir noch etwas wiedererkennen. Der Kreisel mit der riesigen Durianfrucht in der Mitte ist zumindest unverändert.  

Nachdem wir uns eingerichtet haben, packen wir unsere Schmutzwäsche zusammen und laufen zum Zentrum. Die Promenade, die ich in so angenehmer Erinnerung habe, ist von einem Bauzaun versperrt, sie wird neu gepflastert. Auf dem Bürgersteig ist mal wieder alles mit Garküchen und Autos oder Mopeds zugestellt, bleibt für uns nur die Straße. Und hier findet sich ein Stück weiter ein merkwürdiges Hindernis. Ein weißes Zelt – umgeben von Edelstahlgeländern – nimmt die Hälfte der Straße ein, hier wird später eine Hochzeit gefeiert. Während der Fahrt sind wir an einigen dieser Zelte vorbeigekommen. Und was machen die Autofahrer? Nichts! Geduldig passieren sie die Engstelle in beide Richtungen, nicht einmal wird die Hupe eingesetzt.  

Im Zentrum mit den französischen Häuserzeilen kommt mir keins der Lokale oder Geschäfte bekannt vor. Bestimmt mussten viele wegen der umsatzarmen Zeit in der Coronapandemie aufgeben und jetzt versuchen andere hier ihr Glück. Diese Stadt ist schon seit Jahren ein beliebter Wohnort für Menschen aus Europa oder Australien, deren Rente in der Heimat nicht zum Leben reicht. Während wir beim letzten Mal ausschließlich Männer gesehen haben, begegnen uns jetzt auch mehrere Paare. Sie nicken uns freundlich zu, ob sie in uns neue Gemeindemitglieder vermuten? In dieser bei Touristen aller Altersgruppen beliebten Stadt am Preaek Thom River, der nach 5 Kilometern in den Golf von Siam mündet, gibt es Restaurants mit Gerichten aus vielen Teilen der Welt. Eine schöne Abwechslung nach vielen Wochen mit asiatischem Essen. Ein Käsebrötchen zum Frühstück kann glücklich machen.  

Mit einem „Roemork“ – ein Moped mit Anhänger in Kutschenform- lassen wir uns zu einer 25 Kilometer entfernten Pfefferfarm bringen. In der Region wurde bis zur Machtergreifung durch die Roten Khmer 1975 in großem Stil Pfeffer angebaut. Pol Pot ließ nahezu eine Million Pflanzen vernichten, weil das Land entsprechend seiner Vision vom Bauernstaat für den Anbau von Reis und Gemüse gebraucht wurde. Der Pfeffer verschwand vom Weltmarkt. Erst im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts begannen Bauern wieder mit dem Anbau der Pflanzen. Heute hat sich der hier angebaute Pfeffer bei Köchen und Liebhabern guter Gewürze seinen Platz zurückerobert. Beim Rundgang über die Farm sehen wir, dass Pfeffer wie Hopfen an Stäben in die Höhe wächst. Jetzt in der Trockenzeit muss alle 3 Tage gewässert werden. Der Einsatz von chemischem Dünger oder Insektenschutz ist nach den strengen Regeln der KPPA (Kampot Pepper Promotion Association) verboten, beides muss aus natürlichen Materialien hergestellt werden. Geerntet wird zweimal im Jahr, und eine Pflanze kann 30 Jahre lang Früchte tragen. Wir verkosten alle vier Pfefferarten, grün, rot, weiß und schwarz. Erstaunlich, dass ein und dieselbe Frucht je nach Reifegrad so unterschiedlich schmeckt. Auf der Plantage wachsen außerdem Durianbäume. Sie brauchen allerdings noch eine Weile, bis die Früchte geerntet werden können. Noch hängen sie in kirschgroßen Büscheln an den Bäumen.  

Kleine Pfefferkunde:
Grün =        unreif, frisch bis zu drei Tage haltbar, leicht zitronig im Geschmack. Sonst wird er eingelegt oder gefriergetrocknet
Schwarz = unreif geerntet, kurz bevor er gelb wird. Auf Bambusmatten in der Sonne getrocknet hält er sich mehrere Jahre
Weiß =        reifer, geschälter Pfeffer. Die roten Pfefferbeeren werden eingeweicht, bis die rote Schale abfällt, danach mehrere Tage in der Sonne getrocknet
Rot =           reif, ungeschält. Muss geerntet werden, kurz bevor die Beeren zu faulen beginnen. In der Sonne getrocknet und handverlesen
Köche aus aller Welt sind wieder auf Kampot-Pfeffer aufmerksam geworden. Gleiches gilt für das Salz aus den umliegenden Salinen
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An Silvester laufen wir über den Marktplatz, verschiedene Fahrgeschäfte sind aufgebaut, einige werden noch mit Farbe ausgebessert und verschönert. In den umliegenden Geschäften nimmt die Anzahl der roten Kleidungsstücke wegen der Feierlichkeiten zu. Und um Mitternacht knallt es heftig, es ist kein Feuerwerkt mit Raketen wie bei uns, nur Böller werden begeistert gezündet, damit die bösen Geister gar nicht erst auf die Idee kommen, mit ins neue Jahr zu kommen. Und sollten es doch welche schaffen, muss der Hase mit ihnen fertig werden. 

Sihanoukville (Kambodscha) 

Am Neujahrstag fahren wir weiter nach Sihanoukville. Erst geht es flott voran, doch auf ca. 30 Kilometern ist die Asphaltdecke abgetragen worden, dadurch brauchen wir mehr als drei Stunden für die 100 Kilometer lange Strecke. Der Bus fährt zum Fähranleger, denn die meisten Leute wollen direkt weiter auf eine der vorgelagerten Inseln. Doch wir haben einen Zwangsaufenthalt wegen meiner Kamera. Drei Tage haben wir in dieser merkwürdigen Stadt eingeplant. Auf dem Weg zu unserer Unterkunft lassen wir den Fahrer gleich am Fotogeschäft halten. Doch hier erfahren wir, Reparaturen werden nur in der Hauptstadt durchgeführt. Ich bin sehr enttäuscht, aber da kann man nichts machen.  

Die Strecke zu unserem Hotel im Stadtteil Otres führt auf guter Straße mit breiten Bürgersteigen vorbei an unzähligen Hochhäusern in allen baulichen Zuständen, fertig, neu begonnen, begonnen und niemals fertiggestellt. An den vielen Hotels und Casinos chinesische Schriftzeichen und rote Seidenlampions, doch dazwischen auch immer wieder kleine ärmliche Hütten mit Wellblechdach. Der Fahrer biegt auf die Straße ein, die am Meer entlangführt. Und hier ist kein Durchkommen mehr, die Menschen treffen sich in großen Gruppen am Strand, um den Neujahrstag zu feiern. Sie sitzen auf Decken mitten auf der Promenade und machen Picknick. Etliche stehen an den Garküchen an oder kaufen sich bei einem der fahrbaren Geschäfte Kleidung. Für uns geht es im Schneckentempo vorwärts, bis wir von der Strandstraße nach links abbiegen können. Einen knappen Kilometer vom Otres-Strand befindet sich unser Hotel. Eine neue betonierte Straße führt bis vor den Garten. Auch hier ist ehemaliges Sumpfgebiet zugeschüttet worden, nur ein hinter dem Hotel entlangfließende Flussarm ist verschont geblieben.  

Badefreuden

Der Hotelbesitzer ist Italiener und hat ein paar 100 Meter weiter ein zweites Hotel übernommen, hier treffen sich die Gäste abends, um bei Cocktails, Pasta, Pizza und Bier den Abend ausklingen zu lassen. Immer beobachtet von einem Halsbandsittich, der eine zweifelhafte Freiheit genießt. Seine Käfigtür steht immer offen, aber seine Flügel sind gestutzt worden. 

Klaus will den Fotoapparat auseinandernehmen und versuchen, ihn zu reparieren. Vorher macht er noch ein paar Probeaufnahmen und – oh Wunder, plötzlich geht er wieder. Weg sind die roten Streifen, die Aufnahmen sind klar und deutlich, welches Glück und welch eine Freude!  

Jetzt haben wir noch zwei Tage in der Stadt, die während der französischen Kolonialzeit den hier lebenden Besatzern die Cote d’Azur ersetzten sollte. Zwischenzeitlich von den Roten Khmer Kampong Saom genannt, bekam sie 1997 den Namen des verehrten König Sihanouk zurück und ist heute mit weit über 200.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes. Die kleinen Gästehäuser und Lokale an den eigentlich schönen Stränden mussten weichen, um Platz für den offenbar planlosen Städtebau mit gigantischen und teils unbewohnten Hochhäusern zu schaffen. Unsere Nachbarn, ein reizendes (geflüchtetes) russisches Ehepaar mit kleinem Sohn erzählen vom total zugemüllten Strand. Da müssen wir also nicht hin. Wir sitzen auf dem Balkon mit Blick ins Grüne, gehen Tickets für die Fähre am übernächsten Tag kaufen und besorgen uns am Geldautomaten genügend Bargeld für zwei Wochen auf Koh Rong.  

Koh Rong (Kambodscha) 

alle warten auf die Fähre

Um 11.30 Uhr ist Abfahrtszeit für die Schnellfähre auf die Insel. Wir sind überpünktlich und melden uns am Schalter der Schiffslinie in einer Wartehalle mit Parkmöglichkeit oder ein Parkhaus mit Wartebereich. Der Mann am Schalter murmelt etwas, aber wegen Maske und undeutlicher Aussprache verstehe ich nichts. Die Abfahrtszeit rückt näher und nichts tut sich. Deshalb gehen wir schon mal zur Anlegestelle. Nach und nach erfahren wir, dass zu hoher Seegang herrscht und die ersten beiden Fähren nicht ablegen konnten. Doch mangels Information setzt sich bei jedem ankommenden Schiff eine Karawane in Bewegung, in der Hoffnung, dass es jetzt endlich losgeht. Es wird 15 Uhr, bis die richtige Fähre kommt und sich die Passagiere auf das schwankende Deck wagen können. Die Überfahrt ist noch immer stürmisch, das Boot tanzt durch Wellentäler, das Wasser spritzt hoch und dringt durch die aufgespannten Planen ins Innere. Mit nassen Füßen und Hosen kommen wir an der Anlegestelle Long Set Beach an.

Anlegestelle Long Set Beach

Wir haben am Vortag ein Taxi bestellt und schon eilt ein Fahrer auf uns zu, verstaut unsere Koffer und Rucksäcke. Dann kommt noch ein Paar, und wir müssen wieder aussteigen. Dieses Fahrzeug fährt nur zum Resort, das neben unserem liegt (?).  

Nach 10 Minuten kommt dann das richtige Fahrzeug, ein Pick up mit Dach und Sitzbänken. Mit uns steigt eine junge Familie ein. Der Mann ist Holländer, seine Frau Chinesin, die gemeinsame Tochter ist 5 Jahre alt. Wegen der Corona Pandemie war der Mann 2 Jahre von Frau und Tochter getrennt, weil die sich gerade in China aufhielten und nicht ausreisen durften. Erst diesen Urlaub können sie wieder gemeinsam verbringen. Die Kleine hat in dieser Zeit die englische Sprache vergessen und spricht nur noch chinesisch, was der Vater nicht kann. Was die Pandemie alles nach sich zieht.  

Am Coconut Beach beziehen wir einen großzügigen Bungalow mit Holzboden und Terrasse. Weil es bislang nur Strom aus Generatoren gibt, ist das Wasser im Bad kalt und für Kühlung sorgt ein Ventilator. Nachts wird es auch ohne Klimaanlage recht frisch, und manches Mal legen wir uns ein Badetuch über das dünne Laken, das als Zudecke dient.  

Wir leihen uns Maske und Schnorchel und beobachten Fischschwärme, die sich um den stillgelegten Pier tummeln. Auf der Ostseite von Koh Rong wird immer wieder Müll angetrieben, aber fast alle Touristen sammeln Plastikflaschen und Tüten am Strand auf.  

Das Essen im Resort ist immer sehr gut, und auch die Gäste der Nachbarresorts kommen gern hierher. Mehrmals treffen wir ein Ehepaar aus Koblenz, mit dem wir uns gut unterhalten. Das Resort zur rechten Seite hat nur am Wochenende Gäste. Unsere Befürchtung, dass die neugebaute Kartbahn von den Gästen gestürmt und unser gemütliches Resort mit Lärm überflutet wird, erweist sich als unbegründet. Niemand von der Gruppe interessiert sich für diese Unterhaltung. Schließlich ist man zum Baden hergekommen. 

Nach einer Woche ziehen wir um auf die Westseite. Am Sok San Strand ist es noch schöner als auf der Ostseite. Kein Müll im Wasser, weißer Sand, der beim darüber Laufen quietscht, das Meer im Farbspiel von türkis zu dunkelblau. Wenn nur die Sandfliegen nicht wären. Je nachdem wie empfindlich man ist, machen sich die Stiche mit roten Pöckchen bis zu wassergefüllten Blasen bemerkbar. Wir haben zum Glück nicht viel zu leiden. Beim Spaziergang auf dem acht Kilometer langen Strand laufe ich mir eine offene Blase, die mich mehrere Tage hindert etwas anderes zu unternehmen, als zu schwimmen. Das Internet ist zu schwach, um am Computer zu arbeiten, bleibt also viel Zeit zum Lesen.  

Trat (Thailand) 

Und schon ist die Zeit auf Koh Rong vorbei. Noch eine Fahrt quer über die Insel und zum Fähranleger. Dort winkt uns schon jemand zu: Sabine haben wir im zweiten Resort kennengelernt und ein paar Abende miteinander verbracht. Auch sie verlässt heute die Insel, weil sie besonders unter den Stichen der Sandfliegen zu leiden hatte. Die Fähre kommt pünktlich, zuerst muss ausgeladen werden. Pakete mit Eiern, Säcke mit Gemüse, einer mit gepelltem Knoblauch, Trinkwasser, Treibstoff und noch viele andere Dinge; alles muss auf die Insel gebracht werden.  

beim ein- und ausladen hat der Kapitän Pause

Wir haben eine ruhige Überfahrt und verabschieden uns im Hafen von unserer Reisebekanntschaft. Sabine fährt weiter nach Phnom Penh, wir bleiben noch eine Nacht in Sihanoukville, bevor wir am nächsten Morgen den Bus nach Thailand nehmen. Unser Hotel ist unter chinesischer Leitung und hat sogar ein Casino. Das Personal überschlägt sich förmlich, ein Mann trägt die Koffer die Treppe hinauf, ein anderer besprüht am Eingang unsere Hände mit Desinfektionsmittel und die hübsche junge Dame an der Rezeption fragt, ob wir morgen ein Taxi oder ein Tuk Tuk brauchen. Ein schönes Zimmer mit moderner Einrichtung erwartet uns. Am Abend essen wir auf der Dachterrasse mit Blick auf die er- und beleuchteten Hochhäuser. 

Wir wundern uns, die Rezeptionistin weiß noch, dass sie uns ein Tuk Tuk bestellen soll. Am Busbahnhof steigen wir in einen Bus mit 24 Plätzen, und ausnahmslos alle werden von Touristen besetzt. Hinter Sihanoukville fahren wir auf die neue Autobahn, die bis Phnom Penh führt. Nur wenige Fahrzeuge sind unterwegs und der Fahrer kommt zügig voran. Auch die moderne Mautstation ist schnell passiert. Plötzlich ein Gerumpel, der Bus wird langsamer und hält auf dem Standstreifen. Einer der hinteren Doppelreifen ist geplatzt. Nachdem die Fetzen des kaputten Reifens entfernt sind, fahren wir langsam weiter. Nach 15 Kilometern Zwischenstopp an einer Werkstatt. In einer Viertelstunde ist alles erledigt und wir können wieder einsteigen und weiterfahren. Doch ab hier ist es vorbei mit der angenehmen Fahrt. Die nächsten 100 Kilometer sind eine einzige Baustelle. Die Fahrbahn hat keinen Belag, rechts und links finden Erdarbeiten statt, alles ist staubig. Die armen Menschen, die hier in ärmlichen Hütten wohnen, können diesem Staub nicht entrinnen. Er ist überall, dringt in die Häuser und liegt auf allem, was rundherum wächst.  

Kautschuk- und Palmöl-Plantagen wechseln sich über viele Kilometer ab. Wir überqueren einige Flüsse und sehen des Öfteren merkwürdige graue Häuser, groß, rechteckig, mehrere Stockwerke hoch, keine Fenster, lediglich Lüftungsschlitze.  

Kurz hinter Koh Kong erreichen wir die Grenze. Unser Fahrer verabschiedet sich, auf der thailändischen Seite warten bereits die Busse derselben Gesellschaft, um uns an die verschiedenen Ziele zu bringen. Die Aus- und Einreiseformalitäten sind schnell erledigt, für Thailand ist kein Visum erforderlich. Ein Teil der Fahrgäste fährt weiter nach Bangkok, einige wollen auf die Insel Koh Chang, nur vier Personen wollen wie wir nach Trat. Auf der guten vierspurigen Straße geht es schnell voran, eineinhalb Stunden später sind wir am Ziel und kurz darauf per Songtheo in unserem schönen Hotel außerhalb der Stadt an einem See.  

Trat ist kein typisches Ziel für Touristen, nur auf dem Weg zu einer der vorgelagerten Inseln des Mu- Koh-Chang-Nationalparks wird die Stadt angefahren. Durch die Nähe zu Kambodscha ist Trat jedoch eine wichtige Handelsstadt. Im fruchtbaren Umland werden verschiedene Obstsorten angebaut. Und wer das normale Leben der Einwohner kennenlernen möchte, ist hier gut aufgehoben. Die Kleinstadt (gut 10.000 Einwohner) hat alles, was die Menschen zum Leben brauchen, Geschäfte, Märkte, ein Krankenhaus und mehrere Tempel. Es gibt z. B. einen königlichen Tempel und einen chinesischen Stadtsäulenschrein, der der Verehrung der Stadtgeister gewidmet ist.  

Wir leihen uns im Hotel Fahrräder aus und machen eine Rundfahrt um den See. Hier ist ein Weg angelegt worden, der zum großen Teil nur von Fußgängern und Radfahrern benutzt werden kann. An diesem Samstagmorgen begegnen uns weder die einen noch die anderen. Wir haben die zehn Kilometer lange Strecke ganz für uns. Was könnte das für ein Vergnügen sein, wenn die Fahrräder besser in Schluss wären. Öl haben die schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, die Pedalen sind verbogen, die Kugellager ausgeschlagen. Doch die Freude über die schöne Natur überwiegt. 

Abends essen wir – wie schon zwei Tage vorher – auf dem kleinen Food Court in der Nähe. Englisch spricht hier niemand, aber inzwischen haben wir unsere SIM-Karten wieder aktiviert und können mit Hilfe des Übersetzungsprogramms auswählen. Staunend sehen wir zu, wie eine junge Frau an einem Kochstand Knoblauch mit einem Messer – groß genug, um ein Schwein zu zerteilen – hauchdünne Scheiben von einer Knoblauchzehe schneidet. Wir bestellen unsere Gerichte wie üblich: “No spicy,”, die Bedienung lächelt und wiederholt nickend. Als das Essen kommt, speien wir Feuer. Es dauert, bis Mund und Zunge nicht mehr schmerzen. Ich hoffe nicht, dass Absicht dahinter steckt, weil wir so anstrengende Gäste sind. Vor lauter Ehrfurcht wegen unseres Alters läuft die Bedienung – auch mit vollbeladenem Tablett – immer in gebückter Haltung an uns vorbei.  

Die merkwürdigen großen grauen Häuser, die wir bei der Einreise gesehen habe, lassen uns einfach keine Ruhe. Mit Bildersuche und allen möglichen Suchanfragen gelingt es uns schließlich, das Geheimnis zu lüften. Es handelt sich um Häuser, in denen Schwalben ihre Nester bauen sollen. Nicht etwa, weil Thailand Vorreiter in Sachen Vogelschutz ist, das Ganze hat einen monetären Grund.  Nach dem die Nester gebaut sind und die Brut hoffentlich ausgeschlüpft und bereits flügge ist, werden sie für die besonders in China beliebte Schwalbennestersuppe “geerntet“. Gemessen an der Anzahl derartiger Häuser scheint es ein gutes Geschäft zu sein. 

Chanthaburi (Thailand) 

Auch die Stadt Chanthaburi, die wir am Sonntag erreichen, ist kein von Touristen überlaufener Ort. Sie liegt schön am gleichnamigen Fluss. Bekannt ist die Stadt für ihre Edelsteinmärkte und Schleifereien.  Die Edelsteinminen, in denen hauptsächlich Rubine und Saphire geschürft worden sind, liegen in der Nähe. Sie sind heute zum größten Teil erschöpft und der größte Teil der Steine wird zugekauft. Im weiteren Umfeld findet der Anbau von Durian, Mango, Ananas und Rambutan im großen Stil statt. Franzosen, Vietnamesen und Chinesen haben Teile der Stadt mit einigen typischen Bauwerken geprägt.

Die Kirchen Notre Dame und buddhistische und chinesische Tempel zählen zu den Sehenswürdigkeiten. Auch die Waterfront Community, deren Ursprung über 300 Jahre zurück reicht, und hauptsächlich Menschen aus Thailand, Vietnam und China beherbergt, ist einen Besuch wert. Vom 13. bis 15. Februar findet am anderen Flussufer der Moon-Market statt, Chanthaburi bedeutet Mondstadt. Zwischen den entsprechenden Markt-Angeboten finden sich immer wieder Hinweise auf den dazwischen liegenden Valentinstag. Herzen, Rosen- und Lichterbogen bieten die entsprechenden Fotohintergründe für Pärchen und Paare. 

Gegenüber von unserem Hotel liegt eine große Tempelanlage. Doch um dorthin zu kommen, müssen wir zur nächsten Brücke, den Chanthaburi Fluss überqueren und auf der anderen Seite den Weg noch einmal zurücklaufen.

Vor dem großen Wat Pa Khlong Kung steht ein riesiger metallener Kopf, ein Stück weiter liegen die dazugehörenden Hände. Die Statue von Pater Lee im Lotussitz ist zusammengebrochen. Ein Rudel Hunde stöbert herum und beobachtet uns. Der große Tempel ist geschlossen, doch der Stupa hat eine Tür und wir laufen barfuß über den glänzenden Holzboden und bestaunen die kunstvoll geschnitzten Türen und Fensterläden. Plastiken wilder Tiere stehen am Rand des Weges. Wir verlassen das Gelände durch ein anderes Tor und laufen weiter zum größten Park der Stadt.

Der Taksin-Park ist nach einem siamesischen König benannt, dessen Reiterstandbild den Mittelpunkt des Parks bildet. Das große Gelände ist am Abend Treffpunkt vieler sportbegeisterter Menschen. Auf einem freien Platz eifern Männer und Frauen der erhöht stehenden Vorturnerin nach. Links machen drei Frauen Thai Chi, rechts turnen Männer an Geräten, und ständig begegnen wir joggenden Menschen.

Hasenparade

Auf dem Rasen stehen Hasenfiguren, auch die Straßenlaternen sind mit ihnen geschmückt oder sogar auf einem Straßenschild sehen wir die Figur. Der Hase scheint nach dem chinesischen Horoskop eine wichtige Figur zu sein. Ob allerdings im nächsten Jahr alles gegen Drachen getauscht wird, bezweifele ich. 

Wir bummeln durch die Waterfront Community, essen etwas und laufen auf der anderen Flussseite an den vielen Marktständen vorbei bis zur jetzt erleuchteten Kirche Notre Dame. Unterwegs haben wir uns noch Mango Sticky Rice gekauft, den werden wir uns später im Hotel schmecken lassen. 

Am Mittwoch haben wir heftige Gewitter und planen im Hotelzimmer unsere Weiterreise. Pünktlich um 18 Uhr hört der Regen auf und es findet sich wieder ein großer Schwarm Redhawks über dem Fluss vor dem Hotel ein und fliegt dicht über die Wasseroberfläche. Die nächsten Stunden bleibt es trocken, so dass wir das Restaurant, in dem wir heute essen wollen, in trockener Kleidung erreichen. Uns hat es am ersten Abend in dem japanischen Lokal so gut geschmeckt, dass wir das wiederholen möchten; der Service-Roboter ist dabei nur ein amüsantes Detail. 

Chaman (Thailand) 

Wir lassen uns mit einem Taxi 30 Kilometer ins Landesinnere fahren. Die Gemeinde Chaman gehört zu Chanthaburi, aber zwischen beiden besteht ein großer Unterschied; dort die lebendige Stadt, hier wenige Häuser, dafür umso mehr Natur. Chaman liegt am Fuß der Khao Soi Dao Berge und umfasst ein großes Gebiet mit Obstanbau.

Alles entlang einer schmalen betonierten Straße, die in dieser Form sicher erst kurze Zeit existiert. Im Abstand von 50 Metern stehen solarbetriebene Laternen, die mit vergoldeten Hirschen geschmückt sind. 

In einem Resort mit mehr als 30 Zimmern sind wir die einzigen Gäste. Das Personal spricht kaum englisch, und es dauert, bis wir verstanden haben, dass das Restaurant bereits um 17 Uhr schließt. Spätestens 45 Minuten vorher müssen wir bestellen. Wäre nicht weiter schlimm, wenn es rundherum andere Alternativen gäbe, aber Fehlanzeige. Unmotorisiert sind wir auf das Angebot angewiesen. Aber man kann sich auf vieles einstellen. Kurz vor 17 Uhr bekommen wir unser Essen am Pool serviert. Punkt 17 Uhr wird das Lokal abgeschlossen, das gute Dutzend Mitarbeiter verschwindet und wir bewachen gemeinsam mit dem Nachtwächter die gesamte Anlage.

Die Lage ist wunderbar, wir blicken auf die hohen Berge, ein Bach fließt durch das gepflegte Gelände. Durch aufgeschichtete Steine sind einzelne Becken entstanden, in denen man inmitten von Fischen schwimmen kann. Wem das zu viel Natur ist, kann auf den großen Pool ausweichen.  

Am Wochenende ist es vorbei mit der Einsamkeit, gut 20 Gäste kommen und füllen das Resort mit Leben. Jetzt wird sogar der Wasserfall eingeschaltet und das Restaurant macht Überstunden.

Wir machen einen frühen Spaziergang zum nahegelegenen Tempel, Khao Banchob, der von vierköpfigen Löwen bewacht wird und dessen Blechdach von verzierten Säulen getragen wird. An diesem Samstag kommen einige Gläubige, binden Schleifen um Ornamente und kleben Blattgold auf alles, was heilig aussieht. Vor der Buddhastatue im Inneren liegen dicke Teppiche auf denen kniet es sich besser als auf dem blankpolierten Holzboden.  

In der Nähe stehen zwei riesige Brettwurzelbäume, die zu den Heiligtümern zählen. Einer hat einen mannshohen Durchgang, der andere fünf Brettwurzeln und ist dementsprechend der Wohnsitz von fünf Göttern. Auf einer schwankenden Hängebrücke laufen wir über den Fluss und ein Stück einen Trampelpfad entlang. Auf dem Boden finden wir dutzende Plattformen, ca. 2 m² groß aus   Betonstreifen. Mal liegen Blumen darauf, hier ein vergoldetes Gefäß, dort eine Kerze. Was mag das wieder bedeuten? Es sind Orte der Meditation erfahren wir später. Ein Stück vom Tempel entfernt steht ein hübsches Café am Flussufer. Hier sitzen wir eine Weile mit einem Eiskaffee im Schatten der hohen Bäume. 

An einem Abend machen wir einen Spaziergang zu den künstlich bewässerten Obstplantagen. Erst in der Dämmerung öffnen sich die Blüten der Durianbäume, die wie Brautbouquets gebündelt sind. An den Bäumen hängen gleichzeitig Blüten und Früchte in verschiedenen Größen. Sie werden so groß und so schwer, dass die Äste gestützt werden müssen, doch stinken können sie schon jetzt. Guaven und Litschi wachsen ebenfalls hier. Auch Mango- und Mangostanbäume entdecken wir, bei allen wird es noch etwas dauern, bis die Früchte reif sind. 

Am Mittwoch holt uns unser Taxifahrer Aunk vom Resort ab. Er findet fast keinen Parkplatz, denn ab heute findet hier ein Firmenmeeting statt. Gut 50 junge Menschen sind heute Morgen angereist, alle tragen fliederfarbene T-Shirts mit Logo. Schon vor zwei Tagen wurde das große Restaurant umgeräumt, alle Tische sind verschwunden und die Stühle bilden eine Art Stuhlkreis. Faszinierend, sie sitzen noch draußen in größeren Gruppen, und jede und jeder hält den Blick strikt auf das Handy in seiner Hand.  

Wir sind ein bisschen wehmütig, es war so schön inmitten der Natur. Jeden Abend saßen drei Tockays zuverlässig auf der roten Wand eines Toilettenhäuschens und außer ihren Rufen und dem Geheul der Hunde war nachts nichts zu hören. 

Rayong (Thailand) 

Eigentlich wollen wir uns nach Chanthaburi zum Busterminal fahren lassen. Doch Aunk macht uns das Angebot, uns für einen guten Preis bis zu unserem nächsten Hotel zu bringen. Eingelullt von klassischer Musik, angenehmer Temperatur und gemütlichen Sitzen in seinem bequemen Auto stimmen wir zu und sind knapp 2 Stunden später am Ziel. Rayong ist eine expandierende Großstadt am Golf von Thailand.

Viele internationale Firmen haben hier ihren Sitz, es gibt einen Tiefseehafen am fischreichen Meer und das umliegende Land ist fruchtbar. Touristen sind hier in der Minderheit, obwohl es genügend Strände und Hotels gibt. Wir wohnen 3 Kilometer vom Strand entfernt in einem Gebäudekomplex, der hübsche Zimmer für Kurz- und Langzeitaufenthalt bietet. Erfrischung finden wir im großen Pool, in dem wir fast immer allein sind.  

Unsere letzten Tage in Thailand lassen wir es ruhig angehen. Wir laufen zum 1,5 Kilometer entfernten Einkaufszentrum. Wieder stellen wir fest, Fußgänger gibt es hier eigentlich nicht. Das macht das Laufen so anstrengend. Wenn es Bürgersteige gibt, muss man mit Löchern, herumliegenden Kabeln, Stufen in unterschiedlicher Höhe, Schildern in Kopfhöhe und Hundedreck rechnen. Einfach gemütlich geradeaus laufen geht nicht. Im Einkaufszentrum laute Musik, noch lautere Ansagen und außer den vielen Restaurants noch Garküchen in den Gängen. Für den Rückweg bestellen wir uns ein Taxi. 

Auch zum Floating Market lassen wir uns fahren. Auf einem künstlich angelegten See stehen Holzhäuser, die mit Stegen verbunden sind. Vor der Corona Pandemie soll hier viel Betrieb gewesen sein, aber selbst an diesem Wochenende sind die meisten Geschäfte geschlossen. Ein paar Familien mit kleinen Kindern sind hier, die Spaß daran haben, die Fische zu füttern. Ein Zweijähriger in Schuhen, die ihm noch in 10 Jahren passen, strahlt uns an, dreht sich um und rennt davon. Er ist es anscheinend gewohnt, in den Riesenlatschen unterwegs zu sein. 

Direkt nebenan liegt das größte Einkaufszentrum der Stadt, das Central Plaza. In den Gängen stehen funkelnagelneue Autos; der Anteil an Elektro-Mobilen ist groß und die Preise für unsere Verhältnisse erstaunlich günstig.  Im Supermarkt verschlägt es uns die Sprache. Was es hier alles gibt, eine Bäckerei mit allen möglichen Brotsorten, Kuchen und Torten; ein Regal mit Fertigprodukten und direkt daneben einer Mikrowelle zum sofortigen Erwärmen. Auf der Fischtheke liegen Fische aus allen möglichen Weltmeeren und Meeresfrüchte aus Aquakultur in der Umgebung. Es gibt Obst und Gemüse aller Art, im Urzustand, geschält und geschnitten oder bereits gegart und noch heiß. Rundherum Restaurants mit Angeboten aus allen möglichen Ländern und auch wieder Garküchen in den breiten Gängen. Es gibt auch Geschäfte mit Kleidung, Schuhen, Taschen und Elektronik auf einer eigenen Etage, aber das Hauptangebot besteht aus allem, was essbar ist.

Altstadt Rayong

Wir laufen von hier aus zur Altstadt, in der noch einige uralte Holzhäuser stehen. In einem davon ist ein schönes Café. Wir stehen vor der Theke und suchen uns jeder zwei verschiedene Sachen aus. Serviert werden nur die beiden zuletzt bestellten. Getränke wollen wir uns aus der Speisekarte aussuchen, nur bekommen wir keine. Ich frage den Kellner danach, mache die Handbewegung, wie man ein Buch aufklappt, führe eine unsichtbare Tasse zum Mund. Der Kellner steht mit offenem Mund neben uns und zuckt die Schultern. Was könnten diese Ausländer hier im Café denn bloß wollen? Das Rätsel ist einfach zu schwer für ihn. Wir sehen im Nebenraum eine Speisekarte liegen und holen sie uns. Immerhin wird dann auch das serviert, was wir bestellt haben, und nach zweimaligem Nachfragen dann auch die beiden zuerst bestellten Gebäckstücke.  

Obwohl alle Speisekarten bebildert sind, bekommt man nicht immer das, worauf man gedeutet hat. Und eins haben wir gelernt: Nie, wirklich niemals das gleiche Gericht im selben Lokal zu bestellen. Wenn es einmal gut geschmeckt hat, sollte man es in guter Erinnerung behalten. Das nächste Mal fällt es garantiert anders aus. Ausgenommen sind hier die meist ausländischen Restaurantketten. 

An einem Abend gehen wir in ein koreanisches Restaurant. Zwanzig Tische sind bereits besetzt, doch man wäre nicht in Asien, wenn nicht ruckzuck Klapptische und Hocker herbeigezaubert würden. Auf jedem Tisch steht ein kleiner Gaskocher. Nachdem man bestellt hat, wird eine teflonbeschichtete Platte mit einem Loch in der Mitte aufgesetzt (damit das Fett abfließen kann) und Teller, Löffel und Stäbchen aus Metall hingestellt. Getränke gibt es nur in Plastikbechern. Jetzt kommen die Grillsachen, mariniertes rohes Fleisch und verschiedene Gemüsesorten. Dazu das typische koreanische Sauerzeug, Kohl (Kimchi), Sprossen und Rettich und verschiedene Soßen. In den ringförmigen Rand der Teflonplatte gießt die Bedienung flüssige Eimasse und Maiskörner in Soße. Und dann können wir loslegen und auf die Grillplatte legen, was immer wir mögen. Mit einer Küchenschere zerkleinern wir das gegrillte Fleisch. Die Metallstäbchen sind ziemlich rutschig, aber die Einheimischen mühen sich genauso wie wir, in Thailand wird traditionell nicht mit Stäbchen gegessen. Manchmal hilft es, das Fleisch oder Gemüse einfach aufzuspießen. Wann immer wir danach hier vorbeikommen, dieses Lokal ist stets voll besetzt.  

Überhaupt ist ausländisches Essen sehr beliebt. Die thailändische Regierung ist sehr besorgt, der jährliche Reisverbrauch von 100 kg/Person ist bereits 2020 um 30 % gesunken und in diesem Jahr wird eine weitere drastische Reduzierung erwartet. Die Bevölkerung wird dazu aufgerufen, sich weiterhin gesund – also mit viel Reis – zu ernähren. Auswirkungen sind bei den Menschen durchaus sichtbar, längst sind nicht mehr alle Thais gertenschlank. Im Central Plaza gibt es allein 7 Bäckereien, die üppige Torten, Törtchen und typisch westliche Gebäckstücke anbieten, und die gut besuchten Restaurants sind überwiegend ausländischer Herkunft.